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Gemeinderat lehnte mehrheitlich Grünenantrag auf Verbot von Schotter-, Kies- und Steingärten durch Erlass einer Freiflächengestaltungssatzung ab

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Die Anlage solcher Stein- und Schottergarten im Ortsgebiet von Veitshöchheim ist der Gemeinderats-Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ein Dorn im Auge.

Sie reichte deshalb im Mai 2021 bei der Gemeindeverwaltung einen Antrag auf Erlass einer Freiflächengestaltungssatzung durch den Gemeinderat ein, nachdem der Bayerische Landtag mit Wirkung vom 1. Februar 2021 durch eine Ergänzung des Art.81 Abs.1 Nr.5 der Bayerischen Bauordnung es den Gemeinden ermöglicht hat, künftig die Bepflanzung der unbebauten Flächen der bebauten Grundstücke zu regeln. Nach den Vollzugshinweisen des Ministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr ist es dadurch den Gemeinden insbesondere möglich, aus Gründen der Ortsgestaltung die Anlage von Steingärten, Schottergärten und Kunstrasen zu verhindern.

Um es vorweg zu nehmen: Für den Antrag sprachen sich nur die fünf Ratsmitglieder der Grünen und die einzig anwesende SPD-Gemeinderätin aus, dagegen lehnte die Fraktionen von CSU/VM und der UWG den Antrag ab. Hauptargumente gegen die Satzung waren zum einen das Setzen auf Freiwilligkeit und Information, anderseits die fehlende Kapazität der Verwaltung die Satzung zu kontrollieren.

Sachverhalt

Laut Vortrag von Bürgermeister Jürgen Götz beantragten die Grünen, dass die Satzung für alle Vorhaben gelten soll, für die ein Bauantrag gestellt wird, sowie bei Genehmigungsfreistellungsverfahren mit dem Ziel, die Bepflanzung und weitgehende Entsiegelung der nicht überbauten Flächen des Grundstückes sicherzustellen.

Hierzu schlugen die Grünen vor, in der Satzung die Dach- und Fassadenbegrünung zu regeln, bauliche Anlagen und Wege auf ein Minimum zu beschränken und Kies- und Schottergärten zu verbieten. Steingärten, also eine Gartenanlage mit Gebirgesflora oder trockenresistenten Pflanzen mit mehr als 50prozentiger Bepflanzung sollten erlaubt sein.

Die Satzung sollte zum Ziel haben, so Grünenmitglied Günter Thein, die Folgen der zunehmenden Wasserknappheit und Hitze zu mildern. Immer häufiger würden Gärten oder Teile davon als Schottergärten (Gärten des Grauens) angelegt und zu einer übermäßigen Erwärmung im Sommer und zu Artenschwund führen.
Es sei ein Irrtum, so Thein, dass geschotterte Flächen pflegeleicht sind. Vielfach werde mit Chemie nachgeholfen, um bald entstandenen Grünbelag und unerwünschte Kräuter zu entfernen.  Inzwischen seien etliche Kommunen diesen Weg gegangen. Beispielhaft  nannte der die Stadt Erlangen und die Gemeinde Gollhofen.

Das erfolgreiche Bürgerbegehren zur Artenvielfalt „Rettet die Bienen“ hat laut Thein gezeigt, dass ein großer Teil der Bevölkerung mehr als bisher für den Artenschutz tun will. Landwirte hätten in Veitshöchheim schon einige Blühwiesen bzw. Blühstreifen angelegt und damit etwas für Insekten und Vögel getan.

Artenschutz gehe uns aber alle an und könne nicht nur auf die Landwirtschaft abgewälzt werden. Angesichts der dramatischen Veränderungen im Klima hielt es Thein für dringend notwendig, hier mehr zu tun. Die Grünen würden eine solche Satzung als eine Orientierung für nachhaltiges, zukunftsfähiges Verhalten sehen. Thein: "Auch jede kleine Maßnahme für die Gewinnung von Wasser und die Reduzierung von Hitze in Franken ist unabdingbar, um den Klimafolgen zu begegnen! Und das müssen wir auf den Weg bringen!"

Der Bürgermeister verwies in der Folge auf eine Reihe von ungeklärten Fragen:

  • Sollen Kies- und Schottergärten auch verboten werden, wenn sie dem von der LWG erstellten Merkblatt "Schotter- und Kiesgärten - Vielfältig und naturnah" entsprechen? (siehe nachstehender Link auf Merkblatt).
  • Wer im Rathaus überwacht diese Satzung? Bei der Stadt Erlangen erledigen diese Aufgabe zwei Baukontrolleure. Hat die Gemeinde Veitshöchheim hierfür Fachpersonal zum Überprüfen der Kriterien dieser Satzung und auch freies Personal zur Überwachung der Satzung? Ist zuständiges Personal nötig?
  • Welche Strafen / Bußgeld sollen festgesetzt werden? (Sollte keine Strafen festgesetzt werden, ist die Frage, was für einen Handlungsspielraum man bei Nichteinhalten der Satzung hat!)
  • Wer vollzieht die Strafen?
  • Besteht im Gemeindegebiet überhaupt Handlungsbedarf? Wie viele reine Steingärten gibt es in Veitshöchheim? Ist das schon mal überprüft worden? (Bürgermeister Götz: "Wenn ich mit offenen Augen durch den Ort fahre, kann man schon ein paar einzelne sehen, aber nur Einzelne.").
  • Wie ist mit Neuanlagen eines Gartens oder Gartenumgestaltung zu verfahren? Hierfür gibt es keine Anzeigepflicht bei der Gemeinde. 
  • Möchte die Gemeinde Veitshöchheim, vertreten durch den Gemeinderat, kontrollieren und sanktionieren?
  • Sollten in zukünftigen Bebauungsplänen Regelungen aufgenommen werden?

In den letzten Monaten lässt sich nach den Worten des Bürgermeisters ein starker Rückgang der reinen „Steinwüsten“ in Vorgärten feststellen. Nach Rückfragen bei ortsansässigen Garten- und Landschaftsbaufirmen, so der Bürgermeister, sei der Trend gebrochen und in diesem Jahr noch kein Auftrag im Gemeindegebiet Veitshöchheim für einen reinen Steingarten eingegangen. Es sei auch festzustellen, dass bestehende reine Steingärten zurückgebaut werden.

Link auf Merkblatt LWG (pdf.Datei)

Link auf Freiflächengestaltungssatzung der Stadt München vom 8. Mai 1996

Hier die Wortmeldungen Gemeinderat:

Marlene Goßmann (SPD) stand dem Erlass der Satzung positiv gegenüber. Sie plädierte dafür bei der Ausarbeitung die LWG zu Rate zu ziehen. Eine Bußgeldandrohung hielt sie nicht für notwendig.

Dazu meinte der Bürgermeister, wenn man kein Bußgeld festsetzt und die Satzung nicht überwache, dann könne man es auch gleich sein lassen. Ein Ansatz sei, die Bürger aufzuklären, was es für Möglichkeiten gibt.

Im Merkblatt der LWG sei sogar der gemeindliche Gernecksplatz als Musterbeipiel aufgeführt.

Dieser sei ein Beispiel wie man sowas vernünftig machen kann. Der Bürgermeister stellte die Frage, muss ich mit Verboten arbeiten oder kann ich nicht auch aufklärend tätig werden und in Veranstaltungen, den Bürgern ökologisch verträgliche Gartengestaltungen näher zu bringen.

Marc Zenner (CSU/VM): Alle seien sich wohl einig, dass eine naturnahe und umweltbewusste Nutzung des eigenen Gartens sinnvoll und wünschenwert ist. Aber mit einer derartigen Satzung, mit neuer Bürokratie, Verboten, Kontrollen und Bußgeldern könne man dies bestimmt nicht erreichen. Für ihn wäre eine solche auch völlig unverhältnismäßig und überflüssig, unter Hinweis auf Artikel 7 BayBO, der in Absatz 1 zur Begrünung festlegt, dass die nicht mit Gebäuden oder vergleichbaren baulichen Anlagen überbauten Flächen der bebauten Grundstücke wasseraufnahmefähig zu belassen oder herzustellen und zu begrünen oder zu bepflanzen sind.

Auch lehnte er es ab, zwingend eine Dach- oder Fassadenbegrünung vorzuschreiben. Im übrigen habe er bei einer Abfahrung im Ort drei interkriminierende Gärten gesichtet, so dass kein echtes Problem vorliege, das eine solche Satzung rechtfertigen würde, sondern vielmehr eine unnötige Einschränkung der Freiheit einzelner Grundstückseigentümer, die er nicht mitgehen könne.

Wie der Bürgermeister plädierte Zenner dafür, die Bürger durch Aufklärung mitzunehmen und ihnen Ideen zu geben, was man machen kann, beispielsweise durch eine Veranstaltung mit der LWG in den Mainfrankensälen für alle Bürger. Für das Baugebiet Sandäcker, wo die Häuslebauer nun ihre Gärten anlegen wollen, sei nun der richtige Zeitpunkt dafür.

Stefan Oppmann (beruflich Gemeindegärtner) erklärte für die UWG, sie könnten einer solchen Satzung nicht zustimmen, da sie nur sehr schwer umsetzbar sei. Die Gemeinde selbst habe auf ihren Flächen beispielhafte Schotter-, Kies- und Steingärten in verschiedenster Art und Weise angelegt. Er empfahl jedem Bauherrn das Merkblatt der LWG in die Hand zu drücken und auch den Botanischen Garten in Würzburg aufzusuchen, um Anregungen zu bekommen. Er verweis auch auf Verschönerungsverein und Eigenheimerbund, die aufklärend und beratend tätig seien. Für ihn reiche es aus, an die Vernunft und den guten Willen der Bürger zu appellieren, zumal im Ort nur wenige dieser "Gärtner-Tot-Gärten" anzutreffen seien.

Für Günter Thein schließt das eine schließe nicht das andere aus.

Für Bernhard von der Goltz (Grüne) ist die Dachbegrünung ein großes Thema für die Zukunft, spielen besonders Gründächer eine Schlüsselrolle bei der Schaffung neuer und vielfältiger Lebensräume für Mensch und Natur und als natürliche Klimaanlagen.

Hierzu und zur Einbeziehung der Fassadenbegrünung führte der Bürgermeister aus, dass wir hier in Veitshöchheim im Gegensatz zu den großen Städten noch viele Grünflächen um die Gebäude herum und so auch noch ein ansprechendes Kleinklima haben.

Oswald Bamberger (CSU/VM) betonte in seiner Funktion als Vorsitzender des Eigenheimerbundes, dass eine solche Freiflächengestaltungssatzung mit ihren Verboten ganz massiv in die persönliche Gestaltungs-Freiheit und das "Hab und Gut" der Grundstücks-Eigentümer eingreife. Man habe hier im Ort die LWG und in seinem Verein Gartengestaltungs-Fachleute und könne Aufklärungsveranstaltungen machen.

Josefine Feiler (Grüne) erklärte, sie als 20jährige habe kein Verständnis dafür, den Leuten die Freiheit zu lassen, wenn wir faktisch vor einem großen Problem stehend uns dies nicht leisten können und auch solche kleinen Stellschrauben und Einschränkungen brauchen. Sie hält es für geboten, den Bürgern nicht nur mit leeren Worten zu kommen, sondern mit einer solchen Satzung ein sichtbares Zeichen zu setzen.

Zu den von Feiler angesprochenen sichtbaren Zeichen, sah sich der Bürgermeister veranlasst zu erwidern, wer mit offenen Augen durch die Gemeinde gehe, könne sehen, wieviel Grünanlagen allein die Gemeinde unterhalte, die vom Bauhof sehr aufwändig gepflegt werden. Und im gesamten Gemeindegebiet brauche die Gemeinde für die Relation zwischen grünen und bebauten Flächen keinen Vergleich mit anderen Kommunen zu scheuen.

Die Luftbildaufnahme von Veitshöchheim, so ergänzte Stefan Oppmann, offenbare, wie grün Veitshöchheim als zweitgrößte Gemeinde im Landkreis Würzburg ist. Darauf sei er sehr stolz.

Vor der mit großer Mehrheit vom Gremium ausgesprochenen Ablehnung der von den Grünen beantragten  Freiflächengestaltungssatzung erklärte abschließend Christina Feiler (Grüne): "Wir haben viele grüne Sachen und können uns auf die Schulter klopfen. Aber darüber hinaus gebe es noch viel mehr zu tun, da es auch ein Fakt sei, dass wir in letzter Zeit auch viele Flächen verdichtet haben. Auch für die Landwirte sei es ein Zeichen, wenn auch andere mitgenommen werden, etwas für den Artenschutz zu tun."

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