Gemeinderat vertagt Entscheidung über Sanierung der Heizungsanlage der Vitusschule aufgrund eines Grünenantrags auf die Ferienausschuss-Sitzung
Die Sanierung der Heizzentrale im Keller Vitusschule stand auf Tagesordnung des Gemeinderates am Dienstag in den Mainfrankensälen. Da der Erdgas-Hauptkessel Ende 2021 ausgefallen war und wirtschaftlich nicht mehr zu reparieren ist, soll nun kurzfristig eine vollständige Sanierung der Heizzentrale und des zugehörigen Schornsteins erfolgen unter Einbeziehung der bislang seperat versorgten Turnhalle und der Hausmeisterwohnung.
Das mit der Planung vom Gemeinderat am 8. Februar 2022 beauftragte Ingenieurbüro Burmester aus Würzburg hatte dem Gremium eine Wirtschaftlichkeitsberechnung für vier Varianten zur Entscheidungsfindung unterbreitet, wovon drei mit Gas und eine mit Pellets heizen. Die zwischenzeitlich aufgetretenen Gasversorgungsproblem veranlasste die Grünen-Fraktion, nachdem sie die Sitzungsunterlagen erst am Freitag erhielten, einen Eilantrag auf Vertagung zu stellen mit dem Wunsch, in die Wirtschaftichkeitsberechnung als fünfte Variante eine Wasser-Wasser-Wärmepumpe, perspektiv mit Photovoltaik-Anlage einzubeziehen. Die Entscheidung wurde nach der Sachverhaltsdarstellung des Bürgermeisters ohne weitere Wortmeldungen einstimmig auf die Ferienausschuss-Sitzung vertagt.
Nachstehend zur Information der vom Bürgermeister dargestellte Sachverhalt
Die 1911 erbaute Vitusschule dient der Gemeinde als Grundschule mit insgesamt vier Klassen. Sie enthält neben den Schulräumen noch einen Hort, eine Hausmeisterwohnung im Kellergeschoss und Räume von Musikschule und Vereinen im Dachgeschoss.
Die Turnhalle der Vitusschule wurde etwa im Jahr 1960 errichtet. Sie besteht aus einer Kleinsporthalle mit Abstellraum und Sanitärräumen.
Die Technik Zentrale/Heizraum befindet sich im UG der Schule mit ca. 66m2 Grundfläche. Der große Heizkessel der Vitusschule - Baujahr 1998 (im Bild oben links) ist ausgefallen), der kleinere ist der Spitzenlastkessel Baujahr 1999. Die Trinkwassererwärmung erfolgt in der Schule dagegen dezentral.
Die Hausmeisterwohnung im Kellergeschoss wird derzeit über eine Gastherme (Baujahr 2001) separat versorgt - Foto links.
Auch die Vitusturnhalle wird derzeit dezentral über eine Gastherme (Baujahr 2007) und zwei Durchlauferhitzer mit Wärme versorgt.
Wirtschaftlichkeitsberechnung für verschiedene Wärmeversorgungsanlagen (Varianten)
Als Entscheidungsgrundlage hat das Ingenieurbüro Burmester eine Wirtschaftlichkeitsberechnung nach VDI 2067 (Annuitätenmethode) für verschiedene Wärmversorgungsanlagen durchgeführt. Die Einbindung der Hausmeisterwohnung und die angrenzende Vitusturnhalle wurden in dieser Betrachtung mit einbezogen. Die ermittelte Heizlast für beide Gebäude zusammen wurde auf 160 kW angesetzt.
Alle vier betrachteten Anlagenvarianten beziehen sich auf die gleichen Wärmeübergabesysteme und gleichen Systemtemperaturen. Bei allen Varianten sind folgende Umbau und Einbindungsmaßnahmen gleich und in den Kosten inkludiert:
1. Die Hausmeisterwohnung wird neu über eine Wohnungsstation versorgt und die bestehende Therme demontiert.
2. Die Turnhalle wird über Nahwärmeleitungen an die neue Zentrale Technikzentrale eingebunden. Hierfür müssen die Gedämmte Nahwärmleitung in ein Graben zwischen den Häusern verlegt werden.
Die bestehenden Kessel werden entsprechend demontiert. Im neuen Technikraum wird eine Übergabestation für die Lufterhitzer und zusätzlich eine Frischwasserstation für die dortigen Warmwasseranlagen montier
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Variante 1: Gas-Brennwertkessel 150 kW mit BHKW
Bei dieser Variante wird die Wärme durch eine bivalente Anlage von einem Gas-Brennwertkessel mit 150 kW und einem BHKW mit 9 kW elektrischer und 20 kW thermischer Leistung versorgt.
Durch die Berechnung der Jahresdauerlinie für diese Anlage ergeben sich ca. 5.320 Vollbenutzungsstunden des BHKW sowie ca. 671 Vollbenutzungsstunden für den Gas-Brennwert-Spitzenlastkessel. Die überschüssige Stromproduktion wird ins öffentliche Netz eingespeist und vergütet. Die damit verbundenen Erlöse sowie die Erdgassteuerrückerstattung des BHKW Gas-verbrauchs wurden in der Wirtschaftlichkeitsberechnung berücksichtigt.
(+) Vorteile: CO2-arme Produktion von Wärme und Strom (Eigenstromerzeugung!), KWK-Zuschlag, ggf. Erdgassteuerrückerstattung, Ausfallsicherheit: Immer ein Heizsystem als Rückfallebene
(-) Nachteile: Abhängigkeit vom Erdgas, sehr hohe betriebsgebundene Kosten (Wartung, Instandhaltung, Betriebsmittel), erfahrungsgemäß hoher Ölverbrauch des BHKW, laut IB Burmester die unwirtschaftlichste Lösung
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Variante 2: Gas-Brennwertkessel 100 kW mit Luft/Wasserwärmepumpe
Bei dieser Variante wird die Wärme durch eine bivalente Anlage mit einer strombetriebenen Luft/Wasserwärmepumpe und einem Gas-Brennwertspitzenlastkessel mit 100 kW Leistung erzeugt.
Bei den bivalent-parallel betriebenen Anlagen hat die Wärmepumpe einen Anteil von etwa 80%, der Spitzenlastkessel (Gas) einen Anteil von etwa 20%. Eine reine Deckung der Heizlast nur durch die Luft/Wasserwärmepumpe würde eine starke Überdimensionierung mit wesentlich höheren Investitionskosten zu Folge haben. Die Luft/Wasserwärmepumpe wird im Außenbereich aufgestellt, ein möglicher Aufstellort müsste unter Berücksichtigung der Schallmissionen noch final gefunden werden (ggf. z.B. Vordach der Turnhalle?).
(+) Vorteile: Umwelt- bzw. ressourcenschonende Heizanlage (die unerschöpfliche Energiequelle ist die Umgebungsluft), geringer Wartungsaufwand, Reduktion des Gasverbrauchs, Wärmepumpe kann theoretisch auch zum Kühlen/Temperieren genutzt werden, Ausfallsicherheit: Spitzenlastkessel als Rückfallebene
(-) Nachteile: Erhöhter Stromverbrauch durch die Wärmepumpe (da derzeit keine Photovoltaik-Anlage auf der Schule oder der Vitusturnhalle vorhanden), Abhängigkeit vom Erdgas (Spitzenlastkessel), Schallemissionen
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Variante 3: Pelletkesselkaskade 2 x 80 kW
In dieser Variante wird die Wärme komplett durch einen Pelletkesselkaskade von 2x80 kW erzeugt. Hierzu muss im Nebenraum des Heizraums ein großes Pelletlager installiert werden. Aufgrund der beengten Fläche und dem erhöhten Platzbedarf muss das Lager ca. drei Mal im Jahr aufgefüllt werden. Die Heizzentrale wäre im Umkehrschluss komplett unabhängig vom Erdgas.
(+) Vorteile: Derzeit sehr hohe Versorgungssicherheit (da vollständige Unabhängigkeit vom Erdgas), fast CO2-neutrale Heizanlage, nachwachsender & heimischer Brennstoff, laut IB Burmester sehr wirtschaftliche Lösung aufgrund der niedrigen Gesamtkosten, immer zweiter Kessel als Rückfallebene
(-) Nachteile: Pelletlager muss etwa drei Mal im Jahr aufgefüllt werden, erhöhter Platzbedarf in der Heizzentrale, erhöhter Wartungsaufwand
Bürgermeister Jürgen Götz wies in der Sitzung darauf hin, dass der Kreistag beschlossen hat, bei der Sanierung der Rupert-Egenberger-Schule in Höchberg nach Prüfung mehrerer Varianten den Einbau einer Pelletheizung beschlossen hat.
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Variante 4: Gas-Brennwertkessel 2 x 80 kW (Referenz-Anlage)
In dieser Variante wird die Wärme komplett durch zwei wandhängenden Gas-Brennwertkessel von je 80 kW erzeugt und dient lediglich als Referenz, da hier keine regenerativen Energien verwendet werden und so nicht die vom Gebäude-Energie-Gesetz (GEG) gesetzlich geforderte Vorbildfunktion der öffentlichen Hand darstellen würde.
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Ergebnisdarstellung und Empfehlung durch Büro Burmester
Aus der Tabelle geht hervor, dass die unwirtschaftlichste Lösung über den betrachteten Zeitraum von 20 Jahren die Variante 1 mit BHKW ist, da bei dieser besonders die höchsten Betriebsgebundenen Kosten am höchsten sind. Zwar weist die wirtschaftlichste Lösung mit der Variante 2 LWP mit GBW 100KW die niedrigsten Gesamtkosten, jedoch ist hier der Aufstellort der Außenwärmepumpe noch im Detail festzulegen und auf eventuelle Schallemissionen zu achten, sowie die dann entsprechende Einführung der Leitung vom Außengerät in den Heizraum zu berücksichtigen. Bei Variante 3 ist Aufwand und Betreuung, Wartung und besonders des Platzbedarfes in der Zentrale nicht zu vernachlässigen. Variante 4 dient allein als Referenz.
Da die jährlichen Gesamtkosten zwischen Variante 2 und 3 sich nur marginal unterscheiden, sind beide Varianten zu empfehlen. Eine Unabhängigkeit von dem fossilen Energieträger Gas kann nur mit Variante 3 erfolgen.
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Eilantrag der Grünen-Fraktion
Da bei drei von vier Varianten eine Gasheizung einbezogen ist, sollte nach Auffassung der Grünen das Heizen mit Gas in der aktuellen Situation keine Lösung mehr sein. Somit besteht die Variante 3 mit Pelletsheizung als einzige echte Möglichkeit für eine Heizzentrale. Zur Variante Holzpelletsheizung sind die Grünen der Meinung: "Die steigenden Preise gehen auch an Holzpellets nicht vorbei. Holz ist zurzeit auch ein knappes Gut, Holzpellets kommen bereits häufig z.B. aus Kanada und den USA. Durch die Notwendigkeit dreimal im Jahr Holzpellets nachzukaufen sind wir extrem abhängig vom Tagespreis, der im Jahresverlauf beträchtlich schwankt. Außerdem sind Holzpelletheizungen nur bedingt nachhaltig und nicht klimaneutral."
Die Grünen schlagen deshalb eine Wasser – Wasser – Wärmepumpe vor:
"Bei dieser Art von Wärmepumpe wird durch zwei Bohrungen ins Grundwasser die gleichbleibende Grundwassertemperatur verwendet, der Nachteil von im Winter sinkender Effizienz von Luft-Wasser- Wärmepumpen entfällt. Das Grundwasser ist im Altort bereits kurz unter der Erdoberfläche. Wasser-Wasser-Wärmepumpen sind effizienter als Luft-Wasser-Wärmepumpen und sparen dadurch Strom. Als weiteren Vorteil für Wasser-Wasser-Wärmepumpen ist zu sehen, dass die eventuelle Problematik mit Schallemissionen bei Luft-Wasser-Wärmepumpen hier nicht auftritt. Ein weiterer Vorteil einer Wärmepumpe ist, dass damit auch gekühlt werden kann, dies scheint in Zeiten des Klimawandels und damit steigender Temperaturen ein wichtiger Zusatznutzen."
Wie dazu der Bürgermeister erläuterte, habe das Büro Burmester mitgeteilt, dass diese Variante nur bedingt geeignet sei, da in der Vitusschule aufgrund der Wandheizkörper und der fehlenden Wärmedammung an den Außenwänden ein Hochtemperaturheizungssystem erforderlich ist. Das Büro habe aber angeboten, diese Variante in die Wirtschaftlichkeitsberechnung mit einzubeziehen. Eine geologische Vorauskunft im Umweltatlas Bayern habe ergeben, dass eine Erdwärmesonde im Bereich Vitusschule nicht möglich, aber eine Grundwasserwärmepumpe theoretisch denkbar sei, was jedoch noch von der Unteren Wasserschutzbehörde zu überprüfen sei. Das dazu notwendige Wasserrechtsverfahren würde natürlich eine gewisse Zeit benötigen.
PV-Anlage
Unter der gegebenen Notwendigkeit schnell von fossilen Brennstoffen wegzukommen, müsse nach Meinung der Grünen diese Variante ernsthaft geprüft werden.
Dazu erklärte Bürgermeister Jürgen Götz, dass vor einer Installation von Photovoltaik auf den Dächern von Schule und Turnhalle der Dachstuhl wegen statischer Probleme erst erneuert werden müsse.
Ohne weitere Wortmeldungen beschloss dann das Gremium einstimmig die Vertagung auf den Ferienausschuss.
Fotos Dieter Gürz (Gebäude) und Jan Speth (Technik)