Eine gelungene Premiere: Erstes Veitshöchheimer Repair Café kam sehr gut an
Ein Volltreffer im Sinne der Nachhaltigkeit war das gemeinsam von dem gemeindlichen Klimaschutzmanager Jochen Spieß und Daniel Schiel von der hiesigen Firma dando-art Lichttechnik veranstaltete Repair Café. Den ganzen Samstagnachmittag über herrschte im Werkraum der Grundschule ein emsiges Treiben und Gewusel.
Das von den beiden Organisatoren rekrutierte Helferteam, darunter zehn Reparaturexperten, hatte während der fünf Stunden Öffnungszeit alle Hände voll zu tun, so dass für sie kaum Zeit zum Durchschnaufen blieb.
v.l.n.r. vorne Jana Klapprodt, Dorothea von Droste, Daniel Schiel, Robert Heiligenthal, Birte Kühn, Mitte Martina Edelmann, Manfred Dürr, Eberhard Riermaier, Martin Kisser, Jan Kühn, hinten Jochen Spieß mit Sohn Jonas, Florian Stark, Uwe und Karin Vieweg, Michael Fries und Erika Weinhold-Duwe
Birte Kühn und Karin Vieweg bildeten in der Aula das Empfangskomitee und koordinierten die kostenlos und auf ehrenamtlicher Basis von den Reparaturfachleuten durchgeführten Aktivitäten im Repair Café. Wer was repariert haben wollte, musste einen Reparatur-Zettel und am Ende ein Feedback-Formular ausfüllen. Dies ermöglichte den Veranstaltern am Ende eine exakte Auswertung. Insgesamt standen 60 Reparaturen an. Davon entfielen drei Viertel auf elektrische Geräte, je zehn Prozent auf Fahrräder und Kleidung und fünf Prozent auf Sonstiges.
Sehen lassen kann sich auch die Erfolgsquote. 36 Reparaturen waren erfolgreich, neun teilweise und nur ein Viertel der Gegenstände waren nicht reparabel, so ein überfahrener Laptop, ein Topf mit abgerissenen Henkeln, weil kein Schweißgerät vorhanden war oder ein Staubsauger mit verschlissenem Motorlager, für das ein Ersatzteil bestellt werden müsste. Ein besonderes Highlight war dagegen, dass ein Experte eine leuchtende PKW-Motorlampe wieder zum Erlöschen brachte, in dem er ein Drosselklappen-Gestänge wieder einhängte. Eine Werkstatt hatte für die Behebung 800 Euro veranschlagt.
Bayern 1-Reporterin Katharina Herr interviewte den gemeindlichen Klimaschutzmanager Jochen Spieß. Der Bayerische Rundfunk sendet ihren Radiobeitrag voraussichtlich am Montag, 5. Mai in “Mittags in Mainfranken” auf Bayern 1.
Indem sie sich fürs Reparieren einsetzen, möchten die Initiatoren zur Reduzierung des Müllbergs beitragen. Das sei absolut notwendig, findet Jochen Spieß. In Deutschland würden wir unfassbar viel wegwerfen. Auch Gegenstände, denen fast nichts fehle und die nach einer einfachen Reparatur wieder ordentlich zu gebrauchen wären. Leider würden viele Menschen nicht mehr wissen wie man Dinge repariert. Mit dem Repair Café wolle man das Bewusstsein dafür auf Ortsebene wecken.
"Der Ausflug hat sich gelohnt" freute sich denn auch die Würzburgerin Ingrid Weimann-Bergmann. Manfred Dürr brachte ihre mindestens 50 Jahre alte Gartenlaterne durch Montieren eines neuen Stromkabels wieder zum Leuchten. Und auch mit ihrem uralten Fleischwolf kann sie nun wieder Bärlauch verarbeiten. Die Verschraubung vorne hatte sie per Hand nicht mehr aufgebracht. Ein Helfer spannte das gusseiserne Teil in den Schraubstock. Ein Schlag darauf und schon ließ sich der Ring lösen. "Für mich als Frau ist so was ein Unding" gestand die Seniorin. Sie hatte von der Aktion in der Mainpost gelesen und lobte die Veranstalter, dass Auswärtige nicht abgewiesen wurde.
Helfen konnte Dürr auch Florance Meyer, ebenfalls aus Würzburg, in dem er das Netzteil ihrer Stereoanlage reparierte.
Über das ganze Gesicht strahlte die Blinde Susanne Vorderholzer. Ihr neun Jahre alter DVD-Spieler, bei dem die Bedienungstasten noch tastbar und nicht elektronisch per Display gestaltet sind, ist wieder funktionsfähig. Möglich machte dies Uwe Vieweg, was der Herstellerfirma, an die sie das Gerät eingeschickt hatte, zuvor nicht gelungen war. Wie Vieweg feststellte, war das Flachbandkabel angebrochen. Die Ursache erkannt, stellte es für den Hobby-Elektroniker kein Problem dar, diesen Kabelbruch durch Verlöten eines Drahtes zu überbrücken und so den DVD-Spieler wieder spielfähig zu machen.
Freuen durfte sich auch Christiane Wohlfahrt. Sie möchte ihr zehn Jahre altes, handliches Bügeleisen nicht mehr missen. Doch leider hatte sich das Stromkabel an der Verbindung zum Gerät durchgescheuert, so dass sie befürchten musste, es könne in Flammen aufgehen. Für Vieweg war der Austausch des Kabels eine Kleinigkeit.
Neben Jochen Spieß mitverantwortlich als Ansprechpartner des Repair Café war Daniel Schiel, Inhaber der hiesigen Firma dando-art Lichttechnik. Auch er versuchte defekte elektrische Geräte zu reparieren. Im Bild hatte er jedoch mit dem sieben Jahre alten Dampfbügeleisen von Dirk Schneider, das sich nicht mehr anschalten konnte, keinen Erfolg. Nur durch einen neuen Schalter lasse sich der Defekt beheben, bestellbar im Internet.
Nur noch Bandsalat produzierte der zehn Jahre alte Videorecorder von Peter Greb. Kein Problem für Jan Kühn. Er reinigte Antriebsrollen und Keilriemen und schon war der Schaden behoben, sodass nun Peter Greb wieder seine alten, auf Video aufgenommenen Urlaubsfilme ansehen kann. Peter Greb: "Der Spezialist war sehr geduldig und ausdauernd. Ich habe viel gelernt. Obwohl er kein Spezialist für Videorecorder ist, hat er das Problem souverän gelöst."
Was einer Fachfirma in der Region in ihrer eigenen Meisterwerkstatt nicht gelang, das schaffte Uwe Vieweg auch mit der 18 Jahre alten, defekten Singer-Nähmaschine von Erika Weinhold-Duwe. Als Ursache des Defekts hatte dieser eine am Gestänge gelöste Schraube ermittelt. Ein Tropfen Fixier-Öl reichte und die Zweitmaschine der Veitshöchheimer Näherin nahm sogleich Jonas Spieß, der Sohn des Veitshöchheimer Klimaschutzmanagers nach kurzer Einweisung zu Nähversuchen in Beschlag. Erika Weinhold-Duwe: "In kürzester Zeit war der Fehler gefunden und behoben. Obwohl mir im Nähmaschinen-Reparaturservice gesagt wurde, dass eine Reparatur nicht möglich wäre. Ich bin total begeistert!"
An ihrer anderen Nähmaschine ließ sich Egon Eyrich von Erika unterweisen, der so in der Lage war, eine aufgegangene Naht seiner Jeans wieder selbst zu schließen.
Das Nähen ist auch das Steckenpferd von Dr. Martin Edelmann (links). Sie nahm Annette Steinmetz unter ihre Fittiche. Diese hatte eine elegante Lösung für die an den Knien durchgewetzten Jeanshosen ihrer Kinder gesucht und wurde bei der gemeindlichen Kulturreferentin fündig. Aus einer alten Hose entnahmen sie hinten die Hosentaschen und nähten sie als Flicken auf die durchlöcherten Stellen.
Ein eingefleischter Schallplatten-Fan ist Walter Schiedermeier aus Versbach. Der Tonarm setzte jedoch nicht mehr auf. Ingenieur Michael Fries wusste Rat.
Robert Heiligenthal hat als Beamter viel mit Zahlen zu tun. In seiner Freizeit jedoch ist er ein Fahrrad-Enthusiast, der täglich mit einem seiner neun eigenen Untersätze zur Arbeit nach Würzburg fährt. Er nahm die vorbeigebrachten Fahrräder unter die Lupe. Zu 80 Prozent stellte er einfache Mängel fest, wie zu wenig oder gar keine Luft im Reifen, defekte Beleuchtung, zu leicht gehende Bremsen oder fehlendes Kettenöl fest. Bei Klaus Schinagls 24 Jahre altem Drahtesel ruckelte die 27 Gang-Shimano-Schaltung, verursacht durch ein abgenutztes Mitnehmerteil aus Metall.
Mit dem Buggy für seinen Sohn Leo erschien Architekt Thorsten Götz. Er wusste sich keinen Rat mehr, das auf einer Seite fest hängende und nicht mehr einrastende Gestell-Gelenk gängig zu machen. Nach langem Suchen entdeckten er und Helfer Florian Stark, dass der Fehler nicht am Gelenk unten, sondern an der Hebelvorrichtung oben lag.
Einen Kabelbruch vermutete Klaus Schnapp bei seiner Heckenschere. Doch Helfer Eberhard Riermaier entdeckte nach Abschrauben des Deckels, dass sich lediglich die Pole vom Motor gelöst hatten. Sie mussten nur wieder eingesteckt werden.
Nicht mehr einschalten ließ sich der Drucker von Fabian Hubert. Experte Michael Fries konnte dem abhelfen, nach dem er im Internet eine Reparaturanleitung unter www.forum.chip.de recherchiert hatte.
Hilfe zur Selbsthilfe gab Fachmann Martin Kisser. Er leitete Andrea Leipelt an, wie sie ihren an den Kontakten verkalkten Espresso-Kocher unter Einsatz von Scheuerpulver wieder leistungsfähig macht.
Fachsimpeln konnten dann alle Gäste in der Aula bei Kaffee und leckeren, selbstgebackenen Kuchen. Diesen Service bewerkstelligten Dorothea von Droste und Jana Klapprodt. Am Ende lautete das Fazit von Daniel Schiel: "Uns allen hat die Veranstaltung sehr gut gefallen. Vielen Dank auch an die Gemeinde für die Unterstützung und Bereitstellung der Räumlichkeiten."
Recht positiv war auch das Feeback von Gästen wie "Die Reparatur und die tolle Stimmung unter den Helfern hat mir gut gefallen." oder "Freundliche Menschen, kompetente Experten, lecker Kaffee & Kuchen - Danke für die Initiative" und es wurde gewünscht: "Bitte Repair Cafe auf Dauer erhalten."
Die Veranstalter, so war zu hören, wollen es nach der gelungenen Premiere künftig bis zu drei Mal im Jahr anbieten.