Mit einem Festakt feierte der Traditionsverband der 12. Panzerdivision sein 20jähriges Bestehen - Von der Abschreckungs- zur Einsatzarmee
Erinnerungsbild beim Festakt zum 20jährigen Jubiläum des Traditionsverbandes: v.l. Brigadegeneral Ernst-Otto Berk (stellvertretender DLO-Kommandeur), Rainer Kinzkofer (Bürgermeister der Gemeinde Veitshöchheim), Oberstleutnant a.D. Wilhelm Bohlen (Präsident Traditionsverband), Adolf Bauer (Bürgermeister Stadt Würzburg) und Generalmajor a.D. Manfred Eisele (letzter Kommandeur 12. Panzerdivision)
Der 256 Mitglieder zählende Traditionsverband 12 Panzerdivision feierte mit einem Festakt im Offiziersheim der Balthasar-Neumann-Kaserne in Veitshöchheim sein 20jähriges Bestehen.
Ein Bläserquintett vom Heeresmusikkorps 12 unter der Leitung von Hauptfeldwebel Mathias Müller eröffnete feierlich mit dem Coburger Marsch den Festakt zum 20jährigen Bestehen des Traditionsverbandes der 12. Panzerdivision in der Offizierheimgesellschaft (OHG) der Veitshöchheimer Balthasar-Neumann-Kaserne. Die Musiker sorgten auch zwischen den Ansprachen mit Musikstücken wie Waltz Nr. 2 von D. Shostakovitch und dem Toreador Song von Georges Bizet aus der Oper Carmen für stimmungsvolle Abwechslung.
Ehrengäste
Nach einem rundum gelungenen Kameradschaftstreffen von 80 Mitgliedern am Tag zuvor, hieß beim Festakt Verbands-Präsident Oberstleutnant a.D. Wilhelm Bohlen als Ehrengäste neben den Festrednern besonders den Wehrbeauftragten a.D. Alfred Biehle, von der Stadt Würzburg Bürgermeister Adolf Bauer und Stadtrat Erich Felgenhauer, Abteilungsdirektor Hans-Georg Rüth von der Regierung von Unterfranken, den stellvertretenden Landrat Ernst Joßberger und weitere Bundeswehr-Verbandsvertreter willkommen.
Die Redner würdigten in ihren Grußworten allesamt die wertvolle Arbeit des Traditionsverbandes für aktive und ehemalige Soldaten.
Generalmajor a.D. Manfred Eisele, der letzte Kommandeur der 12. Panzerdivision und Mitgründer des Traditionsverbandes rief deren Entstehungsgeschichte in Erinnerung.
Die 12. Panzerdivision sei unter den Großverbänden der Bundeswehr eine ganz außerordentliche Institution gewesen. Als die Stadt Würzburg neben den Amerikanern nicht auch noch Bundeswehrsoldaten in ihrer Stadt trotz freier Flächen haben wollte, seien die Gemeinderäte in Veitshöchheim sehr weitsichtig gewesen und hätten in Konkurrenz zu anderen Orten ein sehr attraktives Angebot für die Ansiedlung einer Kaserne abgegeben. So wurde ein damals eigentlich recht unbedeutender Ort in Mainfranken plötzlich Standort eines Divisionskommandos. Viele hätten sich bei der Bundeswehr die Haare gerauft und gefragt, wie man ein Divisionskommando in eine so kleine Gemeinde legen könne. Eisele stufte jedoch diese Entscheidung als Glücksgriff für beide Seiten ein. So begann Anfang 1961 die Neuaufstellung in Tauberbischofsheim mit der Umgliederung der dort bestehenden Teile der Panzerbrigade 36 in den neuen Stab.
Als jüngste der zwölf Großverbände der Bundeswehr wurde der „Fränkischen Division“ eine besondere Herausforderung auferlegt: Sie wurde als einziger Großverband des Deutschen Heeeres im April 1965 in Würzburg offiziell für den Fall eines Angriffes durch den Warschauer Pakt dem Oberkommando der Nato, einem amerikanischen Dreisterne-General in Frankfurt unterstellt, quasi als Querspitze an der innerdeutschen Grenze zur Verteidigung der "Hassfurter Senke". Diese Integration eines deutschen Großverbandes sei einmalig innerhalb der gesamten Nato gewesen und die ungewöhnlich enge Zusammenarbeit mit amerikanischen Verbänden zur Lebensphilosophie der "Zwölften" geworden.
Wie von einem Tiefschlag unter die Gürtellinie getroffen sah sich die "Zwölfte" dann 1992 auf dem Höhepunkt der Einsatzfähigkeit von dem Beschluss des Verteidigungsministeriums, infolge der Auflösung des Ostblocks den Stab der „Zwölften“ aufzulösen und die Verbände wie die Panzerbrigade 36 in Bad Mergentheim bis auf die eliminierten Fernmelde- und das Sanitätsbataillone der 10. Panzerdivision in Sigmaringen zu unterstellen. Als Eisele am 31. März 1992 als letzter das Kommando der "Zwölften" übernahm, musste er sich notgedrungen damit abfinden, dass zwei Jahre später deren letztes Stündlein schlagen würde.
Es habe sich deshalb auch für ihn die Frage gestellt, was mit der Tradition dieses so ungewöhnlichen und erfolgreichen Großverbandes geschehe, in dessen Reihen mehr als 250.000 Soldaten, zumeist Wehrpflichtige aus dem fränkischen Raum, gedient und emotionale Bindungen entwickelt hatten. Diese waren in einem Zeitraum von 32 Jahren bis zur Außerdienststellung im März 1994 im Dienst für Frieden und Freiheit in drei Brigaden, drei Regimentern mit insgesamt 32 Bataillonen, 18 selbständigen Kompanien und weiteren Lehr- und Unterstützungseinrichten mit Standorten in Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz tätig.
Der Traditionsverband
Zur Bewahrung vor allem der idellen und geistigen Tradition und der Kameradschaft hätten deshalb am 6. Mai 1992 in Veitshöchheim 71 Mitglieder den Traditionsverband mit dem „Fränkischen Rechen“ und der Würzburger Sturmfahne als Verbandsabzeichen gegründet. Der Traditionsverband ermöglicht durch viele Veranstaltungen und Aktivitäten allen aktiven und ehemaligen Soldaten und Zivilbediensteten, die in aufgelösten und noch bestehenden Verbänden und Einheiten der „Zwölften“ ihren Verdienst versahen, die Erhaltung, Pflege und Weiterentwicklung der entstandenen persönlichen Beziehungen und Kontakte. Er verfügt zur Traditionspflege seit 2007 über eigene Traditionsräume als Teil der Militärgeschichtlichen Sammlung der Divison Luftbewegliche Operationen und hat damit als Verband einen festen Platz in der Balthasar-Neumann-Kaserne. Mit der Auflösung der Panzerbrigade 36 „Mainfranken“ im Jahr 2002 haben sich deren Ehemalige dem Traditionsverband angeschlossen.
Garnisons-Bürgermeister Rainer Kinzkofer, von Anfang Mitglied des Traditionsverbandes, der nach dem Abitur in den 60er Jahren selbst in der "Zwölften" als Wehrpflichtiger diente, hob in seinem Grußwort hervor, was die Kaserne für Veitshöchheim bedeutet.
Kinzkofer: "Wir Veitshöchheimer sehen unsere Mitbürger in Uniform nicht in erster Linie als Wirtschaftsfaktor, sondern als erfreulichen, angenehmen und selbstverständlichen Bestandteil des öffentlichen Lebens."
Ihre Leistungsfähigkeit, Leistungsbereitschaft, fachliche Kompetenz, Professionalität, ihr Dienst für den Frieden und die Aufbauleistungen in den Einsatzländern bedürfe gegenseitiger Anerkennung und Unterstützung.
Dazu habe bisher auch der Traditionsverband, der nicht allein auf Rückbesinnung ausgerichtet sei, einen gewichtigen Beitrag geleistet. Seine Ziele wie die Weiterführung der Tradition auch durch Sammlung, Archivierung, Registrierung und Ausstellung, Pflege von Kameradschaft, Förderung von Beziehungen zur Bundeswehr mit anderen gesellschaftlichen Gruppen, die Weiterführung der Kontakte im Rahmen der alliierten Partnerschaften und vor allem die Unterrichtung der Mitglieder zu den aktuellen Gegebenheiten habe er in all den Jahren vorbildlich mit Inhalt erfüllt. Traditonspflege sei schließlich eine wesentliche Grundlage der menschlichen Kultur, verbinde Generationen, sichere die Identität der Bürger in Uniform zur Gesellschaft, schlage notwendige Brücken zwischen der Vergangenheit und der Zukunft und verdeutliche das ethische, rechtsstaatliche, freiheitliche und demokratische Wertebewusstsein unserer Streitkräfte.
Von der Abschreckungs- zur Einsatzarmee
"Woher kommen wir, wo sind wir und wo wollen wir hin?"
Brigadegeneral Ernst-Otto-Berk, stellvertretender Kommandeur der Division Luftbewegliche Operationen (DLO) schilderte in seinem Festvortrag als Vertreter der Soldaten aus eigener 41jähriger persönlicher Erfahrung die Entwicklung der Bundeswehr von der Zeit im "Kalten Krieg" als Ausbildungs- und Abschreckungsarmee über den Umbruch nach Zerfall des Ostblocks bis hin zur Zeit der Einsätze im Kosovo und in Afghanistan.
In den Zeiten des "Kalten Krieges" seien Deutsche Soldaten nach dem Motto "Wachsamkeit ist der Preis der Freiheit" zur Verteidigung ihres Vaterlandes an der innerdeutschen Grenzen durch intensive Ausbildung und Übungen bestens auf den Ernstfall vorbereitet gewesen. Über 20 Jahre lang habe die Bundeswehr nach der Devise "Man muss kämpfen können, um nicht kämpfen zu müssen" ihren Auftrag erfüllt, wie er besser nicht hätte sein können.
Berk: "Die Abschreckung hat funktioniert, weil wir glaubwürdig gut waren." Die Rahmenbedingungen seien mit einem wohlstrukturierten Bedrohungs-Szenario, einem klar definierten und mit bekannten Mitteln rational handelnden Gegner völlig anders und ein Stück einfacher gewesen. Es habe völlige Handlungssicherheit bestanden.
Als Berk dann im Februar 1991 nach Veitshöcheim kam und das Kommando des Fernmeldebataillons 12 übernahm, sei das so eine Umbruchphase gewesen, in der er die Auflösung der "Zwölften" hautnah mit erlebte. Es galt der Aufbau der Armee der Einheit. Berk: "Was die Bundeswehr in den 90er Jahren bis 2000 in der Zusammenführung der zuvor getrennten Staaten besonders auch gesellschaftspolitisch geleistet hat, kann nicht hoch genug eingeschätzt werden." Die Einheit sei auch deshalb so gut gelungen, weil wir die Wehrpflicht hatten. Dazu beigetragen habe allein schon die Tatsache, dass junge Menschen aus beiden Teilen Deutschlands in den Truppenteilen zusammen kamen, sich kennen und und sich trotz des Zusammentreffens unterschiedlicher Führungsphilosophien achten lernten.
Bis Mitte der 90er Jahre sei auf politischer Ebene schließlich immer mehr gefordert worden "Ihr Deutschen müsst mehr ran und mehr Verantwortung übernehmen!" Das hieß für deutsche Politiker zu entscheiden, dass deutsche Soldaten sich mehr an Operationen außerhalb von Deutschland beteiligen müssen. Es sei eine hochspannende Zeit gewesen, als die Bundeswehr in Kombadscha und Somalja erste Schritte zur Einsatzarmee unternahm, bis dann die Operationen auf dem Balkan kamen. Hier waren nach Berks Worten durch die 330.000 Flüchtlinge in Deutschland auch wirklich deutsche Interessen berührt.
"Wo sind wir heute?" - Keineswegs überfordert
Die Führungsleute der Division, die alle im Balkan und in Afghanistan mit Führungsaufgaben in die Einsätze gingen, waren laut Berk stets bestens ausgebildet und wussten alle, wie man so was anpackt. Berk: "Wer die Grundsätze der Gefechtstechnik kann, der kommt damit auch in Afghanistan zurecht." Intellektuell überfordert seien die Offiziere und Soldaten, die mit ihm in Afghanistan waren, nicht gewesen. Dies könnten auch andere Kommandeure bestätigen. So könnten sich auch die " Altvorderen" im Festsaal ans Revier heften, mitgeholfen zu haben, die Truppe so hervorragend vorzubereiten und ein Fundament zu legen, dass für einen Soldaten immer gültig sei, natürlich um Nuancen erweitert. So stehe in der nächsten Übung auf Divisionsebene im Juni das klassische Gefecht "Angriff" auf dem Plan.
Die DLO sei keine klassische Division, die niemals geschlossen in den Einsatz komme. Als ein operatives Element könne sie die Luftbewegliche Brigade einem internationalen Kommando verfügbar unterstellen, von der Heerestruppenbrigade die ABC-Abwehr und die Artillerie und das Divisionskommando sei befähigt, auf der Zweisterne-Ebene eine multinationale Operation zu führen. In einem solchen Fall würde die Masse des Stabes aus Veitshöchheim verlegt und durch internationale Mitglieder aufwachsen.
Status Quo
Derzeit seien im Einsatz von der DLO etwa 1.200 Soldaten, das sind etwa zehn Prozent. Es sei demgegenüber jedoch die Masse der Führer weg, so der Divisionskommandeur und der Chef des Stabes, vom Jägerregiment 1 in Schwarzenborn demnächst auch der Brigadekommandeur und neun von zehn Kompaniechefs, vom Artilleriebataillon der Kommandeur und vom ABC-Abwehrbataillon der Stellvertretende Kommandeur. Es gelte zuhause der Grundsatz "Einsatz hat Priorität", man zahle deshalb zu Hause einen Preis für diese enorme Einsatzbelastung und müsse deshalb auch Fehler auf unterer Ebene verzeihen.
Heute beginne die Morgenlage nicht mehr mit "Hassfurter Senke" oder "Thüringer Balkon", sondern mit den Einsätzen der DLO-Hubschrauberkräfte in grafischen Regionen wie "Mazar-e Sharif" und "Kunduz" in Afghanistan oder "Prisztina" im Kosovo, die heute täglich in der DLO eine Rolle spielen.
Die DLO verbinde vieles mit dem Traditionsverband, nicht nur der gemeinsame Standort und das Band der Kameradschaft.
Die Abschaffung der Wehrpflicht war für Berk richtig, da sie mehr zum Ballast geworden war, als sie für konkrete Aufgaben helfen konnte.
Dem amtierenden Divisionskommandeur lag es auch sehr am Herzen, dem Beruf des Soldaten mehr Anerkennung zu teil werden zu lassen. Berk: "Es ist ehrenvoll in einer deutschen Uniform für eine bessere, friedlichere, sichere und freiheitlichere Welt zu dienen." Soldaten im Einsatz würden jedoch ihr Leben nicht in die Wegschale für ISAF und nicht für Afghanistan werfen, sondern für deutsche Interessen und dass Einsätze zum Besseren für die Bundesrepublik Deutschland erfolgen.
Wo geht es hin? Schneller als gedacht!
Schneller als gedacht, beginnt laut Berk die DLO ihr Gesicht zu verändern. Intensiviert werden soll Mitte des Jahres die Zusammenarbeit mit den Luftstreitkräften, um die Luftwaffe zu befähigen, die beiden mittleren Transporthubschrauber-Regimenter der DLO in Rheine und Laupheim zu übernehmen. Neben diesen beiden werde die DLO bis Ende des Jahres auch noch das im Gefecht in Afghanistan bewährte Jägerregiment abgeben. Aufgelöst werde dann die Heerestruppenbrigade in Bruchsal, so dass die DLO in einem Jahr schon bis zu 50 Prozent geschrumpft sei.
Eine ganz große Herausforderung sei dann die dramatische und deutliche Reduzierung der Heeresfliegertruppe, was für die Hälfte der 750 Piloten bedeute: "Ende mit dem Fliegen."
Es stehe ab Mitte 2013 auch der Aufbau des neuen Divisionskommandos für die neue 10. Panzerdivision in der Veitshöchheimer Kaserne bevor, in der dann 900 Soldaten beheimatet sein sollen. Schon jetzt werde von den höchsten Führern bis hinunter zu den Mannschaftsgraden diskutiert, wie das neue Verbandsabzeichen aussehen soll. Bis dann die DLO zusammen mit der Divison für Spezielle Operationen (DSO) in Stadtallendorf zur neuen Division Schnelle Kräfte fusioniere, werde allerdings noch reichlich Zeit vergehen. Bis Mitte 2014 soll die DLO endgültig aufgelöst und die neue 10. Panzerdivision, zunächst als Division Süd, aufgestellt sein. Damit knüpfe die Garnison an ihre Geschichte an und werde erneut wie bis 1994 Standort des Zweisterne-Kommandos einer Panzerdivision.
Berk: "Wir werden alles mit Gefühl und Professionalismus schon hinkriegen."
Betreuung und Fürsorge:
Berks besonderes Anliegen galt zum Schluss der Personalfürsorge: "Soldaten aller Dienstgrade brauchen mehr als eine Kantine, wo sie in Eile das Essen hinunterschlingen." Die Heime der Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften seien von entscheidender Bedeutung, was deren Identität angehe. Alle Dienstgradgruppen bräuchten auch separate Räume, wo sie auch einmal über Vorgesetzte schimpfen oder Probleme austauschen können. Die Kaserne sei aber derzeit abends leer, weil auch die nach Hause fahren müssen, die von ihren Familien getrennt leben. Man wolle deshalb für letztere künftig Pendlerblocks in der Kaserne einrichten, das heißt Wohnmöglichkeiten schaffen, damit sich die Soldaten auch abends in ihrem Heim wieder zusammensetzen.