Beim Standort für den geplanten sechsgruppigen Kindergartenneubau hinter der Tennishalle kochen in Veitshöchheim die Emotionen weiter hoch
Veitshöchheim: Bei der Standort-Frage für den geplanten Kindergartenneubau kochen die Emotionen hoch
Seit dem Bürgerbegehren gegen den Standort des neuen Mainstegs an den Mainfrankensälen im Jahr 2012 hatte es in Veitshöchheim keine Bürgerproteste mehr gegen eine Planung der Gemeinde gegeben. ...
Anwohner äußern Zweifel am Bedarf, am Standort, an dessen Bebaubarkeit, fürchten chaotische Verkehrsverhältnisse durch Bring- und Holverkehr und kritisieren Transparenz
Seitdem bei der Gemeinde Veitshöchheim das im Februar 2011 mit 1042 Unterschriften eingereichte Bürgerbegehren wegen eines Formfehlers mit der Forderung scheiterte, dass der Gemeinderat seinen zustimmenden Beschluss vom 1. Dezember 2010 für den Standort des neuen Mainsteges an den Mainfrankensälen aufhebt, gab es keine Bürgerproteste mehr gegen eine Planung der Gemeinde.
Die Emotionen kochen nun aktuell nach eineinhalb Jahren hoch zu dem vom Gemeinderat in nichtöffentlicher Sitzung bereits am 8. Juni 2021 gefassten einstimmigen Beschluss, in der Gartensiedlung auf der im Flächennutzungsplan hinter der Zweifeldtennishalle unmittelbar am Rande des Waldstückes „Gebranntes Hölzlein“ rechtswirksam ausgewiesenen "Sonderfläche für Sport" nach bauleitplanerischer Umwidmung eine Kita mit vier Krippen– und zwei Kindergartengruppen zu bauen.
So hatte Professor Dr. Wolfram Voelker, wie am 18. Januar 2023 berichtet, in einem offenen Brief an Bürgermeister Jürgen Götz gegen den Wegfall des hier seit 2007 von Anliegern gestalteten Bolzplatzes protestiert.
Die Meinung des Angrenzers Dieter Leimkötter zum Bolzplatz: "Als er angelegt wurde, hatten wir am Hölzlein noch weit mehr Kinder als Hunde. Der Buckelrasen dient heute überwiegend als Bewegungsfläche für Hunde."
Der Bürgermeister kann sich vorstellen, den Bolzplatz nach dem hinteren Tor in Querstellung neu anzulegen.
Bild unten: Im Hintergrund das Dach der Tennishalle
Inzwischen gab eine Anwohnerinitiative Flugblätter und eine Unterschriftenliste gegen das Vorhaben in Umlauf, die 38 Personen aus 18 Haushalten des Wohngebietes unterschrieben haben.
Kritisch zu Wort gemeldet hat sich im Netz auch Dieter Leimkötter, der bis 2020 noch dem Gemeinderat angehörte und wie Voelker und die Anwohner-Sprecherin direkt mit seinem Haus an das neue Kita-Grundstück angrenzt. Als langgedienter Feuerwehrmann hat er aber, da ihm, wie er sagt, das Floriansprinzip zuwider ist, nicht unterschrieben.
Im Netz konnte man dazu auch folgende Kommentare lesen:
- "Die Gemeinde soll Kindergärten bauen, aber natürlich nicht vor die eigene Haustür. Die Befindlichkeiten werden immer schlimmer."
- "Und meiner Meinung geht es nicht um abholen und bringen sondern auch um den Lärm - Kindergeschreie - und davor haben die meisten Angst, das zu sagen; und sowas zuzugeben, wäre politisch nicht mehr gerecht - leider - in der heutigen Zeit!!!"
Zweifel am Bedarf?
Der vom Gemeinderat im Juli 2020 verabschiedete Kindergarten-Bedarfsplan schrieb nicht zuletzt durch die 260 Wohneinheiten im neuen Wohngebiet Sandäcker den Bedarf für einen Kindergartenneubau mit vier Kinderkrippen für insgesamt 48 Kinder unter drei Jahren und drei Gruppen für insgesamt 75 Kinder ab drei Jahre bis Schulbeginn fest.
Leimkötter, der Vorstandmitglied des AWO-Ortsvereins als Träger einer Kita ist, bezweifelt jedoch den Bedarf für den an der Tennishalle geplanten Kindergarten mit sechs Gruppen, zumal ja gerade an den Kuratiekindergarten zwei Gruppen angebaut werden (davon eine für die interimsweise im HdB untergebrachte Krippengruppe). Nachdem im Baugebiet Sandäcker schon viele Häuser bewohnt sind, schlägt er eine erneute Bedarfsfestsstellung vor. Dazu sagte der Bürgermeister aus, dass die Gemeinde die Baugenehmigung im vollen Umfang beantragen werde, sich aber vorbehalte, den neuen Kindergarten dann modulartig bedarfsgerecht zu bauen, ggf. könnte man auch die der Gemeinde gehörenden Container der Interimskita nach hier versetzen.
Auf diesen der Gemeinde gehörenden Reihenhaus-Baugrundstücken im Baugebiet Sandäcker errichtet die Gemeinde in der nordöstlichen Ecke in der Nähe der Kreuzung Günterslebener Straße/Wolfstalstraße/Zufahrt SVV/Kreisverkehr (Bildmitte hinten) noch in diesem Quartal für 1,80 Mio. Euro interimsweise bis zur Fertigstellung des neuen Kindergartens hinter der Tennishalle eine Kita mit einer Containerlösung. Die Befestigung des Untergrundes für die Containeraufstellung ist bereits im Gang.
Richtiger Standort?
Vorgeworfen wird allseits dem Gemeinderat, dass er nicht im Bebauungsplan Sandäcker eine Kita vorgesehen hat. Laut Bürgermeister sei ein solcher Bedarf bei der Aufstellung des Bebauungsplanes im Jahr 2013 nicht vorhersehbar gewesen. Veitshöchheim hatte damals 9910 Einwohner und 371 Kindergartenplätze. Die Tendenz der Einwohnerzahlen war deutlich rückläufig. im Jahr 2019 hatte Veitshöchheim nur noch 9583 Einwohner und 400 Kindergartenplätze.
Denkbar wäre 2013 durchaus gewesen, das vom Wettbewerbssieger Lorenzen in seinem Rahmenplan vorgeschlagene "Nahversorgungszentrum", bei dem bewusst nicht zwischen "kommerziell" oder "Dienstleistung" unterschieden wurde, für einen Kindergartenneubau vorzusehen.
Dem Gemeinderat vorgelegt wurden dann im Juni 2021 als jetzt noch mögliche Standortalternativen eine Teilfläche des Sportgeländes des BFW, der Spielplatz Sudetenstraße und eben dann das einstimmig vom Gemeinderat in nichtöffentlicher Sitzung ausgewählte gemeindliche Grundstück hinter der TGV-Tennishalle.
Mangel an Transparenz?
Leimkötters Kritik: "Heute werden in Veitshöchheim Beschlüsse vorwiegend unter Ausschluss der Öffentlichkeit gefällt. In dieser Form ist, wie mir scheint, Veitshöchheim besonders strikt, andere Kommunen handhaben das anders. Scheinbar will es der Gemeinderat so, denn er hätte durchaus die Möglichkeit, die Messlatte für nicht öffentliche Entscheidungen deutlich abzusenken. Beim Bürger kommt hier schnell ein Gefühl mangelnder Transparenz auf."
Der Tagesordnungspunkt wurde laut Geschäftsleitung der Gemeinde im Juni 2021 deshalb nichtöffentlich behandelt, weil auch ein Grundstück zur Auswahl stand, das sich nicht im Eigentum der Gemeinde befindet und deshalb auch ein möglicher Kaufpreis zur Diskussion stand. Dazu ist zu bemerken, dass es sich bei diesem Grundstück um das Sportgelände des BFW handelte, das als Alternative auch als Standort für einen Neubau der Zweigstelle Nord der Rupert-Egenberger-Förderschule dem Landkreis von der Gemeinde offeriert wurde. Der Kreistag hat seine Standortentscheidung aber im Gegensatz zur Gemeinde gleichwohl in öffentlicher Sitzung getroffen.
Leimkötter hält weiter der Gemeinde das Versäumnis vor, dass sie in dem langen Zeitraum von dem Beschluss im Juni 2021 bis heute mit den Anwohnern nicht ins Gespräch kam.
Der Bürgermeister sagte dazu, dass die Anwohner nun im Rahmen der Bauleitplanung Einwände vorbringen können. Geplant sei auch den ersten Planentwurf in einer Info-Veranstaltung zu erläutern. Die unmittelbaren Nachbarn würden natürlich auch noch zum Bauantrag gehört.
Bebaubarkeit des gewählten Standortes?
Die Sprecherin der Anwohnerinitiative, die in der Presse anonym bleiben will, behauptet, dass dieses Grundsück im Flächennutzungsplan zu keinem Zeitpunkt für eine Bebauung, sondern vielmehr als Pufferzone zwischen Wald und Bebauungslinie vorgesehen war.
Der Bürgermeister verweist dagegen darauf, dass die Fläche rechtsgültig als Sportfläche ausgewiesen ist, wo auch eine Bebauung mit einem Basketball-Trainingsplatz, einer Squash-Halle oder einem Fitnessstudio zulässig sei Lärmemissionen und Anfahrtsverkehr in den Abendstunden und auch an Wochenende.
Belange des Naturschutzes?
Blick auf das Kita-Baugrundstück vom Waldrand "Gebranntes Hölzlein"
Die Anwohner-Sprecherin macht auch naturschutzrechtliche Belange geltend, da viele Heckenzonen entfernt würden, in denen zahlreiche Vögel und Kleinlebewesen ihre Nist- und Schlafplätze haben.
Eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung nach der FFH-Richtlinie, so der Bürgermeister, laufe bereits seit Dezember 2022. Es sollen hier durch eine entsprechende Anordnung der Baukörper keine Biotopbäume oder vergleichbarerer Bewuchs gefällt werden, wie er wie hier auf dem Foto zu sehen im Nordosten des Grundstücks vorzufinden ist. Diese Flächen sollen laut Bürgermeister ganz bewusst in die Gestaltung der Außenanlage integriert und für waldpädagogische Ansätze genutzt werden.
Chaotische Verkehrsverhältnisse in der Wolfstalstraße?
Die Sprecherin der überwiegend im Wohngebiet "Am Hölzlein" wohnenden 18 Haushalte der Anwohnerinitiative rechnet durch den Hol- und Bringverkehr bei 100 Kindern, mit täglich 400 zusätzlichen Fahrzeugbewegungen in der Wolfstalstraße. Bereits jetzt, so sagt sie, sei hier der Verkehr in der „Rush hour“ morgens dramatisch. Sie befürchtet deutliche Staus auch in der "Rush-Hour" gegen Abend mit deutlich erhöhten Schadstoff- und Lärmbelastungen. Für sie ist dies ein Abwägungsausfall des Gemeinderates und damit eine materielle Rechtswidrigkeit. Deshalb drohte die Sprecherin lautstark in der Gemeinderatssitzung am 17. Januar vor nahezu 70 Zuhörern der Gemeinde mit einem Normenkontrollverfahren, falls sie den Standort beibehält.
Am Montag um 17 Uhr war die Straße, wie auf dem Foto oben zu sehen, wie leergefegt, fuhr in einer Viertelstunde kein einziges Auto ein. Ein Anlieger aus dem Haus links im Bild meinte, durch die versetzten Parkplätze müssten Autofahrer kurz mal halten, um den Gegenverkehr durchzulassen, dies sei aber kein Problem und führe selbst in der "Rush-Hour" nicht zu längeren Staus.
Für den Bürgermeister ist eine Mehrbelastung der Wolfstalstraße durch 400 Fahrzeugbewegungen werktäglich absurd. Laut Nachfrage in den bestehenden Kindergärten würde etwa nur die Hälfte der Kinder und dann auch nicht gleichzeitg, sondern auf 90 Minuten verteilt, mit dem Auto gebracht und über den ganzen Nachmitttag verteilt, abgeholt werden. Die Vielen, die unten aus dem Ort über die Günterslebener Straße oder dem Speckert kommen, würden über die Heidenfelder Straße anfahren.
Für Leimkötter wäre es sinnvoll, zur Vermeidung von Staus die Parkbuchten in der Wolfstalstraße zu reduzieren, um den Verkehr zu verflüssigen. Dies habe die Verwaltung, so Bürgermeister Götz, bereits seit längerem auf dem Schirm, ebenso auch Leimkötters Vorschlag, den nach dem Kita-Neubau zu erwartenden Verkehr durch das im Gewerbegebiet ansässige Würzburger Institut für Verkehrswissenschaften GmbH simulieren zu lassen und dann den skeptischen Anwohnern zu präsentieren.
Am Ende der Wolfstalstraße erfolgt die Zufahrt nach rechts zur Tennishalle (hinten links zu sehen); hier an der Kreuzung kommen auch die Autofahrer an, die ihre Kinder über die Heidenfelder Straße zur neuen Kita bringen.
Der Zubringerverkehr zur neuen Kita soll durch eine Umfahrung der Tennishalle entgegen dem Uhrzeigersinn erfolgen.
Foto von der Rückseite der Tennishalle - links sollen Autos in einer Einbahnstraße um die Tennishalle fahren. Rechts am Heckenrand der Kita sollen für den Hol- und Bringverkehr Parkbuchten angelegt werden.
Fotos Dieter Gürz