Gemeinsam gegen die Wegwerfgesellschaft - Veitshöchheimer Repair-Café feiert erfolgreichen „Internationalen Repair Day“ mit Besucherrekord
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Veitshöchheimer Repair-Cafe mit Besucherrekord: Gemeinsam gegen die Wegwerfgesellschaft
Drei Viertel der Gäste kamen aus der Gemeinde selbst, der Rest aus Würzburg und dem Umland. Vielen konnte in der Aula der Eichendorrf-Schule geholfen werden.
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„Reparieren statt wegwerfen“ – unter diesem Motto öffnete am Samstag, 18. Oktober, das Veitshöchheimer Repair-Café in der Aula der Eichendorffschule bereits zum 19. Mal seine Türen. Der Anlass hätte passender kaum sein können: Zeitgleich wurde weltweit der „Internationale Repair Day“ gefeiert. Auch in Veitshöchheim wurde an diesem Nachmittag geschraubt, genäht, gelötet und getüftelt – und das erfolgreicher denn je.
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Mit 66 Besuchern, die insgesamt 70 defekte Gegenstände mitbrachten, verzeichnete das Repair-Team rund 50 Prozent mehr Zulauf als bei der Veranstaltung im April. Entsprechend herrschte in der ersten Stunde reger Andrang, doch die Stimmung blieb gelassen.
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Von Beginn an dabei ist Karin Vieweg, die wieder zusammen mit Horst Duwe in der Aula das Empfangskomitee spielte, während ihr Mann Uwe reparierte. Wer was repariert haben wollte, musste einen Reparatur-Zettel und am Ende ein Feedback-Formular ausfüllen. Dies ermöglichte den Veranstaltern am Ende eine exakte Auswertung.
Die Kuchentheke in der Aula half, Wartezeiten zu versüßen – und auch kleine Verbesserungsvorschläge wie der Wunsch nach Hafermilch fürs nächste Mal wurden mit einem Lächeln notiert.
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„Die Atmosphäre war trotz Wartezeiten ausgesprochen freundlich“, berichtet Mitinitiator Daniel Schiel, Inhaber von „dando-art Lichttechnik“.
Im Mittelpunkt stand wie immer das gemeinsame Anpacken. Besucher konnten ihre defekten Alltagsgegenstände mitbringen – vom Wasserkocher über den Akkuschrauber bis zur Lieblingsjacke.
Die ehrenamtlichen Reparaturhelfer unterstützten mit Fachwissen und Geduld beim Wiederinstandsetzen. „Das Repair-Café zeigt, wie wertvoll gemeinsames Reparieren ist – es schont Ressourcen und vermittelt Wissen“, hatte Bürgermeister Jürgen Götz bereits im Vorfeld betont.
Das spürte man auch diesmal. „Es ist schön zu sehen, wie Menschen an ihren Dingen hängen und wie groß die Freude ist, wenn etwas wieder funktioniert“, sagt Schiel.
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Manchmal sei es nur ein kleiner Kondensator oder ein loses Kabel, das den Unterschied mache – „ein Cent-Artikel, der über das Weiterleben eines Geräts entscheidet“. Dass hier oft ganz bewusst gegen die „geplante Obsoleszenz“ der Wegwerfgesellschaft gearbeitet wird, wurde an diesem Tag besonders deutlich.
Die Statistik zeigt: 44 Prozent der Reparaturen waren erfolgreich, bei weiteren 23 Prozent scheiterte der Erfolg nur am fehlenden Ersatzteil. Lediglich ein Drittel der Geräte war irreparabel – etwa, weil sie nicht geöffnet werden konnten oder der Defekt zu gravierend war.
Der größte Anteil entfiel – wie gewohnt – auf elektrische und elektronische Geräte (84 Prozent), gefolgt von Fahrrädern (6 Prozent), Kleidung (6 Prozent) und sonstigen Gegenständen (4 Prozent). Auffällig war auch der Besucherzuwachs in der Altersgruppe der 21- bis 40-Jährigen, die inzwischen fast zehn Prozent des Publikums ausmachte. „Das zeigt, dass das Thema Nachhaltigkeit zunehmend auch bei Jüngeren ankommt“, freut sich Klimaschutzmanager Jan Speth, der gemeinsam mit Schiel das Repair-Café organisiert.
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Erstmals wurde in diesem Jahr ein spezieller Service für Computerbesitzer angeboten: Mit Unterstützung eines Würzburger Experten konnten Interessierte ihre Laptops und PCs auf das freie Betriebssystem Linux umstellen oder kleinere Softwareprobleme beheben. Dieses neue Angebot stieß auf großes Interesse – und soll künftig weiter ausgebaut werden.
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Neben dem praktischen Nutzen spielt beim Veitshöchheimer Repair-Café auch der soziale Aspekt eine zentrale Rolle. Viele Gäste kommen regelmäßig, nicht nur um Dinge zu reparieren, sondern auch, um sich auszutauschen. „Es entsteht jedes Mal eine kleine Werkstattgemeinschaft auf Zeit“, beschreibt es Fahrradfreak Dr. Amadeuas Braunewell, langjähriger Helfer. Hier wird nicht auf Bestellung gearbeitet, sondern im Miteinander – jeder darf mit anfassen, lernen, ausprobieren.
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Auch Michael, einer der ehrenamtlichen Tüftler der ersten Stunde, war wieder dabei. „Ich bin eigentlich seit Anbeginn der Zeit hier“, erzählt er schmunzelnd. Besonders in Erinnerung geblieben ist ihm die Reparatur einer elektrischen Modelleisenbahn aus den 1920er-Jahren – ein Stück Nostalgie, das dank der Hilfe aus Veitshöchheim weiterfährt.
„Wir hatten hier schon alles – von alten Radios über Computer bis hin zu Lampen und Spielzeug“, berichtet Michael. „Es ist jedes Mal faszinierend, wie viel Wissen hier zusammenkommt – und wie oft es einfach an einem winzigen Teil liegt, ob etwas weiterlebt oder im Müll landet.“
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Stammgast ist seit Anbeginn auch Erika Weinhold-Duwe, die an ihrer Nähmaschine wieder voll in ihrem Element war.
Das Veitshöchheimer Repair-Café war eines der ersten in der Region und hat sich längst zu einer festen Institution entwickelt.
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Rückblick Ein Volltreffer im Sinne der Nachhaltigkeit war im Frühjahr 2014 das gemeinsam von dem damaligen gemeindlichen Klimaschutzmanager Jochen Spieß und Daniel Schiel von der Firma dando-art Lichttechnik veranstaltete Repair Café. Den ganzen Samstagnachmittag über herrschte im Werkraum der Grundschule ein emsiges Treiben und Gewusel. Das von den beiden Organisatoren rekrutierte Helferteam, darunter zehn Reparaturexperten, hatte während der fünf Stunden Öffnungszeit alle Hände voll zu tun, so dass für sie kaum Zeit zum Durchschnaufen blieb v.l.n.r. vorne Jana Klapprodt, Dorothea von Droste, Daniel Schiel, Robert Heiligenthal, Birte Kühn, Mitte Martina Edelmann, Manfred Dürr, Eberhard Riermaier, Martin Kisser, Jan Kühn, hinten Jochen Spieß mit Sohn Jonas, Florian Stark, Uwe und Karin Vieweg, Michael Fries und Erika Weinhold-Duwe. |
Seit über zehn Jahren zeigt das Repair-Café, dass nachhaltiges Handeln ganz praktisch und gemeinschaftlich funktionieren kann. Rund 73 Prozent der Gäste kamen diesmal aus Veitshöchheim selbst, 15 Prozent aus dem Umland und 12 Prozent aus Würzburg.
„Wir freuen uns, dass das Angebot so gut angenommen wird – und dass der internationale Repair Day für uns zum echten Feiertag der Nachhaltigkeit geworden ist“, sagt Speth, der als Nachfolger von Spieß seit 1. April 2015 dieses Nachhaltigkeitsangebot der Gemeinde nahtlos fortführte.
„Der feste Stamm an ehrenamtlichen Helfern macht es möglich, dass das Veitshöchheimer Repair Café mittlerweile als konstantes halbjährliches Angebot besteht“, lobte Klimaschutzmanager Jan Speth das freiwillige Engagement des Teams. Es habe allen wieder Spaß gemacht, die vielen kaputten Sachen zu reparieren und so zur Reduzierung des Müllbergs beizutragen.
Schon jetzt laufen die Planungen für die 20. Ausgabe, die voraussichtlich im Frühjahr 2026 stattfinden wird. Dann wird wieder geschraubt, genäht, gelötet – und gezeigt, dass Reparieren mehr ist als eine technische Tätigkeit. Es ist ein Stück gelebte Zukunft.
Fotos Dieter Gürz