Wetterbedingt in die Mainfrankensäle verlegt: 25. Nachtmusik Veitshöchheim begeistert trotz Ortswechsel
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Zum 25. Mal lud die Gemeinde Veitshöchheim im Rahmen des Würzburger Mozartfests zur Nachtmusik – erstmals 1997 anlässlich der 900-Jahr-Feier im Rokokogarten des Schlosses Veitshöchheim. Auch wenn die Kulisse des illuminierten Hofgartens in diesem Jahr wegen unbeständiger Wetterprognosen und kühler Temperaturen ausfiel, konnte das Konzert in den Mainfrankensälen dennoch überzeugen. Es war bereits das siebte Mal seit 1997, dass das Event dorthin verlegt werden musste. In vier Jahren konnte die Veranstaltung gar nicht stattfinden – 2013 und 2014 wegen Umbauarbeiten, 2020 und 2021 wegen Corona.
Das Karlsruher Blechbläserensemble „Brasssurround“ – ein Tentett aus Studierenden der Hochschule für Musik Karlsruhe unter Leitung von Prof. Dirk Hirthe – präsentierte ein Programm, das Klassik und Jazz ebenso virtuos wie unterhaltsam verband. Die Musikerinnen und Musiker überzeugten durch technische Brillanz, musikalische Präzision und klangliche Vielfalt. Die Stimmung im mit 890 Leuten voll besetzten Saal war begeistert – es gab langen Applaus, Standing Ovations und zwei Zugaben.
Auf dem Programm standen u.a. Byrds festlicher „Earl of Oxford March“, eine ausdrucksstarke „Carmen-Suite“ von Bizet und Hans Werner Henzes jazzige „Ragtimes and Habaneras“. Die junge Komponistin Veronika Reutz Drobnić, ehemalige Karlsruher Masterstudentin, war mit dem experimentellen „Veronikas Stück“ vertreten. Nach der Pause folgten Jim Parkers urbane Suite „A Londoner in New York“, Chick Coreas Jazzklassiker „Spain“, Duke Ellingtons „Caravan“ sowie das augenzwinkernde Katzenporträt „Another Cat Kraken“ von Chris Hazell. Als Zugabe spielte das Ensemble den brasilianischen Choro „Tico Tico“ – ein technisch anspruchsvolles Feuerwerk.
Trotz eines kleinen Wermutstropfens – das tatsächlich gespielte Programm wich stellenweise vom offiziellen Programmheft ab – war das Konzert ein voller Erfolg. Auch Evelyn Meining, Intendantin des Mozartfests, zeigte sich beeindruckt: sowohl vom Ensemble als auch von der Akustik der Mainfrankensäle.
Kulturamtsmitarbeiterin Helena Seck zeigte sich erleichtert über die Entscheidung zur Verlegung: „Wie sich gezeigt hat, war das absolut richtig – am Abend ging über Veitshöchheim ein kräftiger Wolkenbruch nieder.“ Auch wenn viele Gäste zu Beginn das Hofgarten-Flair vermissten, wich diese Enttäuschung schnell einer rundum positiven Resonanz.
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Es wirkten mit an der Trompete: Johannes Troiber, Marlon Moraổ, Jose Francisco Rabasco Lopez, Simon Binon Raphaël Lèbre, Gloria Atienza Pinazo, Ting-Hsuan Huang und Žan Salaj; Posaune Horn: Leonie Fischer und Joấo Augusto; Tuba: David Csaba Endre und Schlagzeug: Thibault Keith
Programmfolge
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1. The Earl of Oxford March - William Byrd (1543-1623)
Ein perfekter Auftakt: Der festliche Marsch, entstanden auf dem Höhepunkt von Byrds Schaffen, spiegelte Englands Triumph über die spanische und französische Armada wider – eine Zeit nationaler Euphorie im späten 16. Jahrhundert. Besonders bewegend: der mitreißende Trommelwirbel von Schlagzeuger Thibault Keith.
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2. Carmen Suite - George Bizet 1838-1875)
Im Kontrast dazu präsentierte Brasssurround als zweites Stück 15 Minuten lang mit Carmen, dem wohl berühmtesten Werk des Musiktheaters, ein musikalisches Highlight voller Ausdruckskraft und Dramatik. Auch außerhalb des Opernkontexts entfaltet Georges Bizets Musik ihre mitreißende Wirkung. Die Carmen-Suite – von Tohru Takahashi für Blasorchester bearbeitet – lässt die packenden Szenen von der Ablösung der Wache bis zum dramatischen Zwiegesang zwischen Escamillo und Carmen in neuem Klang erstrahlen.
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3. Ragtimes and Habaneras aus dem Jahr 1982 - Hans Werner Henze (1926-2012)
Brasssurround überraschte außerhalb des Programms mit Hans Werner Henzes „Ragtimes and Habaneras“ – einem Werk, das Witz, Rhythmus und Parodie meisterhaft vereint. Ursprünglich 1982 für eine britische Brass Band komponiert, basiert die Suite auf Szenen aus Henzes Oper La Cubana. Typische Tanzrhythmen wie Ragtime und Habanera treffen hier auf moderne Klangsprache – verspielt, kontrastreich und mit ironischem Unterton.
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4. „Veronikas Stück“ – ein Klangbild zwischen Struktur und Freiheit
So schlicht der Titel, so komplex das Hörerlebnis: Mit „Veronikas Stück“ beschloss das Ensemble Brasssurround den ersten Konzertteil – eine Komposition von Veronika Reutz Drobnić, die von 2021 bis 2024 an der Hochschule für Musik Karlsruhe studierte und dort ihren Master machte.
Die junge Komponistin steht für eine Neue Musik, die sich von traditionellen Notationen löst. Ihre Werke bedienen sich visueller Partituren, greifen auf bestehendes Material zurück und verschmelzen Improvisation mit performativen Elementen. Klang wird hier zur Geste, zur Bewegung, zum Ausdruck – eindrucksvoll, radikal eigenständig.
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5. A Londoner in New York - Jim Parker (1934-2023)
Mit Jim Parkers Suite A Londoner in New York zeigte Brasssurround nach der Pause musikalische Finesse. Die fünfsätzige Komposition von 1987 porträtiert Orte wie Harlem, Grand Central und Central Park – stets mit liebevollem Augenzwinkern.
Höhepunkt ist der Satz über das Chrysler Building: Eleganz in getragenen Linien trifft auf lebendige Passagen im Stil der 1930er. Brasssurround gelang es, Parkers Mischung aus urbaner Energie und nostalgischem Charme nuancenreich hörbar zu machen – ein gelungener musikalischer Stadtspaziergang.
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6. Spain - Chick Corea (1941-2021) - ein Jazzklassiker
Armando Anthony "Chick" Corea – schon der Name klingt nach Sonne, Rhythmus, Leidenschaft. Und tatsächlich schuf der US-amerikanische Pianist mit Spain eines der bekanntesten und meistgespielten Werke des modernen Jazz. Dass Corea, 1941 in Chelsea, Massachusetts, geboren, keine spanischen Wurzeln hatte, hinderte ihn nicht daran, dem iberischen Klanggefühl musikalisch nahe zu kommen.
In den Mainfrankensälen widmete sich das Ensemble Brasssurround diesem Meisterwerk – ein Tribut an einen der ganz Großen, der im Februar 2021 verstarb. Corea mag gegangen sein, doch sein musikalischer Fußabdruck bleibt.
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7. Caravan - Duke Ellington (1899-1974)
Genauso begeisterte anschließend Brassaround das Publikum mit Caravan. Der legendäre Duke Ellington (1899–1974) präsentierte das Stück mit seiner unverkennbaren Mischung aus Jazz, Swing und exotischen Klängen. Es schrieb Juan Tizol in den 1930er Jahren, ein Trompeter und Komponist in Ellingtons Orchester. „Caravan“ entwickelte sich schnell zu einem der größten Hits von Duke Ellington und gilt bis heute als Jazz-Klassiker, der mit seiner ungewöhnlichen Rhythmik und orientalisch angehauchten Melodie zahlreiche Musiker weltweit inspiriert hat.
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8. Another Cat Kraken - Chris Hazell (*1948)
Als letztes Stück, nicht im Programm stehend, zauberte Brasssurround mit Another Cat Kraken des zeitgenössischen Komponisten Chris Hazell (1948) ein besonderes Stück hervor. Hazell, bekannt als Produzent zahlreicher Aufnahmen des Philip Jones Brass Ensemble, schrieb die Fortsetzung zu seiner beliebten Cats Suite („Three Brass Cats“).
Inspiriert wurde er von drei ehemaligen Streunerkatzen, mit denen er zusammenlebte. Kraken, die einzige Katze unter den Katern, war trotz ihrer geringen Größe die unbestrittene Anführerin der kleinen Rasselbande. Nach dem großen Erfolg der Bläser- und Fanfarenarrangements von Three Brass Cats vervollständigte Arrangeur Henk Ummels das Werk mit Kraken.
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Tico Tico - Zequniha de Abreu (1880-1935)
Als Zugabe servierte das Ensemble den technisch anspruchsvollen brasilianische Choro aus dem Jahr 1917, der als Klassiker gilt.
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Im letzten Jahr konnten sich die über 800 Besucher noch beim Auftritt des Ensembles "European Tuba Power" in der wunderbaren Atmosphäre des nach Einbruch der Dunkelheit angestrahlten Schlosses im Veitshöchheimer Rokokogarten wie im Märchenland fühlen. Die seit der 900-Jahr-Feier im Jahr 1997 ins Würzburger Mozartfest eingebettete Nachtmusik im Hofgarten ist das gesellschaftliche Ereignis "par excellence" und jährlich ein Höhepunkt im Veranstaltungsreigen der Gemeinde Veitshöchheim.
Fotos Dieter Gürz
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Tabelle erstellt von Dieter Gürz