Zankapfel Kinderlärm - Ferienausschuss diskutierte über Einschränkung des Spiel- und Bewegungsplatzes an der Vitusschule
Keine Menschenseele anzutreffen war heute am späten Vormittag auf dem Spiel- und -Bewegungsplatz unterhalb der über 100 Jahre alten Vitusschule, und das an einem idealen Ferientag bei strahlend blauem Himmel. Doch der Schein trügt. Zu Schulzeiten toben sich hier in den Pausen die etwa 85 Schüler der in der Vitusschule untergebrachten Klassen eins bis vier der Grundschule aus und statt in der benachbarten Turnhalle kann hier im Freien auch der Sportunterricht stattfinden. Fußballspielen ist allerdings nicht erlaubt.
Und seit im September 2012 die Gemeinde ihrer Verpflichtung nachkam, den Bedarf an Hortplätzen zu befriedigen und seitdem der AWO-Ortsverein in der Vitusschule einen Schulhort für 20 Kinder betreibt, herrscht hier auch in den Nachmittagsstunden reges und lärmintensives Treiben, sehr zum Leidwesen eines Anliegers. Als nun der Gemeinderat in der Sitzung am 3. Juni 2014 beschloss, aufgrund des weiter gestiegenen Bedarfs in der Vitusschule im kommenden Schuljahr neben der bereits bestehenden Hortgruppe eine zweite Hort-Gruppe einzurichten, ist der Anlieger nicht mehr bereit, aufgrund seines Gesundheitszustandes weitere Lärmbelästigungen hinzunehmen.
Der vom Spiel- und Bewegungsplatz an der Vitusschule ausgehende Kinderlärm beschäftigte deshalb nun auch den Ferienausschuss des Gemeinderates, zunächst noch ohne konkretes Ergebnis. Zur Debatte stand der von Bürgermeister Jürgen Götz dem Gremium unterbreitete Vorschlag, den seit 21 Jahren im Rahmen der Altortsanierung geschaffenen Durchgang von der Kirchstraße zur Mainlände in den Abendstunden und am Wochenende zu sperren.
Dazu hatte das gemeindliche Bauamt vorgeschlagen, eine Türanlage am Treppenabgang der Turnhalle (linkes Foto) und eine 1,5 Meter hohe Zaunanlage mit Tür zwischen Hartplatz und Spielplatz zu installieren (rechtes Foto vorne).
Der Zugang von der Mainlände (Foto links) zum mainwärts gelegenen Spielplatz sollte dagegen weiterhin rund um die Uhr zulässig sein, nicht jedoch mehr durch eine direkte Tür vom angrenzenden Biergarten aus.
"Wir wollen damit gegenüber dem lärmgeplagten Anlieger ein Goodwill-Zeichen setzen", erläuterte der Bürgermeister zur Begründung. Der vorgeschlagene Wegfall des Durchgangs stieß jedoch im Gremium auf Widerstand. Gemeinderat Oswald Bamberger erklärte, er sehe durchaus Chancen, in einem Gespräch mit dem Anlieger eine Lösung zu finden, nach der die vom Bauamt vorgeschlagenen Maßnahmen und die Einschränkung des Durchgangs entbehrlich sind.
Die Entscheidung wurde deshalb bis zur nächsten Gemeinderatssitzung am 23. September 2014 zurück gestellt
Vorgeschichte
Es ist schon 21 Jahre her, dass die Gemeinde den Turngarten unterhalb der Vitusschule umgestaltete und bei einem Fest im Mai 1993 Lauf-, Spiel- und Ruhezonen und für den Schulsport einen Hartplatz mit den Mindestabmessungen für ein Volleyballfeld übergab. Gleichzeitig wurde im Rahmen der Altortsanierung auch eine Fußgängerverbindung von der Kirchstraße zur Mainlände geschaffen. In der Ruhezone wurden Tischgruppen, ein Häuschen und Malwände aufgestellt, die Spielzone mit Tischtennisplatte und Spielgeräten wie Stufenheck und Klettergerüst ausgestattet.
Mit dieser für auch für die Öffentlichkeit freigegebenen Nutzungsänderung war jedoch schon damals der Anlieger nicht einverstanden. Das Landratsamt verfügte deshalb im Septemer 1995 als Auflagen, dass die Nutzungsdauer außerhalb der schulischen Nutzung werktäglich vier Stunden nicht überschreiten darf, die Nutzung spätestens um 19.00 Uhr enden muss, weiter an Sonn- und Feiertagen nicht zulässig ist und die Gemeinde dies durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen hat.
Groß war die Freude bei den rund 100 Grundschülern der Vitusschule im Altort, als im Herbst 2008 der damalige Bürgermeister Rainer Kinzkofer neu installierte Spielgeräte freigab. Die Erst- bis Viertklässler können sich seitdem nun in den Pausen und neu auch nachmittags im Schulhort an einer vielseitig nutzbaren Sechseckanlage mit Drehspindel, Kletterplatten, Kletternetz, Klettertau, Spinnennetz und Sprossenelementen sowie an einem, Dreistufenheck austoben. Wer es ruhiger haben will, kann sich im Rasthaus mit Sitzgruppe oder im Palisadensandkasten niederlassen. Bei seinem Vergabebeschluss hatte damals der Hauptausschuss ausdrücklich festgelegt, dass die Spielgeräte auch außerhalb der Schulzeit allgemein zur Benutzung offen stehen.
Rechtliche Würdigung
Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes muss Lärm "als Begleiterscheinung kindlichen und jugendlichen Freizeitverhaltens" in "höherem Maße" durch Nachbarn hingenommen werden (Az: V ZR 62/91).
So hat denn auch beispielsweise das Verwaltungsgericht Neustadt mit Beschluss vom 06.07.2007 (5 L 477/07.NW) in einem mit den Spielflächen in Veitshöchheim vergleichbaren Fall entschieden, dass Nachbarn den Lärm einer Spiel- und Sportfläche hinnehmen müssen.
Lebensäußerungen spielender Kinder sind unvermeidbar und zumutbar. Von einem so genannten Multifunktionsplatz - einer Spiel- und Sportfläche für Kinder - darf auch Kinderlärm ausgehen. Das Verwaltungsgericht Neustadt hat einen gegen einen solchen Platz gerichteten Eilantrag von Nachbarn abgelehnt. Die Lebensäußerungen spielender Kinder seien unvermeidbar und den Nachbarn regelmäßig zumutbar, denn Kinder könnten nicht auf weiter entfernte Plätze verwiesen werden, führte das Gericht aus.
Der Multifunktionsplatz in Neustadt-Diedesfeld - eine Spiel- und Sportfläche - darf weiter genutzt und entsprechend der erteilten Baugenehmigung umgestaltet werden. Die seit längerem bestehende Spiel- und Sportfläche grenzt an den Schulhof der Diedesfelder Grundschule an. Zudem befinden sich dort noch der Kindergarten und ein größerer Spielplatz.
Nach der von der Stadt Neustadt erteilten Baugenehmigung sind zwei in Ost-West-Richtung aufgestellte, voneinander ca. 14 m entfernte Fußballtore zulässig. Zu dem westlich angrenzenden, mit einem Mehrfamilienwohnhaus bebauten Grundstück der Nachbarn wird der Platz durch einen auf einer Betonstützmauer errichteten Ballfangzaun abgegrenzt. Im südlichen Bereich der Anlage ist ein Tischfußballspiel vorgesehen.
Gegen die Baugenehmigung legten die Nachbarn Widerspruch ein und wandten sich zugleich mit einem Eilantrag an das Verwaltungsgericht. Sie machten unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen geltend.
Das Gericht hat den Antrag abgelehnt: Nach der Baugenehmigung sei das Fußballspielen nur für Kinder bis 14 Jahre zugelassen. Aufgrund der kleinen Dimensionierung des zum Fußballspiel vorgesehenen Bereichs müsse auch nicht mit einer Nutzung durch ältere Personen gerechnet werden, denn für diese sei die Anlage ersichtlich nicht attraktiv. Die Lebensäußerungen spielender Kinder seien unvermeidbar und den Nachbarn regelmäßig zumutbar, denn Kinder könnten nicht auf weiter entfernte Plätze verwiesen werden. Den Belangen der Antragsteller werde vorliegend zudem dadurch Rechnung getragen, dass nach der Baugenehmigung vorgesehen sei, an der gemeinsamen Grenze vor der Stützmauer eine bis ca. 0,5 m hohe Böschung anzulegen, die zur Minderung des Aufprallgeräusches von z.B. Fußbällen mit robusten Bodendeckern bepflanzt werde. Im Übrigen sei jegliches Ballspielen nur bis 20 Uhr erlaubt.
Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom März 2006.
In diesem Falle ginge es um den Betrieb einer städtischen Musikschule und eines Jugendhauses in einem Gebiet ohne Bebauungsplan. Hier waren dem Nachbarn die Geräusche aus dem städtischen Gebäude zu laut geworden. Seine Klage blieb in beiden Instanzen erfolglos. Zunächst kamen die Gerichte zu der Auffassung, dass die vorhandene Bebauung einem Mischgebiet entspricht. Dort ist das Wohnen naturgemäß noch weniger geschützt als in einem Wohngebiet. Zum Zusammenleben von Jung und Alt weist das Gericht zudem ausdrücklich daraufhin, dass Musikschule und Jugendhaus Aufgaben im öffentlichen Interesse sind, bei denen in der Nachbarschaft Verständnis und Akzeptanz erwartet werden können.