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WATU Würzburg protestierte gegen Tiere als Entertainer beim Gastspiel des Moskauer Zircus in Veitshöchheim

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Raubtiernummern im Zirkus sind landauf landab bei Tierschützern verpönt. So rief auch das Gastspiel des Moskauer Zirkus in Veitshöchheim die Gruppe Würzburg Aktiv für Tierrechte und Umweltschutz, kurz WATU auf den Plan. Diese neun Aktivisten der Gruppe (später kamen noch drei dazu) demonstrierten friedlich vor dem Zirkuszelt vor der zweiten Vorstellung am Donnerstagabend eine Stunde lang mit  Spruch-Schildern wie "Zirkus? Kein Spaß für Tiere!", "Zirkus Ja - Ohne Tiere" oder "Artgerecht ist nur die Freiheit" , um über das nach ihrer Meinung trostlose Leben von Zirkustieren aufzuklären.  Stein des Anstoßes waren im Programm die Tiger- und Hunde-Vorführungen des als Subunternehmer für den Zirkus arbeitenden Tierlehrers Robano Kübler.

Kübler eröffnete dem Publikum die inzwischen sehr selten gewordene Möglichkeit, Raubtiere in Bewegung ganz nah vor Augen erleben zu können, anders als in einem Zoo.  Die vier  bengalischen und sibirischen Tiger stammen aus eigener Nachzucht. Der Dompteur präsentierte hautnah und einfühlsam seine Raubkatzen, deren Sprache er zu beherrschen scheint, so dass ihm in Fachkreisen der Ruf als Raubtierflüsterer vorauseilt.

Gut an kam beim Publikum neben beeindruckenden Akrobatik-Nummern auch der Auftritt der siebenköpfigen Hundetruppe des anerkannten Tierlehrers, von Zirkusdirektor Orlando Frank als die „süßen Strolche“ angekündigt. Die Hunde folgten dem 28jährigen aufs Wort, auf den Podesten sitzend, durch einen Ring springend, ein Tänzchen aufführend, einen Salto schlagend oder auf einem Fallabella-Pony reitend.

In der Pause der Vorstellung bestand die Möglichkeit, Robano Küblers seltene Raubtiere im Freigehege und im Tierzelt seine aus Australian Shepards und Border Collies Hunde-Rasselbande zu bewundern und die vielen Ponys zu streicheln.

Samantha Prowald, Pressesprecherin  von "WATU – Würzburg Aktiv für Tierrechte und Umweltschutz" stellt klar, dass es sich bei ihrer von der Gemeinde Veitshöchheim genehmigten und von der Polizei begleiteten friedlichen Mahnwache nicht darum ging, den Moskauer Zircus im Speziellen zu kritisieren oder irgendwelche Vorwürfe wegen einer Verletzung des Tierschutzes  zu machen.

Prowald: "Wir möchten die Menschen darüber informieren, dass das Halten von Tieren zur Bespaßung von Menschen nicht richtig und vor allem nicht notwendig ist, egal um welche Art von Vorführung es sich handelt."

Sie sei sich sicher, dass die Spezialisten vom Veterinäramt gewissenhaft überprüfen, dass die Tiere in einer guten körperlichen Verfassung sind und WATU deshalb keinen Anlass, dies in Frage zu stellen.

Wie die Sprecherin sagt, ist WATU ein freier Zusammenschluss von aktuell rund 30 Menschen aller Altersklassen mit verschiedensten Hintergründen, so aktive Arbeitnehmer, Freiberufler, Schüler, Studenten und teilweise Rentner, die sich gemeinsam mit Hilfe diverser Aktionsformen vornehmlich für – wie der Name bereits ausdrückt – Tierrechte und Umweltschutz einsetzen.

Sie und ihre Mitstreiter stünden dem Thema "Tiere im Zirkus" generell sehr kritisch gegenüber, ganz unabhängig von gesetzlichen Bestimmungen, die aus ihrer Sicht ganz klar unzureichend seien. Der Vorwurf der Tierschützer lautet, dass die Zirkustiere zahlreich und häufig in kleinen Käfigen transportiert werden müssen, in einer artfremden Umgebung leben und in der Regel unter Androhung von Gewalt, ob psychisch oder physisch, zur Ausführung unnatürlicher Kunststücke allein zur Unterhaltung der Menschen gebracht werden. Dies sind für die Tierschützer klare Argumente gegen Tiere als Entertainer in der Manege. Prowald: "Auch bei strikter Einhaltung der Zirkusleitlinien kann ein artgerechtes Leben für Zirkustiere nicht ermöglicht werden.“

Die Mitglieder von WATU sind deshalb der Meinung: "Was für Viele als Unterhaltung gilt, ist für die Tiere die reinste Horrorvorstellung: Grelles Licht, laute Musik und unnatürliche Kunststücke unter Androhung von Peitschenhieben. Tiere sind KEINE ZIRKUSNUMMER!"  Dies hätten bereits die meisten europäischen Länder sowie 100 deutsche Städte, unter anderem kürzlich Ansbach, anerkannt und ein kommunales Wildtierverbot verhängt.

Ihre Gruppe sei der Meinung, so die WATU-Pressesprecherin, dass ein guter Zirkus im Jahr 2018 ganz ohne tierisches Programm auskomme. Als Beispiele führte sie Circus Flic Flac oder auch Circus Roncalli an.

In vielen der über 300 in Deutschland umherreisenden Zirkusbetriebe sind nach den Feststellungen des Deutschen Tierschutzbundes auf seiner Homepage aber weiterhin Tiere wildlebender Arten zu sehen.  So fordert der Tierschutzbund schon seit Jahren ein Wildtierverbot im Zirkus – bisher leider ohne Erfolg. In Bayern dürften keine Wildtiere mehr (oder nur mit Einschränkungen) auf städtischen Flächen auftreten (Stand: September 2018)  in Ansbach, Burglengenfeld, Erding, Erlangen, Fürstenfeldbruck, Haßfurt, Ingolstadt, München (in Teilen der Stadt), Neuburg an der Donau, Röthenbach, Schönwald, Selb, Waldkirchen und Wasserburg.

Veitshöchheims Bürgermeister Jürgen Götz erklärte auf Anfrage, dass in der Gemeinde immer wieder verschiedenste Zirkusse mit und ohne Tiere gastieren und diese gerne von Veitshöchheimer Familien insbesondere mit Kindern besucht würden. Götz: „Es gab in der Vergangenheit bisher auch keine mir bekannten Probleme oder Schwierigkeiten mit den Zirkussen. Aus diesem Grund hat die Gemeinde nach Überprüfung des Antrages hier zu gastieren diesem auch zugestimmt.“

Ein Wildtierverbot könne eine Gemeinde laut Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte nicht erlassen, da der Bund diesen Punkt bereits im Tierschutzgesetz geregelt hat. Dieses lege nämlich fest, dass das gewerbliche Zur-Schau-Stellen von Tieren (so auch in Zirkussen) einer behördlichen Erlaubnis bedarf (§ 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 d) Tierschutzgesetz).

Wenn ein Zirkus eine solche Erlaubnis besitze, wie der Moskauer Zirkus, sei auch die Kommune an diese Erlaubnis gebunden. Ein pauschales Verbot wildlebender Tiere in Zirkussen und Tierschauen könnte also einzig vom Bundesgesetzgeber geregelt werden, nicht aber von den einzelnen Kommunen“, so der Bürgermeister.

Ricardo Kreuz, Pressesprecher des Moskauer Circus erklärt: "Warum haben wir Tiger mit dabei? Weil wir im vergangenen Jahr ohne Tiere gereist sind und viele Leute unsere Show nicht sehen wollten, rein nur mit Artistik und Clownerie."

Für den anerkannten Tierlehrer Robano Kübler sind Wildtiere solche, die von freier Wildbahn eingefangen wurden, um in Gefangenschaft zu leben. Seine vier Jahre alten bengalischen und sibirischen Tiger seien dagegen alles Handaufzuchten, mit der Flasche großgezogen.  Man könne deshalb nicht davon ausgehen, dass seine Tiger wildlebende Tiere seien.

Die Show seiner Tiger sei an das natürliche Verhalten der Tiere angelegt und es werde kein Tier zu irgendwas gezwungen, was es nicht auch in freier Wildbahn machen würde, beispielsweise  von einem Podest zum anderen springen, das mache ein Tiger auch so im Gehege. Seine Tiger dressiert er so, wie dies auch in einer Hundeschule der Fall ist.  Wenn ein Hund „Sitz“ oder "Platz" machen soll, werde die Stimme laut erhoben. Genauso sei dies auch bei den Tigern der Fall. Die laute Musik während einer Vorführung störe die Tiere nicht, denn sie könnten ihr Gehör abschalten.

Jede Woche biete er seinen Tigern im Gehege neue Beschäftigungsmöglichkeiten wie auf diesem Foto eine Heu-Rolle.

Er betrachtet sich nicht nur als Dompteur und Tierlehrer, sondern auch als Verhaltensforscher, als Voraussetzung, diese Tiere trainieren zu können. So gebe es Tiere, die wie dieser sibirische Tiger gerne auf zwei Beinen gehen oder eine Rolle machen.

Seine Tiere seien sozialisiert, durch Beschäftigung ausgelastet und müssten durch die Fütterungen morgens und abends nicht jagen.  Er wisse genau, wenn ein Tiger krank ist, wenn ihm was fehlt, ebenso wie bei seinen Hunden.

Tierschutz stehe auch bei ihm an erster Stelle. Kübler:  „Es gibt keinen Betrieb, der mehr kontrolliert wird, wie ein Zirkus“.

Kübler „Schauen Sie sich die Tiere an, wie sie sich in auf dem Boden räkeln oder ihre Füße ablecken. Hier ist weder eines gestört noch etwas anderes.“ Während der Fütterungszeit sind die Tiere im Wagen, jeder in einer separaten Kammer, ansonsten im 300 Quadratmeter großen Außengehege, wo sie sich sichtlich wohlfühlen. Sie würden ein Verhalten an den Tag legen, wie man es auch bei den Katzen und Hunden sehen könne. Wenn der Tiger ein Spielzeug nicht hergeben will, müsse man dies eben akzeptieren. Als Verhaltensforscher habe er alle möglichen Situationen einstudiert , damit da nichts passiere.

Der 28jährige kommt aus einer Zirkusfamilie. Er beruft sich darauf, ein anerkannter Tierlehrer und selbständiger Subunternehmer zu sein. Seine Ausbildung hat er mit 19 Jahren begonnen. Ein Verbot von Tieren im Zirkus sieht er deshalb  als unzulässige  Einschränkung seiner Berufsfreiheit an.

Und die Tiger folgen ihm aufs Wort: So springen sie sofort auf seinen  Zuruf hin vom Freigehege hoch in den Wagen zu ihrer Kammer.

Zur Nachzucht sagt Kübler, dass  Tiere bei Bedarf geboren werden. So wachse zur Zeit ein fünf Monate altes Tigerbaby zusammen mit seiner zweijährige Tochter auf. Wenn sich die Tiere nicht wohlfühlen würden, würden sie sich auch nicht fortpflanzen.

 

Wie seine Hunde, Australian Shepards, Border Collies und ein Mischling, förmlich an ihm hängen und auf ihn fixiert sind, konnte man im Hundezwinger erleben.

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