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Spektakuläre Baum-Verpflanzaktion an der LWG Veitshöchheim - Rodungsarbeiten für 19,2 Millionen Euro teuren Neubau des Insituts für Bienenkunde und Imkerei haben begonnen

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Bäume scheinen unverrückbar, sie sind ein Symbol für Beständigkeit. Doch ab und zu stehen sie dann buchstäblich doch im Weg. Doch statt sie, wie landauf, landab üblich zu fällen, ging heute Morgen auf dem Grünen Campus der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim eine spektakuläre Verpflanzaktion vor zahlreichen Schaulustigen über die Bühne.

Bekanntlich erteilte der Haushaltsausschuss des Bayerischen Landtags Anfang Dezember 2021 die Projektgenehmigung für den auf 19,2 Millionen Euro veranschlagten Neubau des  Institut für Bienenkunde und Imkerei der LWG, das Forschungseinrichtung und Kompetenzzentrum für die bayerischen Imker ist.  Damit lagen die Voraussetzungen für den Beginn der Vergabeverfahren der Bauleistungen vor. Mit dem Neubau sollen zeitgemäße Arbeitsbedingungen für die Aus- und Fortbildung der Imkerinnen und Imker und die Erforschung der Lebensvoraussetzungen für Bienen und andere Blütenbestäuber in der heimischen Kulturlandschaft geschaffen.

Der Institutsneubau erfolgt oberhalb des Schul- und Verwaltungsgebäudes auf der Fläche zwischen Wohnheim (rechts)  und Technikzentrum mit Erschließung über die Einfahrt zur LWG in der Birkentalstraße. Nachdem die Planungsphase weitestgehend abgeschlossen ist und auch schon die Ausschreibungen durch sind, hat die ortsansässige Firma Straub bereits mit der Rodung begonnen. Der offizielle Spatenstich, so ein LWG-Mitarbeiter, ist für den 4. April 2022 geplant.           

Für die Baumaßnahme abgerissen wird auch dieses vor dem Technikgebäude (links) stehende Gewächshaus, auf dem die Baustelleneinrichtung erfolgen soll. Weichen müssen dafür im abmarkierten Bereich auch der im Vordergrund stehende über sechs Meter hohe aus Nordamerika stammende Lederhülsenbaum und dahinter der aus Asien stammende kleinwüchsige Bitterorangen-Strauch. Dafür wird jedoch nicht die Motorsäge geschwungen, sondern es kommt spektakuläre Technik zum Einsatz, kommen diese besonderen Bäume nicht unter, sondern vielmehr auf die Räder.

Möglich macht die auch von einem BR-Team gefilmte Verpflanzaktion die bereits seit 1971 voll und ganz auf die Großbaumverpflanzung spezialisierte FirmaOpitz GmbH & Co. KG in Heideck bei Hilpoltstein, mit der Erfahrung von weit über 1,8 Millionen verpflanzten Bäumen in ganz Europa.

Mit der von der Firma bei der LWG eingesetzten  Rundspatenmaschine Optimal 3000 können Großbäume mit Ballendurchmessern bis zu 300 Zentimetern und einem Stammumfang bis 120 Zentimeter nicht nur verpflanzt, sondern auch über längere Strecken transportiert werden.

Die Gleditsia ist rund sieben Meter hoch – allein der Erdballen wiegt etwa 10 Tonnen und hat ein Volumen von ca. 6 Kubikmetern. Es handelt sich dabei um die sehr seltene Sorte 'Elegantissima'.

Die perfekte Abstimmung von Maschine und dem vierachsigen Trägerfahrzeug gewährleistet dabei einen schonenden und vor allem sicheren Transport des Lederhülsenbaums an seinem neuen Standort im Obst-Versuchsbetrieb „Stutel“ der LWG am Fuße des Thüngersheimer Scharlachbergs.

Wie Dr. Philipp Schönfeld (LWG-Bereichsleiter für Urbanes Grün) erläutert,  zeichnet sich der Lederhülsenbaum (Gleditschie) durch filigrane Blätter, duftige Blüten und spektakuläre Hülsenfrüchte aus. Er ist als Hausbaum eine Alternative zu Kugelrobinie oder Kugelahorn. Der hier 1999 vor dem Gewächshaus gepflanzte Baum mit einem Stammfang von 77 Zentimeter ist seiner Krone sehr kompakt geblieben, wurde nie geschnitten oder formiert. Schönfeld bezeichnete ihn als den größten und schönsten seiner Art in Deutschland. So prangt an seinem Stamm auch die Auszeichnung "Champion Tree" der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft (DDG). Diese zeichnet seit dem Sommer 2009 am Internationalen Tag des Baumes (25. April) ein bestimmter Baum als „Champion Tree des Jahres“

Schönfeld hätte den Champion lieber auf dem über zehn Hektar großen Campus der LWG erhalten. Es hätte sich aber leider kein geeigneter anderer Standort angeboten, an dem er auf dem Gelände hier als Hausbaum zur Geltung käme.

Die Gleditsia ist 20 Jahre alt, selten und hat noch drei Viertel ihres Lebens vor sich. In den kommenden fünf Jahren wird der Champion Tree besonders gepflegt, vor allem die regelmäßige Wasserversorgung steht dabei im Fokus. Insgesamt liegt die sogenannte Anwachssicherheit bei dem durchgeführten Verfahren bei mehr als 95 Prozent, die Chancen stehen also sehr gut. Die Gleditsia gilt als vielversprechender „Klimabaum“, der gut gewappnet ist gegen die steigenden Temperaturen und immer längere Trockenphasen. Beim Forschungsprojekt „Stadtgrün 2022“ geht es unter anderem darum, die künftigen Stadtbäume zu finden – auch die Gleditsia und ihre Eigenschaften werden dabei unter die Lupe genommen und haben sich gut bewährt.

 Vor Ort waren auch die GaLaBau- sowie Gartenbau-Studierende (FR Baumschule). Da die Versetzung von „Großbäumen“ Teil des Lehrplans ist, bot sich ihnen die seltene Gelegenheit, dies live zu erleben. Derzeit hat die derzeit hat die Staatliche Meister- und Technikerschule für Weinbau und Gartenbau der LWG insgesamt fast 140 Studierende (Fachrichtung Gartenbau, Weinbau/Oenologie, Garten-/Landschaftsbau = GaLaBau).

Die Rundspatenmaschine hat sich hier per Hydraulik über einen Meter tief rundum den Baum eingegraben.

Links ist das Baumloch des ausgegrabenen Baumes zu sehen, das in dieser Größe zuvor von der Rundspatenmaschine am neuen Standort im "Stutel" ausgehoben wurde, so dass der Lederhülsenbaum dort passgenau problemlos eingesetzt werden konnte.

Auch unter ökonomischen Gesichtspunkten ist für die LWG die Großbaumverpflanzung eine sinnvolle Alternative zur Neupflanzung von Bäumen. Die Kosten hierfür betragen bei einem Anwachserfolg von nahezu 100 Prozent  nur einen Bruchteil im Vergleich zum Aufwand für die Aufzucht eines Setzlings bis zum Großbaum. Die Verpflanzung des Lederhülsenbaums und des Bitterorangen-Strauches kostet der LWG 8.000 Euro.

Fotos Dieter Gürz

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