Theater am Hofgarten begeisterte mit Stefan Schröders Kriminalkomödie "Jerry über Bord"
Sehr turbulent und geradezu mörderisch mit jeder Menge Leichen ging es zu in der skurrillen Kriminalkomödie „Jerry über Bord“ von Stefan Schröder, die das achtköpfige Ensemble des Theaters am Hofgarten zweimal am Wochenende im Kuratiesaal
unter der Regie von Winfried Knötgen (der als Kapitän, wie auf dem Foto zu sehen, selbst am Geschehen teilnahm) mit großem Erfolg aufführte.
"Super war dieses Theater, eine klasse Vorstellung, DANKE für den schönen Abend. Wir können diese Kriminalkomödie wärmstens weiter empfehlen!" so outete sich eine der über 400 begeisterten Gäste auf Facebook. Möglichkeit dazu besteht in weiteren vier Vorstellungen:
- Samstag, 26.10.2013 (Beginn 19 Uhr)
- Sonntag, 27.10.2013 (Beginn 18 Uhr)
- Samstag, 02.11.2013 (Beginn 19 Uhr)
- Sonntag, 03.11.2013 (Beginn 18 Uhr)
Hauptfigur in „Jerry über Bord“, dem zweiten Teil von Schröders rabenschwarzer und höchst amüsanter Jerry-Trilogie ist natürlich wieder die mordende ehemalige Schauspielerin Camilla Kelton, deren Rolle Birgit Wolf-Kroll in exzellenter Weise verkörpert. Für sie war dies eine große Herausforderung, allein von der Größe ihres Parts als mindestens achtfache Mörderin und dem immensen kriminellen Potential, das sie darzustellen hatte. Im Gegensatz beispielsweise zu Knötgen mit acht Einsätzen hatte sie 444 Einsätze zu bewältigen. Bei ihrer Verneigung vor dem Publikum am Ende wurde sie durch nicht enden wollenden Beifall für ihre großartige konzentrierte schauspielerische Leistung belohnt.
Sehr verwandlungsfähig spielt Bernd Schäfer Camillas Mann Jerry, dem es nicht so gut geht, da er immer wieder über Übelkeit klagt und ihm nichts anderes übrig bleibt, als sich ständig im Schrankkoffer zu verstecken und sogar sich als Frau zu verkleiden. Jerry hatte nämlich vor der Überfahrt mit der Titanic von England nach Amerika einen tödlichen Autounfall inszeniert, um an seine Lebensversicherung heran zu kommen. Camilla ihrerseits alles Notwendige getan, um alle, die ihnen auf die Schliche gekommen waren, zu beseitigen.
Mit der Versicherungssumme will sich nun das Paar im Land der unbegrenzten Möglichkeiten ein schönes Leben machen. Da sie nicht unter falschem Namen reisen wollten, hatte Camilla als Witwe eine Einzelkabine gebucht und Jerry reiste im Schrankkoffer mit, denn die Schiffsbesatzung im Bild gerade in die Kabine hievt. Diese Idee erweist sich im Laufe der Komödie jedoch als nicht so gut, da ständig irgendwer Einlass in Camillas Quartier begehrte.
So auch Matthias Mader, der als Enthüllungs-Journalist Joe Shellfish mit 15 Jahren der Jüngste im Ensemble ist. Er hatte erstmals bei einem großen Stück einen Einsatz auf der Bühne, wenn auch nur von kurzer Dauer. Der neugierige Journalist ist sich sicher, dass Camilla Kelton lediglich die Versicherung betrogen hat und ihr Mann Jerry noch lebt. Doch als ihm die kaltblütige Camilla auf die Schliche kommt, als er mit Jerrys Pullover Beweismaterial findet, muss er als erster auf der Titanic dran glauben. Die arbeitslose Schauspielerin haut eine Flasche so sehr auf seinen Kopf, dass die Splitter sogar ins Publikum fliegen. Zunächst noch entsetzt über ihre spontane Tat, bat sie Jerry, mit ihr den Toten aus dem Kabinenfenster über Bord zu werfen, damit dieser bei den Fischen seine letzte Ruhe findet.
Auch der pensionierte Scotland Yard-Kommissar Macintosh mit Frau Libby im Schlepptau, die eigentlich auf dem Ozeanriesen Urlaub machen wollten, bekommt seine Spürnase nicht mehr aus der Kabine von Camilla. Noch immer hat er heftige Zweifel an Jerrys Unfalltod. So interessiert er sich an Bord für nichts anderes als für die „trauernde Witwe“ und den Inhalt des überdimensionierten Koffers, den nach seiner Vermutung diese zum Drogen- oder Waffenschmuggel benutzt. Walter Dittmaier, beim Theater seit über 20 Jahren aktiv, ist die Rolle dieses ständig schnüffelnden Chefinspektors a.D. wie auf den Leib geschrieben. Sehr zum Leidwesen der von Birgit Leimkötter dargestellten Chefinspektorsgattin, die unter den Auftritten ihres Gatten so schlimm leidet und sich in ihrer Bescheidenheit bei Camilla für die Verdächtigungen ihres Mannes sogar entschuldigt.
Und dann ist da auch noch Camillas alte Bekannte, die von Charmaine Trabold hervorragend verkörperte, ihrem Ruhm nachtrauernde und sich von Paparazzos ständig verfolgt fühlende Schauspielerin Gloria Sullivan. Sie sorgt für turbulente Abwechslung, in dem sie ständig mit großem Auftritt bei Camilla einfällt.
Als der Kommissar nicht locker lässt und darauf pocht darauf den Inhalt des Koffers zu sehen greift Camilla zu den Waffen einer Frau und fällt erstmal bühnenreif in Ohnmacht, nicht ohne sich vorher zu vergewissern, dass Schiffsteward Steward Stewart sie auch auffängt. Diesen spielt Manuel Seemann, dieses Mal nicht in der Rolle eines Hallodri, sondern als Mann fürs Pflichtbewusstsein nach dem Motto "Ein Seemann muss tun, was ein Seemann tun muss", bis er doch seinen Gefühlen für die Witwe Camilla erliegt.
Dr. Matthias Brunzel ist beruflich als Urologe tätig und deshalb wie geschaffen für die Rollle des Schiffsarztes Dr. Spencer. Dieser durchschaut zwar Camilla, hilft ihr aber aufgrund seiner nekrophilen Neigungen die unwillkommenen Besucher loszuwerden. Ihm sind Leichen durchaus willkommen, um seiner heimlichen Vorliebe für die Pathologie nachzugehen.
Nach dem Verstecken von Gloria im Schrankkoffer kann Jerry in den Kleidern von Gloria endlich am Frühstücksbuffet teilnehmen und in deren Zimmer nächtigen, auch wenn er mit High Heels und Nylons auf Kriegsfuß steht.
Als Stewart mit Glorias Hut erscheint, den man aus dem Wasser gefischt hatte, klappt Camilla erneut zusammen, denn offenbar scheint Jerry über Bord gegangen zu sein. Während der Schiffsarzt Camilla wieder aufpäppelt wird, ergeht sich der Chefinspektor in in wilde, langatmige Spekulationen. Er besteht darauf, den Schrankkoffer zu öffnen, während Camilla bereits ihre Felle davon schwimmen sieht, der Koffer jedoch leer ist .
Als Camilla wieder alleine in ihrer Kabine ist und Jerry nachtrauert, taucht Gloria plötzlich unter ihrem Bett auf. Als die Theaterdiva Camilla aufregt mit der Aussage konfrontiert: "Ich weiß alles!" bringt diese die Quasselstrippe mit einem Kissen zum Schweigen und versteckt ihre Leiche mit einem beachtlichen Kraftakt im Schrankkoffer. Dumm nur das der Schiffssteward auf Anweisung des Inspektors den Koffer auseinander nehmen soll und dabei über die Leiche stolpert. So jubelt Camilla sie ihm als blinde Passagierin unter und verdeutlicht ihm, dass er nur Ärger bekommen würde, wenn die Sache auffliegt.
Freudestrahlend nimmt der Schiffsarzt die Leiche entgegen, denn endlich kann er nun seinem Steckenpferd, der Pathologie nachgehen. Die Beiden sind gerade dabei, Glorias Leiche wegzuschaffen, da taucht Stewart mit der Leiche des Journalisten Schellfisch auf. Diese war am Schiffsrumpf hängengeblieben, bis man sie nun bei der Suchaktion nach der vermeintlich über Bord gegangenen Gloria fand.
Schon wieder klopft der Inspektor. Um nicht entdeckt zu werden, steigt Stewart aus dem Fenster, obwohl er nicht schwimmen kann. Als er sich an der Balustrade entlang tastet, ertönt das Schiffshorn kurz vor dem Anlegen und der schreckhafte Stewart verliert den Halt. Camilla ist natürlich wieder einmal untröstlich.
Schließlich erscheint nach der Ankunft in Amerika auch noch Alexander Götz auf der Bildfläche. Als Telly Savallas-Verschnitt mimt der den Miami Police-Detective Cooper Jones, den sich der pensionierte Macintosh zur Verstärkung geholt hat. Wortreich erläutert er seinen Verdacht und übergibt Camilla an den Kollegen. Gut für Camilla, dass der Amerikaner dem Briten keinen Glauben schenkt und zweitens der Mann ihrer Freundin ist, die sie nach Amerika eingeladen hat.
Camilla ist noch am Packen, als plötzlich Jerry durch das Fenster einsteigt und sie aus der Fassung bringt. Er hat seinen Ausflug ins Meer als guter Schwimmer überlebt. Freudetrunken fallen sich beide umeinander.
Der Miami Police-Detective kommt, um Camilla mit von Bord zu nehmen, also begibt sich Jerry letztmals in den Koffer. Auf Befragen von Jones erklärt Camilla, den Koffer brauche sie nicht mehr, der könne in den Müll. Als die Schiffstewards dabei sind, den Koffer in die schiffseigene Verbrennungsanlage zu tragen, hat Jerry Glück, dass der Kapitän auftaucht und den Kofferfür seine F rau in England in Anspruch nimmt.
Sie alle können stolz auf ihre bei der Premiere gezeigten schauspielerischen Leistunen sein.
Fazit des Kapitäns und Regisseurs Winfried Knötgen:
"Seit Juni probten wir zweimal wöchentlich in unserem Theaterkeller, zum Schluss sogar dreimal hier auf dieser Bühne.
Da die Mainfrankensäle nicht zur Verfügung standen, haben wir versucht, uns den beengten Verhältnissen im Kuratie-Gemeindesaal anzupassen. Wir mussten ohne Vorhang spielen, die Umbauphasen im Blackout ableisten. Alle Mitwirkenden gehen einen Beruf nach oder in die Schule. Es sind alles Amateure, die sich am Abend treffen, um ihrem Hobby nachzugehen. Ich denke, alles kam gut rüber, wie auch das von Peter Kern wieder famos erstellte Bühnenbild."
Knötgen dankte allen, die zum Gelingen beitrugen, so auch der Souffleuse Stefanie Steinhofer, Brigitte Hörber und Birgit Götz-Scheuring für Maske, Birgit Leimkötter für Requisite/Kostüme und Sebastian Spies für die Bühnentechnik, ebenso dem Service- und Küchenteam aus Mitgliedern des Vereins, die für das leibliche Wohl der Gaste sorgten.