Mehr als 200 Feldgeschworene feierten ihren Siebener-Ehrentag in Veitshöchheim - Ausstellung noch bis 19.5.
Erinnerungsfoto der Veitshöchheimer und Gadheimer Feldgeschworenen mit ihren Obleuten Werner Röhm und Urban Kauppert anlässlich des diesjährigen Feldgeschworenentages der Feldgeschworenen-Vereinigung rechts des Maines in Veitshöchheim auf der Treppe der Mainfrankensäle mit Bürgermeister Jürgen Götz und Altbürgermeister Rainer Kinzkofer .
Nach dem Frühstück in den Mainfrankensälen marschierten die über 200 Feldgeschworen aus dem Bereich von Stadt und Land Würzburg rechts des Maines über die Obere Maingasse zur öffentlichen Kundgebung in den Rathaushof, in Schritt gehalten vom Musikverein Veitshöchheim unter der Leitung von Stefan Wagner.
Der Veitshöchheimer Pfarrer Robert Borawski zog in seiner Predigt beim Gottesdienst im Rathaushof Parallelen zur Tätigkeit der Feldgeschworenen in Grenzangelegenheiten, in dem er die Frage beleuchtete, wer die Grenzen der Moral in unser Gesellschaft setzt. Dazu gehöre vor allem auch die Achtung vor der Schöpfung und die Hilfeleistung für die Schwachen und Fremden in unserer Gesellschaft.
Nach der Lesung durch Bürgermeister Jürgen Götz und den von dessen Mitarbeiter Klaus Krautschneider vorgetragenen Fürbitten gedachte der Feldgeschworenenvereinigungs-Vorsitzende Klaus Wild der seit dem letzten Feldgeschworenentag verstorbenen Mitglieder. Wild bedankte sich für die schöne Predigt: "Der Pfarrer hat Dinge angesprochen, die uns alle berühren."
Der Vorsitzende übergab dann das Wort an Landrat Eberhard Nuß zur Verpflichtung der neuen Feldgeschworenen Norbert Heinrich (Kürnach), Christoph Sauer (Unterpfleichfeld), Christoph Stütz (Untereisenheimn) und Georg Zimmermann (Hilpertshausen).
Wie der Landrat ausführte, treffen sich seit Generationen die Feldgeschworenen im Mai und begehen ihren Ehrentag. Dieser habe heuer eine besondere Bedeutung, da im Mai vor 70 Jahren ein furchtbarer Krieg endete und wir seitdem Frieden haben, solange wie noch nie in der deutschen Geschichte. Diese Friedfertigkeit unseres Landes und seiner Bevölkerung sei dem Umstand zu verdanken wir, dass es in unserem Land bis in die kleinste Keimzelle hinein Menschen gebe, die wie die Feldgeschworenen in der Erfüllung ihrer Aufgaben für die Einhaltung von Gesetzen sorgen, für Ausgleich und für einen friedlichen Umgang im Kleinen.
Jeder von ihnen übe ein hohes kommunales Ehrenamt aus, sei Teil der kommunalen Selbstverwaltung und Bestandteil der Rechtspflege in unserem Land. Bei der Übernahme ihrer Aufgaben würden sie durch den ersten Bürgermeister ihrer Gemeinde zur Verschwiegenheit und zur Bewahrung des Siebenergeheimnisses in Eidesform verpflichtet.
Auf überörtlicher Ebene soll die Verpflichtung neu bestellter Feldgeschworener dort,
wo Feldgeschworenen-Vereinigungen bestehen, durch den Landrat in feierlicher Form vorgenommen werden. Dieser Aufgabe komme er sehr gerne nach. Per Handschlag verpflichtete er die neu gewählten Siebener zur treuen und gewissenhaften Ausübung Ihres Amtes getreu dem Leitsatz "Tue recht, fürchte Gott und scheue niemand" und bedankte sich bei ihnen für ihre Bereitschaft zur Übernahme dieses Amtes.
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Die Reihe der zahlreichen Grußworte eröffnete Veitshöchheims Bürgermeister Jürgen Götz, der die auswärtigen Gäste auch im Namen seiner Feldgeschworenenobmänner Werner Röhm und
Urban Kauppert auf das Herzlichste im schönen Veitshöchheim willkommen hieß. Es sei ihm eine besondere Ehre zum Feldgeschworenentag 2015 alle ehrenamtlich Tätige zu begrüßen, die sich dem ältesten kommunalen Ehrenamt verschrieben haben. Einem Ehrenamt, das bereits mindestens 500 Jahre alt sei, dessen Wurzeln sich sogar bis ins 13. und 14. Jahrhundert zurückverfolgen lassen. Es sei eine Aufgabe, der man sich lebenslänglich verschreibt und eine
welches ein außergewöhnliches Geheimnis, das sagenumwobene Siebenergeheimnis mit sich trage, dessen Bewahrung sie alle hüten bis ins Grab.
Feldgeschworene seien Mittler zwischen Bürger und Vermessungsverwaltung. Mit Ihrer Hilfe werde der nachbarschaftliche Frieden gewahrt. Sie würden mit Bürgern, Kommune und diversen staatlichen Ämtern zusammen arbeiten. So leisten die Feldgeschworenen in Bayern jährlich
einen Beitrag zur Bildung von mehr als 30.000 bebauungsfähigen Grundstücken. Nach den Feststellungen des Bürgermeisters gibt es in Deutschland nur noch in drei Bundesländern
Feldgeschworene, in Thüringen, Rheinlandpfalz und bei uns in Bayern. Ihr Status stehe in Thüringen und Rheinland-Pfalz auf wackeligen Beinen. Dagegen sei in Bayern im
Abmarkungsgesetz verankert: "Für jede Gemeinde sind vier bis sieben Feldgeschworene zu bestellen, bei Bedarf kann die Zahl angemessen erhöht werden".
Auch in den heutigen Zeiten mit modernsten Vermessungsmethoden habe sich die Aufgabe der Feldgeschworenen dennoch nicht überholt. Sie würden für eine nicht zu ersetzende Tradition in der modernen Zeit stehen.
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Die stellvertretende Landrätin Karen Heußner bedankte sich im Namen des wegen einer Beerdigung abgereisten Landrates und ihrer Kreistagskollegen beim Bürgermeister für die
Gastfreundschaft und Unterstützung der Feldgeschworenen bei der Vorbereitung und Durchführung dieses Feldgeschworenentages 2015 hier in Veitshöchheim.
Heußner beleuchtete die Arbeit der Feldgeschworenen vor Ort in den Gemeinden im Detail, die in der Öffentlichkeit heutzutage wenig bekannt, aber sehr wichtig sei, denn sie würden hoheitliche Aufgaben erldigen, die im Bayerischen ermessungsgesetz festgelegt sind:
"Sie sind zuständig für die Findung, die Sicherung, das Höhenversetzen und teils für das Auswechseln von Grenzsteinen. Sie sichern Grenzeinrichtungen, die z.B. durch Baumaßnahmen
gefährdet sind und tragen bei zur Klärung in Fragen der Schlichtung bei Grenzstreitigkeiten. Sie kontrollieren die Gemeindegemarkungen bei Grenzgängen. Und so sind auch im Zeitalter der digitalen Vermessung und der Vermessungsämter Feldgeschworene unverzichtbar. Sie haben weitreichende lokale Kenntnisse und wissen Bescheid über örtliche Zusammenhänge und Traditionen. Das ist mit der besten Technik und dem modernsten Gerät nicht zu ersetzen." So genieße jeder von ihnen in seiner Gemeinde und im ganzen Landkreis Würzburg hohe Anerkennung und Respekt.
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Der Bundestagsabgeordnete Paul Lehrieder stellte die ausgezeichneten Synergieeffekte der Vernetzung des Ehrenamtes der Feldgeschworenen mit staatlichen Aufgaben heraus. Das Beispiel eines Landes in Südeuropa vor Augen, sagte er: "Ohne ein funktionierendes Vermessungswesen kann ein Staat nicht existieren."
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Abteilungsleiter Robert Bromma vom Amt für Ländliche Entwicklung Unterfranken stellte die auch die Feldgeschworenen bei ihrer Tätigkeit tangierenden Aufgaben seines Amtes auf dem Gebiet der Feld- und Waldflurbereinigung, der Dorferneuerung, des landwirtschaftlichen Wegebaus und als neuestes Instrument und Herausforderung die integrierten ländlichen Entwicklungskonzepte heraus. Bei diesen gemeindeübergreifenden Allianzen wie hier im Würzburger Norden von Bergtheim bis Güntersleben gehe es um mehr als nur um Grenzen. Ziel sei, das Kirchturmdenken zu überwinden und das Gemeinwesen weiter zu entwickeln. Dabei sollten auch die Feldgeschworenen mitwirken, denn sie hätten dazu das Rüstzeug, damit die Fluren und Dörfer, sprich die Heimat zukunftsfähig bleiben.
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BBV-Kreisobmann Hermann Brell machte Ausführungen zum Grund-Eigentum als elementaren Pfeiler der Gesellschaft, das man nicht unter dem Mantel der Sozialpflichtigkeit aushöhlen dürfe. Als Eigentümerverband sei der Bauernverband auch ein Fürsprecher für die Feldgeschworenen. Brell lud diese zur die 70-Jahrfeier des BBV am 6.9. 2015 von 13 bis 17 Uhr zum Waldhaus Einsiedel ein und informierte weiter über aktuelle Themen wie den neu eingeführten Sachkundeausweis bei Pflanzenschutzmitteln, das Tierwohl (bessere Gestaltung der Lebensbedingungen für Nutztiere) sowie Schutzgebiete für Bieber und brach eine Lanze für den Kauf von regionalen Produkten.
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Andreas Maier, Leiter des Landwirtschafts-Amtes (ALEF) Würzburg, informierte über die tollen Förderungsmöglichkeiten des ökologischen Kulturlandschaftsprogramms des Freistaats, aus dem heuer im Landkreis eine Million Euro mehr Mittel zur Verfügung stehen. Darunter fallen die Förderung wassersensibler Gebiete, der Steillagenweinbau, die Sanierung historischer Weinbergsmauern und die Tätigkeiten der Landschaftspflegeverbände. Durch die Verlagerung des Bereichs Versuchswesen seines Amtes nach Dettelbach soll dieses verbessert und auf den neuesten Stand gebracht werden.
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Vermessungstechniker Hermann Hehn von der Stadt Würzburg schließlich philosophierte zum Thema "Wenn Grenzsteine erzählen könnten". Als verbindendes Element seien diese Zeugnisse des menschlichen Zusammenlebens. Er lud zum Grenzgang der Stadt Würzburg ein, der am 9. Oktober 2015 an der Veitshöchheimer Grenze im Schenkenfeld bis zur Kaserne entlang führt.
Nicht nur zum Festzug, sondern auch beim Gottesdienst und zwischen den Redebeiträgen sorgte der Musikverein für eine musikalische Untermalung der Kundgebung.
Unter den zahlreichen Ehrengästen weilte zeitweise auch MdL Manfred Ländner und dessen Vorgänger Manfred Ach.
Am Ende erhoben sich alle Anwesenden, um gemeinsam die Kundgebung mit dem Singen der Bayernhymne und des Deutschlandliedes ausklingen zu lassen.
Begleitend zum Feldgeschworenentag ist im Foyer der Mainfrankensäle noch bis 19.5. die interessante Ausstellung „Feldgeschworene in Franken“ des Amtes für Ländliche Entwicklung in Unterfranken zu sehen. Diese soll auch der Bevölkerung ermöglichen, sich sich über die „Siebener und ihre Geheimnisse“, Gemarkungsumgang, Flurbereinigungen, Ehrbarkeit, Brauchtum und Ehrungen u.a. zu informieren.
Es ist ein Anliegen dieser Ausstellung, auf die Wurzeln des Feldgeschworenenwesens
hinzuweisen und ihre Bedeutung für ein konfliktfreies Zusammenleben im Dorf zu unterstreichen.
Trotz der heute bereits möglichen satellitenunterstützten Vermessung und computergesteuerten Berechnung sind die Feldgeschworenen nach wie vor die einzigen örtlichen Ansprechpartner, die aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung exaktes Wissen über das Entstehen und den Verlauf der Grenzen haben.
Das Siebeneramt war im Mittelalter eine Einrichtung der dörflichen und bäuerlichen Selbstverwaltung. ln einigen Gemeinden kam den Feldgeschworenen durch Feld- und
Dorfordnungen auch die Aufgabe von Flurschützern zu. Sie überwachten die Einhaltung des Flurzwanges, die ordnungsgemäße Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums und die Ausführung von Gerechtsamkeiten. ln einigen Ortschaften kontrollierten sie z.B. auch die Sicherheit der Feuerstellen, hatten Verantwortung für die Brandverhütung und prüften alljährlich auch die Gewichts-, Längen- und Hohlmaße.