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Das Tango- und Klezmerensemble „Hot&Cool“ begeisterte in neuer Besetzung - Neuer Besucherrekord beim sechsten Veitshöchheimer Sommerkonzert

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Seit 15 Jahren veranstaltet das Kulturamt der Gemeinde in Zusammenarbeit mit dem örtlichen Musiker Rainer Schwander die Sonntags-Konzerte im Synagogenhof Veitshöchheim zur besten Sommerzeit, so auch heuer wieder vom 28. Juli bis 1. September 2024.

Verzeichnete das fünfte Sommerkonzert mit Rock-Oldies von Donny Vox  vor einer Woche  bereits mit 160 Zuhörenden einen neuen Besucherrekord, so wurde diese Zahl beim sechsten und letzten Sommerkonzert nochmals übertroffen. An die 180 Besucher waren begeistert über das seit 25 Jahren bestehende und in Veitshöchheim bestens bekannte Ensemble „Hot&Cool“, das sich auf Tangos, Klezmermusik und jiddische Lieder spezialisiert hat und in neuer Besetzung auftrat.

Weiterhin fester Bestandteil der Gruppe sind die Sängerin Claudia von der Goltz (die im Bild vorne, die die von ihr vorgetragenen Lieder moderierte und der Gitarrist Bernhard von der Goltz (Foto links), der als „Kopf“ der Gruppe auch die Arrangements schreibt und als Kulturreferent des Veitshöchheimer Gemeinderates fungiert.

Neu im Ensemble sind mit ihrer Tochter Laura von der Goltz  (2.v.l.) und Cornelius Wünsch (li.) wieder zwei Vollblutmusiker für die beiden Gründungsmitglieder Petra Müllejans (Violine) und Rainer Schwander (Saxophon) und mit von der Partie war bei diesem Konzert der Cellist Philipp Hagemann (re.), in Vertretung für Uwe Schachner.

Zur Eröffnung erklang der traditionelle Klezmertanz „Happy Nigun“, was soviel wie „Eine fröhliche Melodie“ bedeutet und auch gleich uneingeschränkte Freude und Tanzlust vermittelte. "Eginat Egoz", ein kammermusikalisches Kleinod aus dem Repertoire von Giora Feidmann versetzte  das Publikum  direkt im Anschluss mit  zartem und innigem Spiel in eine träumerische bis melancholische Stimmung und zeigte somit gleich die große Bandbreite musikalischen Ausdrucks, die für die Musikstile so typisch ist und von den Musikern meisterhaft beherrscht wird.

Einen Glanzpunkt dazu setzte Claudia von der Goltz mit ihrem zarten, introvertiert innig klingenden Sopran. Man spürte, dass sie über eine langjährige Erfahrung mit jiddischen Liedern verfügt. „Unter die Haut gehend“ (so ein Besucher) sang sie in dem berühmten Klezmer-Lied „Papirosn“ von dem Waisenjungen, der im kalten Winter verzweifelt versucht, Zigaretten zu verkaufen, um irgendwie zu überleben.

 Claudia von der Goltz, moderierte die von ihr vorgetragenen Lieder und erzählte bei den beiden Liedern „Mahzel“ und „Oj Mame, bin ikh farlibt“ / „Oh mame, am I in love“), wie die Musik der osteuropäischen Juden durch Flucht vor den Nazis auch Eingang in die amerikanische Jazzmusik der 40er Jahre fand. So wurde aus manch einem Lied eine „Swingnummer“ in englischer Sprache mit durchaus auch etwas abgewandeltem Inhalt.: Der Mann der Träume zeichnet sich in der „Swing-Version“ durch besondere Stärke aus, wohingegen es in der jiddischen Version ein Klezmerjingele, also ein Musiker ist.

Danach entführten die Melodien  „Flores del Alma“ und „Felicia“ (von E. Savorido)  das Publikum in die Welt der Tangos.

Die Tangomusik, die der Klezmermusik darin ähnlich ist, dass Melancholie und tänzerische Lebensfreude eng beieinander liegen, ist ohne den Argentinier Astor Piazzolla nicht denkbar. In Triobesetzung (Violine, Gitarre, Cello) erklang die Komposition „Adios nonino“. 

„Adios Nonino“ war eine Glanznummer für die Violine (Laura von der Goltz).

Es folgte als nächstes ein Feature für das Saxophon (Cornelius Wünsch), das „Kuma Echa medley“ aus Israel, das dort traditionell getanzt wird (Tanzen ist in Israel ein Pflichtfach in der Schule).

Beide Musiker beeindruckten in ihren Soli  nicht nur mit großer Virtuosität und überbordender Spielfreude, sondern auch mit enormer Sensibilität im Zusammenspiel und ergreifenden, zu Herzen gehenden lyrischen Passagen..

Ein weiteres Musikgenre, das der Klezmermusik verwandt ist, ist die Gipsymusik. Aus der Feder des jugoslawischen Komponisten Goran Bregovic erklang das für Roma bekannte Lied „Sao Roma Daje“, ein Wechsel zwischen den Melodieinstrumenten Geige, Cello - hierbei zog der Philipp Hagemann in einem wunderbaren Eingangssolo das Publikum schon in seinen Bann -  und Saxophon, dem sich das wild-tänzerische „Sirba New York“ anschloss.  Artverwandt in der Tonsprache war der Titel „Smelka“, der aus der Feder des russischen Geigers Sergej Erdenko stammt, eine Hommage an eine legendäre Tänzerin mit Namen Esmeralda.

Aus der Gipsymusik nicht wegzudenken ist der „Csardas“, ein aus Ungarn stammender Tanz, den Laura von der Goltz im für diese Musik typischen Wechselbad von extrem temperamentvollem und gefühlsbetontem Spiel absolut authentisch interpretierte und das Publikum nochmals in die Welt der Gipsymusik entführte. Sie brachte dank ihrer hochgradigen Virtuosität auf ihrem Instrument die ganze Leidenschaft der Rhythmen und der fremdartig anmutenden jüdisch-osteuropäischen Klangkultur zum Ausdruck.

Mit „Miserlou“ zeigte die Gruppe „Hot and Cool“ zum Schluss ein weiteres Mal ihre enorme Bandbreite an musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten und entführte das Publikum in die „Welt des Orients“. Besungen wird die Sehnsucht nach einer wunderschönen orientalischen Tänzerin namens „Miserlou“ und nicht nur der Rhythmus, sondern auch die Melodie des Liedes mutet zunächst sehr geheimnisvoll und „orientalisch“ an.

Zum „Finale“ greift Bernhard von der Goltz noch zur Darbuka, einer im arabischen Raum weit verbreiteten Trommel und leitet zum temperamentvollen Schluss ein.

Die Musiker des Ensembles erwiesen sich allesamt als große Könner ihres Faches. So strotzten die vier Instrumentalisten nur so vor Spielfreude und begeisterten das Publikum mit exzellentem, leidenschaftlichem und höchst melodiösem Spiel. Es gelang ihnen, mit ihrer Musik tiefe Emotionen auszudrücken, die den Zuhörenden unwillkürlich anrührten und in ihren Bann zogen.

Den Wunsch des begeisterten Publikums nach einer Zugabe erfüllte das Ensemble gerne mit ihrem „Klassiker“ „A bissl Sun“, in dem das besungen wird, was man als Mensch zum glücklich sein braucht: Ein bisschen Sonne, ein bisschen Regen, Gesundheit ….... – und ab und zu mit Freunden „a Schnepsl“, also „einen Spaß“ machen. Mit der Leichtigkeit dieses Liedes verabschiedete sich die Band, nicht ohne dem Kulturamt der Gemeinde Veitshöchheim für die Einladung an diesen wunderbaren Ort zu danken.

„Der Abend war eine einzige wunderbare Melodie!“ (Zitat eines Besuchers).

Biografisches

Der Veitshöchheimer Gitarrist Bernhard von der Goltz, Musiklehrer an der Würzburger Musikschule, ist seit vielen Jahrzehnten nicht aus der Würzburger Kulturszene wegzudenken und hat sich auch über den Raum hinaus einen Namen gemacht.

Seine musikalische Vielseitigkeit zeigt sich in der Zusammenarbeit mit Gruppen verschiedenster Stilrichtungen, wie der Klassik, dem Ethno-Folk oder der Klezmermusik. In seinen verschiedenen Ensembles wie dem Tango-/Klezmer-Quintett Hot & Cool ist er immer auch als Komponist und Arrangeur tätig gewesen.

Claudia von der Goltz unterrichtet seit dem Jahr 2000 Gesang am Gymnasium Veitshöchheim im Wahlkursangebot "Chöre" für die Jahrgangsstufe 5-7, Jahrgangsstufe 8-12 und Vokalensemble Q11/12 und koordiniert die Fachschaft Musik.

Weder während noch nach ihrem Studium der Barockvioline hat Laura Sophie von der Goltz jemals mit dem klassischen Violinspiel aufgehört. Laura gibt regelmäßig Konzerte in der Region Unterfranken, oft in Begleitung ihres Vaters, dem Konzertgitarristen Bernhard von der Goltz. Sie hat auch mit Kammerorchestern gespielt, darunter mit den Solisten der Bonner Kammerphilharmonie. Ihre anhaltende Leidenschaft ist es, den Klang der Geige so zu formen, dass er ihre Zuhörer nicht nur zum Singen bringt, sondern auch tief berührt. Lauras stilistische Vielseitigkeit hat sie zu zahlreichen Kooperationen in verschiedenen Genres und Umgebungen geführt. Sie improvisiert und experimentiert gerne mit neuen musikalischen Ideen.

Aufgewachsen ist Cornelius Wünsch in Aub. Im Alter von vier Jahren hatte begonnen, Klavier und Klarinette zu lernen, bevor er mit zwölf das Saxophon für sich entdeckte. Er spielte in verschiedenen Ensembles und besuchte Workshops, unter anderem bei Maceo Parker und Jiggs Whigham. Zudem wurde er Mitglied in Landesjugendjazzorchester Bayern und 2006 mit der Big Band der Sing- und Musikschule Würzburg Preisträger beim Nachwuchswettbewerb der Jazzinitiative Würzburg. Nach der erfolgreichen Teilnahme am Wettbewerb "Jugend musiziert" entdeckte Wünsch schließlich mit 16 Jahren das klassische Saxophon für sich und nahm 2009 sein Studium an der Musikhochschule Würzburg bei Prof. Lutz Koppetsch auf, das er nach einem Studienaufenthalt in Lyon mit Diplom und Master abschloss. Zahlreiche Konzerte als Solist, mit Kammermusikensembles und großen Orchestern führten ihn seitdem in viele Städte und Länder Europas.

Cornelius Wünsch gehört inzwischen der Bayerischen Orchesterakademie und der Jungen Norddeutschen Philharmonie an, wirkte als Musiker und Arrangeur an verschiedenen CD-Produktionen des Bayerischen Rundfunks mit und spielte in Orchestern wie der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz und dem Sinfonieorchester des Westdeutschen Rundfunks.

Philipp Hagemann wurde 1975 in Hamburg geboren und erhielt seinen ersten Musikunterricht im Alter von sechs Jahren. 1987 wurde er Stipendiat des Studienkollegs des Landesmusikrates Schleswig-Holstein. Ab 1996 studierte er in Würzburg und hat dort  das Violoncellostudium mit Konzertdiplom abgeschlossen. Seit 2002 ist er koordinierender Solocellist der Neuen Philharmonie Frankfurt. Neben der Mitwirkung in professionellen Orchestern wie dem Staatstheater Braunschweig, den Münchner Symphonikern, den Nürnberger Symphonikern und dem Hessischen Rundfunk ist er in Würzburg an der Martin-Luther Kirche als Kirchenmusiker angestellt.

Er spielt ein Cello von Georg Knäuscher aus dem Jahre 1792.

Textquellen: B. + C. von der Goltz - Fotos Dieter Gürz

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