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Eine Reise bis in die Steinzeit zu den ersten Siedlern Veitshöchheims

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Bodendenkmäler auf dem  Hochplateau der Gadheimer Gemarkung

Infogang2012 10 Bodendenkmale 2 Infogang2012 10 Bodendenkmale 1

Über erste Siedlungs- und menschliche Spuren in Veitshöchheim informierte beim Informationsgang der Gemeinde am letzten Samstag die gemeindlche Kulturreferentin Dr. Martina Edelmann am Waldrand "Gebranntes Hölzlein" auf dem Hochplateau der Gemarkung Gadheim (unter Zuhilfenahme des Beitrags "Steinbeil und Bronzedolch - Zeugnisse der ersten Siedler in Veitshöchheim" von Kerstin Nausch in der Festschrift "900 Jahre Veitshöchheim").

Dort heißt es: "Die erstmalige urkundliche Erwähnung Veitshöchheims von 1097 dokumentiert den Beginn der schriftlichen Überlieferung für unseren Ort, aber nicht den Beginn der Siedlung. Der Aufenthalt von Menschen im Gebiet der heutigen Gemarkung Veitshöchheim kann bis zum Beginn der Schriftlichkeit nur durch materielle Hinterlassenschaften, wie Alltagsgeräte, Keramik, Waffen und Schmuck nachgewiesen werden."

chronikfotos Bodenfunde

Es gibt ein Verzeichnis der örtlichen Bodendenkmäler (Übersichtskarte aus der Veitshöchheim-Chronik von Thomas Struchholz).

Das Problem der vor- und frühgeschichtlichen Bodendenkmäler ist jedoch laut Martina Edelmann, dass man sie nicht sieht. Man weiß in der Regel auch nichts davon. Man muss sie entweder zufällig entdecken von Leuten, die einen Blick dafür haben, wenn sie über einen Acker gehen oder es ist eine Bodenverfärbung oder es muss eine Siedlung hier dagewesen sein nach anderen Quellen, um dann danach zu suchen.

Bild-1-und-2-altsteinzeitschaber.jpgaltsteinzeitliche Schaber

Die ältesten Artefakte von der Veitshöchheimer Gemarkung stammen aus der Zeit um 100 000 - 60 000 v. Chr., der Zeit des Neandertalers. 1995 entdeckte der Vor- und Frühgeschichtsstudent Ralf Obst auf einer Muschelkalkkuppe oberhalb des Birkentals grob zugehauene Steingeräte der mittleren Altsteinzeit der Jäger und Sammler, darunter Schaber aus Kieselschiefer, den die Menschen damals wohl in Knollen im Main fanden.

Einher ging dann mit der Aufgabe der wildbeuterischen Lebensweise und der Anlage fester Siedlungsplätze, auch neolithische Revolution genannt, das Aufkommen produzierender Wirtschaftsweisen (Ackerbau, Viehzucht) und die Vorratshaltung zu Beginn des Neolithikum (Jungsteinzeit), als erstes bereits 12.000 v.Chr. in Anatolien.

 

Bild3Steinbeile-Jungsteinzeit.jpgSteinbeile der Jungsteinzeit

Aus dieser Zeit fand ebenfalls 1995 ein Grabungsassistent des Landesamtes für Denkmalpflege (LfD), Joachim Walther, am Waldrand neben der Straße nach Oberdürrbach ein Steinbeil, eine Zeit, in der auch das erste Metall, nämlich Kupfer, vereinzelt auftauchte. Trapezförmige oder dreieckige Beilklingen aus Feuer-oder Felsgestein waren typisch für diese Zeit. 

Bild4-SteinbeileJungsteinzeit.jpgSteinbeile der Jungsteinzeit

Das durchlochte Steinbeil aus Amphibolit, das 1913 in einer Sandgrube bei Veitshöchheim gefunden wurde, weist schon an das Ende der Jungsteinzeit (ca. 2800 - 2200 v. Chr.).

 

Um die Zeit 2000 v.Chr., als schon die Pyramiden in Ägypten standen, entsteht  in der sogenannten Bronzezeit auch hier

Bild5.Bronzedolch   Bild6-BronzeArmring.jpg Bild7-Bronzezeitliche-Fu-schale.jpgFunde aus der Bronzezeit

schon einiges an Kulturen. So weist  ein Fund aus Veitshöchheim in die mittlere Bronzezeit (1500 - 1300 v. Chr.), die auch Hügelgräberbronzezeit genannt wird. 1930 kamen bei Fundamentausschachtungen für einen Neubau  in der Oberen Riedstr. 7 die Reste eines mittelbronzezeitlichen Grabes zutage. Hier wurden die Menschen meist in hockender Stellung mit angezogenen Beinen ( sog. „Hocker“) unter Grabhügeln oder in Flachgräbern zur Ruhe gebettet.

 

Als Beigabe hatte der Tote einen Bronzedolch mit zwei Nieten, einen Bronzearmring  und eine bei Auffindung zerschlagene oder zerdrückte Fußschale (Bild 5 bis 7) mit ins Grab bekommen, die dieses in die Zeit um 1400 v. Chr. weisen.

Bild8.KeramikgefaeßUrnenfelderzeit

Keramikgefäß der Urnenfelderzeit

Weitere Funde aus Veitshöchheim sind etwa 500 Jahre jünger, d.h., sie stammen aus der jüngeren Urnenfelderzeit (ca. 1000 - 780 v. Chr.). Damals war es üblich, die Toten zu verbrennen und dann in Urnen, oft mit Steinschutz, in großen Urnenfeldern zu bestatten.

60 m südlich des östlichen Hofgartentores neben dem Grottenhaus wurden 1937 und 1938 drei urnenfelderzeitliche Brandgräber mit  Keramikgefäßen,  Bechern, Näpfen, Schalen, Teller und Leichenbrand, Fragmente von bauchigen Urnen, sowie Scherben von tellerartigen Schalen und rottonigen Näpfen entdeckt.  Leider fielen bis auf die graubraune Vase mit ausladendem Rand und kleinen gegenständigen Henkeln, feine Rillen, Schrägriefen, Horizontal- und Girlandenmuster(Bild  8) all diese Funde 1945 dem Würzburger Stadtbrand zum Opfer.

 

Bild9 Keltische Keramiktasse

Keltische Keramiktasse

Mit der um 800 v. Chr. folgenden keltischen Hallstattzeit, benannt nach einem großen Gräberfeld aus dieser Epoche in Österreich, beginnt die Eisenzeit in Mitteleuropa. Besonders Waffen (Schwerter und Dolche, Langspitzen, Schildbuckel) wurden nun aus Eisen hergestellt, während Schmuck meist immer noch aus Bronze gefertigt wurde. Durch imposante, reich ausgestattete Großgrabhügel aus dieser Zeit zieht man Rückschlüsse auf einen „Grundbesitzadel“. Die Funde aus Veitshöchheim aus dieser Zeit sind dagegen weitaus bescheidener. 1950 fand der Drogist Ernst Riermaier ( Am Hofgarten 4 ) beim Ausschachten seines Kellers eine hallstattzeitliche Tasse mit Grifföse und Stichzier (Bild 9), die etwa ins 7. Jahrhundert v. Chr. zu datieren ist.

bodendenkmal1.jpgKeltische Grubenhäuser von Gadheim (Planzeichnung LfD Würzburg, Rekonstruktion nach L. Wamser) 

Die keltische Kultur war in dieser Zeit bei uns in Süddeutschland bestimmend und mit befestigten stadtähnlichen Anlagen auf dem besten Wege, sich zur Hochkultur zu entwickeln.  Nur eine eigene Schrift fehlte noch, als die römische Okkupation und Germaneneinfälle dieser blühenden Kultur ein Ende setzten. Aus der Zeit kurz vor diesem Bruch gibt es Funde, die die Anwesenheit der Kelten um 100 v. Chr. in Veitshöchheim belegen.

1980 fielen dem Grabungstechniker des Landesamtes für Denkmalpflege Hans Steigerwald auf seiner Heimfahrt nach Güntersleben kurz vor Gadheim Verfärbungen im Acker und der Rand eines Keramikgefäßes auf. Er legte in Absprache mit dem LfD in seiner Freizeit die Reste zweier latènezeitlicher Grubenhäuser mit einer Feuerstelle und Pfostenlöchern frei, die in den Fels eingetieft waren. Martina Edelmann: "Man kann davon ausgehen, dass dies eine ganze Siedlung hoch auf dem Berg war."

Bild10-Keltisches-Graphittongefae-.jpgKeltisches Graphittongefäß

In den Verfärbungen befanden sich Holzkohle- und Tierknochenreste, sowie ein scheibengedrehtes Keramikgefäß mit Graphitmischung im Ton, mit Deckel und Riefenverzierung (Bild 10), das heute in der Schausammlung des Mainfränkischen Museums steht.

Aus den folgenden Epochen, der römischen Kaiserzeit und der Völkerwanderungszeit, sind bisher keine Funde aus Veitshöchheim bekannt, obwohl damit zu rechnen ist, daß auch hier bei uns in den ersten fünf  Jahrhunderten nach Christi Geburt Germanen lebten, da man aus vielen umliegenden Ortschaften Belege für germanische Besiedlung in dieser Zeit hat, so z.B. aus Thüngersheim, Güntersleben, Zell, Zellingen, Unterdürrbach und Würzburg.

Das Frühmittelalter brachte die Franken, die hauptsächlich in Tälern und an Flüssen siedelten und so ist wohl auch Hochheim (Veitshöchheim) im fünften und sechsten Jahrhundert nach Christus entstanden.

Im 7. Jahrhundert setzten die schon christlichen Franken Adelige ihrer Wahl als thüringische Herzöge ein, die in Würzburg residierten. Es gab wohl auch in Veitshöchheim eine gewisse Adelsschicht, die überörtlichen Streubesitz besaß, sich in reichen Adelsgrablegen bestatten ließ und die von den Franken her christlich geprägt war.

Das einfache Volk jedoch, Thüringer und Alemannen, war wohl heidnisch oder pflegte einen heidnisch-christlichen Mischkult.

Im 8. Jahrhundert begann man, Friedhöfe im Ort bei der Kirche anzulegen. Grabbeigaben verschwinden ganz; man findet aber auch keine Trachtenbestandteile mehr, wie z.B. Gürtelschnallen, Perlen und Schmuckstücke, so daß man wohl davon ausgehen muß, daß die Toten nicht mehr in ihrer normalen Kleidung, sondern in einem schlichten Totenhemd beigesetzt wurden. Das macht es für die Archäologen nahezu unmöglich, Grabfunde aus dieser Zeit zu datieren.

Die Forschung geht davon aus, daß die Martinskapelle aus dieser Zeit stammt, denn der Heilige Martin war der merowingische Reichspatron, der im 8. Jahrhundert in Franken meist als Kirchenpatron eingesetzt wurde. Vielleicht bestand also schon vor über 1000 Jahren an der Stelle unseren heutigen Friedhofes rund um die Martinskapelle ein Bestattungsplatz, der heute nur nicht mehr nachweisbar ist. Die zugehörige Siedlung ist vielleicht heute von unseren Häusern überbaut; es gibt in Veitshöchheim keinerlei Funde aus dieser Zeit, obwohl im Frühmittelalter hier eine Siedlung bestanden haben muß.

Edelmann: Es sollten deshalb alle Finder von Keramikscherben, Bronzemünzen, verrosteten Eisenfragmenten, Glasperlen und ähnlichen Artefakten unbedingt ihre Funde dem Landesamt für Denkmalpflege melden; vielleicht wird so die Ortsgeschichte von Veitshöchheim wieder um ein Mosaiksteinchen reicher.

 

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