Historischer Blick ins ZweiUferLand am Main zum Kloster Unterzell zu einem 13-Millionen-Projekt
Eine tolle Neuigkeit konnte Planer Roland Breunig beim Ortstermin auf der Baustelle Klosterhof 20 der Zeller Bürgermeisterin Anita Feuerbach präsentieren: Vor einigen Tagen ergab sich bei Abbrucharbeiten der bis auf eine kleine Öffnung zugemauerten Fenster des Refektoriums, dass hier noch spätgotische Elemente aus der Zeit von Julius-Echter vorhanden und noch so gut erhalten sind. Sie wurden offenbar durch das Zumauern die ganze Zeit über konserviert.
Klosterhof: Zeller Gemeinderat vertagt Entscheidung
Soll die Gemeinde eigene Räume im neu gestalteten Klosterhof-Areal kaufen? Erst soll über die künftige Nutzung entschieden - und diese auch gesichert sein.
https://www.mainpost.de/regional/wuerzburg/Kammerkonzerte-Vertragsentwuerfe;art736,9978259
Noch keine Entscheidung traf der Zeller Gemeinderat in der Sitzung am Dienstag einen Miteigentumsanteil am Klosterhof 20 zu erwerben, um dadurch das ehemalige Refektorium des 1803 säkularisierten Unterzeller Frauenklosters für die Öffentlichkeit zu sichern.
Zu Beginn der Sitzung traf sich der Gemeinderat vor Ort, um sich vom Investorenteam Architekt Roland Breunig, Geschäftsführer des Architekturbüros „archicult“ und Bauingenieur Hans-Reiner Waldbröl, die Macher des Kultur- und Dienstleistungszentrum der Bürgerbräu Würzburg ausführlich über das Projekt informieren zu lassen und Fragen zu stellen.
Deren Firma, die Breunig & Waldbröl Projektentwicklung GmbH & Co. KG hatte vor drei Jahren einen Großteil des 1221 durch den Würzburger Bischof Hermann I. v Lobdeburg gegründeten Klosters Unterzell erworben, um hinter den historischen Mauern und in zwei Neubauten im Klosterhof auf einer Fläche von 3.000 Quadratmeter 28 individuelle Wohneinheiten zu errichten. Die Baugenehmigung liegt bereits vor, die Baufertigstellung ist auf Mai 2020 terminiert. Bis auf vier sind laut Waldbröl bereits alle Wohneinheiten verkauft.
Zur Disposition steht jedoch noch die Nutzung des ehemaligen klösterlichen Refektoriums nebst Klosterküche mit 190 Quadratmeter, die zuletzt von einem Landwirt als Stall genutzt wurden. Die Bauherren hatten dem Marktgemeinderat angeboten, dieses Refektorium des heute fast völlig aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwundenen Unterzeller Frauenklosters in schlüsselfertig saniertem Zustand zum Vorzugspreis von 575.000 Euro zu erwerben, das sind 3.026 Euro pro Quadratmeter. Im Vergleich dazu werden die noch freien Wohneinheiten auf dem Immobilienmarkt für über 3.800 Euro pro Quadratmeter angeboten.
Wie Bürgermeisterin Anita Feuerbach erläuterte, hat sich der Gemeinderat seit der Vorstellung des Bauvorhabens im Jahr 2016 bereits in mehreren Sitzungen informiert und darüber beraten, ob ein Ankauf für die Gemeinde in Frage kommt.
Feuerbach betonte ausdrücklich, dass sie wie auch der Arbeitskreis Wasser, Architektur, Geschichte (WAG) und Oberkonservator Hans-Christof Haas vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege eine Verfechterin ist, mit dem Kauf des Refektoriums und der Klosterküche der Unterzeller Nonnen auf lange Zeit wohl letztmalig die Chance zu nutzen, den Bürgern diesen besonders reizvollen und einzigartigen Raum samt echtem „Echterstuck" zu sichern und die Erinnerung an die 600 Jahre alte Unterzeller Klostergeschichte wieder aufleben zu lassen und den Klosterhof an herausragender Stelle gleichzeitig wieder für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Laut Oberkonservator Haas stellt das ehemalge Refektorium den kunsthistorisch bedeutendsten Raum der gesamten Klosteranlage Unterzell dar. Da der Wirtschafts- und der Klausurhof in Folge der Säkularisation mehrfach überformt und insbesondere die Kirche durch Kriegsschäden 1945 stark in Mitleidenschaft gezogen wurde, ist die Ausstattung in großen Teilen dezimiert. Lediglich das Refektorium lasse noch die frühere Pracht erahnen, in der der Baumeister Lazaro Augustino unter Fürstbischof Julius Echter die Gesamtanlage in den Jahren 1607-11 wieder aufbaute.
Besonders hervorzuheben sei das aufwendig gestaltete Portal (Foto links) und die Innenraumarchitektur mit dem reich geschmückten Rippengewölbe (Foto unten).
Die Anfänger- und die Schlusssteine verweise auf höchste Gestaltungsansprüche im Stil der Echtergotik, die in dieser Form überregionale Bedeutung aufweisen.
Wie die Bürgermeisterin sagte, sollte im nichtöffentlichen Teil nur über den Kauf ein Beschluss gefasst werden. Über die Nutzung wollte sie später entschieden lassen.
Doch da machte wohl die Mehrheit des Gremiums nicht mit. Wie Geschäftsleiter Christian Öder auf Nachfrage berichtet, wurde der Kauf weder beschlossen noch abgelehnt. Es habe sich im Verlauf der Beratung vielmehr herauskristallisiert, dass man den Kauf des historischen Objekts zwar grundsätzlich mehrheitlich befürworte, aber noch Unklarheit bestehe, welche weiteren Nutzungsmöglichkeiten außerhalb einer Büchereinutzung möglich sind. Hierüber seien noch Informationen einzuholen.
Letztendlich habe das Gremium die Verwaltung beauftragt, sich die Verträge mit den bisherigen Eigentümern anonymisiert vorlegen zu lassen, den Notar zu befragen und einen Vertragsentwurf zu verhandeln, in dem die Nutzungsmöglichkeiten ausdrücklich aufgeführt werden. Der Marktgemeinderat werde erst dann über den Preis entscheiden, wenn der Vertragsentwurf die Nutzungsart für die Gemeinde entscheidbar mache.
Den Ratsmitgliedern reichten offenbar die Ausführungen des Architekten Breunig beim Ortstermin nicht aus, der aufgrund von Nachfragen erklärt hatte, dass in den Kaufverträgen mit den Miteigentümern der 28 Wohnungen eine öffentliche Nutzung, beispielsweise auch die Veranstaltung von Kammerkonzerten sichergestellt sei. Dies gelte auch für eine Nutzung als Multifunktionsraum für Lesungen, Ehrungen, Diskussionsrunden, Galerie mit Kunstausstellungen, Standesamt, Bücherei, Meditation und Yoga.
Im Kaufpreis berücksichtigt sei die Kernsanierung der Gebäude einschließlich Fassade und Neubau des Daches, neugestaltete Außenanlagen und Gemeinschaftsflächen im Außenbereich, die restauratorische Naturstein-Sanierung, die Sicherung historischer Putzflächen, die Freilegung der Fenster-Maßwerke, Verputz neuer Oberflächen, Fußboden-Parkett, Fußbodenheizung in allen Räumen, neue Fenster und Türen, die Zugangstüren als Brandschutz-Glastüren, die gesamte Elektro- und EDV-Installation sowie eine hochwertige Sanitärausstattung und die Vorrichtung des Anschlusses für Teeküche & Theke. Der tieferliegende Refektorium-Raum soll barrierefrei mittels mobiler Rampe erreichbar sein.
Sollte sich der Zeller Rat doch noch für einen Kauf entscheiden, könnte er ein Jahr nach Fertigstellung im Jahr 2021 das 800jährige Jubiläum der Klostergründung feiern.
Architekt Breunig zeigt auf den Grundriss des 125 Quadratmeter großen Refektoriums - die ehemalige Klosterküche links daneben ist 65 Quadratmeter groß.
Besichtigung der Klosterküche
Die Breunig & Waldbröl Projektentwicklung GmbH & Co. KG, die vor drei Jahren einen Großteil des 1221 durch den Würzburger Bischof Hermann I. v Lobdeburg gegründeten Klosters Unterzell erworben hat, will hinter den historischen Mauern und in zwei Neubauten im Klosterhof auf einer Fläche von 3.000 Quadratmeter 28 individuelle Wohneinheiten errichten. Die Baukostgen betragen 13 Millionen Euro. Die Baugenehmigung liegt bereits vor, die Baufertigstellung ist auf Mai 2020 terminiert. Bis auf vier sind laut Bauherr bereits alle Wohneinheiten verkauft. Zur Disposition steht jedoch noch die Nutzung des ehemaligen klösterlichen Refektoriums nebst Klosterküche mit 190 Quadratmeter, die zuletzt von einem Landwirt als Stall genutzt wurden.
So soll die Wohn-Anlage nach Fertigstellung aussehen.
Nutzungsideen für Refektorium
An den Klosterhof grenzt direkt die Versöhnungskirche an.
Die Versöhnungskirche entstand laut Hompage der Kirche ca. 1126 als Kloster Unterzell als Frauenkonvent der Prämonstratenser im Doppelkloster Zell. Bereits für das Jahr 1130 wird von einem eigenen Frauenkloster „zum Paradies“ berichtet.
Um 1230 baute man für die Chorfrauen eine neue eigene Klosteranlage, etwa eine gute Viertelstunde Fußweg von den Chorherren entfernt, und trennte so das Frauekloster als „Cella Inferior“ (Unterzell) von der Männerabtei Oberzell. Ihrem Abt unterstanden die Frauen de iure bis in das 13. Jahrhundert. Der älteste Beleg für eine „magistra“, also „Meisterin“, genannte Vorst3eherin von Unterzell fällt in das Jahr 1259. Aus dieser Zeit stammt auch der heute noch erhaltene Kirchturm.
1351 übernahm das Kloster den Konvent aus Tückelhausen bei dessen Umwandlung in eine Kartause. Als Seelsorger des Frauenkonvents fungierten stets die Prämonstratenser aus dem benachbarten Oberzell. Zudem blieben dessen Äbte de facto bis ins 16. Jahrhundert die eigentlichen Klosterherren.
Im großen Bauernkrieg von 1525 wurde Unterzell schwer verwüstet. 1556 war sein exklusiv adliger Konvent erloschen.l 1573 hob Fürstbischof Julius Echter das Kloster auch offiziell auf. Den Stiftsbesitz verwendete Bischof Echter zur Ausstattung seiner neuen Universität in Würzburg.
1606 erlangte der Orden der Prämonstratenser vom Kaiser einen Befehl an den Fürstbischof von Würzburg zur Wiederherstellung des Klosters Unterzell. Das Bistum musste dazu von 1609 bis 1611 sogar einen Neubau erstellen. Dieser gefiel nun auch den Würzburger Jesuiten, die ihn als Noviziat nutzen wollten. Die rechtliche Übergabe an die Prämonstratenser verzögerte sich dadurch bis zum Jahr 1630. Bedingt durch den Einfall der Schweden in Franken 1631 bis 1634 konnten die Prämonstratenserinnen erst 1642 in Unterzell einziehen. Die Wiederbesetzung des Konvents geschah durch niederrheinische Chorfrauen aus Meer bei Neuss. Sie betrieben von 1646 bis 1708 auch eine Mädchenschule. Das Priorat war einem Probst aus dem Männerkloster Oberzell unterstellt.
An eine besonders dunkle Epoche in Franken mitten in der Epoche der Aufklärung erinnert das Schicksal der Subpriorin Renata Singer. Sie wurde 1749 als eine der letzten Hexen in Deutschland hingerichtet. Bei der Sälularisation im Jahr 1803 zählte der recht vermögende Konvent 36 Chorfrauen. Nach ihrem Auszug wurden die Gebäude verkauft und umgebaut. 1825 kaufte der Bauer A. Steigerwald die Kirche und baute sie im Erdgeschoss aus zu Stallungen und im ersten Stock zur Wohnung.
Im Kriegsjahr 1945 brannte die Anlage völlig aus; die Kirche ist lange eine Ruine geblieben.
Heute dient das wieder errichtete Gebäude als evangelische Pfarrkirche der Versöhnungsgemeinde.
Erst 1971 wurde die Versöhnungskirche in Zell eingeweiht - und das, obwohl sie mit Abstand die älteste unter den Kirchen ist. Die Evangelischen in Zell gehörten bis 1972 zunächst zu Veitshöchheim - und Gottesdienste wurden im alten Schulhaus gefeiert. Nachdem aber die Mainfähren ihren Betrieb eingestellt hatten, wurde der Fluss zu einer immer stärkeren Grenze zwischen den Gemeinden, so dass man sich entschloss, die Zeller zur neu geschaffenen Erlösergemeinde zu verlegen. Seit dem 1. Januar 2011 bilden die Orte Erlabrunn, Margetshöchheim und Zell am Main nach Beschluss des Landeskirchenrates die Kirchengemeinde Zell am Main.
Die Versöhnungskirche ist seit Mai 2012 Radwegekirche. Am Mainradweg finden Radfahrer das leuchtend grüne Zeichen, das sie zur Versöhnungskirche in Zell führt.