Obstbaumschnittkurs der Veitshöchheimer Eigenheimer mit der Kreisfachberaterin Jessica Tokarek stieß auf reges Interesse
Obstbaumschnitt fällt nicht unter das Naturschutz-Verbot
Nach längerer Zeit hatte am Samstagvormittag der Eigenheimerbund Veitshöchheim wieder einen Baumschnittkurs organisiert. Bei milden Temperaturen begrüßte der erste Vorsitzende Steffen Lutz im G...
Link auf Mainpost-Online vom 11.3.3024
Nach längerer Zeit hatte am Samstagvormittag der Eigenheimerbund Veitshöchheim e.V. wieder einen Baumschnittkurs organisiert. Bei milden Temperaturen begrüßte der erste Vorsitzende Steffen Lutz im Garten des Mitglieds Waltraut Appelt-Iversen in der Wolfstalstraße 28 Interessierte. Die hier von ihrem Vater Willy Apelt vor über 60 Jahre gepflanzten Obstbäume hatten einen Schnitt bitter nötig.
Mit der studierten Gartenbau-Ingenieurin Jessica Tokarek, seit März 2019 Kreisfachberaterin für Gartenkultur und Landespflege beim Landratsamt Würzburg und zugleich Geschäftsführerin des Kreisverbands für Gartenbau und Landespflege Würzburg konnte Lutz eine sehr kompetente Fachkraft willkommen heißen, nachdem aus den Reihen der Eigenheimer ihr "Baumpabst" Ernst Wolfert aus Altersgründen keine Schnittkurse mehr durchführen kann.
Gleich zu Beginn ging die und in Leinach praktizierende Obstbauerin auf den Mainpost-Bericht vom 17. Februar 2024 (siehe nachstehender Link) ein, nachdem auch bei ihr ständig das Telefon geklingelt habe. Die Kreisfachberaterin stellte klar, dass das in dem Bericht vom Umweltamt am Landratsamt Würzburg erwähnte Verbot von starken Gehölzschnitten in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September nicht für den Obstbaumschnitt im Garten gelte. Auch dürfe man beispielsweise einen mit Feuerbrand befallenen Obstbaum zur Gesunderhaltung anderer Bäume roden. Stören dürfe man aber nicht von Vögeln besetzte Nester in Baumkronen.
Der richtige Obstbaumschnitt gehöre zu Form- und Pflegemaßnahmen, die nicht unter das Bundesnaturschutzgesetz fallen würden. Mitte bis Ende März sei der richtige Zeitpunkt für den Schnitt der Obstbäume, so Tokarek. Werde zu früh geschnitten, würden die so entstandenen Wunden schlechter heilen. Kurz vor dem Einsetzen der Wachstumsphase setze die Wundheilung durch den aufsteigenden Saft schneller ein. Das Eindringen von Krankheitserregern und Pilzen in die Obstbäume werde dadurch verhindert. Steinobst wie Kirsche, Zwetschge, Pflaume, Pfirsich und Aprikose könnten aber auch im Sommer unmittelbar nach der Ernte in Form gebracht werden.
Zunächst an einem Kirschbaum-Hochstamm im rückwärtigen Gartenbereich, dann seitlich vom Haus an kleinwüchsigeren Apfel-Spalierbäumen und schließlich noch vorne an der Straße bei einem kleinen Jungbaum stellte sie anschaulich dar, welche Schnittmuster es gibt und was man machen und was man auf keinen Fall tun sollte und ging auch laufend auf die vielen Fragen ein, die während des Schnitts auftauchten.
Link auf Mainpost-Online vom 17.02.2024
Sinnvoll ist es, so Tokarek, den Obstbäumen im Garten regelmäßig jedes Jahr einen Schnitt zu verpassen, damit die Obstbäume nicht aus dem Gleichgewicht kommen. Bei diesem uralten Kirschbaum im Garten von Waltraut Appelt-Iversen erfolgte ein solcher Schnitt schon viele Jahre nicht mehr, so dass nun ein radikaler Rückschnitt erforderlich war, um ihn wieder zu einem starkem Austrieb anzuregen.
An den Ästen des Kirschbaums hing noch viel altes Laub, für die Obstbaumexpertin ein Zeichen, dass der Baum im letzten Jahr einen Monilia-Pilzbefall hatte (Spitzendürre). Das alte Laub müsse deshalb nach Möglichkeit abgestreift werden.
Hier beim uralten Kirschbaum war ein radikaler Rückschnitt vonnöten, um mehr Luft, mehr Licht und dadurch eine bessere Fruchtqualität und Baumgesundheit zu erreichen und auch, dass die Krone nicht überlastig wird, also immer weiter nach außen wächst. Bei Nässe könne so der Baum viel schneller abtrocknen. Durch die geringere Blattnassdauer würde die Gefahr einer Infektion sinken.
In der Folge musste die Baumpflegerin hier viele Zweige und Äste herausnehmen, wie dieses Bild nach über zwei Stunden Rückschnitt offenbart (es fehlt noch die Auslichtung des Astes links). Es sei kein Mythos, so Tokarek, dass gut belichtetes Obst viel besser schmeckt als welches aus dem Schatten. Die Früchte an den Obstbäumen reifen im Sommer besser aus, da sie mehr Sonne bekommen.
Die steil aufragenden Wasserschosse mussten direkt an der Basis geschnitten werden. Sie bilden kein Fruchtholz und es entstehen unerwünschte Nebenkronen, die den Baum dicht machen. Zu entfernen waren so alle Äste, die nach innen in die Krone wuchsen, ebenso sich kreuzende, kranke, scheuernde Triebe und stark verästelte kleine Sprossen.
Zu beachten: Immer direkt an der Ansatzstelle schneiden. Es sollten keine Stummel stehen gelassen werden, denn die führen nicht nur zu verstärktem Austrieb, sondern können auch zu Infektionsherden werden. Deshalb sollen stärkere Äste direkt oberhalb der wulstigen Verdickung am Übergang zum Stamm, dem Astring, entfernt werden. Obstbäume soll man bevorzugt an trockenen Tagen zuschneiden, damit die Schnittstellen gut abtrocknen. Auf das Versorgen der Wunden an den Obstbäumen mit Baumwachs oder einem Lehmanstrich sei dann auch an dicken Astringen, sie hier oben zu sehen, entbehrlich.
Was man nicht tun sollte, ist Triebe, die als störend empfunden wurden, willkürlich einzukürzen, weil dann wie hier zu sehen, am Abschnitt schlafende Augen kerzengerade nach oben austreiben.
Gekürzt werden hängende Fruchttriebe in der Regel an der Verzweigung zu einem jüngeren Ast, der bevorzugt aufrechter nach außen wächst. Das nennt man ableiten. Triebe seien direkt über der Stelle zu schneiden, die nach außen zeigt. Wenn die Äste wie hier zuvor aufeinanderlagen, sei es wie bei aufeinanderliegenden nassen Wäschestücken, die so nie richtig abtrocknen.
Man sieht an diesen Fotos, dass die Kreisfachberaterin sehr geübt und völlig schwindelfrei beim Klettern durch die Baumkronen ist.
In Form brachte die Kreisfachberaterin auch diesen 1958 gepflanzten Apfel-Spalierbaum.
Die interessierte Zuhörerschaft kann nun im eigenen Garten die erworbenen Kenntnisse umsetzen und so zu einer guten Ernte beitragen.
Fotos Dieter Gürz