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Was ist die richtige Heizung für die Vitusschule? - Für den Veitshöchheimer Gemeinderat ein schwieriges Unterfangen

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Große Ratlosigkeit verursachte die Auswahl des Wärmeversorgungssystems am letzten  Dienstag in der Veitshöchheimer Gemeinderatssitzung, als auf der Tagesordnung, wie schon am 12. Juli 2022, die Sanierung der Heizzentrale der 1911 erbauten Vitusschule stand, in der aktuell 92 Grundschüler in den Klassen eins bis vier unterrichtet werden, von denen die Hälfte am Nachmittag den von der AWO betreuten Schulhort besuchen.

Da der 1998 installierte Erdgas-Hauptkessel Ende 2021 ausgefallen war und wirtschaftlich nicht mehr zu reparieren ist, muss  kurzfristig eine vollständige Sanierung der Heizzentrale und des zugehörigen Schornsteins erfolgen. Unter Einbeziehung der bislang seperat versorgten Turnhalle und der Hausmeisterwohnung wurde eine Heizlast für beide Gebäude zusammen von 160 kW ermittelt.

Das mit der Planung vom Gemeinderat am 8. Februar 2022 beauftragte  Ingenieurbüro Burmester aus Würzburg hatte dem Gremium zur Entscheidungsfindung eine Wirtschaftlichkeitsberechnung für vier Varianten unterbreitet, wovon drei mit Gas-Brennwertkessel und eine mit Pellets heizen.

Wegen der zwischenzeitlich aufgetretenen Gasversorgungsproblematik hatte der Gemeinderat dann aber diese Entscheidung in der Sitzung am 22. Juli 2022 aufgrund eines Antrag der Grünen-Fraktion vertagt (siehe vorstehender Link). Wie von den Grünen gewünscht, erstellte das Ingenieurbüro für zwei weitere ausschließlich regenerative Wärmeerzeugungsvarianten, also ohne Erdgas, eine Wirtschaftlichkeitsberechnung, nämlich zum einen für eine Luft-Wasserwärmepumpe und zum anderen für eine Wasser-Wasserwärmepumpe, beide in Kombination mit Elektrostäben als Spitzenlast und perspektiv mit einer Photovoltaik-Anlage auf dem Schuldach.

Beschlossen wurde in der Sitzung mit 13:5 Stimmen, wie bereits in der Juli-Sitzung dargestellt, die Heizanlage als  Gas-Brennwertkessel mit Luft- /Wasser- Wärmepumpe und gegebenenfalls Brauchwasser-Wärmepumpe auszuführen.

Vortrag des Bürgermeisters

Die erste von Burmester neu untersuchte Variante regenerative Luft-Wasserwärmepumpe (LWWP) ist laut Vortrag des Bürgermeisters abhängig von der Außentemperatur, wobei mit einem entsprechenden Leistungsverlust im Winter zu rechnen sei. Die verbleibende Restenergie werde dann ab -5°C über Elektrostäbe kompensiert. Eine reine Deckung der Heizlast nur durch die Luft-Wasserwärmepumpe würde eine starke Überdimensionierung mit wesentlich höheren Investitionskosten zu Folge haben. Die Turnhalle würde eine eigene Luft-Wasserwärmepumpe benötigen,  um größere Erdarbeiten von Schule zu Turnhalle zu vermeiden. Um die LWWP einigermaßen wirtschaftlich nutzen zu können, wäre eine Photovoltaikanlage einschließlich Batteriespeicher auf dem Dach der Vitusschule oder/und dem Dach der Turnhalle vorzusehen. Der im Entwurf ermittelte Eigenanteil bzw. die Autarkiequote einschließlich der zusätzlichen Stromaufnahme durch die Wärmepumpen würde bei 30-36 Prozent liegen. 

Auch die zweiten Variante regenerative Wasser-Wasserwärmepumpen (WWWP) benötigt laut Götz eine PV-Anlage. Auch hier müsste die Trinkwasserversorgung jeweils über Trinkwarmwasser-Wärmepumpen für die Hausmeisterwohnung und die Duschen in der Turnhalle sichergestellt werden. Die für jedes Gebäude zu planenden WWWP müssten aus technischen Gründen von je einem einzelnen Saug- und Schluckbrunnen versorgt werden. Zur minimalen Grundlastnotversorgung würden Elektrostäbe in die Puffer mit vorgesehen.

Bei dieser Variante müsste, so der Bürgermeister, im Voraus ein Pumpversuch einschließlich der dazu notwendigen Bohrung  beauftragt werden, um zu sehen, ob das Ganze auch funktioniert, die Erstellung der Brunnen dem Wasserwirtschaftsamt angezeigt werden.

Bei beiden vorgenannten Varianten müsse die  stark erhöhte elektrische Anschlussleistung auf ihre technische Machbarkeit überprüft werden.

Inwiefern die aktuelle Dachkonstruktion der Vitusschule für die PV Anlage geeignet ist oder ertüchtigt werden müsste, wurde von Johannes Hümmert, Geschäftsführer WSP Ingenieure GmbH & Co. KG überprüft, dessen Büro  2019 eine RÜV-Begehung (RÜV = Richtlinie für die Überwachung der Verkehrssicherheit von baulichen Anlagen) in der Vitusschule und der Vitusturnhalle durchgeführt hat. Laut Hümmert sei das Schuldach aus seiner Sicht in einem mäßig guten Zustand. Vor der Montage einer PV-Anlage müsste das Dach erst entsprechend ertüchtigt werden.

Das Dach der Vitusturnhalle wäre flächenmäßig interessanter. Es sei aber so marode, dass die Turnhalle im Winter bei Schnee gesperrt werden müsse. Es deshalb auch hier zunächst eine (General-) Sanierung erforderlich.

Nach Feststellung der Hochbauabteilung der Gemeinde bestehe natürlich die Möglichkeit, beide vorgenannten Wärmepumpen-Varianten zunächst ohne PV-Anlagen umzusetzen und die PV-Anlagen im Anschluss zu einem späteren Zeitpunkt zu realisieren.

Dies habe aber zur Folge, dass der Stromverbrauch bis zur Installation der PV-Anlage erheblich erhöht sei. Nach Meinung des Bürgermeisters wäre dies bei den derzeitigen Strompreisen en sehr teures Unterfangen (bei beiden Varianten muss laut Wirtschaftlichkeitsberechnung mit einer Stromleistung von bis zu 60.000 kWh im Jahr gerechnet werden).

Wirtschaftlichkeitsberechnung

Die bereits früher untersuchte Variante Pelletkesselkaskade 2 x 80 kW ist nach den Feststellungen von IB Burmester zwar die wirtschaftlichste Lösung,  jedoch seien Aufwand und Betreuung, Wartung und besonders der Platzbedarf in der Zentrale nicht zu vernachlässigen. Bürgermeister Jürgen Götz verwies hierzu weiter auf den Onlinebericht der Mainpost vom selben Tag über die rasante Preisentwicklung. So habe sich in den letzten Monaten der Preis für eine Tonne lose Holzpellets von 300 Euro auf aktuell etwa zwischen 500 und 1000 Euro erhöht mit steigender Tendenz. Genannt werde ein Lieferant mit einem Tagespreis von 780 Euro. Der Landkreis Würzburg habe vergeblich versucht, ein Angebot für eine Jahreslieferung zu erhalten. Bei dieser Variante hätte im Nebenraum des Heizraums ein Pelletslager installiert und aufgrund der beengten Fläche drei Mal im Jahr aufgefüllt werden müssen.

Bei möglicher Nutzung der PV-Anlage ist laut IB Burmester die Variante 1 LWWP (Luft-Wasserwärmepumpen) die unwirtschaftlichste Lösung, während die Variante 2 WWWP (Wasser-Wasserwärmepumpen) die niedrigsten betriebsgebundenen Kosten ausweise.

 

Zum Schluss seines Vortrags sagte der Bürgermeister: "Wir müssen hier eine sehr schwierige Entscheidung treffen, denn es gibt hier keine Königslösung und egal was hier beschließen, es ist ein Kompromiss. Fakt ist , dass wir eine Lösung finden müssen, um die Schule beheizen zu können. Denn wir wollen nicht, dass beim Schulbetrieb unsere Kinder im Winter im Kalten sitzen müssen.

In Betracht gezogen wurden laut Bürgermeister Jürgen Götz als Heizsystem auch ein Latentwärmespeicher (Eisspeicher) sowie die Erdwärmenutzung (Erdwärme-Körbe und -kollektoren, Heat-Pipes, Spiralsonden, Geothermie-Tiefenbohrungen) untersucht. Diese Heizsysteme seien jedoch von vornherein durch die hohe Heizlast der Vitusschule, die benötigten Vor- und Rücklauftemperaturen und dem beengten Platzangebot weder wirtschaftlich noch technisch sinnvoll bei der Vitusschule zu realisieren.

Diskussion

In der Diskussion sprach sich Ratsmitglied Jürgen Arntz (CSU/VM), Inhaber der Firma Arntz-Haustechnik, wegen der Eilbedürftigkeit für die in der Sitzung am 12. Juli 2022 vorgestellte Variante 2 aus der ersten Wirtschaftlichkeitsberechnung aus, bei der die Wärme durch eine bivalente Anlage mit einer strombetriebenen Luft-Wasserwärmepumpe in Kombination mit einem Gas-Brennwertspitzenlastkessel mit 100 kW Leistung erzeugt wird. Nach Installation einer PV-Anlage könne man dan die Gastherme wieder rausnehmen. Für die Trinkwasserversorgung der Schule schlug er die Installation einer Brauchwasser-Wärmepumpe vor (laut Klimaschutzmanager Jan Speth erfolgt diese derzeit dezentral über Durchlauferhitzer). Sofern das Gas ausfallen würde, müsste man mit Strom über die LWWP heizen.

Laut Burmester hat bei dieser bivalent-parallel betriebenen Anlage  die Wärmepumpe einen Anteil von etwa 80 Prozent, der Spitzenlastkessel (Gas) einen Anteil von etwa 20 Prozent. Eine reine Deckung der Heizlast nur durch die Luft-Wasserwärmepumpe würde eine starke Überdimensionierung mit wesentlich höheren Investitionskosten zur Folge haben. Die Luft-Wasserwärmepumpe wird im Außenbereich aufgestellt, ein möglicher Aufstellort müsste unter Berücksichtigung der Schallmissionen noch final gefunden werden. Als Nachteile hatte Burmester den erhöhten Stromverbrauch durch die Wärmepumpe (da derzeit keine Photovoltaik-Anlage auf der Schule oder der Vitusturnhalle vorhanden ist), weiter die Abhängigkeit vom Erdgas (Spitzenlastkessel) und die Schallemissionen aufgeführt.

SPD-Sprecherin Ute Schnapp sagte: "Genau genommen haben wir die Entscheidung zwischen Pest und Cholera. Die zwei nachgereichten Varianten sind zwar schon irgendwie attraktiv, aber in der Schnelle der Zeit nicht durchführbar.." Sie schloss sich deshalb dem Vorschlag von Jürgen Arntz an, dessen Vorschlag noch am ehesten durchzuführen sei.

Arntz verwies noch auf die Möglichkeit, Flüssiggas einzusetzen und später, wenn Erdgas wieder genügend vorhanden sei auf dieses umzustellen. Der Bürgermeister stellte dazu fest, dass bei der Größe der Schule für Flüssiggas großeTanks vonnöten seien, die im hochwassergefährdeten Schulgelände mit hohem Grundwasserstand nur schwierig unterzubringen seien.

Grünen-Sprecherin Christina Feiler bedankte sich, dass in einem zweiten Schritt nochmals neue Lösungen untersucht worden sind. Leider habe es nicht die nachhaltige, gute Lösung gegeben, bei der man sagen könne, so machen wir es. Sie fragte zur Variante Wasser-Wasserwärmpepumpe (WWWP) an, welche Kosten anfallen würden, wenn man die PV-Anlage erst ein oder zwei Jahre später errichtet, was natürlich aufgrund der aktuellen Strompreisproblematik nicht einfach sei. Es seien aber europaweit Tendenzen im Gang, diesen wieder runterzukriegen. Laut Wirtschaftlichkeitsberechnung, so der Bürgermeister, müsste eine PV-Anlage für eine WWWP eine Stromleistung von bis zu 60.000 kWh im Jahr erbringen.

Feiler wollte deshalb wissen, ob es möglich sei, hier Strom angerechnet zu bekommen, den die Gemeinde durch die Errichtung einer PV-Anlage an anderer Stelle erzielen kann. Hierzu sah sich auch der Bürgermeister überfragt. Elmar Knorz (SPD) meinte als Mitarbeiter des Energieversorgers, dass Eigenstrom und Einspeisestrom nicht gegeneinander verrechnet werden können.

Die Variante, die nun der Kollege Arntz vorgeschlagen habe, so der Bürgermeister, gehe ja in die ähnliche Richtung. Denn bis zur Installation einer PV-Anlage auf Schulgebäuden, müsse die Gemeinde statt Strom Gas beziehen.

Stefan Oppmann (UWG) gab die Empfehlung, bei den anstehenden Haushaltsberatungen Gebäude wie Vitusschule und Vitusturnhalle zu benennen, auf denen nun PV-Anlagen errichtetet werden sollen. Da die Gemeinde unter Zeitdruck stehe, etwas innerhalb von zwei Monaten in die Wege zu leiten, sprach auch Oppmann sich für den Arntz-Vorschlag aus und im Anschluss daran PV-Anlagen auf den Schulgebäuden zu forcieren.

Günter Thein (Grüne) schlug vor, nicht die von Arntz vorgeschlagene Luft-WWP, sondern eine Wasser-WWP in Angriff zu nehmen, da diese längerfristig die sinnvollere Lösung sei (laut Burmester ist bei späterer Nutzung der PV-Anlage  Variante LWWP die unwirtschaftlichste Lösung, während die Variante WWWP die niedrigsten betriebsgebundenen Kosten ausweise).

Der Bürgermeister entgegnete, dass dies eben nicht gehe, weil dann eine Bohrung gemacht werden müsse, wo er nicht wisse, wie diese ausgeht und er dann die ganzen Unwägbarkeiten habe und man in acht oder zehn Wochen feststellen müsse, das geht nicht und dann sei man am gleichen Punkt wie jetzt und mitten im Winter.

In der Wirtschaftlichkeitsberechnung führt IB-Burmester dazu aus: "Bei der WWWP-Variante ist im Voraus ein Pumpversuch einschließlich der dazu notwendigen Bohrung durchzuführen, um eine Sicherstellung der benötigten Grundwassermenge zu gewährleisten. Hierzu fallen Kosten von ca. 13.000 € an (in den Investitionskosten enthalten). Des Weiteren ist die Erstellung der Brunnen bei dem zugehörigen Wasserwirtschaftsamt anzuzeigen. Nach aktuellen Kenntnissen ist eine Ausführung wahrscheinlich möglich."

Thein bezweifelt, in diesem Winter den Vorschlag des Kollegen Arntz realisieren zu können. Bürgermeister Götz hatte dazu selbst geäußert: "Auch wenn wir jetzt einen Beschluss fassen, ist die Frage, bis wann sich dieser umsetzen lässt, denn alle Heizungsbauer und Lieferanten sind bis zum Anschlag ausgelastet." Die Gemeinde habe sich auch schon Gedanken um eine Notbeheizung gemacht, auch deren Verfügbarkeit auf dem Markt sehr schwierig sei oder die Gemeinde bestelle sie bereits jetzt und zahle sie über die ganze Heizperiode, für den Fall, dass sie gebraucht werde. 

Gefasste Beschlüsse - Wortlaut Protokoll der Gemeinde:

1. Die Verwaltung wird beauftragt, die Heizzentrale der Vitusschule als Pelletkesselkaskade
auszuführen. Bei den Varianten mit Photovoltaik-Anlage werden weitere Untersuchungen bzw.
ggf. Dachsanierungen erforderlich. Die Hausmeisterwohnung und die Vitusturnhalle werden bei
der Planung berücksichtigt.

Abstimmungsergebnis: Ja 2 - Nein 16 - Anwesend 18 = abgelehnt


2. Die Verwaltung wird beauftragt, die Heizzentrale der Vitusschule als Gas-Brennwertkessel und
Wasser- Wasser- Wärmepumpe auszuführen. Bei den Varianten mit Photovoltaik-Anlage
werden weitere Untersuchungen bzw. ggf. Dachsanierungen erforderlich. Die
Hausmeisterwohnung und die Vitusturnhalle werden bei der Planung berücksichtigt.

Abstimmungsergebnis: Ja 1 - Nein 17 - Anwesend 18 = abgelehnt


3. Die Verwaltung wird beauftragt, die Heizzentrale der Vitusschule als Gas-Brennwertkessel mit
Luft- /Wasser- Wärmepumpe und gegebenenfalls Brauchwasser-
Wärmepumpe auszuführen.
Bei den Varianten mit Photovoltaik-Anlage werden weitere Untersuchungen bzw. ggf.
Dachsanierungen erforderlich. Die Hausmeisterwohnung und die Vitusturnhalle werden bei der
Planung berücksichtigt.

Abstimmungsergebnis: Ja 13 - Nein 5 - Anwesend 18 = beschlosssen

(Hinweis: Satz 2 des Beschlusses ist  unverständlich, da ja keine Variante mit Photovoltaik-Anlage beschlossen wurde).
 

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