Overblog
Edit post Folge diesem Blog Administration + Create my blog

Der neue Mainsteg nimmt Gestalt an - Aufrichten der Pylone auf beiden Mainseiten ist ein wichtiger Meilenstein

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Ein spektakuläres Schauspiel ging am Freitag in Veitshöchheim auf dem Dreschplatz vis a vis der Mainfrankensäle über die Bühne, das auch eine Gruppe von Kleinkindern aus dem Bildhildiskindergarten in ihren Bann zog:

Von zwei riesigen 300 Tonner-Autodrehkränen wurde auf Veitshöchheimer Mainseite, ebenso wie parallel dazu auch in Margetshöchheim, der 25 Meter hohe und 16 Tonnen schwere Pylon des neuen Mainsteges aus hochwertigem Baustahl wie ein Spielzeug querliegend durch die Luft balanciert wurde..

Es dauerte dann aber auf der Veitshöchheimer Mainseite fast acht Stunden, bis das Konstrukt aus Mast, Abspannseilen und Koppelungseilen zum Pylon auf der anderen Mainseite stabil stand.

Die vier routinierten Montagespezialisten der Firma Pfeifer structures hatten nach einem minutiös vorgegebenen Ablaufplan filigrane Schwerstarbeit zu leisten. Als erstes galt es den auf einer kleinen Kugel gelenkig stehenden Pylonfuß zu platzieren und gleichzeitig  die unteren Ösen der beiden bereits am Pylonkopf vormontierten, jeweils zwei Tonnen schweren Abspannseile in die Halte-Öffnungen auf den beiden Bügelböcke einzupassen (Bild unten).

Dann zog das Montagetem ein zehn Millimeter starkes Windenseil (links) auf die blaue Vorrichtung (oben im Bild) am Pylonkopf. Ein Boot zog das Seil zum Pylon auf der andere Mainseite.

Das dortige Montageteam befestigte am Windenseil zwei Koppelseile, die mit  dem Windenseil nach Veitshöchheim gezogen hier am Mastkopf fest montiert wurden.

Eine Schreckminute gab es auf den Baustellen beiderseits des Mains, als ein Frachtschiff trotz Sperre sich bis auf 50 Meter den im Wasser liegenden, an beiden Pylonköpfen befestigten Seilen näherte, bevor es umdrehte.

In Margetshöchheim war es dann fast schon dunkel, bis dort durch die beiden Koppelseile, die sich gegenseitig stabilisieren, per Hydraulik die beiden Pylone gegeneinander mit 150 Kilo Newton (= 15 Tonnen) vorgespannt waren.

Für die Zugabspannungen von Tragseil und Mast wurden bei Erstellung der Fundamente durch die Firma Lupp wegen der gigantischen Zugkräfte, die hier wirken, gar 16 Meter lange Gewindestäbe in den Untergrund gebohrt. Das Einpassen der Abspannseile in die beiden Bügelböcke war für die vier Monteure nicht ohne, denn der Bolzen zum Verbinden beider Teile hatte nur einen Spielraum von zwei Millimeter.

Wie Thomas Brang, der Projektingenieur der Firma Pfeifer structures, erläuterte, ist dieses Konstrukt auch ohne Halt durch den Autodrehkran stabil und bleibt erst mal stehen. & 300 Tonner-Kran der Firma BKL Baukran Logistik GmbH in Forstinning, der bis zu 65 Meter Höhe ausfahren kann,  soll schon am Samstag abgebaut werden.

Nach den Worten von Mareike Bodsch, der Leiterin des Wasserstraßen-Neubauamtes Aschaffenburg (WNA),  wurde mit dem Aufrichten der beiden Pylone auf beiden Mainseiten durch das beauftragte Bauunternehmen Adolf Lupp GmbH + Co KG und dessen Nachunternehmer für das Seiltragwerk, Fa. Pfeifer structures, ein wichtiger Meilenstein des 8,4 Millionen Euro teuren und in dieser pfeilerlosen Form bislang einmaligen Brückenbaus entlang dem 547 Kilometer langen Mainverlauf erreicht.

Nach zwölf Jahren zähen Ringens, vieler Gespräche und Beschlüsse auf beiden Seiten des Maines war am 12. Oktober 2020 auf Margetshöchheimer Seite offiziell der Baubeginn des Bauwerks durch die Firma Lupp. Es dauerte dann ein Vierteljahr, bis im Januar 2021 auf Veitshöchheimer Seite der Dreschplatz gesperrt wurde und die Firma Lupp das Gelände für die Baustelleneinrichtung herrichtete.

Weiteres Vorgehen

Ab Dienstag, 2. November wird  mit der Montage der beiden hier abgebildeten 120 Meter langen Haupttragseile aus bruchfesten, hochwertigem Stahl  (zink bytechnikum) mit einem Durchmesser von 75 Millimeter begonnen.

Dazu wurde vom 2.11. bis 9.11. eine Vollsperrung der Mainlände angeordnet, ebenso am Mittwoch und Freitag jeweils eine Zwölf-Stunden-Sperrung der Schifffahrt

Die Sperrung der Mainlände ist notwendig, weil für die Montage der Tragseile unterhalb des Treppenaufgangs zu den Mainfrankensäle eine Seilwinde mit elektrisch betriebenen Drehteller notwendig ist, die wegen der hier waltenden großen Kräfte einen großen Abstand zum Pylon braucht.

Wie Thomas Prang erläutert, werden für jedes Tragseil zwei Tage benötigt. Dieses wird über die blaue Vorrichtung am Pylonkopf gezogen und sobald es drüber ist,  werden  Tragseilklemmen befestigt und die 76 Hänger aus Edelstahl (links im Bild) für die 19 Brücken-Fertigteile festgemacht.

Ab 15. November werden dann die Fertigteile eingebaut, wiederum verbunden mit Sperrung der Schifffahrt bis 22. November.  Die von der Firma Pfeiffer hergestellten Edelstahlrahmen für die 6,0 x  3,2 Meter großen Fertigteile wurden von der Firma Lupp bereits ausbetoniert. Die 25 Zentimeter hohen und jeweils zwölf Tonnen wiegenden Fertigteile werden mit LKWs nach Heidingsfeld gebracht auf einen dort vor Anker liegenden 60 Meter langen Ponton (Schiffbrücke) einer holländischen Firma gebracht, der mit einem 300 Tonner-Kran an Bord zur Baustelle fährt, der vom Ponton aus die Fertigteile in die Anhänger einhängt. Zwischen den Teilen ist eine Fuge von 45 Zentimeter zur Einstellung der Gradiente, d.h. der Kurve der Brücke mittels Hydraulikprogramm vorgesehen. Die  Fugen zwischen den Fertigteile erhalten seitlich Abschlussbleche, in die dann Beton  eingegossen wird.

In die Edelstahlrahmen hat die Firma Pfeiffer bereits 312 Geländerpfosten aus einem hochfesten  Duplex-Edelstahl angeschweißt. Die Pfosten werden mit einem oberen und einem unteren Seil verbunden und dazwischen kommt dann ein elegant aussehendes Seilnetz aus drei Millimeter starken Drähten. Diese ganzen Geländerarbeiten sollen allerdings erst Anfang nächsten Jahres stattfinden. Die Beleuchtung soll in den Handlauf der Geländer integriert werden.

Wenn die Fertigteile drin sind, hat die Firma Pfeiffer aber ab 20. November vor, die Stahlpfeiler für die Rampe zu montieren.

Fotos Dieter Gürz

Bauträgerschaft und Kosten

Im Auftrag der Gemeinde Margetshöchheim, die Baulastträger des Steges ist, tritt WNA für das außergewöhnliche Ersatzbauwerk für den Ludwig-Volk-Steg als Bauträger auf, ist Vertragspartner der Baufirma, überwacht, dass die Ausführung den Regeln der Technik entspricht, rechnet komplett ab und ist auch noch nach der Abnahme für Gewährleistungs-Mängel zuständig.

Der Konstruktionsentwurf der Brücke stammt vom Ingenieurbüro Schlaich Bergermann und Partner, Stuttgart. Die Fertigungsplanung und Fertigungszeichnungen, Montage, Statik kommt aber alles von der 1700 Mitarbeiter zählenden Firma Pfeiffer structures in Memmingen mit Niederlassungen in den USA, China und Dubai. Sie ist Spezialist für alles, was mit Seiltragwerken zu tun hat, baute schon viele Stadionüberdachungen wie in Stuttgart, Luxemburg oder Dubai oder der Expo dieses Jahr auch schon mehrere solcher Hänge-Brücken.

Der neue Mainsteg mit einer Höhe von 6,40 Meter über dem höchsten schiffbaren Wasserstand hat eine Brückenbreite von drei Meter und behinderten- und radfahrergerechte Rampen auf beiden Uferseiten und zusätzlich einen Treppenaufgang in Form einer Wendeltreppe zum direkten Zugang zur Brücke auf Veitshöchheimer Seite.

Die beiden Gemeinden schlossen eine in beiden Gemeinderatsgremien einstimmig gebilligte und einvernehmlich abgestimmte Verwaltungsvereinbarung, die im Detail die Zuständigkeiten zu Bau, Unterhalt und Kostenbeteiligung regelt.

Von den Gesamtkosten von 9.84 Mio. Euro, in denen auch die Kosten für den Rückbau des alten Ludwig-Volk-Steges enthalten sind,  haben die beiden Gemeinden 5,06 Mio. Euro und den Rest der Bund (WSV) zu tragen.

Vom vorgenannten Gemeindeanteilsbetrag erkennt der Freistaat Bayern 4.408.000 Euro als zuwendungsfähig an (nicht förderfähig sind u.a. Planungs- und Ausgleichmaßnahmenkosten).

Somit verbleibt bei den Gemeinden ein Eigenanteil an den Baukosten von 1,9 Millionen. Hinzukommen noch sonstige Bauausgaben in Höhe von 650.000 Euro, was einen Eigenanteil von insgesamt 2,55 Mio. Euro ergibt, von dem Veitshöchheim und Margetshöchheim aufgerundet jeweils 1,3 Mio. Euro zu finanzieren haben.

Verlegt werden musste wegen der Pylonerrichtung aus Sicherheitsgründen der Freitagsmarkt auf den Busparkplatz.

 

Kommentiere diesen Post