Norbert Neugirg und seine Altneihauser Krippen-Löschgruppe bereiteten am 3. Adventssonntag mit ihrer satirischen Weihnachtslesung mit Musik den 350 Gästen einen unvergesslichen Abend
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Der Altneihauser Krippenlöschzug v.l.n.r. Kommandant Norbert Neugirg, Gerald Bühring (Tuba), Armin Scharnagl (Trompete), Peter Fuhrmann (Tenorhorn, musikalischer Leiter), Ludwig Schieder (Steirische Harmonika, Gesang), Thomas Kießling (Klarinette, Saxophin, Tinwhistle und Gesang), Michael H. (Laufbursche an den Schellen und Gesang)
Die Altneihauser Feuerwehrkapelln ist mit ihrem scharfzüngigen Kommandanten Norbert Neugirg seit 2006 Kult bei der "Fastnacht in Franken" in den Veitshöchheimer Mainfrankensälen. Wie schon vor fünf Jahren kam nun der Kommandant mit seinem "Krippen-Löschzug" am 3. Adventsssonntag in die Faschingshochburg, wo die 350 Gäste ein ganz und gar aus der Art gefallenes Weihnachtskonzert mit satirischen Texten und swingender Volksmusik, Dixie, heimischen und internationalen Weihnachtsliedern erlebten.
"In diesen Saal uns zu wagen, wo wir mit Pfiffen und Beschwerden im Fernsehen stets empfangen werden, obwohl wir nur die Wahrheit sagen, die die Franken nicht vertragen," bekannte der seit 2000 hauptberuflich als Kabarettist, Schauspieler, Moderator, Kolumnist, Musiker, Autor und Ghostwriter tätige Kommandant. Denn für die Altneihauser ist Weihnachten so etwas wie ein zweiter Fasching, eine Zeit, wo „Gärten, Häuser und Toiletten, alles voller Lichterketten und auf den Toskana-Hütten bunte Rentierschlitten blinken, die vom Dach herab betonen, welche Leuchten unten wohnen.“
"Spritzig, geistreich und nicht unter die Gürtellinie" strapzierte der Altneihauser Kommandant, im Gegensatz zum Fasching im flotten Dress, gewaschen und ohne schadhafte Zahnreihen, mit einigen seiner Mitstreiter die Lachmuskeln des total begeisterten Publikums am laufenden Band. Hatten 2019 noch Bürgermeister Jürgen Götz und FVF-Präsident Marco Anderlik zur WEIHNACHTSLESUNG und KONZERT mit der Altneihauser Feierwehrkapell'n zu einer gemeindlichen Veranstaltung eingeladen, so organisierte nun die Veranstaltungsservice Bamberg GmbH das Event, das heuer nach Meiningen am Tag davor nochmals am 21. Dezember in Litzendorf über die Bühne geht.
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"The little Drummerboy" (Das kleine Jesuskind) ließen die fünf Musiker gleich zu Beginn instrumental erklingen, um zu verdeutlichen, dass ein Schwerpunkt des Abends ohne jeglichen Weihnachtsschmuck im Saal der Jahreszeit angemessen der Besinnung gilt.
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In der Folge bliesen, lasen, reimten und sangen die Altneihauser den Veitshöchheimern und allen die nicht aus ihrer dunklen Oberpfalz kommen, kräftig die Leviten. In seiner unnachahmlichen Art und Weise stellte Norbert Norgirg weihnachtliche Traditionen auf die Probe und sorgte für einen unterhaltsamen und zugleich kritischen Blick auf die Festtage. Neugirg und sein Krippen-Löschzug wagte es, an Sado-Maso grenzend, der Deutschen heiligstes Fest zwischen Kaufwahnsinn, Lebkuchen-Orgien und Oh-Tannenbaum-Romantik aufzuspießen.
Das Publikum begrüßte er: "Jauchzt und geht aus Euch heraus, und geizet nicht mit dem Applaus, und bricht im Haus ein Feuer aus, dann lasset uns zuerst hinaus; wir blasen dann fürn Rest im Saal von draußen rein das Fluchtsignal."
Wie könnte es anders sein, nahm Neugirg in seinem Prolog den Veranstaltungsort ins Visier. Hier ein Auszug:
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"Veitshöchheim, ein Silvaner-Weiler und bewohnter Fahrbahnteiiler, in dem ein neuer Mainsteg kündet, dass Frost im Winter Wasserlachen bindet und der Fußweg der hinüberführt, bei Glatteis unpassierbar wird. Der Bürgermeister hat uns anvertraut, dass nun Frostverstärker eingebaut, die im August noch dafür garantieren, dass keine Leut den Steg passieren und Veitshöchheim somit von dem Mist aus Margetshöchheim sicher ist. Veitshöchheim, ach du liebe Zeit, das Mekka der Beschaulichkeit, sprich: außerhalb der Fasenacht wird hier so gut wie nie gelacht. Ohne Fastnacht sind die Gassen in Veitshöchheim nachts verlassen, sprich: sind die Narren wieder fort, ist die Luft aus diesem Ort. Und fährt man in den Ort hinein, (da erklang die Melodie "Spiel mir das Lied vom Tod" von Ennio Morricone, laut Neugirg die "Hymne der SPD").
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Thomas Kießling glänzte zwischen den Textpassagen solistisch nicht nur mit exzellentem Klarinetten- und Saxophonspiel, sondern auch mit gewagten Improvisationen, so auch mit schrillen Tönen auf der Pfeife nach dem Motto "Fürchtet Euch nicht!"
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Genauso misstönig ließen Armin Scharnagl und Peter Fuhrmann am Blasklavier (Melodica) ein Weihnachtslied erklingen.
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Die Truppe verpasste traditionellen Weihnachtsliedern immer wieder satirische Texte, wie "Kling Glöckchen, klinge linge ling, (läuft der Rotz herunter, geht im Glückwein unter, ist nicht zu entdecken und nicht mehr zu schmecken)", schmetterten angeheitert "Rudolph, the Red-Nosed Reindeer"
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Und auch der Chef glossierte gesanglich eine Vielzahl von Weihnachtsliedern:
"Fröhliche Weihnacht überall, (die Kinder kaufen Wodka bei Aral ....)."
"Macht hoch die Tür, die Tor macht weit (der Vater ist mal wieder breit, was wird denn mit dem Vater sein, warum speit er zur Tür herein, der Vater jobt bei Amazon, und da wird ihm so schlecht davon, das verträgt man bloß im Suff)."
"Morgen Kinder wird was geben (morgen kommt das Kindergeld, da wird Vater einen heben, bis er aus dem Wirtshaus fällt ....)
"Ihr Kinderlein kommet" (die Kinder in Deutschland, die sind fett und drall....)
"Morgen kommt der Weihnachtsmann, kommt mit seinen Wagen" (und kommt er mit der Deutschen Bahn, dann erst in 14 Tagen)".
Durch den Kakao zogen die Musiker so auch "Es ist ein Ros(s) entsprungen, (im Schlachthof Bukarest, dem Gaul samt Herz und Lungen hat man zu Hack gepresst, er kam als Rindfleisch-Brat und wurde zu Lasagne verzaubert über Nacht")
"Heidschi bum beidschi (Kriegskinder, geb Obacht, dann lebt ihr gesunder, für euch werden Bomben wie Spielzeug gebaut, die es euch dann um eure Ohrwascheln haut)".
"Vom Himmel hoch, da komm ich her, (trotz Weltraumschrott und Flugverkehr, durch ein Löchlein im Ozon)".
Schließlich erklang "Stille Nacht, Heilige Nacht (wer wird um seinen Kopf gebracht, Menschheit mach die Augen zu, ja die himmlische Ruh, Gänsehaut, die ist zu Weihnachten üblich, besser als eine Hornhaut auf der Seele, oder auf der Gans, kalte Füße, dagegen helfen selbst gestrickte Wollsocken, die kamen früher von meiner Schwiegermutter, frohes Fest!)".
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Michael H. hatte seinen großen umjubelten Auftritt als Solo-Sänger mit den Weihnachts-Hits "Merry Christmas" und "White Christmas".
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Neugirg sprach von beängstigenden Anstieg von adventösen Glühweinaufläufen nach Einsetzen der ersten Oktobernebel, von manischer Budenhysterie, Überflutung des Abendlandes mit Weihnachtsmärkten, Weihnachts-Malaria, Christkindl-Mobilmachung, Umsatzgier, Amazon-Shopping und spätestens wenn man vom Gasgemisch des Budenzaubers die Nase voll hat, wisse man warum die Heilige Familie geflohen ist.
Neugirg entgleiste ins Duftbett seines Weihnachtsmarkttraumas: „In die Jahre gekommenes Frittierfett, Glühweinfahnen, rußende Kartoffelsuppen, in den letzten Zügen liegende Bratwürste, keimtötende Räucherstäbchen und Menschengemachte Anreicherungen der Atmosphäre als Folge von verzehrtem Sauerkraut melden dem Gehirn über den Geruchsnerv, dass es Weihnachten und Zeit für die Erlösung wird.“
Der Kommandant schildert Nikolaus-Geschichten aus seiner Kindheit, mokiert sich mit flotten Sprüchen über das Fernsehprogramm an Weihnachten wie "Ist dir schlecht und zum Speien übel, dann schalt zu Carmen Nebel und kommt der Florian Silberzwiebel, dann brauch ich einen zweiten Kübel!"
Er schildert das Versinken im Schneechaos und stellt fest: "Der Winter kommt nicht mehr. Er bricht aus. Er ist eine Krankheit geworden. Nehmen Sie sich in Acht."
Immens waren die von ihm verlesenen absurden Verhaltensmaßregeln, um eine besinnliche betriebliche Weihnachtsfeier sicherzustellen.
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Mit einem flotten, höchst virtuos gespielten Ländler verabschieden die Musiker das Publikum in die Pause, nach einem ersten Teil, in denen die Komiker die Vorstellungen einer heilen Christbaumwelt zu Hackschnitzel gemacht hatten.
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Die Musiker brillierten auch nach der Pause unter der Leitung von Peter Fuhrmann mit swingender Volksmusik, Dixie und internationalen X-mas-Chartstürmer. Mit dem Lied "Es wird scho gleich dunkel, hei-hei, hei-hei! Schlaf süß, herzliebs Kind!" begann es recht stad, bis dann die Musiker ins Gegensteil umschwenkten und mit "weihnachtlichen Sprengsätzen das unausweichliche tragische Ende dieses sinnlosen Abends" anstrebten. So stimmte die Gruppe auf Privatjets, Milliardären mit Weltraumfähren, denen CO² scheißegal ist, Klimazertifikate, Klimawandel und Ablasshandel ein, um dann anzuklagen: "Ihr Heuchler geht uns längst schon auf den Sack, schleicht euch raus in das Weltall mit Aufprall weit hinter dem Mond."
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Neugirg karikiert im von ihm geschaffenen Zyklus "Weihnachtsdramen".Beim Christbaumkauf muss der Ehemann nach einer Irrfahrt nachtanken, weil die Baumsuche der Ehefrau schon mehr als 13 Stunden dauert, in der Erkenntnis, nächstes Jahr erst abends loszufahren, weil Frauen, wenn die Lichter schwinden, eher Bäume finden.
Es folgte der Tragödie zweiter Teil: "Kraut mit Bratwurst ist der Brauch an Heiligabend". Dies liebt der Vater seit Jahrzehnten nicht. Die missratenen, verbrannten Würste landen am Gartenzaun, wo der Hund der Wurst erlag. Die Erkenntnis: "Wohl dem der diesem Zeug misstraut, beweist uns doch der Tod vom Hund, Bratwürste sind ungesund."
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Passend zur Melodie von Peter Alexanders Schlager "Als Böhmen noch bei Österreich war" mimte Ludwig Schieder den vierten aus Böhmen kommenden "Heiligen König" nach.
Zuvor hatte Schieder auch die Geschichte vom verstorbenen Onkel Schorsch aus Amerika zum Besten gegeben, dessen Asche in einer Blechdose im Weihnachtsgeschenke-Karton der Familie in Deutschland 1946 aus Unkenntnis als Brei beim Weihnachtsessen diente. Dabei wollte er dahoam seine Ruhe finden und die Verwandten sollten ihn beisetzen, so schrieb die Tante Rosn. Schieder: "Und so ham wir, ich werds nie vergessen, an Weihnachten 1946 den Schorsch aufgfressn."
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Rasselklänge und Tubasolo läuten die Geschichts-Tragödie vom "Mettenhauch" ein. Theatralisch führt Neugirg vor Augen, wie sich dann der Christmettenchor nach dem reichlichen fetten Festessen auf dem zum Bersten vollen Chorbalkon zur Lobpreisung des Herrn trifft, gleich was die Verdauung macht. Es zieht aber nicht nur die Klangwolke auf mit Pracht. Den Chorleiter erreicht ein Luftgemisch aus Lachs und Ente, Knoblauch und Hirschfilet, Melissengeist und Sauerkraut und auch das Weihnachtsbier wird wieder munter - da muss der Chorleiter ganz schön nach Luft wringen, sein Taktstock senkt sich, ohne Sauerstoff geht es zu Ende. Das Gloria droht nun abzustürzen, die Christmette sich abzukürzen, sich dann doch das Schicksal wendet, in dem sich kurz vor dem Organversagen das Gedärm des Dirigenten leert und dieser zurück ins Leben findet, Mettenhauch und Bauchweh weggeblasen. Beim Stille Nacht im Kerzenschein, war die Luft dann glockenrein.
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Mit einem wohlklingenden Ländler läuteten die Musiker Neugirgs Lachtränen auslösenden Vortrag ein mit der drastischen Schilderung der diffizilen Zubereitung der Weihnachtsgans durch den vor dem Ofen besoffenen liegenden Schwager Hans, die er dann gerade noch gerettet, an das verwandte Volk verfüttert.
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Mit Jingle Bells klang die satirische Weihnachtslesung der Altneihauser aus. Geplättet durch den stürmischen Applaus gab es dann noch als Zugabe "Feliz Navidad" und das Lied vom Christbaum-Klau: „Morgen geh’n wir Christbaum klau’n in des Staates Forsten. Lässt sich eine Wildsau schau’n, gibt’s ein’s auf die Borsten, Wildschweinbraten, Tannenbaum aus dem Forst gestohlen. So kann man sich jedes Jahr Steuern wieder holen!“
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Nach zweieinhalb vergnüglichen Stunden hieß es dann: "Advent, Advent, die Zeit verraucht, Ihr Eintrittsgeld ist aufgebraucht". Wegen illegalen Aufenthalts wurde das Publikum des Saals verwiesen.
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Die Musiker hatten aber noch lange nicht genug und gaben auch im Foyer noch Kostproben ihres Könnens.
Fotos Dieter Gürz