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Ausgelassene Stimmung bei der Fastnacht in Franken

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

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Der Quotenrenner des Bayerischen Fernsehens "Fastnacht in Franken" geht heuer zum 35. Mal  aus den Mainfrankensälen über die Bühne. Jeweils 600 bestens gelaunte und großteils farbenprächtig kostümierte  Faschingsfreunde erlebten  am Donnerstagabend die Generalprobe und tags darauf die Livestendung der rund dreieinhalbstündigen Prunksitzung. Es war eine bunte Mischung aus politischem Kabarett und Alltagskomik, klassischen Büttenreden, Comedy, Tanz und viel Musik, die für ausgelassene Stimmung unter den Gästen sorgten.

Die Sitzungspräsidentschaft übernahm zum zweiten Mal Christoph Maul aus Schillingsfürst in Mittelfranken (im weißen Anzug links vom Fastnachtspräsidenten Marco Anderlik).

 Witzig und humorvoll  moderierte er souverän die kurzweilige und unterhaltsame Sendung.

"Es lebe unsre Fasenacht" sang zur Eröffnung  in frisch aufgefrischter Kulisse mit einem neuen, strahlendblauen Bühnenhintergrund  und noch effizienterer LED-Scheinwerfer Norbert Knorr von der Nürnberger Trichtergesellschaft KG e.V 1909.

Nach dem  Eröffnungslied gesellten sich zu Knorr auf die Bühne auch  die Gruppe Viva Voce und

als Flashmob das Künstler-Ensemble, die alle mit einstimmten beim Lied "Wir feiern heute hier, wieder Fastnacht in Franken".

Es waren wieder die altbekannten Gesichter, die das Publikum erheiterten wie "Dreggsagg" Michl Müller, Bauchredner Sebastian Reich, "Putzfraa" Ines Procter, das Komödianten-Duo Volker Heißmann und  Martin Rassau, Büttenredner Peter Kuhn, dem Mann am Klavier Matthias Walz, Oti Schmelzer, Oliver Tissot, Klaus Karl-Kraus und die A-capella-Band Viva voce. Und auch eine neue Musikgruppe konnte Maul mit Cankino Circus präsentieren.

Volker Heißmann sagte zu Beginn, dass die ganze Fastnachtsfamilie sehr um ihren Stammgast, der früheren Landtagspräsidentin  Barbara Stamm trauere, die am 5. Oktober 2022 im Alter von 77 Jahren verstorben war. Heißmann: "Heute haben alle Künstler, denen es möglich war, an ihrem Grab in Würzburg den diesjährigen Orden abgelegt. Es sei in ihrem Sinn, dass ihr Stuhl nicht freibleibt, sondern hier jemand sitzt, der mitten aus dem Volk kommt.  Der Stuhl der  nun jährlich neu vergeben werden. Er wurde so heuer an die Krankenschwester Karin Müller von der Uniklinik vergeben, die jahrelang bis zum Schluss ganz nahe an Barbara Stamm dran war.

Bis zum Schluss geheim hielt Ministerpräsident Markus Söder, in welchem Kostüm er  nach Veitshöchheim kommt. Vergangenes Jahr hatte er angekündigt, sich in diesem Jahr wieder zu verkleiden. Bevor er Ministerpräsident wurde, hat Söder mit seinen Kostümen für Aufsehen gesorgt. Er kam als Shrek, Homer Simpson, Marylin Monroe oder Mahatma Ghandi. In den letzten Jahren ist er in Abendgarderobe zur Fastnacht erschienen. Nun wurde das Geheimnis gelüftet:

Da im Oktober eine Landtagswahl in Bayern ansteht hat sich Söder  für ein Kostüm mit Tragweite entschieden: Als "Stammesältester" will er den Bayern Leitlinie und Orientierung geben und sie durch die Krisen der Zeit führen. I n Zeiten von Krieg und Inflation sei purer Klamauk eher nicht angebracht. An seiner Seite in stürmischen Zeiten seine Frau Karin Baumüller-Söder.

Der erste Willkommensgruß des Sitzungspräsidenten galt noch vor dem Ministerpräsidenten Veitshöchheims Bürgermeister Jürgen Götz und seiner Gattin Julia, die sich beide schon traditionell gegenüber an einem Tisch saßen.

Kabarettist Michl Müller aus Bad Kissingens Stadtteil Garitz hatte gleich zwei Auftritte. Als erster in der Bütt glossierte er Markus Söders Wahlkampfmodus, Maskenuntersuchungsausschuss, Inflation, dass Insekten laut EU nun Lebensmittel sind, Medikamentenmangel,   nannte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in Anspielung auf die debattierte Legalisierung von Haschisch und Marihuana "Cannabis-Charlie" und die Vorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann  mit ihrer Stahlhelm-Frisur die "Panzerhaubitze von der FDP", Anton Hofreiter die grüne Gulaschkanone und Christine Lambrecht die Knaller-Christel.

Als letzter auf der Bühne ging dann bei "Dreggsack" Michl Müller so richtig die Post ab. Wortreich und witzig strapazierte er am laufenden Band die Lachmuskeln der Narrenschar,  frech und immer lustig und nun ganz unpolitisch.

So schilderte er seine Erlebnisse, als er dahämm in Garitz sein Haus sanierte, natürlich nicht selbst, denn er hat nach eigenem Bekunden zwei linke Hände.  Der von ihm für den Abbruch aufgestellte Container wurde bald zum Wallfahrtsort für kleine Bauschuttentsorger im Umkreis von 30 Kilometer, so dass er ihn  dreimal am Tag leeren lassen musste und sich  schon überlegte, in die Oberpfalz überzusiedeln , wo ihn alle verstehen, wenn er seine Maske aufhat.  Waren es vor drei Jahren  noch der Ober- oder Chefarzt, so diagnostizierte der Komiker, sind heute Bauarbeiter und Handwerker die neuen Objekte der Begierde, wo die Frauen sagen können "Bau mir einen Swimmingpool". Es sei nun an der Zeit, diesen eine Hymne zu widmen. So  groovte er im "fränkischen Reggae-Feeling" zur Hymne "Schau mich an, ich bin der Mann mit dem Hammer in der Händ und dem Sack Zement" und "unser Weg der Liebe, der ist sauber zementiert, ich bau dir ein Schloss ...", bei dem alle mitklatschten und mitsangen.

Auch in diesem Jahr standen Aktive der Tanz-Sport-Garde Veitshöchheim (TSGV) wieder für die Produktion von "Fastnacht in Franken" vor der Kamera. So agiert Isabell, die elfjährige Tochter des 1. Vorsitzenden Christian Hauser, die in der Juniorengarde der TSGV tanzt  als Till Eulenspiegel  beim Eröffnungslied  "Es lebe unsere Fasenacht".

Tänzerinnen der Ü 25 Garde der TSGV assistieren als Putzgeschwader der Putzfraa Ines Procter

und helfen als Bau-Kolonne Michl Müller bei der Sanierung seines Hauses.

TSGV-Tänzerinnen untermalten weiter visuell als Kaminkehrer-Mädels den Gesang der A capella Band Viva Voce aus Ansbach nach der Gim-Gim-Melodie "und wenn kein Schornstein mehr kogelt und raucht, wird auch ein Kaminkehrer nicht mehr gebraucht."

Die Musiker beleuchteten so gesanglich den Klimaschutz und forderten "wir müssen was zum Klima tun", jemand müsse ein Machtwort sprechen.

So schlüpfte Frontsänger David Lugert in die Rolle des Ministerpräsidenten als König und begeisterten zum Schluss mit "Superkalifragilistig-expli-baiuvarisch klingt - wie unser Bundesland - galant und exemplarisch."

 

Wie Müller zwei Auftritte hatte auch das Comedy-Duo Martin Rassau und Volker Heißmann aus Fürth, die zunächst  als Scouter ihrer Akademie unter der Politikprominenz im Saal nach neuen Talenten suchten. Dabei bekamen so manche von ihnen ihr Fett ab.Allen voran natürlich MP Söder, dem Heißmann Sauerkraut aus dem Bart wuselte.

Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler)  wählte  ein ebenfalls fast biblisches Motiv und kam als Zimmermann verkleidet nach Veitshöchheim. Er wolle das "ehrbare Handwerk" repräsentieren, sagte er. Während Digital-Ministerin Judith Gerlach (CSU) als Biene Maja über den roten Teppich schritt, präsentierte sich Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) als Astronaut der Bavaria One - so nennt sich das Raumfahrtprogramm der Staatsregierung.

Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) erschien als ein Hippie, der gegen Drogen ist.

Schließlich nimmt Volker bei Martin Sprechunterricht - oder probiert es zumindest.

Im zweiten Teil versucht Tanzlehrer Rassau seinem nicht so ganz gelehrigen Schüler Heißmann nach dem Einmarsch mit "Tanze mit mir in den Morgen" bis zum Ausmarsch mit "Tanze Samba mit mir" das Tanzen beizubringen.

Alle Beteiligten freuten sich besonders über das Comeback der Altneihauser Feierwehrkapell'n. In den vergangenen zwei Jahren musste die schräge Truppe aus der Oberpfalz ihre spöttischen Besuche in Franken pandemiebedingt absagen. Nun standen die Oberpfälzer wieder auf der Bühne.

"Für zwei Jahre ohne Franken, möchten wir dem Herrgott danken", war die erste der abgegebenen, von Hassliebe zeugenden Spitzen der Altneihauser. Kommandant Norbert Neugirg: "Weit weg von hier, zu Haus' beim Bier, wo Hopfen kocht und Malz, da liegt die Oberpfalz  - und dort sei es zuletzt dank fehlender Trips zum Fernsehfasching in die Mainfrankensäle  besonders schön gewesen."

Angesichts der Sparzwänge aufgrund Energieknappheit und Inflation riet Neugierg zum Blick in seine Heimat: "In der Oberpfalz, aus der wir kommen, da wird das Sparen ernst genommen. Wir duschen nicht, gehen nicht ins Bad, der Waschlappen hat 19 Grad. Und der ist laut den Grünen, 14-tägig zu bedienen. Um Körperteile, die es dringend bräuchten, oberflächlich anzufeuchten."

"Mir scheint, die Welt ist allerorten, einfach nur verrückt geworden" sorgt im Gegensatz dazu der Schweinfurter Büttenprofi Peter Kuhn gereimt und tiefsinnig für nachdenkliche Momente. Er nimmt als erster Faschingsprinz in der Geschichte der Kultsendung am Umsturz arbeitende "Reichsbürger", das Debakel um die desolate Bundeswehr, den Krieg in der Ukraine, China versus USA, Energieknappheit und Katar wie folgt aufs Korn: "Aber, wenn Katar sich für Olympia bewirbt, dann bleibt die Hoffnung, die als letztes stirbt, dass sie's nicht kriegen. Denn sonst gehen munter unsere Werte endgültig den Bach hinunter." Und er äußert den Wunsch: "Und dass dort, wo durch Krieg und Katastrophen trist den Menschen wohl grad nicht nach feiern ist. Hier wünscht die gesamte Fastnacht schlicht viel Unterstützung, Trost und neue Zuversicht."

Für seinen  herausragenden Programmbeitrag hat sich der Faschingsprinz den Schoppen vom Elferrat redlich verdient.

Altbekannte Melodien mit aktuellen Lied-Texten zu kombinieren, seine schwarze Nerd-Brill und seine aufgetürmte Rockabilly-Frisur sind das Markenzeichen von  Matthias Walz aus Karlstadt, dem Mann am Klavier. Der Stammgast der Fastnacht in Franken   rockte in bewährter Manier die Narrenarena, voller Leidenschaft, in rasantem Tempo in die Tasten hauend. Dieses Mal wählte er als Outfit Old Shatterhand ein, um anscheinend kräftig die Politiker zu "derblecken". Aufs Korn nahm Walz schon üblich wieder Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder und  Bayerns Traditionsbewahrer Nummer 1 Hubert Aiwanger und , ebenso auch die sich auf eine Fahrbahn klebenden Klimaaktivisten. Ins Ohr gingen natürlich wieder seine Gesangsbeiträge, so passend zu seinem Outfit "Da sprach der alte Häuptling der Indianer", "Hello again" oder "You're the one that I want" aus dem Musical Grease wurde zu "Die Ampel ist schuld!" Außerdem spielte Hubert Aiwangers Aussprache von "Master of Desaster" eine große Rolle beim  Auftritt des Karlstädters.

Büttenredner Klaus Karl Kraus aus Erlangen weihte Unwissende mit dem Lied "Wo is denn des Gerchla"  in die Geheimnisse einer richtigen Kerwa ein - bei "Brodwöschd mit Sauerkraut" nach der Melodie "God save the King" sang das Publikum aus Leibeskräften mit.

Dietenhofen heißt der Nabel der Welt der vier akademisch ausgebildeten Musiker der Kabarett-Band Gankino Circus, die vor 15 Jahren mit Straßenmusik loslegten und zum Musikstudium nach Leipzig und Finnland kamen und sich mit ihrer verrückten Volksmusik und rasanten Melodien auf Tourneen in der Ukraine , Kirgistan, Armenien und Georgien begaben. Die Gruppe begeisterte nun erstmals mit ihrem einzigartigem Humor und rockiger Musik auch bei der Fastnacht in Franken, in dem sie eine Faschingssitzung inszenierten.

Mit dem Alltagsleben beschäftigt sich die  "Putzfraa" Ines Procter aus Leinach im Landkreis Würzburg. Ein wiederkehrendes Thema ist für sie die digitale Kluft zwischen Jung und Alt: "Heut' sprechen sie immer alle vom Leben am Limit. Wir haben Telefone abgehoben, ohne zu wissen, wer dran ist!"

Für sie war es eine schöne Zeit in ihrer Kindheit, als sie Freunde auch ohne Facebook hatte, sie noch die Kügele aus den Tintenpatronen gesammelt hat und die Badewanne einmal die Woche für die ganze Familie gefüllt wurde. Die Kindererziehung lasse bei so manchen Eltern heutzutage im Gegensatz zu ihrer Kindheit zu wünschen übrig, sie selbstbewusster zu machen. Sie habe richtig gefeiert, wie ihr Sohn strotzbesoffen nach Hause mit einer geklauten Baustellenbeleuchtung gekommen ist. Da habe sie gewusst, so sagte sie, in der Erziehung alles richtig gemacht zu haben.

 

Für eine große Überraschung unter seiner riesigen Fangemeinde sorgte Bauchredner Sebastian Reich aus Höchberg, als er zu den Klängen des "Baby Elefant Walk" seine zweite Puppe "GabriEle Fant" vom Ordnungsamt präsentierte, die zu einer außerordentlichen Prüfung der Veranstaltungsstätte gekommen war.

Aber natürlich hatte Reich auch seine vorlaute, aber liebevolle Nilpferd-Dame  Amanda dabei, die aufgebrezelt mit rotem Tüllrock erzählt, dass Markus Söder ihr großes Vorbild sei, der  als größter Influencer Deutschlands den ganzen Tag Bayerische Landschaften, Seen, Selfies, mit und ohne Königin poste, so mit der Apfelkönigin, der Birnenkönigin, der Spargelkönigin, der Kartoffelkönigin, der Weinkönigin, der Bierkönigin und der Zwetschgenkönigin.

 

Er habe neulich sogar ein Selfie mit Pferden gemacht, erzählte die aufgeregte Amanda, die Söder daraufhin vor den rund 600 Zuschauern im Saal etwas ganz Besonderes ankündigte: "Heute ist es so weit, heute kriegst Du ein Selfie mit einem Nilpferd."

Was denn auch der Amanda gelang und den ansonsten ernst dreinschauenden MP zum Lachen brachte.

 

Nicht verraten wurde vor der Sendung nicht  das besonders aufwändige Kostüm von Oti Schmelzer aus dem Steigerwald. Es war schon ein beeindruckendes Bild, als er als "Struwwelpeter" auf die Bühne geschoben wurde mit seiner riesigen Lockenmähne. Trotz seiner viel zu langen Fingernägel konnte er auf seiner Steirischen Harmonika alles geben – und das Publikum mit seinem "Struwwelpeter-Blues" anheizen.

Der Humorist aus dem Steigerwald trat 1999   erstmals in Veitshöchheim auf.  Seitdem liest  er mit seinen G’stanzln den Politikern die Leviten.

Seit 2009 in Veitshöchheim fest auf der Bühne, verblüfft Oliver Tissot einer Mischung aus Meinungsfrechheit, Marotte und mehr verblüfft   durch hintergründige Wortakrobatik und in immer wunderbaren Kostümen, für die er keine Kostümberatung braucht So hatte er dieses Mal gleich drei Auftritte in der Rolle des Albrecht Dürer, bei denen er unten im Saal die Politiker auf die Schippe nahm u.a. mit ""Das können halt nur wir Franken: Ein bisschen nörgeln und seiern und gleichzeitig den anderen ködern. 'Södern' sagt man dazu."

Bei der "Fastnacht in Franken" gab es auch wieder exzellente tänzerische Darbietungen – dieses Mal von der KK Buchnesia Nürnberg vom  Tanzmariechen Lorena Ruthardt 

und der  achtmalige Deutsche  Meister im Gardeganz, die Selleriegarde der KK Buchnesia

"Endlich wieder Fastnacht feiern. Des war so schön! Ich geh' noch ned! Ich bleib! Ich papp mich fest, für a lustige Fastnacht. Helau!" Diesem Beispiel von Michl Müller folgt dannnacheinander zum großen Finale auch die anderen Künstler:

Fotos von der Generalprobe und Screenshots BR-Fernsehen von Dieter Gürz

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L
Weshalb stimmen die Beschreibungen, z.B https://www.merkur.de/kultur/fastnacht-in-franken-veitshoechheim-prunksitzung-konfetti-fuer-die-seele-erinnerung-an-barbara-stamm-zr-92081744.html<br /> nicht mit der gezeigten Version in <br /> https://www.br.de/mediathek/video/die-prunksitzung-in-voller-laenge-fastnacht-in-franken-2022-av:623c141dae372200088f9c30<br /> überein und warum sind die Tische so leer ?????
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