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100 Jahre NaturFreundehaus in Veitshöchheim – Festakt zur Grundsteinlegung in Kooperation mit der Initiative der IG Metall: RESPEKT! KEIN PLATZ FÜR RASSISMUS

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Auf den Tag genau 100 Jahre nach der Grundsteinlegung am 12. September luden die NaturFreunde der Ortsgruppe Würzburg zu einem nichtöffentlichen Festakt knapp 30 Gäste aus der Kommunalpolitik, Vertreter der IG Metall und einen kleinen Kreis an Mitgliedern in ihren Garten vor der ehrwürdigen „Hütte“ ein, begrüßt von NaturFreund Sigi Hofmann.

Die Festrede hielt Gunnar Haeuschkel, 2. Vorsitzender der NaturFreunde Würzburg. Er ging auf die Geschichte des Hauses und des Vereins ein. Nur sieben Jahre nach der Vereinsgründung, betroffen von den Folgen des 1. Weltkriegs, schaffte es die Gründergeneration mit wenig Geld aber größtem persönlichen Einsatz, den Grundstein für das erste NaturFreundehaus in Unterfranken zu legen. Seine Einweihung folgte bereits 10 Monate später vor geschätzten 1500 Menschen – welch eine Leistung!! Heute zählen wir in Deutschland 400 Häuser, weltweit sind es ca. 1000.

Damals wie heute gelten im Wesentlichen die gleichen Ideale: Das Haus ist ein Zentrum für Gedankenaustausch, politische Bildung, Spiel und Spaß, Ausgangspunkt für Ausflüge und Wanderungen, Ort für preiswerte Übernachtung, bei überwiegend ehrenamtlicher Bewirtschaftung.

Als weltweit eine der größten überparteilichen Organisationen mit 500.000 Einzelmitgliedern setzen sich die NaturFreunde ein für Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit, Frieden, Solidarität und Völkerverständigung. So erklärt sich die Vernetzung der Ortsgruppe mit folgenden Partnern: Bündnis für Zivilcourage, Würzburger Friedenspreis, Seebrücke, dem Würzburger Flüchtlingsrat, Würzburg ist bunt, dem Walderlebniszentrum Gramschatz und dem ZweiUferLand e.V.. Was wenige wissen, die NaturFreunde betreuen knapp 200 km Wanderwege im Norden Würzburgs und helfen aktiv mit am Bau des 2000km langen Großen Baikal-Wanderweges. In Kürze eröffnet wird der erste Natura Trail der Ortsgruppe, ein 16 km langer Rundweg zur Höhfeldplatte, ein Beispiel für sanften Tourismus.

Die größte Aufgabe sieht man jedoch im Erhalt und der Modernisierung der beiden Häuser, damit die Gründungsideale weitergelebt werden können.

Die Geschichte des Hauses – es war von den Nazis bis zum Kriegsende dem „Fränkischen Albverein“ übergeben worden – fordert die NaturFreunde mehr denn je dazu auf, sich für die Ideale eines friedliebenden Europas und gegen Faschismus, Diskriminierung und Rassismus einzusetzen. Deshalb schloss man sich der Initiative der IG Metall „Respekt! Kein Platz für Rassismus“ an. NaturFreunde bekennen sich für eine offene und vielfältige Gesellschaft.

Mit dem Fragment / Gedicht unseres Ehrenmitglieds und Träger des Bundesverdienstkreuzes Helmut Försch beendete der 2. Vorsitzende seine Rede. Es beschreibt die Umstände, unter denen die Gründungsmitglieder dieses Haus, „ihre Hütte“, bauten.

Genauer Wortlaut der Festrede am Ende

Zweiter Festredner war Norbert Zirnsak, 2. Bevollmächtigter der IG Metall Würzburg. Mit der von ihnen gestarteten Initiative wolle man Menschen, Organisationen und Unternehmen vereinen, die sich gegen Hass und Rassismus bekennen. Mit der Anbringung eines Respekt-Schildes wolle man gemeinsam ein Zeichen setzen, dass hier an diesem Ort kein Platz ist für Ausgrenzung und Hetze.

NaturFreunde und IG Metall haben gemeinsame Wurzeln in der Arbeiterbewegung, sie sprechen sich aus für ein solidarisches Handeln. Auch bei der IG Metall Würzburg spielt Herkunft keine Rolle, so sind mehrere Hundert Mitglieder mit Migrationshintergrund organisiert und ebenfalls mit aktiv in der Arbeit um die gleiche Sache: gute Arbeit, gerechte Löhne Mitbestimmung und Solidarität. An dieser Stelle stellte er klar, dass die Demagogen der AfD im Gegensatz dazu, anders als von ihnen behauptet, für die weitere Umverteilung von unten nach oben stehen.

Am Ende seiner Rede sprach Zirnsak die besten Wünsche zum Jubiläum der Grundsteinlegung aus. Als Geschenk und Zeichen der Verbundenheit übergab er den NaturFreunden schon vor Wochen das gusseiserne Respekt-Schild aus der Kitzinger Frankenguss-Gießerei. Es entstand in der Ausbildungswerkstatt des Unternehmens.

Es möge ein Symbol sein, vor Kräften zu schützen, die einer faschistischen Ideologie hinterherlaufen und das friedliche Zusammenleben vergiften. Er erinnerte an das gemeinsame Schicksal beider Institutionen, die Gewerkschaft verlor 1933 ihr Haus in der Augustinerstraße so wie die NaturFreunde ihrem Haus fernbleiben mussten.

v.l.n.r. Gunnar Heuschkel, Sigi Hofmann und Norbert Zirnsak

Aus dem Kreis der Gäste trat Helmut Försch, Ehrenmitglied der NaturFreunde Würzburg, ans Rednerpult. Mit 92 Jahren stellt er einen „Fast-Zeitzeugen“ für die Geschichte des Vereins dar. An die Jahre vor und während der Nazizeit erinnert er sich, dass „wir als Kinder uns bis an den „Kalten Brunnen“ zum Spielen wagten.

Nach dem Bombardement lebte er mit fast 50 Menschen bis 1948 zusammen in der heutigen Gaststube unter für uns nicht vorstellbaren Bedingungen, aber nicht unglücklich! Unter den jungen NaturFreunden entwickelte er mit vielen Gleichgesinnten Aktionen zu den Themen Umweltschutz, Ostermärsche, aber auch Wanderungen bis in die Alpen hinein wurden vorbereitet.

Es gab auch kaum ein Amt, das er nicht bei den NaturFreunden versah. Fazit: „Mein Leben galt immer den NaturFreunden“ und er bleibt der NaturFreunde-Bewegung für immer verbunden.

Stellvertretend für den verhinderten 1. Bürgermeister Jürgen Götz überbrachte 2. Bürgermeister Elmar Knorz die besten Glückwünsche zum Jubiläum. Die gesellschaftliche Position und Bedeutung dieses wichtigen Vereins an diesem historischen Ort verpflichte die Gemeinde zu weiterer Unterstützung.

Die stellvertretende Landrätin Karen Heußner zählte ebenfalls zu den Gratulanten wie die Vertreter aller vier Fraktionen im Veitshöchheimer Gemeinderat.

Aus diesem Kreis ergriff Christina Feiler das Wort, u.a. sprach sie den Verantwortlichen des Vereins Mut zu, sich weiterhin für die hohen Ziele der NaturFreunde einzusetzen und für den Erhalt des Hauses alle Kräfte zu bündeln auch wenn die aktuellen Zeiten es nicht einfacher machen. Mit den ermunternden Worten von Altbürgermeister Rainer Kinzkofer, selbst schon über 50 Jahre Mitglied, bewegte sich die Gesellschaft ans Haus, um das Schild „Respekt! Kein Platz für Rassismus“ zu enthüllen.

Aus diesem Kreis ergriff Christina Feiler das Wort, u.a. sprach sie den Verantwortlichen des Vereins Mut zu, sich weiterhin für die hohen Ziele der NaturFreunde einzusetzen und für den Erhalt des Hauses alle Kräfte zu bündeln auch wenn die aktuellen Zeiten es nicht einfacher machen. Mit den ermunternden Worten von Altbürgermeister Rainer Kinzkofer, selbst schon über 50 Jahre Mitglied, bewegte sich die Gesellschaft ans Haus, um das Schild „Respekt! Kein Platz für Rassismus“ zu enthüllen.

Mit den ermunternden Worten von Altbürgermeister Rainer Kinzkofer, selbst schon über 50 Jahre Mitglied, bewegte sich die Gesellschaft ans Haus, um das Schild „Respekt! Kein Platz für Rassismus“ zu enthüllen.

Für die musikalische Umrahmung sorgten die Profimusiker ( in Notzeiten ) José Sanchez, Violine, und sein Kollege auf der Gitarre.

Vom Verein ZweiUferLand Tourismus e. V. gratulieren Vereinsvorsitzender Elmar Knorz (links) und Geschäftsstellenleiterin Jil Kathrin Abfalter zum Jubiläum mit dem Vereinsbocksbeutel.

Auch für Speis und Trank war gesorgt.

 

 

 Bericht von Sigi Hofmann

Alle Fotos Patty Varasano

Wortlaut der Festrede von Gunnar Haeuschkel zum 100jährigen Jubiläum der Grundsteinlegung des NaturFreunde-Hauses „Am Kalten Brunnen“ Veitshöchheim verbunden mit der Teilnahme an der Initiative „Respekt! Kein Platz für Rassimus“ am 12. September 2020

Sehr geehrte Anwesende,
heute auf den Tag genau am 12. September 1920, wurde hier an dieser Stelle der Grundstein für das erste NaturFreunde-Haus in Unterfranken gelegt, dem NaturFreunde-Haus „Am Kalten Brunnen“ in Veitshöchheim. Heute, nach 100 Jahren sind es heute bundesweit fast 400, weltweit sind es fast 1000 Hütten und Häuser.

Als die NaturFreunde Ortsgruppe Würzburg am 18.1.1913 im Gasthaus „Zum Ochsen“ auf der Juliuspromenade in Würzburg gegründet wurde, hatte sie keine einfachen Zeiten vor sich. An ein eigenes Haus war vorerst nicht zu denken. Keiner der Mitglieder hatte viel Geld, doch gemeinsam wagten sie sich an diese schier unlösbare Aufgabe. Dass es doch zur Grundsteinlegung und schon 10 Monate später zur Einweihung des Hauses am 5. Juni 1921 kam, war der unermüdlichen Arbeit unzähliger Mitglieder zu verdanken, welche ihr ganzes Herzblut, ihre Freizeit und ihr weniges Geld was sie hatten in dieses große Ansinnen steckten. Allein zur Einweihung feierten hier am Kalten Berg schier unfassbare 1.500 Menschen.

Ein NaturFreunde-Haus ist ein Zentrum für Gedankenaustausch, politische Bildung, Spiel und Spaß, ist ein Treffpunkt für Ausflüge, Wanderungen und Mittelpunkt für vielfältige Festivitäten. Ein Ort für preiswerte Übernachtung mit meist ehrenamtlicher Bewirtschaftung. Aus der Arbeiterbewegung entstanden, setzen sich heute die NaturFreunde ein für Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit, Frieden, Solidarität und Völkerverständigung.

Gedanken und Vorstellungen, die im ureigensten Interesse der Mehrheit aller Menschen sind. Nicht ohne Grund zählen die NaturFreunde mit mehr als 500.000 Einzelmitgliedern zu den größten überparteilichen Organisationen weltweit.

Die NaturFreunde Ortsgruppe Würzburg mit Sitz Veitshöchheim, füllt diese Überzeugungen ebenfalls aktiv mit Leben. So sind wir aktiv vernetzt mit unseren Partnern, wie dem Bündnis für Zivilcourage, dem Komitee Würzburger Friedenspreis, der Seebrücke, der Streuobstgenossenschaft, dem Walderlebniszentrum Gramschatz, Würzburg ist bunt, dem Würzburger Flüchtlingsrat sowie dem ZweiUferLand Tourismus e.V.. Ja, auch Wegewartung ist für uns keine Einbahnstraße – so betreuen wir knapp 200km Wanderwege im Norden von Würzburg und helfen aktiv mit beim Bau des 2000km langen Großen Baikal-Wanderweges in der Russischen Föderation, am Baikalsee. Hier vor Ort gehen wir in den nächsten Wochen auf die an den Edelmannswald angrenzenden Gemeinden zu, um den ersten NaturaTrail der Ortsgruppe ins Leben zu rufen. Ein Unikat und etwas ganz Besonderes für Wanderer und Naturgenießer, ein 16km langer Rundweg zur Höhfeldplatte. Natura Trails sind Wanderwege durch Natura-2000-Gebiete, die für eine sanfte touristische Nutzung besonders geeignet sind.

Engagiert waren die NaturFreunde bereits ab dem ersten Tage ihrer Gründung. Davon zeugen zahlreiche Aktivitäten, umfangreiche Jahresprogramme mit Angeboten für jede Altersgruppe, Feste von und für Familien mit Kindern und vieles mehr – tausende und abertausende Besucherinnen und Besucher fanden sich hier ein. Unzählige Wanderfreunde auf von uns markierten Wanderwegen zeugen ebenfalls von der Lebendigkeit unseres Vereins, wobei dieses NaturFreunde-Haus der Mittelpunkt von allem war und ist. Diesem Haus fühlen wir uns verpflichtet – wir setzen alles daran dieses Haus mit seiner lebendigen Geschichte zu bewahren – mit ihm die Gegenwart zu gestalten und für die Zukunft zu erhalten. Eine von der letzten Gesamtmitgliederversammlung beschlossene Restaurierungsmaßnahme zum Erhalt unserer altehrwürdigen Hütte und der Modernisierung unseres daneben liegenden Gästehauses ist in Planung und zeugt von dem festen Willen die Geschichte zu bewahren und mutig weiterzugehen, allen Unwägbarkeiten zum Trotz.

Unser NaturFreunde-Haus soll ein Ort bleiben, wo jeder willkommen ist. Egal welche Hautfarbe, sexuelle Orientierung oder Weltanschauung es, er oder sie hat. Dies begreifen wir nicht nur als Gründungsideale sondern auch als Lehren aus der Geschichte.

Deswegen können und dürfen wir auch heute nicht ruhig bleiben.
Auch heute können wir uns nicht zur Ruhe legen, um einfach nur an das Gute zu glauben oder zu hoffen, dass alles gut wird.

Die Ideen eines gemeinsamen und friedliebenden Europa passen nicht zusammen mit Ausgrenzung und Abschottung sowie der damit verbundenen Missachtung menschlichen Lebens. Wenn die Idee Europas Bestand haben soll, dürfen an dessen Grenzen keine geflüchteten Menschen qualvoll sterben, sei es in Schlauchbooten oder menschenunwürdigen Lagern, siehe das brennende Lager auf Lesbos. Wer zum Rassismus nur mit dem Finger über den großen Teich zeigt macht es sich zu einfach und verkennt die Tatsachen vor der eigenen Haustür.

Es kann nicht sein, dass in diesem Land faschistische Banden wie z.B. der NSU jahrelang unbekümmert rassistische Morde begehen. Es kann nicht sein, dass von Behörden die mühsam eingesetzten Untersuchungsausschüsse torpediert werden, deren Arbeit konsequent behindert und die Aufklärung von Straftaten unmöglich gemacht wird. Es kann nicht sein, dass Terroranschläge in Deutschland nie aufgeklärt werden, Akten mit Geheimhaltungsfristen von mehr als 100 Jahren belegt werden. Wenn Rechtsstaatlichkeit so verkommt, ebnet es weiteren rassistisch motivierten Aggressionen und Übergriffen die Bahn.

Konsequente Aufklärung und Opferschutz ist angesagt, nicht zaghaft, sondern mit allen Mitteln, welche einer demokratischen Gesellschaft zur Verfügung stehen.

Wir für uns, wir alle die wir hier versammelt sind, sollten dafür sorgen, dass jeder Mensch überall sein kann und nicht nur hier, wo er ohne Diskriminierung sein kann, sein darf, sich wohlfühlt und sein Leben genießen kann. Die Initiative „Respekt! Kein Platz für Rassismus“ spiegelt eben genau dieses unser Ansinnen wider – dafür steht auch die NaturFreunde-Bewegung und wir sind stolz, dies unverkennbar auch an unserer altehrwürdigen Hütte in Kürze mit dem enthüllten Schild „Respekt! Kein Platz für Rassismus“ für alle sichtbar kundzutun. Vielen Dank gebührt hier neben der Initiative insbesondere der IG Metall, welche bereits an zahlreichen Orten dafür gesorgt hat, dass Menschen sich daran erinnern, was das Wichtigste für ein friedliches Zusammenleben auf diesem, unserem einen Planeten ist.

Respekt und Toleranz – für eine offene und vielfältige Gesellschaft!

Zum Abschluß meiner Rede möchte ich ein Fragment eines Gedichts von unserem Ehrenmitglied und Träger des Bundesverdienstkreuzes Helmut Försch vortragen:
 

Einhundert Jahre besteht der Verein, begründet mit Hoffnung und Leben,

und vieles packte man damals hinein, Ideale, Statuten – bei Kerzenschein

geschrieben –, um alles zu geben.
 

Schnell ging`s bergauf und es kamen viel – sie hofften Befreiung zu finden,

ein würdiges Leben, das war das Ziel, nicht Arbeit und Mühe und Opfer zu viel

sich in Freiheit zu finden.
 

Dann kam der große Sensenmann im Auftrag von Kaiser und König an.

Er wütete in ihren Reihen.

Und als der Tod seine Arbeit getan, ganz zaghaft wieder das Leben begann,

um sich dem Fortschritt zu weihen.

 

Noch nie hatte einer ein Eigentum, das schafften nur die Reichen.

Jetzt drehten sie mal den Spieß herum und jeder half bei dem großen Tun,

die verschlungenen Hände als Zeichen.

 

So entstand dort draußen am Edelmannswald, das gemeinsame Werk ihrer Hände.

Sie waren stolz als die Arbeit getan und ein jeder sah`s als sein Eigentum an.

Das hatten die Habenichtse getan.

Und sie glaubten, dass die Zeit sich nun wende.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Gunnar Haeuschkel
2. Vorsitzender
NaturFreunde Ortsgruppe Würzburg, Sitz Veitshöchheim

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