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Nach zehn Jahren in Veitshöchheim verabschiedet sich der evangelische Militärpfarrer Johannes Müller unter Blaulicht

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Nach zehn Jahren ist Schluss: Zum Abschiedsgottesdienst von Johannes Müller kommen auf der Wiese unter dem Birkenkreuz auf der Wiese unter dem Birkenkreuz viele Soldaten und zivile Mitarbeiter der Balthasar-Neumann-Kaserne. (Foto: Karsten Dyba)

 

Von den Feldjägern eskortiert fährt ein Abholkommando auf der Autobahn, biegt dann auf eine Landstraße ab, um dann in Veitshöchheim mit blinkenden Blaulichtern in die Kaserne einzufahren. Nicht ein Staatsgast, sondern Militärpfarrer Johannes Müller steigt aus der Limousine, als die Kolonne der Feldjäger in der Balthasar-Neumann-Kaserne hält. Mit einem Feldgottesdienst wird er aus der Militärseelsorge verabschiedet.

„Es ist unvorstellbar, wie schnell die Zeit vergangen ist“, sagt Pfarrer Müller vor seiner „Gemeinde“, den Soldatinnen und Soldaten sowie zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Veitshöchheimer Kaserne, die sich auf der Wiese zu einem Abschiedsgottesdienst unter Corona-Bedingungen versammeln.

Mit großem Abstand zueinander, aber unter dem Birkenkreuz, unter dem die Militärgeistlichen beider Konfessionen traditionell ihre Feldgottesdienste feiern.

„Der Herr ist der Zeiten Anfang und ihr Ende“, sagt Müller, denn der Abschied von Weggefährten fällt ihm schwer.

Dass dies auf Gegenseitigkeit beruht, zeigt die Feldjäger-Eskorte, die die „Spieß-Runde“, eine informelle Zusammenkunft der Kompaniefeldwebel am Standort, gemeinsam mit den Feldjägern der 5. Kompanie des Feldjägerregiments 3 organisierte. Müllers Familien-Rüstzeiten für die Feldjägerkompanie seien stets etwas Besonderes gewesen, sagt deren Spieß, Stabsfeldwebel Thomas Fieder.

Als Ehrendienst betrachten es auch das Bläserensemble des Heeresmusikkorps Veitshöchheim, den Abschiedsgottesdienst musikalisch zu begleiten. (Foto: Lukas Beyes)

Müller durfte sich gleich sieben Musikstücke wünschen – und so wird er wortwörtlich mit Pauken und Trompeten verabschiedet.  

Ein letztes Mal in der Kanzel: Militärpfarrer Johannes Müller schildert seine Stationen in den vergangenen zehn Jahren. (Foto: Oliver Schmidt)

Die zwölf Jahre, die ein Pfarrer in der Militärseelsorge bleiben darf, hätte er gerne ausgeschöpft, doch habe sich eine Stelle im nahen Ochsenfurt angeboten, die sich auch mit den Wünschen der Familie vereinbaren lässt. Und der dortige Kirchengemeinderat habe gesagt: „Den wollen wir haben.“ Dabei hatte die Gemeinde keinerlei Vorbehalte gegen seine „militärische Vergangenheit“. Der Jargon aber, „der wird mich noch eine Weile lang begleiten“, ist sich Müller sicher. Wenn es beispielsweise nicht Pilot heißt, sondern „Luftfahrzeugführer“, und zwar von „Drehflüglern“ und „Starrflüglern“ und der Spagat zwischen zwei Welten, der Kaserne und dem Privatleben auch deshalb nicht ganz so leicht ist, wie seine Frau Barbara erkennt, wenn sie ihn auffordert, wieder umzuschalten. Sie habe er damals erst überzeugen müssen: „Nein, zum Militär gehst du nicht“, habe seine Frau ihm gesagt. Inzwischen sind die Soldaten zur zweiten Familie geworden, und Barbara Müller ist ganz selbstverständlich mit dabei. Sie habe sich dort stets wohl gefühlt, sagt sie.

Müller hat tatsächlich alles mitgenommen, was man als Militärpfarrer erleben kann: In vier Auslandseinsätzen hat er die dort eingesetzten Soldaten seelsorgerisch betreut – in Prizren im Kosovo, in Kabul in Afghanistan, in Koulikoro in Mali und zum Abschluss im litauischen Rukla.

Unvergessliche Momente für den Militärpfarrer im Auslandseinsatz: Bei einem Feldgottesdienst auf dem Berg Keita in Mali tauft Johannes Müller einen deutschen Soldaten. (Foto: Privatarchiv Müller)

Oder auf Patrouille im geschützten Fahrzeug „Dingo“ mit angespannter Wachsamkeit und in stetiger Erwartung, angesprengt oder beschossen zu werden. Da habe er natürlich auch Angst gehabt. „Ich war Gott nie so nahe wie in diesem Dingo“, erinnert sich Müller und zitiert dabei Psalm 27: „Der Herr ist mein Licht und mein Heil; vor wem sollte ich mich fürchten?“ Eine wichtige Botschaft für den Militärpfarrer: „Das hat mich nie verlassen.“

 

„Ich weiß, wie sehr ein Militärpfarrer im Einsatz geschätzt wird“, berichtet Brigadegeneral Michael Podzus, stellvertretender Kommandeur der 10. Panzerdivision in Veitshöchheim. Deshalb habe die Division auch so sehr dafür gekämpft, dass die neue Mission in Litauen permanent von einem Militärpfarrer begleitet wird. Vier Einsätze in zehn Jahren, das sei „für einen Militärpfarrer eine ganze Menge“, bestätigt Müllers Vorgesetzter, der Leitende Militärdekan Dr. Ralf Zielinski und stellt fest: Das Dekanat in München sei stets voll des Lobes gewesen, „du hast hier segensreich gewirkt.“

Militärdekan Ralf Zielinski (links) überreicht Müller dabei eine Dankurkunde des weltlichen Dienstherrn, also der Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer sowie des geistlichen Chefs, des evangelischen Militärbischofs Sigurd Rink, und entpflichtete den Militärpfarrer vom Dienst in der Militärseelsorge. (Foto: Oliver Schmidt)

Einen Segen gibt Zielinski ihm mit für sein Wirken in seiner künftigen Gemeinde. Seinen Dienst in der Ochsenfurter Christuskirche wird Müller am 1. Juni antreten. Einen Nachfolger für die Balthasar-Neumann-Kaserne hat das Militärdekanat noch nicht. Man habe einen Kandidaten im Auge, verrät Dekan Zielinski, müsse ihn aber erst noch zum Wechsel überzeugen.

Autor: Karsten Dyba / Presseoffizier & Redakteur

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