Von Lobeshymnen überhäuft: Projektchor der Musikschule feierte 20jähriges Bestehen beiJubiläumschorprobe
Große Erfolge feierte der von der Musikschulleiterin Dorothea Völker vor 20 Jahren ins Leben gerufene und seitdem von ihr geleitete Projektchor der Sing- und Musikschule. Allen Grund für Völker, darauf bei einer Jubiläumschorprobe am 28. November, auf den Tag genau 20 Jahre nach der ersten Chorprobe in der Aula der Eichendorffschule anzustoßen und das Jubiläum gebührend zu feiern (je ein Foto mit und ohne grelle Beleuchtung im Hintergrund).
Es gab einen Jubiläumskuchen, den Dorothea Völker, nach dem sie die Kerzen ausgepustet hatte, anschnitt und verteilte, im Bild an ihre Kollegin Christina Stibi.
Zu einem Gruppenbild versammelten sich die 30 Chormitglieder, die bei der Gründung vor 20 Jahren dabei waren und bis auf zwei noch heute dazugehören. Keiner hätte am 28.11.1996 bei der ersten Projektchorprobe gedacht, was sich daraus entwickelt.
Der im Jubiläumsjahr 1997 erstmals auftretende Projektchor wurde all die Jahre über mit herausragenden Auftritten ein toller Werbeträger für Veitshöchheim. Dies ist in erster Linie ein großes Verdienst von Dorothea Völker, die die Sing - und Musikschule der Gemeinde nun schon seit 32 Jahren in bewundernswerter Weise kreativ und bravourös leitet und in dieser Zeit mit der Aufführung von Musicals, Oratorien und Märchenopern viele Glanzlichter gesetzt und auch überregional für Furore gesorgt hat und generationenübergreifend alljährlich große Werke wie Händels „Samson“, Bachs „Weihnachtsoratorium“, Felix Mendelssohn-Bartholdys "Elias", Antonin Dvoraks "Stabat Mater" und "Requiem", die "Museumsweihnacht" auf der Festung Marienberg, Aufführung von Johan de Meij's "Planet Earth" zusammen mit dem Symphonischen Blasorechester Unterpfleichfeld oder Toni Völkers Märchenoper „Klein Zach“ und die Weihnachtskantate für junge Leute von Klaus Wüsthoff inszenierte.
Der Chor hat sich in all den Jahren nach Völkers Worten musikalisch und klanglich stark weiter entwickelt. Die regelmäßige Probenarbeit , die jahrzehntelange professionelle Stimmbildung der viel zu früh verstorbenen Stimmbildnerin Susanne Pfitschler Schmitt und das Erarbeiten unterschiedlicher Genres und Stilrichtungen trage Früchte. Da die Musikschulleiterin selbst Gesang studiert hat, führt sie die Stimmbildung mit ihrer Kollegin Martin Streib professionell weiter, die an der Hochschule für Musik unterrichtet.
Link auf Homepage der SMSV mit den bisher realisierten Projekten
Mit einem einmaligen Projekt bereicherte 1997 der Projektchor der Sing- und Musikschule die 900 Jahrfeier der Gemeinde. Am 21. und am 22. Juni ging im Haus der Begegnung der Vorhang auf bei der Premiere von „Carmina Burana“ von Carl Orff in der Fassung für Chor, Soli, zwei Klaviere und Schlagwerk. Zur Erinnerung hatte Völker die Notenhefte von damals mitgebracht und so sang der Chor nochmals Teile des imposanten Werks, das 1997 im Oktober zwei Mal in den Mainfrankensälen wiederholt wurde und dann 1998 im April während der Konzertreise in die Toskana bei Aufführungen in der Partnerstadt Greve in Chianti und in Florenz für Furore sorgte.
In meinem Festplatten-Archiv konnte ich die damals noch von mir bei der Premiere im HdB in schwarz-weiß gemachten Aufnahmen und meinen Bericht hierzu finden:
Weit über 1000 Zuhörer gerieten am vorletzten Juniwochenende aus dem Häuschen bei Carl Orffs "Carmina Burana", einer bis dato in Veitshöchheim beispiellosen Aufführung der örtlichen Sing- und Musikschule (SMSV).
So sah sich Bürgermeister Rainer Kinzkofer auch im Namen des Gemeinderats veranlasst, in der jüngsten Ausgabe der Veitshöchheimer Mitteilungen den Mitwirkenden, vor allem aber der Musikschulleiterin Dorothea Völker für diese großartige Leistung öffentlich seine Bewunderung und Hochachtung auszusprechen. Seine Musikschulleiterin habe die Herausforderung bravourös gelöst und Orffs Werk professionell inszeniert, so lobte Kinzkofer. Mit beispielhaftem Können, großem Einfühlungsvermögen, Engagement und sorgsamer Zielstrebigkeit habe Frau Völker mit Sicherheit ein Glanzlicht im Jubiläumsjahr gesetzt, das noch lange nachwirken werde.
Im Nachgang zu unserem Bericht "Eine Welle der Begeisterung" vom 23. Juni fragte ich bei der Musikschulleiterin nach, wie es zu diesem Ereignis kam. Dabei ist eigentlich die „Carmina Burana“ nur eine Verlegenheitslösung. Ursprünglich wollte nämlich die Musikschule zur 900-Jahr-Feier Veitshöchheims die von Völkers Ehemann Toni eigens für das Jubiläumsjahr komponierte Märchenoper „Klein Zach“ in Koproduktion mit der Bayerischen Kammeroper Veitshöchheim inszenieren. Dieses Ansinnen musste jedoch aufgrund eines Beschlusses des Gemeinderates aus Kostengründen in das Jahr 1998 verlegt werden.
Da wurde in einer Lehrerkonferenz der SMSV die Idee geboren, ersatzweise die „Carmina“ einzustudieren, weil die Texte und die kraftvolle und rhythmisch geprägte Musik für Kinder, Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen faszinierend sei.
Die meisten der Texte der Carmina Burana stammen aus dem 11. und 12. Jahrhundert, also aus der Zeit in der Veitshöchheim erstmals urkundlich erwähnt wird. Sie zeigen einen bunten Querschnitt durch die Vielfalt mittelalterlicher Poesie. Die Sammlung wurde im Kloster Benediktbeuren 1803 entdeckt. J. A. Schmeller, Hofbibliothekar der Bayerischen Staatsbibliothek gab sie 1847 unter dem latinisierten Namen „burana“ des Fundortes Benediktbeuren als „Carmina Burana“ heraus.
Die Orffschen „Carmina Burana“ bilden einen Auszug der Gedichte dieser Sammlung. Die Sprache ist das Latein des Mittelalters, das alle Gebildeten schlechthin sprachen, hinzu kommen einige mittelhochdeutsche, wohl als parodistisches Element anzusehende Strophen.
Im ersten Teil hält der Frühling Einzug. Mensch und Natur erwachen aus der trostlosen Winterstarre zu neuem Leben. Der zweite Teil ist eine grandiose „Freß- und Sauforgie“., während der dritte Teil der Liebe gewidmet ist.. Was „impertinent“ beginnt, der Kinderchor singt „Amor volat undique“(Amor fliegt überall) entfaltet sich sinnlich und mündet im Tanztaumel und Ekstase. Am Höhepunkt des Glücksgefühl schlägt Fortuna wieder launenhaft zu, ungerührt und gleichgültig dreht sich das Rad der Zeit. „O Fortune, velut Luna...“ der mächtige Eingangschor beschließt auch das Werk.
"Zunächst hat man mir von allen Seiten abgeraten," so erinnert sich Frau Völker, zumal bisher in der SMSV noch kein gemischter Chor existierte. Völkers Idee jedoch war, einen gemischten Chor aus Veitshöchheimern extra hierfür ins Leben zu rufen und die Jugend- und Kinderchöre der SMSV mit in den Gesamtklangkörper zu integrieren.
Ein Aufruf im Mitteilungsblatt im November 1996 bestätigte sie in ihrem Unternehmen. Über 50 Interessenten meldeten sich. Bei der ersten Probe kamen bereits 60 Sängerinnen und Sänger. Im Verlauf weiterer Wochen wuchs der Chor auf 92 Sängerinnen und Sänger. Völker lobt im Nachhinein nochmals das unglaubliche Engagement und die große Disziplin, mit der alle regelmäßig die wöchentlichen Proben besuchten.
Von der ersten Probe an war sich deshalb die Musikschulleiterin sicher, dass mit diesem Potential an guten Sängerinnen und Sängern das ungewöhnliche Vorhaben gelingen kann.
Einsingübungen und Stimmbildung, von der ersten Probe an, ließen selbst die ungeübten Sängerinnen und Sänger bald zu ungeahnter Stimmqualität gelangen.
Auch die bereits bestehenden Kinder- und Jugendchöre der SMSV probten jeweils in ihren Chorstunden. Vier Wochen vor der Aufführung war es dann soweit: zum ersten Mal sangen in der Aula der Eichendorffschule alle drei Chorgruppen, 92 Erwachsene und 60 Kinder und Jugendliche gemeinsam. Die Eichendorffschule hatte noch nie eine größere Klangfülle erlebt.
Der Chorklang wuchs in der Folge zusammen und rechtzeitig zum Aufführungstermin stand das Werk. Gemeinsam war diesen über 150 Leuten im Alter von acht bis 60 Jahren die Begeisterung, dieses einmalige Werk singen zu können, das alle Altersstufen gleichermaßen fesselte und faszinierte.
Im Instrumentalbereich stellten sich Lehrkräfte zur Verfügung, Ulrike Nüßlein und Christina Stibi am Klavier und am Schlagzeug Achim van Bassen und Matthias Schmitt, ergänzt durch Studenten der Würzburger Musikhochschule. Auch für die drei Soliparts wurde Völker mit Sven Fürst, Bariton, Holger Falk, Tenor und Anna Wulf, Sopran bei der Musikhochschule fündig.
Eine humorvolle Note gab Chormitglied Wolfgang Walter, der auch fester Bestandteil des legendären örtlichen Kabaretts Frei & Frank war, das in einem seiner Programme auch den Projektchor auf die Schippe genommen hatte.
Der Projektchor kann sich aber nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen. So probt Völker schon eifrig für das Jubiläumskonzert am 8. Oktober 2017 Beethovens MISSA SOLEMNIS op. 123 im großen Saal der Hochschule für Musik Würzburg mit namhaften Solisten, der Thüringen Philharmonie Gotha unter ihrer Leitung.
Die Missa solemnis, so erläutert Völker, ist ein in jeglicher Hinsicht außergewöhnliches Werk. Sowohl im Instrumentalpart als auch in den Chor- und Sologesangsstimmen gehe Beethoven an die Grenze des Machbaren. Revolutionär, freigeistig, sich an keine Konvention haltend, verlasse er immer wieder das bis dahin Gewohnte und ziehe so dem Hörer von einem zum nächsten Moment den Boden unter den Füßen weg, eröffne aber gleichermaßen neue Zugänge. Kürze, Prägnanz, klanggewaltige und zarte Passagen, extreme Tempounterschiede würden ein grandioses, neues Bild des Messetextes zeichnen.