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Seit 1993 gibt es den Veitshöchheimer VÜD, zuletzt zuständig auch für sieben andere Landkreisgemeinden - Veitshöchheim stellt nun zum Jahresende die Verkehrsüberwachung in den Märkten Höchberg, Rimpar, Sommerhausen und Winterhausen ein

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Im Rahmen der kommunalen Zusammenarbeit ist der Verkehrsüberwachungsdienst (VÜD) der Gemeinde Veitshöchheim auch in den Gemeinden Margetshöchheim, Rottendorf und Thüngersheim sowie in den Märkten Höchberg, Rimpar, Sommerhausen und Winterhausen tätig.

In seiner Sitzung am Dienstag beschloss nun der Veitshöchheimer Gemeinderat bei einer Gegenstimme die Außéndiensttätigkeit des gemeindlichen VÜD drastisch von wöchentlich 106 Stunden um 43 auf 63 Stunden zu reduzieren und dazu die Zweckvereinbarungen mit den Märkten Höchberg (20 Stunden), Rimpar (15 Stunden), Sommerhausen und Winterhausen (zusammen 8 Stunden) zum Jahresende zu kündigen.

Wie Bürgermeister Jürgen Götz berichtete, wurde  im Frühjahr 2020 der VÜD neu organisiert, indem zwei Teams mit je zwei Politessen gebildet und ihnen zur Überwachung des ruhenden und fließenden Verkehrs bestimmte Kommunen entsprechend den gebuchten Überwachungszeiten fest zugeteilt wurden.

Mittlerweile sei jedoch, so Götz, das Team 2 faktisch nicht mehr existent. Eine Mitarbeiterin sei seit Mitte Juni 2020 ununterbrochen erkrankt und werde voraussichtlich zum Ende dieses Jahres in Rente gehen. Die andere Mitarbeiterin habe im November 2020 fristlos gekündigt. Der ruhende Verkehr in den Märkten Höchberg, Rimpar, Sommerhausen und Winterhausen wurde laut Bürgermeister von Juni bis September 2020 nur noch minimal und seit Oktober gar nicht mehr überwacht. Team 1 habe lediglich die Überwachung des fließenden Verkehrs in Sommer- und Winterhausen abgedeckt. Die Verkehrsüberwachung mit der gebuchten Stundenzahl dieser Kommunen könne durch das Team 1 nicht geleistet werden.

Hinzu kommt nach den Worten des Bürgermeisters, dass die Ansprüche der Kommunen immer größer würden. Der Markt Höchberg wünsche eine Erhöhung der Stundenzahl und vermehrt Dienst in den Abendstunden. Auch Rimpar wünsche sich seit Jahren vermehrt Dienst in den Abendstunden.

Im Gesetz stehe aber,  so Götz, dass die durch Zweckvereibnarungen übernommenen fremden Aufgaben nachrangig zu den eigenen Aufgaben sein sollten, auch zur Vermeidung des Entstehens von Zwischenverwaltungsebenen und zum Schutz der übernehmenden Kommune vor einer Überfremdung und Überforderung durch Aufgaben Dritter. Da bei insgesamt 106 zu leistenden Stunden pro Woche nur 43 auf Veitshöchheim entfallen, seien Bedenken hinsichtlich der Nachrangigkeit nicht von der Hand zu weisen. So habe das Landratsamt 2015 die letzte abgeschlossene Zweckvereinbarung mit Thüngersheim als grenzwertig angesehen.

Außerdem entstehe im Innendienst des VÜD ein immer größer werdender organisatorischer Aufwand, da immer weniger Betroffene bereit seien, die von ihnen begangenen Ordnungswidrigkeiten einzusehen und die entsprechenden Ahndungen zu akzeptieren. So müssten die Politessen  immer öfter auch vor Gericht als Zeugen erscheinen. Ein Problem sei oft auch die Rechtssicherheit der Beschilderung, um einer Klage standhalten zu können. Mit solchen erschwerenden Dingen habe man immer mehr zu kämpfen.

Nicht zuletzt ist auch zu erwähnen, so Götz, dass die Übernahme des VÜD für andere Gemeinden für die Gemeinde Veitshöchheim aus haushaltsrechtlicher Sicht nicht gewinnbringend, sondern lediglich kostendeckend ist. Bei Winterhausen und Sommerhausen komme hinzu, dass die Politessen lange Anfahrtszeiten haben, die voll zu Lasten von Veitshöchheim gingen, da die Zeit erst laufe, wenn die Politesse dort anfange.

Das Gremium schloss sich deshalb bis auf die SPD-Sprecherin Ute Schnapp dem Vorschlag des Bürgermeisters an, die beiden  Stellen von Team 2 nicht mehr nach zu besetzen und die Zweckvereinbarungen mit den Gemeinden, für die Team 2 zuständig ist, zum Jahresende zu kündigen. Entsprechende Gespräche, so Götz, seien bereits mit den betroffenen Gemeinden geführt und sie auch mit einem Schreiben im März über die beabsichtigte Kündigung informiert wurden.

Die Kündigung der Zweckvereinbarungen bedarf aber noch der Genehmigung durch das Landratsamt.

Team 1 ist nach dem gefassten Beschluss aber weiter zuständig für Margetshöchheim mit 5 Wochenstunden (ruhender Verkehr), Rottendorf mit 10 Wochenstunden (ruhender Verkehr), Thüngersheim mit 5 Wochenstunden (ruhender und fließender Verkehr) und Veitshöchheim mit 43 Wochenstunden (ruhender und fließender Verkehr).

Diskussion

SPD-Sprecherin Ute Schnapp sagte, ihr Mann habe bis November 2018 den VÜD geleitet, der 2017 noch ein positives Ergebnis  hatte und "von jetzt auf nachher" plötzlich  Defizite im Jahr 2018 von 22.300 Euro und im Jahr 2019 von 38.000 Euro aufweise. Es erschließe sich ihr nicht, wie sowas zustande kommt.  Sie könne in keinster Weise die Kündigung nachvollziehen und warum man die beiden frei werdenden Stellen nicht nachbesetzt. Sie könne deshalb der Kündigung nicht zustimmen.

Der Bürgermeister begründete die Defizite mit gestiegenen Personalkosten, da diese auch bei Ausfall bezahlt werden müssten, auch wenn kein Ticket reinkommt. Außerdem habe die Gemeinde zunehmend mit Rechtstreitigkeiten zu tun, insbesondere was gerade die auswärtigen Kommunen betreffe. Götz: "Deshalb habe ich mich entschlossen, die Stellen nicht nachzubesetzen." Ausschlaggebendes Argument sei für ihn, dass die von den anderen Gemeinden gebuchten Stunden nicht nachrangig zu dem Veitshöchheimer Stundenkontingent seien, sondern das Gegenteil sei der Fall. Zudem seien die Forderungen von Höchberg und Rimpar nach mehr Stunden am Wochenende und in den Abendstunden so nicht leistbar und auch nicht von den Politessen gewollt, mehr als bisher in diesen Tagen zu tun.

CSU-Sprecher Marc Zenner stellte fest, dass immer mehr Gemeinden dazu gekommen seien, solange wir dies bewerkstelligen konnten. Zenner: "Wenn wir jetzt  feststellen, dass sie inzwischen zu viel geworden ist und wir deshalb das Ganze gesund schrumpfen und zurückfahren, dann soll mir das recht sein, wenn dadurch gewährleistet ist, dass die Verkehrsüberwachung bei uns auf der kleineren Flamme funktioniert. Da ist mir die eigene Hosentasche doch etwas näher. Wir sind nicht unbedingt Servicedienstleister für andere, sondern müssen unsere eigenen Aufgaben erledigen."

Martina Fischer, seit November 2018 VÜD-Leiterin erläuterte den Zeitaufwand des Innendienstes im Rathaus. Früher waren es nach ihren Worten 70 Arbeitsstunden von zwei Mitarbeitern, seit 2017 dann 77 Stunden mit zusätzlich einer Teilzeitkraft und seit Ende 2018 sind es 90 Stunden von zwei Ganztagskräften und einer Teilzeitkraft. Diese würden auch für Personalangelegenheiten zuständig sein. 

Grünen-Sprecherin Christina Feiler war dafür, hier ganz pragmatisch ranzugehen und zu schauen, was wir hier als Gemeinde Veitshöchheim brauchen. Der VÜD sei nicht dazu eingeführt worden, um Arbeitsstellen zu schaffen, sondern um für mehr Ordnung im ruhenden und später im fließenden Verkehr zu sorgen. Es sei dann eine Frage der Flexibilität, wie viel Kräfte benötigt werden, um gewisse Zeiten an verschiedenen Tagen und auch Krankheits- und Urlaubszeiten besser abdecken zu können.

Der Bürgermeister stellte fest, dass es ja dabei bleibt, dass nicht nur Veitshöchheim, sondern auch weiterhin Margetshöchhheim, Rottendorf und Thüngersheim mit im Boot sind.

Seit 28 Jahren Veitshöchheimer Verkehrsüberwachungsdienst (VÜD): Synergieeffekte durch kommunale Zusammenarbeit -  Ein Rückblick

Veitshöchheims Vorreiterrolle in der Verkehrsüberwachung

Der Freistaat Bayern  hatte im Jahr 2001 die Kommunen generell ermächtigt, neben den Polizeidienststellen die Ordnungswidrigkeiten im ruhenden oder fließenden Verkehr selbst zu ahnden. Doch Politessen und eigenes Personal für diesen Zweck auszubilden oder einzustellen,  Einsprüche abzuwickeln und Bußgeldbescheide zu erlassen, dieses Neuland und den enormen logistischen Aufwand scheuten vor allem kleinere Gemeinden mit relativ geringen Überwachungszeiten.  Landesweit schlossen sich deshalb viele Kommunen den zu diesem Zweck eigens gebildeten Zweckverbänden an.

Von Anfang an einen eigenen Weg war hier die Gemeinde Veitshöchheim gegangen. Sie war  im Landkreis Würzburg die  erste Gemeinde, die im November 1993 einen eigenen VÜD einrichtete. Sie hatte sich dafür vom Innenministerium und per Übertragungsvereinbarung mit der Polizeidirektion ermächtigen lassen, selbst einen kommunalen Verkehrsüberwachungsdienst (VÜD) zu installieren. Zwei Politessen überwachten anfangs im Wechsel 20 Stunden und ein Jahr später schon 30 Stunden  in der Woche den ruhenden Verkehr

Dies erfolgte nicht, um neue Einnahmenquellen zu erschließen, sondern wegen der schlechten Parkmoral der Autofahrer, die vor allem den ÖPNV-Bussen die Durchfahrt durch den Altort erschwerten und zu kaum mehr vertretbaren Wartezeiten führten. Zugeparkte Gehwege zwangen Fußgänger, vor allem Mütter mit Kinderwägen auf die Straße.

Im November 2005 kam die Überwachung des fließenden Verkehrs hinzu, zunächst noch ohne Stundenmehrungen der Politessen. Heute fallen in Veitshöchheim für die Verkehrsüberwachung inzwischen 43 Stunden an.

Synergieeffekte durch kommunale Zusammenarbeit

Das Veitshöchheimer Know-How und die daraus resultierenden Synergieeffekte machten sich im Laufe der Jahre sieben weitere Gemeinden im Landkreis zu Nutzen, in dem sie zur Verwaltungsvereinfachung und Kostensenkung im Rahmen nachbarschaftlicher Zusammenarbeit mit Veitshöchheim eine Zweckvereinbarung abschlossen und darin  hoheitliche Aufgaben und auch Befugnisse mit Außenwirkung gegenüber Dritten zur Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach § 24 des Straßenverkehrsgesetzes übertrugen.

Als erste Gemeinde schloss sich so im November 1996 die Nachbargemeinde Margetshöchheim an. Seit Juli 1999 ist Rimpar dabei.

Am 1. Februar 2000 kam dann die Verkehrsüberwachung in Rottendorf für den ruhenden Verkehr hinzu. Auf dem Foto unterzeichnen die Bürgermeister Rainer Fuchs und Rainer Kinzkofer die kommunale Zweckvereinbarung.

Weiter wickelt Veitshöchheim den VÜD  seit 2004 auch für Höchberg, seit 2006 für Sommerhausen und Winterhausen und seit 2015 für Thüngersheim ab (siehe nachstehender Link auf Zweckvereinbarung mit Thüngersheim - pdf. Datei), bis auf Rottendorf und Margetshöchheim auch für den fließenden Verkehr.

Link auf Zweckvereinbarung mit Thüngersheim (pdf.Datei)

Die beteiligten Gemeinden behielten sich vor, den örtlichen und zeitlichen Umfang der Mess- und Überwachungstätigkeit selbst  zu bestimmen und auch jederzeit die Überwachung aussetzen zu können. So erfolgt auch der monatliche Dienstplan in Absprache. Verwarnungs- und Bußgelder fließen der Gemeinde zu, wo der Verkehrsverstoß begangen wurde. Auch entscheidet die jeweilige Gemeinde, ob bei Nichtzahlung ein Bußgeldbescheid zu vollstrecken ist.

Die technische und personelle Ausstattung und der Betrieb des VÜD ist dagegen alleine Sache der Gemeinde Veitshöchheim.  Die beteiligten Gemeinden leisten vierteljährliche Abschlagszahlungen zu den Personal- und Sachkosten der Politessen laut Arbeitsnachweis und für den Innendienst eine Fallpauschale. Wie aus der vorstehenden Tabelle zu sehen, erhielt die Gemeinde von den sieben Gemeinden insgesamt  148.000 Euro im Jahr 2017, 154.000 Euro im Jahr 2018 und 198.000 Euro im Jahr 2019.

Die Leitung des VÜD hatte im Veitshöchheimer Rathaus von Anfang an der Beamte Klaus Schnapp und seit dessen Altersteilzeit-Pensionierung im November 2018 die Angestellte Martina Fischer.  Dem VÜD-Innendienst bedient sich eines speziellen EDV-Programms, ist neben Organisation auch für Einsprüche, Mahnungen, Bußgeldbescheide, die Weiterleitung an die Staatsanwaltschaft, den  Datenaustausch mit dem Kraftfahrtbundesamt in Flensburg und die Aktenaufbewahrung zuständig.

Das technische Gerät zur Geschwindigkeits-Überwachung stellt eine Fachfirma. Ein auf dem jeweils eingesetzten Gerät eingehend geschulter und zertifizierter VÜD-Mitarbeiter ist jedoch als Zeuge des Messvorganges immer mit dabei.

Statistik VÜD der Gemeinde Veitshöchheim seit Einführung der Überwachung des fließenden Verkehrs im Nov. 2005 (nur Ortsbereich Veitshöchheim)

Nach Einführung der Überwachung des fließenden Verkehrs in Veitshöchheim im November 2005 wurden bis Ende 2006 an 21 Tagen an 18 verschiedenen Mess-Stellen jeweils drei bis fünf Stunden Radarmessungen durchgeführt und hierbei insgesamt 1273 Ordnungswidrigkeiten festgestellt. Wegen Nichtzahlung erging in 107 Fällen ein Bußgeldbescheid.

Die Gemeinde Veitshöchheim misst nur an zwei Tagen im Monat mit einer Überwachungszeit zwischen vier und sechs Stunden und das mit Toleranzen.  So erfolgt in Veitshöchheim eine Messung im verkehrsberuhigten Bereich ab 26 km/h, in Zone 30 ab 42 km/h und in Zone 50 ab 59 km/h. De Gemeinde wollte nicht die Leute abzocken und Geld verdienen, sondern die Überwachung erfolgte einzig und allein, um einen Beitrag zur Verkehrssicherheit zu leisten.

 Fotos und Tabellen Dieter Gürz

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