Grüne Veitshöchheim berichten: "Faire Lieferketten – warum Europa wichtig" ist - Ein spannender Abend mit hochkarätigen Informationen
In der letzten Woche hatten die Veitshöchheimer die seltene Gelegenheit, gleich zwei Vortragsveranstaltungen von Mitgliedern der Juristischen Fakultät der Universität Würzburg zu besuchen, die beide seit 2001 an der Universität Würzburg tätig sind und seit vielen Jahren in Veitshöchheim leben.
Nach Professor Hilgendorf, der am Donnerstag Abend über ethische und rechtliche Aspekte der Nutzung von Künstlicher Intelligenz referierte (siehe Bericht auf Veitshöchheim Blog vom 4.5.2024), gab es am Freitag Abend (3.5.2024) auf Einladung des Veitshöchheimer Ortsverband von Bündnis 90/Die Grünen anlässlich der bevorstehenden Europawahl eine Vortrags- und Diskussionsveranstaltung zum Thema „Faire Lieferketten“ mit Frau Professor Dr. Eva-Maria Kieninger, die selbst Mitglied der Grünen ist.
Frau Professor Kieninger ist seit 2001 Inhaberin des Lehrstuhls für Deutsches, Europäisches und Internationales Privatrecht an der JMU Würzburg, seit 2003 Mitglied des Deutschen Rates für Internationales Privatrecht, eines Beratungsgremiums des Bundesjustizministeriums, und war bis 2023 stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Internationales Recht.
Sie ist ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und der Akademia Europaea. Seit vielen Jahren beschäftigt sie sich intensiv mit international-privatrechtlichen Nachhaltigkeitsthemen, wie der Corporate Sustainability Due Diligence und Climate Change Litigation.
Schon 2020 hatte sie gemeinsam mit MbB Uwe Kekeritz (Bündis 90/Die Grünen) im Veitshöchheimer Rathaussaal zu den Pflichten von Unternehmen gesprochen, in ihren Lieferketten auf die Einhaltung grundlegender Menschenrechte und Umweltsstandards zu achten.
Derartige Sorgfaltspflichten waren seinerzeit nur unverbindliche Leitlinien und Empfehlungen. Da sich die Unternehmen aber zum größten Teil nicht an den aus den Leitlinien abgeleiteten Nationalen Aktionsplan hielten, verabschiedete die Große Koalition kurz vor der Bundestagswahl 2021 ein deutsches Lieferkettengesetz, das seit 2024 für alle inländischen Unternehmen mit mehr als 1000 Arbeitnehmern gilt. Es enthält bindende Vorgaben, wie Unternehmen darauf hinwirken müssen, dass in ihrem eigenen Geschäftsbereich sowie bei ihren unmittelbaren und mittelbaren Zulieferern keine Kinder- oder Zwangsarbeit stattfindet, keine gesundheitsschädlichen Arbeitsbedingungen herrschen u.s.w., und dass zentrale internationale Umweltschutzübereinkommen beachtet werden.
Dieses deutsche Gesetz wird nun grundlegend überarbeitet werden müssen, da sich die EU-Mitgliedstaaten und das Europaparlament im März 2024 auf eine europäische Lieferkettenrichtlinie verständigt haben. Vor allem im Umwelt- und Klimaschutz, aber auch bei den Sanktionen enthält das Europäische Recht strengere Vorgaben als das deutsche.
In der gut gefüllten Aula der Eichendorffschule stellte sich die Professorin den vielfältigen Fragen, die rechts Nicole Kachur (Fairtrade-Steuerungsgruppe) und links Christina Feiler (Bezirks- und Gemeinderätin, Bündnis 90/Die Grünen) vorbereitet hatten. Themen waren die Unterschiede zwischen dem deutschen Gesetz und der Richtlinie, die grundlegende Frage, warum wir überhaupt ein Europäisches Lieferkettengesetz brauchen, wo es schon ein deutsches gibt, die Folgen für Unternehmen bei Verstößen gegen Sorgfaltspflichten und vor allem die Frage nach dem konkreten Nutzen für die Menschen im Globalen Süden.
Immer wieder wurde auch auf die Belastung der Unternehmen hingewiesen und gefragt, wie man diese beispielsweise durch die Etablierung von verlässlichen Kennzeichen oder die Einbindung von Multistakeholderinitiativen in Grenzen halten könnte. Dabei wurde auch deutlich, dass zwischen den gesetzlichen Mindestanforderungen und den Vorgaben der Fairtrade-Siegel ein deutlicher Unterschied besteht, so dass der Fairtrade-Handel durch die neuen gesetzlichen Vorgaben (die auch erst einmal konkret umgesetzt werden müssen) keineswegs überflüssig wird.
Da die Zuhörer durchweg gut informiert und sehr interessiert waren, entspann sich eine rege Diskussion, die alle nach 90 Minuten intensiven Austauschs als äußerst gewinnbringend empfanden. Klar wurde auch, wie wichtig die bevorstehende Europawahl und die Stimme für eine demokratische Partei sind.
Text und Fotos wurden zugesandt von Günter Thein, Bündnis 90/Die Grünen,Vorsitzender Ortsverband Veitshöchheim
Gegenüberstellung des deutschen und europäischen Lieferkettenrechts von Prof. Eva-Maria Kieninger