Faszinierende Zeichnungen und Lithographien vom antiken Rom von Wolfgang Finger-Rokitnitz - Ausstellung im Jüdischen Kulturmuseum Veitshöchheim bis 19. Oktober
"Mein Rom" titulierte der akademische Bildhauer Wolfgang Finger-Rokitnitz seine beeindruckende Ausstellung im Seminargebäude des Jüdischen Kulturmuseums Veitshöchheim in der Thüngersheimer Straße 17.
Sie ist noch bis 19. Oktober jeweils donnerstags von 15 bis 18 Uhr und am Wochenende von 14 bis 17 Uhr geöffnet.
Der in Neubrunn-Böttigheim ansässige 74jährige zeigt dabei aber keineswegs Modelle im Maßstab 1:10 seiner Bildhauerarbeiten, mit denen er in der Region viele Plätze, Kirchen und die Flur verzierte. So sind seit Jahrzehnten auch hier im Ort die Arche Noah in der Unteren Au, der Heilige Urban in den Weinbergen am Mittleren Talbergweg sowie die Heilige Hedwig im gleichnamigen Altenheim Bestandteil des Veitshöchheimer Ortsbildes.
In seiner nunmehrigen Ausstellung präsentiert Finger-Rokitnitz in Rom entstandene Zeichnungen und Lithographien erstmals der Öffentlichkeit, wie hier zu sehen, eine der herrlichsten Ruinen des antiken Roms, die 216 fertig gestellten Thermen des Caracella, ein öffentlicher und eintrittsfreier Badepalast.
Aus Anlass des 20jährigen Jubiläums der Partnerschaft mit der toskanischen Gemeinde Greve in Chianti hatte ihn Veitshöchheims italienische Partnerschaftsbeauftragte Ilse Feser angesprochen, seine bislang im Verborgenen schlummernden grafischen Arbeit unter dem Titel "Mein Rom" im Rahmen des Kulturherbstes des Landkreises Würzburg auszustellen. Sie selbst beteiligt sich ebenfalls mit einer Ausstellung am Kulturherbst unter dem Titel „Meine Toskana“ in der Bücherei im Bahnhof (Link auf eigenen Bericht).
Gekommen war Ilse Feser die Idee einer gemeinsamen Ausstellung an verschiedenen Orten durch ihren Mann Karl-Heinz, der zusammen mit Wolfgang Finger auf die Oberrealschule in Würzburg gegangen war und sie sich von daher seit langer Zeit bestens kennen.
1940 in Rokitnitz im Adlergebirge (heute Tschechei) geboren, machte Wolfgang Finger seine Berufsausbildung bei dem Würzburger Bildhauer Karl Schneider, dessen verwaiste Werkstatt er 1970 übernahm, ehe er vor 20 Jahren im alten Bahnhof von Böttigheim heimisch wurde. Parallel zur Lehre nahm er Zeichenunterricht bei Wolfgang Lenz. In München studierte er an der Akademie der bildenden Künste und war Bildhauer-Meisterschüler bei Professor Heinrich Kirchner. Fasziniert von den graphischen Techniken lernte er auch bei dem hervorragenden Lithographen Professor Kurt Lohwasser. Seitdem hat ihn die Faszination der Lithographie nie losgelassen, auch wenn er seinen Lebensunterhalt stets mit der Bildhauerei verdiente.
1968 lebte Finger nach sechs Semestern an der Kunstakademie in München für ein Jahr in der "Ewigen Stadt" im Rahmen eines Stipendiums der Begabtenförderung des Freistaates Bayern beim Bildhauer-Professor Pericle Fazzini an der Accademia di Belle Arti. Auf der Zeichnung, auf die der Künstler weist, hat er den Blick aus seinem Studio in der Via Eustachio 7 festgehalten, u.a. auf ein Trappistenkloster mit schweigenden Mönchen.
Sehr interessiert an Archäologie (Finger: "Ich bin ein Ruinenfreak gewesen") und fasziniert von der Antike und ihren Zeugnissen entstanden in dieser Zeit viele Zeichnungen, die seine Liebe zu Rom offenbaren. Es komme ihm vor, so erzählt er, als sei er erst vor 14 Tagen zurückgekommen. So intensiv sei das Erlebte dort für ihn gewesen.
Rundgang durch die Ausstellung
So hat Wolfgang Finger in Rom auch das unter Kaiser Cesar entstandene Marcello-Lusttheater portraitiert.
"Ostia antica" nennt Finger dieses surreale Werk von ihm in weiß, orange und schwarz, das eine römische Gesellschaft am Strand darstellt. Die Figuren hat er Gipsausgüssen nachempfunden, die man in Pompei gemacht hat.
Sein Weg von seinem Studio ins Zentrum führte ihn stets an diesen südländischen, pompösen römischen Villen vorbei. Immer vor Augen hat er auch den antiken Brunnen "La Navicella" mit einer Skulptur aus Marmor. Er stand ihm Pate für sein "Kiliansschiff" aus Muschelkalk mit den Frankenaposteln im Weinberg bei Dettelbach.
Angetan hatten es dem Bildhauer auch die römischen Plätze, wie hier der Campo dei Fiori, der üppige Obst- und Gemüsemarkt, der jedoch eine schreckliche Vergangenheit hat,denn er diente der Inquisitionsbehörde des päpstlichen Roms als Hinrichtungsstätte. Daran erinnert auch heute noch das Bronzedenkmal des Humanisten Giordano Bruno, der im Jahre 1600 hier als Ketzer verbrannt wurde, nachdem er die Unfehlbarkeit der Kirche in Frage gestellt hatte. Rechts lugt Roms nach der Peterskirche zweitgrößte Vierungs-Kuppel Sant'Andrea della Valle hervor. In Rom hatte sich Finger seinerzeit viele Skizzen mit Bleistift gemacht.
Jetzt griff er, fasziniert von der Lithographie, auf diesen Fundus zurück und übertrug solche Motive auf von ihm geschliffene, mehr als 20 Kilogramm schwere Solnhofer Kalksteinplatten mit ganz feiner Körnung. Dazu benutzte er unter Anleitung durch den Suhler Drucker Winfried Henkel die Druckwerkstatt des BBK im Künstlerhaus des Würzburger Kulturspeichers. Die Eigenschaften von Fett und Wasser nutzend, die sich gegenseitig abstoßen, bleibt beim lithographischen Verfahren die Zeichnung als Fettgrund in der Steinplatte zurück.
So entstand auch dieses Litho vom erhalten gebliebenen Eingang der Säulenhalle Porticus Octaviae, die 167 v. Chr. Octavius als Monument für seinen Seesieg über den makedonischen König Perseus errichtet hatte. Nebenan habe man barock gebaut. Dies ergibt eine Mischung, die Finger so an Rom fasziniert.
Den Ruinenfreak führten 1968 auch häufig Reisen in das bei einem Ausbruch des Vesuvs im Jahre 79 verschüttete, dabei weitgehend konservierte und im Laufe der Zeit vergessene Pompeji. Nach ihrer Wiederentdeckung im 18. Jahrhundert begann die zweite Geschichte der Stadt, in deren Verlauf die Stadt zu einem zentralen Objekt der Archäologie und der Erforschung der antiken Welt wurde. Pompeji ist eine der am besten erhaltenen antiken Stadtruinen. Den Bildhauer beschäftigte fortan auch der künstlerische Umgang mit dem Thema Lava. Besonders hatten es Finger die von den Toten gefertigten Gipsabgüsse angetan. Dabei wurden, wenn die Ausgräber Hohlräume entdeckten, die die Leichen im erhärteten Gestein hinterlassen hatten, jene vorsichtig mit Gips ausgefüllt. Nach dem Erstarren konnte man die Toten als Gipsmodelle erkennen. Ihr Ausdruck reicht vom offensichtlichen Todeskampf bis hin zu einem friedlichen Eindruck des Einschlafens.
Wie auf dem Bild zu sehen, entstand auf ähnliche Weise ein perfekter Gipsabdruck von den Ascheresten der verbrannten Eingangstür eines Portals. Diese Eindrücke vor Jahrzehnten prägten den Bildhauer bei seinen im Vorjahr entstandenen Lithographien, für die er die ihn faszinierende ganz spezielle Aquarelltechnik einsetzte, zum Horror der Drucker, denn sie gestattet nur ganz geringe Auflagen. Aber mit ihr konnte Finger die Lavastruktur sehr schön herausbringen.
Das Bild zeigt die Thermen im Herculanum, das näher am Vesuv dran war, so dass die Körper gleich verglühten. Zurück blieben phantastische Verformungen der Marmorplatten am Boden, wo Finger mit der gleichen Technik nun die Lavastruktur plastisch wirkend darzustellen.
Hier hat der Künstler verschiedene Motive von Pompeji zusammen genommen. Rechts sind im Kapuzinerkloster in Palermo mumifizierte Leichen zu sehen.
Lohnenswert war für Finger auch der Ausflug nach Taormina in der Nähe des Ätna zum spätrömischen Teatro Greco mit herrlich gewölbten Gängen und grandiosem Blick auf das Meer.
Auf dem Werk links hat der Künstler zahlreiche Sehenswürdigkeiten Roms vereint, vom Kapitol, dem Forum bis zum Palatin.