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Acht Jahre nach ihrer Typisierung wurde Anja Fischer zur lebensrettenden Stammzell-Spenderin

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

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von Dieter Gürz

Erfahrungsbericht einer Stammzellspenderin anlässlich der Typisierungsaktion am 17. Juli 2011 in der Mittelschule Veitshöchheim

In Veitshöchheim findet am Sonntag, 17. Juli 2011 zwischen zehn und 17 Uhr in der Eichendorff-Mittel-Schule im Rahmen des großen Sport- und Spielfestes „Veitshöchheim bewegt sich“ eine große Typisierungsaktion statt. Diese organisiert wie schon an gleicher Stelle vor zehn Jahren der Rimparer Andreas Münch vom Verein „Hilfe für Anja e.V.“ zusammen mit der Stammzellspender-Datei „NETZWERK HOFFNUNG“ des Universitätsklinikums Würzburg, in der inzwischen schon 21.210 zu 95 Prozent aus der Region Mainfranken kommende Bürger registriert sind.

Registrierung im Oktober 2002

Eine von ihnen ist die 45jährige Anja Fischer aus Rimpar, die sich im Oktober 2002 von einer Vorankündigung in der Mainpost angesprochen fühlte und wie 224 andere Menschen bei einer Typisierungsaktion in der Grundschule ihres Heimatortes eine kleine Blutprobe von etwa 10 Milliliter abgab. Deren Gewebemerkmale wurden dann im Labor des Instituts für Klinische Transfusionsmedizin und Hämotherapie des Universitätsklinikums Würzburg analysiert und an das Zentrale Knochenmarkspender-Register Deutschland (ZKRD) in Ulm gemeldet, wo sie für alle Patienten weltweit zur Verfügung stehen.

Acht Jahre nach ihrer Registrierung trat nun tatsächlich der Fall ein, dass Anja Fischers Stammzellen einem an Leukämie erkrankten Menschen die einzige Chance auf Heilung eröffneten.

Bei einem Pressegespräch erzählt sie in Anwesenheit von Andreas Münch, was sie gefühlt und erlebt hat, seit dem ihr im Mai 2010 das Institut für Transfusionsmedizin in Würzburg eröffnete, dass ihre Gewebemerkmalskombination mit der eines ihr bis dato noch unbekannten Patienten übereinstimmt.

Fischer: „Es war schon ein komisches, gemischtes Gefühl, als ich nun nach so langer Zeit nun Stammzellen spenden sollte.“ Einerseits habe sie sich gefreut, helfen zu können, da ihr bewusst war, dass die Suche nach einem passenden Stammzellspender häufig aussichtslos ist, da es über 50 Millionen unterschiedliche Merkmalskombinationen gibt.

Würde es wieder tun

Andererseits sei ihr aber zunächst nicht klar gewesen, was da auf sie zukommt. „Ich habe es aber nicht bereut und würde es wieder tun, denn eine Erkrankung an Leukämie kann jeder Zeit auch mich treffen“ sagt sie gleich vorweg und Andreas Münch ergänzt: „Es gibt nichts Selbstloseres, als jemand, den man nicht kennt, seinen Körper zur Verfügung zu stellen.“

Als erstes musste Fischer wenig später zur Voruntersuchung, bei der ihr nochmals Blut abgenommen und analysiert und sie bei einem Gesundheitscheck auf Herz und Niere überprüft wurde. Im Juni 2010 stand dann in der Abteilung Transfusionsmedizin die Transplantation an, die wie ihr zuvor versichert wurde, völlig gefahrlos und schmerzlos sei, was sich dann auch bestätigte.

Im Gegensatz zur früher üblichen konventionellen Knochenmarkentnahme, bei der dem Spender etwa 1,5 Liter Knochenmarkblut mit den darin enthaltenen Stammzellen aus dem Beckenkamm entnommen werden, wurde denn auch bei ihr die heute übliche sogenannte periphere Blut-Stammzellsammlung angewandt.

Wachstumsspritzen zur Vorbereitung

In den fünf Tagen vor der Transplantation musste Anja Fischer zu Hause sich acht Mal mit Fertigspritzen Neupogen mit dem Wachstums-Wirkstoff Filgrastim im Unterbauchbereich in das direkt unter der Haut liegende Gewebe injizieren. Diese hormonähnliche Substanz lässt die Stammzellen aus dem Knochenmark in die Blutbahn auswandern. Sie hat sich diese sogenannte subkutane Injektion nach vorheriger Anleitung selbst verabreicht, hätte aber auch zu ihrem Hausarzt gekonnt.

Lediglich am zweiten Tag habe sie nach der zweiten Spritze stärkere Gliederschmerzen von Kopf bis Fuß etwa einen Tag lang verspürt, bis sich ihr Körper an die verabreichten Wachstumshormone gewöhnt hatte. Ansonsten habe sie sich gut gefühlt und ganz normal ihren Tagesablauf gestalten können.

Die Transplantation erfolgte im Institut mittels eines speziellen Blutspendeverfahrens ohne Narkose und ohne stationären Aufenthalt

Früh um acht Uhr wurden ihr zwei Venenkatheter gesetzt. Durch den Venenkatheter am rechten Arm wurde ihr Blut entnommen und zum Zellseparator geführt. Dort wurden die angereicherten Stammzellen aus dem Blut abgetrennt und in einem Plastikbeutel gesammelt. Das übrige Blut wanderte über den Venenkatheter am linken Arm wieder in ihren Körper zurückgeführt. In der Regel läuft während einer Spende das Blutvolumen des Spenders etwa dreimal durch die Maschine, wobei der Spender das gesamte Blut wieder zurück erhält mit Ausnahme der Stammzellen, die sich am Schluß in einem Beutel mit rund  200bis  300 Milliliter befinden.

Fünf Stunden dauerte diese problemlos und völlig schmerzfrei verlaufende Prozedur, während dessen die Spenderin auf dem Rücken liegend sich mit Fernseh schauen die Zeit vertrieb. Fischer: „Außer etwas Kribbeln auf den Lippen und einem Hitzegefühl habe ich mich wohl gefühlt.“ Als sie fertig war, konnte sie sich zunächst in der Klinik-Kantine stärken und wurde auch wieder wie schon bei der Herfahrt mit dem Taxi nach Hause befördert. Außer einem gewissen Zeitaufwand fielen bei ihr keinerlei Kosten an. Auch am Tag nach der Transplantation habe sie noch frei gehabt. Ihrem Arbeitgeber sei jedoch der Arbeitsausfall ersetzt worden.

Keine Spätfolgen bekannt

Nachkontrollen bei der Spenderin erfolgten bisher 30 Tage nach der Entnahme und dann nach 6 Monaten. Weitere folgen noch nach einem, zwei, fünf und zehn Jahren. Wie Institutsleiter Professor Dr. Markus Böck auf Nachfrage versicherte, sind  Spätfolgen des Wachstumshormons derzeit nicht bekannt, wobei er auf einen Zeitraum von 20 Jahren zurückblicken kann.

Spende war nicht umsonst

Leider konnte Anja Fischer bisher nicht erfahren, wem sie nun mit ihren Blut-Stammzellen helfen konnte. Kurz vor Weihnachten 2010 habe sie jedoch erfahren, dass ihre Spende nicht umsonst war und der Patient gerade entlassen worden sei und es ihm gut gehe. Es bestehe jedoch zwei Jahre nach der Transplantation die Möglichkeit, mit dem betroffenen Patienten zunächst anonym über das Netzwerk Hoffnung Kontakt aufzunehmen und wenn dieser zustimme, sich mit diesem dann auch zu treffen, was Fischer dann natürlich auch sehr gerne tun würde.

Ein Beispiel nehmen: typisieren lassen oder spenden

Andreas Münch würde sich deshalb freuen, wenn sich am 17. Juli möglichst viele an Anja Fischer ein Beispiel nehmen und sich in der Zeit von 10 bis 17 Uhr in den Räumen der Mittelschule Veitshöchheim typisieren lassen oder für wen dies aus gesundheitlichen oder Altersgründen nicht in Frage kommt, die Aktion durch eine Geldspende vor Ort am Informationsstand von „Netzwerk Hoffnung“ oder auf das Spendenkonto des Vereins „Hilfe für Anja e.V.“ bei der VR-Bank Würzburg, BLZ 790 900 00, KTO 26 35 380 zu unterstützen. Denn für die Analyse der Gewebemerkmale fallen Laborkosten von rund 50 Euro pro Spender an, die weder von den Krankenkassen noch von einer öffentlichen Einrichtung bezahlt werden, sondern ausschließlich aus privaten Spenden finanziert werden müssen.

Auch alle Läufer und Walker, die am gleichen Tag nach 9.00 Uhr am ersten Veitshöchheimer Benefizwaldlauf teilnehmen, unterstützen die Aktion, denn das Startgeld von fünf Euro für Erwachsene bzw. 3,50 € für Jugendliche wird in voller Höhe dem Verein Anja e.V. übergeben.

 

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