Besondere Orte – besondere Weine: Ein vergnüglicher Spaziergang mit der Touristinfo durch den Altort von Veitshöchheim
Großer Beliebtheit erfreut sich inzwischen das von der Touristinfo der Gemeinde angebotene Weinschlendern in Veitshöchheim. Bei dieser besonderen Altortführung mit besonderen Weinen an besonderen Orten informierte die gemeindliche Kulturreferentin Dr. Martina Edelmann "frei von der Leber weg" mit Anekdoten, historischen Hintergründen und reichlich Insiderwissen wie Fürstbischof und König, Wein, Main und die Fastnacht Veitshöchheim geprägt haben. Bei dieser äußerst informativen und unterhaltsamen Ortsbegehung konnten die großteils von weit her kommenden Gäste an mehreren Stellen jeweils zum jeweiligen Haltepunkt passende Weine verkosten.
So kredenzte die gebürtige, aus einer Winzerfamilie stammende Veitshöchheimerin Edelmann am Startpunkt im Foyer der Mainfrankensäle in der Ausstellung „Willkommen in der Welt von Fastnacht in Franken“ den aktuellen Fastnachtsschoppen, ein Silvaner des Jahrgangs 2017 vom Staatlichen Hofkeller mit aufgedruckten Till-Masken.
Wie die Gästeführerin erzählte, hatte die Gemeinde im Anfang 2015 eröffneten Erweiterungsbau der Mainfrankensäle den Raum geschaffen, um die populäre Sendung in einer kleinen Ausstellung u.a. mit einem riesigen Panorama-Bild des geschmückten Saals, verkleideten Figuren und der Fotobühne das ganze Jahr über auswärtigen Leuten näher zu bringen. Für Veitshöchheim ist die Sendung, so die Kulturreferentin, eine enorme Werbung, die der Ort nie zahlen könnte, wenn er dies durch Anzeigen schalten müsste. Keine Frage, dass sich auch die Gäste mit den Fastnachtsfiguren ablichten ließen.
Über die Obere Maingasse führte der Spaziergang dann in den Hofgarten, wo, so Edelmann, zu Zeiten des Fürstbischofs große Barockfeste über die Bühne gingen.
Um die Gäste zu bewirten gab es damals wie auch heute noch, einen großen Küchengarten, deren Erzeugnisse dann im Wirtschaftsgebäude, dort wo heute das Haus der Begegnung und der Ratskeller stehen, verarbeitet wurden. Auch wurde auf diesen Festen Wein getrunken.
Vor dem Aufgang zum Schlossparterre gab Edelmann noch einen kurzen Überblick über den Hofgarten Veitshöchheim, der mit seinen romantischen Laubengängen, den plätschernden Wasserspielen und seiner Fülle an Skulpturen als einer der besterhaltenen Rokokogärten weltweit gilt.
Im Rathausinnenhof erläuterte die Kulturreferentin, dass der Hofgarten mit Schloss und die von den Fürstbischöfen errichteten Kavaliersgebäude rund um den Rathaushof nach der Säkularisation auf den bayerischen Staat übergingen Dieser habe allerdings ein Jahrhundert nicht gewusst, wie man das historische Erbe nutzen solle. So sei um 1870 auch die Einrichtung eines Weinmuseums im Schloss im Gespräch gewesen.
Auf Beschluss des Königlichen Bayerischen Staatsministeriums des Innern wurde 1902 die Königliche Wein-, Obst- und Gartenbauschule gegründet und hier in der Ortsmitte von Veitshöchheim angesiedelt. 1918 nach dem Ersten Weltkrieg wurde aus der königlichen eine "Staatliche" Lehranstalt. Diese nutzte dann den ganzen Hofgarten auch, um Obst anzubauen, es standen hier auch Gewächshäuser und in den Gebäuden standen technische Anlagen für Versuche mit dem Wein.
Über die Bilhildisstraße ging es dann zum Fastnachtshaus in der Bahnhofstraße, wo die Gruppe die Malereien bestaunte. Seit 1987 ist das Thema "Fastnacht in Franken" in Veitshöchheim von riesig-großer Bedeutung, die von Jahr zu Jahr mehr wurde. Und seit September 2015 ranken in der Bahnhofstraße auf der Fassade des Hauses mit der Nummer 13 auf einer Länge von 28 Meter allerlei Fastnachtsgestalten. Neben liebreizenden Tänzerinnen lächeln die einem millionenfachen Publikum bekannten Protagonisten aus Bayerns Fernsehsendung mit den höchsten Einschaltquoten, nämlich der Fastnacht in Franken entgegen, geben sich furchterregende Masken, hinter Gittern hervorlugend, darunter auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, 2014 als Shrek verkleidet, ein Stelldichein. Der Sitz des Fastnacht-Verbandes Franken (FVF) wurde damals publikumswirksam zu einer neuen touristischen Attraktion aufpoliert.
Nächster Halt war in der Herrnstraße 8 der bedeutendste Weinkeller Veitshöchheims in den LWG-Gebäuden. Als Landesherr der Veitshöchheimer erhielt der Würzburger Fürstbischof neben anderen Steuern und Abgaben auch immer einen Teil des Veitshöchheimer Weins. Hierfür wurde unter Fürstbischof J.G.v.Guttenberg 1683 diese Kellerei als Abgabestelle für den "Weinzehnt" der Bürger von Veitshöchheim, aber auch von Zell, Margetshöchheim, Erlabrunn, und Thüngersheim errichtet.
Ein witziges Kontrastprogramm war dann der Garten von Heiner und Gunda Bauer in der Herrnstraße, der einzige Bocksbeutelgarten Deutschlands. Neben über 50 skurrilen Kunstobjekten zum Thema Wein finden sich viele geistreiche Sprüche, die einem die Liebe zur Heimat näher bringen und ein Lächeln auf die Lippen des Besuchers zaubern. Vorbei am Naschgarten ging es in den hinteren Bereich, wo ein schöner Familiengarten am leichten Hang mit Übergang in den Nutzgarten mit Liegen am nächsten Teich einlud. Hier konnten alle die Beine baumeln lassen und einen Veitshöchheimer Sonnenschein - 2018er Müller-Thürgau des Weingutes Reiss genießen.
Die Vielzahl der eigenwilligen, von Heiner Bauer aus Gewindestangen, Feldsteinen und leeren Bocksbeutelflaschen gestalteten Skulpturen, die den Mittelpunkt seines Gartens darstellen, kommen im Herbst, wenn die Blätter fallen, so richtig zur Geltung.
Der Hausherr hat hier rund um einen mit großen Natursteinen gestalteten Gartenteich auf seine Art und Weise auch eine künstlerische Hommage auf das Fränkische Weinland und auf Veitshöchheim kreiert. Es ist dies eine Leidenschaft die ihn gepackt hat, seit er, bekannt als Institution "Hockerle" des Bürgerspitals Würzburg, im Jahr 2010 in Pension ging und in Veitshöchheim ansässig wurde. Er demonstriert in seinem Garten, dass man auch aus scheinbar Wertlosem noch viel Schönes und Interessantes gestalten kann.
Bei der nächsten Station in der Bahnhofstraße 4 gab es für die Gäste einen 2017er Rotling des örtlichen Weingutes Hessler der Weinlage Sonnenschein. Hier führte der 83jährige Edwin Wald den Gästen aus eigener Erfahrung vor Augen, wie in seiner Kindheit und Jugend im Ort Landwirtschaft und Weinbau betrieben wurden. Damit dies nicht in Vergessenheit gerät, hat er an den Seitenwänden seiner Garage eine Ausstellung konzipiert und historische Gerätschaften aufgebaut, die in die 20er und 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts entführen. Da Edwin Wald bis 1995 den Weinberg seiner Eltern weiter bewirtschaftete, bis er ihn 1995 verkaufte, kennt er sich auch in diesem Metier sehr gut aus. Auch zeigte er, wie man eine Sichel dengelt, also durch Hämmern schärft.
Letzte Ausschank-Station war das Jüdische Kulturmuseum, dessen Neugestaltung anlässlich des 25jährigen Jubiläums am 23. Juni 2019 eingeweiht wurde. Hier stellte Edelmann eine Besonderheit aus Iphofen vor: einen koscheren Silvaner des Weingutes Wirsching. Die Gäste konnten sich überzeugen, dass die besondere Herstellungsweise sich geschmacklich natürlich nicht bemerkbar macht, erfuhren aber, wie aufwändig die Prozedur ist. Nach der Besichtigung der Synagoge und einer kurzen Darstellung der Geschichte der jüdischen Bevölkerung in Veitshöchheim und Unterfranken schlenderte die Gruppe durch die Gärten hinunter zur Mainlände wieder zurück zum Ausgangspunkt an den Mainfrankensälen.
Fotos (c) Dieter Gürz