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Professorin für Barockcello Kristin von der Goltz konzertierte mit ihrem "Trio Vivente" in der Veitshöchheimer Eichendorff-Schule, wo sie vor 50 Jahren in die Grundschule ging

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Für den Veitshöchheimer Bernhard von der Goltz, Musiklehrer und Kulturreferent des Gemeinderates, war es ein großes Vergnügen, am letzten Freitag die drei renommierten Musikerinnen des Trio Vivente bei ihrem Konzert in der Aula der Eichendorff-Grundschule anzukündigen. War darunter doch seine 57jährige Schwester Kristin von der Goltz (Foto links),  die mit ihm in der Sonnenstraße in Veitshöchheim aufwuchs. Erstmalig seit ihrer Schulzeit konzertierte die in Starnberg wohnende Professorin für Barockcello an der Hochschule für Musik und Theater München in ihrer Heimatgemeinde in der Aula der Schule, in der sie die ersten vier Jahre ihrer Schulzeit verbrachte.

Neben der pädagogischen Arbeit hat sie immer wieder kammermusikalische Engagements, so im September 2023 eine Tournee in Japan mit Isabel Faust (Violine) und um Dezember 2023 eine Tour u.a. in die Schweiz mit den Berliner Barocksolisten.

Zu Gast in Veitshöchheim war die Cellistin mit ihrem "Trio Vivente". Zu diesem gehören die Pianistin und Lehrbeauftragte an der Saarbrücker Musikhochschule, Jutta Ernst und die Geigerin Anne Katharina Schreiber, die im März noch mit dem Freiburger Barockorchester in der ausverkauften Elbphilharmonie in Hamburg auftrat.

Kristin von der Goltz und Jutta Ernst kennen sich  schon sehr lange. Sie lernten sich im Alter von zwölf und 14 Jahren bei einem Musikkurs kennen. Und als sie 17 und 19  waren, sind  beide zu einem Musikkurs gefahren und trafen dort auf Anne Katharina Schreiber. Schon in ihren Studienjahren haben sie zusammen musiziert. Kristin von der Goltz und Anne Katharina Schreiber waren damals beide Mitglieder im Freiburger Barockorchester. Im Anschluss einer Tournee haben sie Jutta Ernst besucht und aus Spaß miteinander im Trio gespielt.

Das war die Gründung von Trio Vivente im Herbst 1992, als sie sich gefragt hatten, ob sie nicht ernsthaft miteinander spielen und Konzerte geben wollen. Seitdem begeistert das Trio Presse und Publikum mit sinnenfreudiger und temperamentvoller Musizierweise.

Das Trio Vivente war so willkommener Gast in renommierten Konzertreihen und Festivals wie den Ludwigsburger Schlossfestspielen und den Musikfestspielen Saar. Konzertreisen führten das Ensemble nach Norwegen, England und in die Beneluxländer

Für das Jubiläumsjahr ihres 30-jährigen Bestehens hatte das Trio unter dem Titel “Starke Frauen!“ ein spezielles Programm zusammengestellt mit Werken ausschließlich von Komponistinnen, das sie nun auch in Veitshöchheim den 80 Zuhörenden in der Schulaula präsentierten.
 

 

Den Auftakt machte das Trio in g-moll op. 17 von Clara Schumann (1819-1896). Clara, die Frau des Komponisten Robert Schumann, mit dem sie acht gemeinsame Kinder hatte, war eine gefeierte Konzertpianistin. Noch heute kennt man die Klaviertrios ihrer männlichen Zeitgenossen Johannes Brahms, Anton Dvorak und Robert Schumann. Das Trio von Clara ist leider bislang weitergehend unbekannt, diesen bekannten Trios aber in jeder Hinsicht ebenbürtig: groß in der formalen Anlage, leidenschaftlich in der ihr eigenen Tonsprache, und handwerklich meisterlich gearbeitet in den Stimmführungen. Das Trio Vivente gestaltete souverän alle technischen Herausforderungen und harmonierte auf faszinierende Art und Weise in der Intonation.

 
Das nächste Werk stammte von der Engländerin Rebecca Clarke (1886-1979). Auch sie hatte keinen leichten Start. Sie litt unter einem jähzornigen Vater. Sie spielte als Bratschistin u.a. mit Pablo Casals und Artur Rubinstein. Ihr Klaviertrio entstand im Jahr 1921 und ist in seiner Tonsprache stark beeinflusst von den Impressionisten. Faszinierend zu hören war das blitzsaubere Zusammenspiel der Streicher über ein furioses Klavierfeuerwerk im Finalsatz. 
 
Den Schluss des Abends bildete das Klaviertrio in d-moll, op. 11 von Fanny Hensel, der älteren Schwester des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy. Sie hatte die gleiche Ausbildung wie ihr Bruder  genossen, aber ihr Vater erlaubte nicht, dass sie den Beruf einer Musikerin ausüben dürfe, ihr Platz sei der in der Familie. Erst sehr spät fand sie die Unterstützung ihres Bruders und komponierte mehr als 400 Werke. Das Klaviertrio, das Vivente nun in der Aula spielte, trägt die Opuszahl 11, ein Werk von brillanter Virtuosität, aber auch Innerlichkeit. Der Klavierpart  gleicht einem romantischen Klavierkonzert, das mit Streicherkantilenen überlagert ist. Großartige Musik - und großartig gespielt.
 
Ein Zuhörer meinte am Ende, er habe den Eindruck, dass die drei Komponistinnen alle Register gezogen hätten, um sich den Frust über minderwertige Beurteilung vom Leibe zu schreiben.
 
Starke Frauen! - was für die Komponistinnen gedacht war, gilt an diesem Abend in gleicher Weise für die Musikerinnen. Als Zugabe gab es ein Werk von einem Mann, der Schlusssatz von Joseph Haydns Trio in G- dur, das allerdings einer Frau gewidmet war. Applaus! 
 
Fotos Dieter Gürz - Konzertwürdigung Bernhard von der Goltz
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