Overblog
Edit post Folge diesem Blog Administration + Create my blog

Veitshöchheimer Auffangstation päppelte drei bei der Weizenernte in einem Nest entdeckte noch flugunfähige Wiesenweihen auf

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Seit 2002 hat der Falkner Harald Dellert in einer Auffangstation im Raum Würzburg weit über 1000 Greifvögel und Eulen erfolgreich ausgewildert. Wie er sagt, war in all den Jahren darunter nur eine Wiesenweihe, ein Greifvogel aus der Familie der Habichtartigen. Umso überraschender war es für ihn, dass am 20. Juli 2018 hier in der neuen Auffangstation des Vereins Greifvogel- und Eulenhilfe Würzburg e.V. im Veitshöchheimer Sendelbachtal gleich drei Jungtiere dieser in unserer Region seltenen Bodenbrüter landeten.

Wie Dellert berichtet, hatte ein Landwirt in der Nähe von Giebelstadt bei der Ernte von Winterweizen mit dem Mähdrescher gerade noch erkannt, dass da auf seinem Acker ein Nest ist und sich darin drei junge Greifvögel befinden, die noch nicht flugfähig sind. Da er das Feld schon auf einem Streifen von drei mal 20 Meter abgeerntet hatte, wäre das nach Meinung des Falkners eine Einladung für den Fuchs gewesen, hier nach Mäusen zu suchen und sich hier auch zu verstecken. Dellert ist sich sicher: "Das wäre das Todesurteil für die jungen Wiesenweihen gewesen."

Für den Verein sei es keine Frage gewesen, sofort vor Ort zu kommen,  um sich um die jungen als Flugkünstler in der Weite der Agrarlandschaften geltenden Wiesenweihen zu kümmern. Dellert hatte den Fund sogleich auch der in Veitshöchheim in der Mainlände 8 ansässigen Bezirksgeschäftsstelle des Landesbundes für Vogelschutz (LBV) gemeldet, der im Auftrag des Bayerischen Landesamts für Umwelt für das Artenhilfsprogramm Wiesenweihe zuständig ist. So kamen die Mitarbeiter des LBV vor Ort, um die Jungvögel zu beringen und mit einer Erkennungsmarke zu versehen.

Wie auf der Homepage des LBV zu lesen ist, hatte die weitgehende Zerstörung großer Feuchtgebiete seit den 1950er Jahren zu einem starken Bestandsrückgang geführt, der die Wiesenweihe auf die Rote Liste der gefährdeten Tierarten katapultierte - und zwar in Bayern in die höchste Gefährdungsstufe "Vom Aussterben bedroht".

Während der Brutzeit der Wiesenweihe arbeitet der LBV eng mit Landwirten zusammen, um  die gut versteckten Nester zu lokalisieren und vor der Ernte zu schützen, in dem um den Horst ein 50 x 50 Meter großer Bereich mit gut sichtbaren Stangen markiert und dieser Bereich bei der Ernte ausgespart wird. 2017 wurden so laut LBV im Landkreis Würzburg 57 Brutpaare lokalisiert, von denen ungefähr 60 Prozent erfolgreich waren. Gleichwohl werden sie bei der Ernte oft übersehen.

So flaumig sahen die drei jungen Wiesenweihen noch aus, als sie am 20. Juli in die Auffangstation kamen (Foto Verein).

Die in der Nachbarschaft wohnende Anni Scholz ist seit Dezember die gute Seele in der Auffangstation. Sie füttert die hier zur Auswilderung gelandeten Wildvögel, "ihre Lieblinge" jeden Tag. Sie schwärmt mit leuchtenden Augen: "Wunderschön sind die Wiesenweihen und wie schnell die sich entwickelt haben. Sie haben noch Flaum gehabt, als wir sie gekriegt haben."

So wurden denn die drei jungen Wiesenweihen, zwei Männchen und ein Weibchen,  drei Wochen lang in der Veitshöchheimer Auffangstation aufgezogen. Wichtig dabei ist, so Dellert, dass sie so wenig wie möglich mit Menschen in Berührung kommen und dass sie selbständig Futter nehmen. Dies sei zum Glück der Fall gewesen. Als Nahrung vorgesetzt wurde ihnen jeweils in den Abendstunden Eintages-Küken und Mäuse. 

"Wir haben sogar das Bauen eingestellt, um sie nicht unnötig zu stören", berichtet der Falkner. Denn noch sind nicht alle sieben Volieren, eine Quarantänestation und ein Behandlungs- und Ruheraum in  der neuen zentralen Auffangstation des Vereins in Veitshöchheim fertiggestellt.

Dellert: "Und in der letzten Phase galt es, den jungen Wiesenweihen das Jagen von lebenden Mäusen beizubringen." Nach dem sie diese nun eine Woche erfolgreich geschlagen haben, so der Falkner, sei dies ein Zeichen, dass sie in der Natur zurechtkommen und nun wieder in die Freiheit entlassen werden können.

Die mittelgroßen, jedoch sehr schlanken und leichten Greifvögel mit einer Körperlänge von 39 bis 50 Zentimeter und einer Flügelspannweite von 96 bis 116 Zentimeter seien nämlich Langstreckenzieher, die in Afrika südlich der Sahara sowie im Süden Asiens überwintern.

Es war deshalb ganz wichtig, so der Falkner, dass die Jungtiere nach der Aufzucht schon am Freitagmorgen im Landkreis Hassberge ausgesetzt wurden, damit sie den  Flug in das Winterquartier mit antreten können. Dort war laut Dellert noch eine größere Population von Wiesenweihen anzutreffen. Er bezeichnet die Wiesenweihen als die Gaukler und Artisten der Luft, die einen ganz geilen Flugstil haben, vor allem wenn ein Männchen um ein Weibchen buhlt.

Wiesenweihen jagen über offenem Gelände wie andere Weihen überwiegend im niedrigen, hin und her schwenkenden Suchflug mit leicht nach oben gehaltenen Flügeln. Die Beute wird am Boden aus kurzer Distanz überrascht und gegriffen, die sehr agilen Wiesenweihen versuchen aufgescheuchte Kleinvögel durch blitzschnelle Körperdrehungen auch noch in der Luft zu greifen. Die Hauptnahrung besteht aus kleinen Säugetieren wie Wühlmäusen und kleinen Vögeln, daneben werden auch sehr häufig größere Insekten wie Heuschrecken, Libellen und Käfer gefressen.

Alle Betrachter bezirzt in der Auffangstation aus eigener Nachzucht der nicht heimische Fleckenuhu "Strolch", der Liebling des Vereinsschriftführers Alexander Götz. Er ist die häufigste größere Eule in Schwarzafrika und auch in Teilen Arabiens verbreitet.

 

Den Pressetermin zur Freisetzung der Wiesenweihen nutzten Falkner Harald Dellert, die "Futtertante" Anni Scholz und Schriftführer Alexander Götz, über die sonstigen Aktivitäten in der Auffangstation zu berichten.

"Dieses Jahr war für die Greifvögel durch die extreme Hitze ein ganz hartes Jahr", so der Falkner. Er habe sogar ganze Nester von Waldohreulen gefunden, die praktisch in ihrem Nest verdurstet waren. 

Wie Dellert berichtet, hatte sein Verein heuer weniger Vögel auszuwildern, wie das Jahr zuvor, darunter seien aber viele Exoten gewesen wie die drei Wiesenweihen, weiter ein Baumfalke, vier Wanderfalken, ein Rotmilan, ein Schwarzmilan, sowie aus heimischen Gefilden zwei Uhus, vier Waldkäuze, 21 Turmfalken und neun Bussarde.

In den Volieren des Vereins in Veitshöchheim sitzen zur Zeit fünf Turmfalken, vier Waldkäuze, zwei Waldohreulen, zwei Steinkäuze und zwei Schleiereulen.

Viel Wert legt der Verein auf Aufklärungsarbeit innerhalb der Bevölkerung, insbesondere die Sensibilisierung der nachfolgenden Generation.

So war an diesem Tag auch die achtjährige Anna aus Würzburg zu Besuch. Sie hatte von ihrer Mutter zum Geburtstag einen Ausflug zur Auffangstation nach Veitshöchheim versprochen bekommen. Anfangs schaute das Mädchen noch etwas skeptisch drein, als der Falkner sie aufforderte, die dicken Handschuhe anzuziehen, um dann mit ihm gemeinsam einen Turmfalken, der seit Mai in der Station aufgepäppelt wurde, wieder in die Freiheit fliegen zu lassen.

 

 

"Sieht der niedlich aus", freute sich Anna nun ohne jegliche Berührungsängste, als nach der Freilassung des Turmfalken der kleine "Krümel" auf ihrem Arm Platz nahm.

Ein Anliegen des Falkners war es, an diesem Tag besonders zu danken, so einer Familie in München für die finanzielle Unterstützung sowie dem Tierheim und auch dem Landratsamt Würzburg, das baurechtlich die Errichtung der Auffangstation ermöglichte.

 

 

Da die Projekte des Vereins komplett aus ehrenamtlicher Tätigkeit bestehen, freut sich die Vorstandschaft über Jeden, der sie unterstützt, ob durch eine Mitgliedschaft, Spende oder Tierpatenschaft.

Spendenkonto:
Greifvogelhilfe e.V., Sparkasse Mainfranken
IBAN DE67 7905 0000 0047 9868 72
oder Paypal: verein@greifvogelhilfe-wuerzburg.de

Fotos (c) Dieter Gürz, bis auf Foto nach dem Fund.

Kommentiere diesen Post