26 neue Gästeführer wollen den Weinbau Frankens in ein neues Licht rücken bis in den letzten Winkel des Fränkischen Trias
Diese 26 Damen und Herren, vor dem Hofgartenschloss in Veitshöchheim zusammen mit der Fränkischen Weinkönigin Eva Brockmann abgebildet, dürfen seit Donnerstagabend ganz offiziell den Titel "Gästeführer Weinerlebnis Franken" tragen. Sie haben seit April 2022 eine 23 Tage umfassende Ausbildung in 2 – 3- tägigen Lehrgangsblöcken hinter sich.
Die Konzeption, Durchführung und Finanzierung der Ausbildung erfolgt durch die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG), Veitshöchheim. Nicht nur im Lehrsaal sondern bei interessanten Exkursionen bis in den letzten Winkel des Fränkischen Trias haben die Lehrgangsteilnehmer viel Neues gesehen und gelernt, Weinverkostungen durften natürlich nicht fehlen. So gab es jede Menge Infos über Kommunikaton, Flora und Fauna, Rebsortenerkennung, auch eine Hausarbeit über eine Weinprobe musste geschrieben werden, bis dann am letzten Tag eine mündliche und schriftliche Prüfung anstand.
Gruppenbild der Lehrgangsteilnahmer nach der ersten Reihe, nun vorne mit v.l.n.r Kursorganisator Georg Bätz (Leiter des Instituts für Weinbau und Oenologie der LWG), Barbara Baumann (1. Vorsitzende Verein Gästeführer „Weinerlebnis Franken“ e.V.), Dozent Dr. Hermann Kolesch (Weinbau und Weintourismus), Dozent Dr. Helmer Vogel (Kommunikation), Fränkische Weinköniging Eva Brockmann, Dozent Joachim Raftopoulo (Flora und Fauna), Martina Reiss und Dr. Markus Frankl (beide stellv. Vereins-Vorsitzende)
Im Bild die Weinkönigin mit den drei Prüfungsbesten v.r.n.l. Margarete Schauner, Ipfhofen (1,51), Monika Gaßner, Fahr (1,54) und Andreas Holoch, Gerbrunn (1,75).
Die Fränkische Weinkönigin Eva Brockmann gratulierte allen Absolventinnen und Absolventen zum bestandenen Gästeführer-Lehrgang auch im Namen des Fränkischen Weinbauverbandes. Der Verband sei sehr stolz auf Frankens Gästeführer, da sie sein Kernprodukt, den Wein und den Weinbau Frankens in ein neues Licht rücken und auf ihren Gästeführungen auf charmante Art und Weise neue Impulse und frischen Wind in die Weinbranche bringen.
Brockmann forderte die neuen Gästeführer auf, ihre anfängliche Begeisterung beizubehalten und ihre Gäste mit ihrer Leidenschaft für unsere Silvanerheimat anzustecken.
Seit 1997 gibt es die Ausbildung der Weinerlebnisführerinnen und Weinerlebnisführer in Franken. Ende April 2022 startete ein neuer Ausbildungslehrgang zum Gästeführer "Weinerlebnis Franken". Fortan trafen sich 26 Menschen an 23 Lehrgangstagen, die unterschiedlicher nicht sein konnten, wie der seit Mai 2020 pensionierte LWG-Präsident Dr. Hermann Kolesch als Hauptreferent des Lehrgangs bei der Abschlussfeier in seinem Rückblick mit blumigen Worten sagte. Er sprach von einem "großen Tiergarten", von der Opernsängerin zum Profifotografen, von der Tourismus- und Eventmanagerin bis zum Bankkaufmann, vom IT-Leiter bis zum Sommelier, von der Diplom-Psychologin zur Winzerin, von der Steuerberaterin bis zu Schneidermeisterin.
Sie kamen aus ganz Weinfranken zusammen, teilweise von Weinbaubetrieben bzw. von dort empfohlen, teilweise von der Touristinformation empfohlen oder auch nur als Personen mit Interesse an Wein und Spaß am Umgang mit Menschen.
Zusammen mit der Fränkischen Weinkönigin Eva Brockmann überreichte Kolesch den Prüflingen ein Zertifikat und den Gästeführerausweis. Sie würden sich nahtlos in die bislang in 14 Lehrgängen ausgebildeten 349 Gästeführer einreihen.
Kolesch ging davon aus, dass alle den im Jahr 2000 gegründeten Verein Gästeführer „Weinerlebnis Franken“ e.V. beitreten, der mit seinen nun fast 300 Mitgliedern eine nicht mehr wegzudenkende weintouristische Größe in der Fränkischen Weinwirtschaft ist. Vor Corona hätten die sehr engagierten Gästeführer bei rund 6.300 Führungen und 125.000 Gästen als wichtige Botschafter unserer Silvaner Heimat Franken fungiert und so unendlich viel zum weinkulturellen Leben der Region beigetragen.
Nach den Worten von Barbara Baumann, der 1. Vorsitzenden des Vereins Gästeführer „Weinerlebnis Franken“ e.V. liegt der Weintourismus liegt voll im Trend.
Häufig seien aber die Winzer betrieblich so stark gebunden, dass sie für Erlebnisführungen im Betrieb und in der Region Partner benötigen.
Die Gästeführer seien dabei nicht nur Guide und Ansprechpartner für die oftmals internationalen Gäste, sondern auch ein wichtiges Bindeglied zwischen den Winzerinnen und Winzern und den Weinbaukommunen. Sie würden daher nicht zuletzt für den Wirtschaftsfaktor Tourismus eine entscheidende Rolle spielen: So werden allein in Bayern pro Jahr fast 3,5 Milliarden Euro im Weintourismus umgesetzt.
Die neuen Gästeführer kommen nun über Privatinitiative, über Touristinformation, Gemeinde oder Weingüter zum Einsatz.
Hier zwei Beispiele:
Andreas Holoch, Gerbrunn (1,75), hat als Quereinsteiger Weinküfer in der LWG gelernt und dort dann den Weinbautechniker gemacht, war anschließend viel auf Weltreisen in Weingütern in Übersee unterwegs, Weingut Ludwig Schmitt in Gerbrunn in Vermarktung reingeschnuppert, Gefallen daran gefunden, will seine neue Qualifikation als Gästeführer nun auch freiberuflich nutzen und in seinem Privatgarten im Würzburger Stein Weinproben abhalten sowie auch Weincoaching anbieten, was man machen muss, um eine angemietete Weinbergszeile zu unterhalten
Michaela Schneider aus Randersacker organisiert als Assistentin des Weingut-Direktors des Bürgerspitals täglich drei, vier Weinproben und Kellerführungen. Sie hat die Fortbildung mehr beruflich gemacht, um sich hierfür mehr Fachwissen anzueignen, aber auch, um in ihrem Heimatort Randersacker freiberuflich den Weinbau bei selbst organisierten Führungen besser präsentieren zu können. So waren für sie die Aspekte über Flora und Fauna ganz neu, die sie nun auch in ihre Führungen einbauen möchte.
Bettina Schmitt ergriff für alle Lehrgangsteilnehmer das Wort: "Wir können nun mit Freude Interessierte aus nah und fern auf unseren Führungen und Veranstaltungen begleiten, um ihnen die Vielfältigkeit unserer schönen Region kulturell, botanisch, kulinarisch und geografisch näher zu bringen."
Sie sprach von einer spannenden und aufregenden Lehrgangszeit, in der alle die Möglichkeit bekamen, das Fränkische Weinland bis in den letzten Winkel wahrzunehmen. Sie konnten vom Spessart-Kristallin in Wasserlos über den Buntsandstein in Bürgstadt, vom Muschelkalk am Homburger Kallmuth im Westen bis in den Keuper des Weinparadieses im Steigerwald im Osten schauen. Im Norden gab es eine Wanderweg Zeil am Main in die Weinberge des Abt-Degen-Steiges nach Ziegelanger und im Süden lernten sie den Weinbau in Tauberrettersheim kennen. Die Mainschleife in Sommerach mit ihrer Vinothek war einer der häufigen Treffpunkte der Kurstage.
Dreh- und Angelpunkt der gesamten Ausbildung war natürlich nach ihren Worten die LWG in Veitshöchheim. Weinverkostungen durften, egal wo, natürlich nicht fehlen. Häufig habe der Aspekt des Probierens von Wein an erster Stelle gestanden, so vor allem auch beim Kurstag über die Gestaltung von Weinproben.
In positiver Erinnerung haben die Kursteilnehmer, so Schmitt, auch die zahlreichen Exkursionen, egal ob zur Entwicklung von Siedlungsgebieten und dem Weinbau, der Landschaft und dem Terroir, dem Lebensraumkomplex Weinberg oder auch zur Rebveredlung und Sektherstellung in der Rebschule Steinmann.
Viel Lob gab es für Dr. Hermann Kolesch, dem unermüdlichen Motor und Ideengeber für den Weintourismus in Franken und Vater der Terroir F-Punkte. Er habe alle durch sein Storytelling gefesselt und aufgrund seiner Kontakte viele Einblicke in verschiedene Betriebe ermöglicht. So konnten sie auch die Architektur verschiedenster Weingüter in den magischen Orten Weinfrankens bestaunen. Besonders bereichert hätten den Kurs hier die Geschichten und Erlebnisse mit den Winzerinnen und Winzern, mit ihrer Passion für Perfektion.
Ein besonderes Erlebnis war für alle der Incentive-Tag mit dem Pädagogik-Privatdozenten Dr. Helmer Vogel in Fahr am Main, bei dem es vor allem um Teambildung ging. Der Biologe und fränkische Wildkräuterführer Joachim Raftopoulo vermittelte die Theoretischen Grundlagen zu Flora, Fauna und Ökologie des Lebensraumkomplexes Weinberg mit Exkursionen zum Frühjahrs-, Sommer- und Herbstaspekt,
Ein besonderer Dank ging auch an Georg Bätz, der als Leiter des Instituts für Weinbau und Oenologie der LWG den Kurs organisiert hatte.
Die bestandene Prüfung wurde denn auch nach all den Mühen im Veitshöchheimer Ratskeller von den neuen Weinerlebnisführerinnen und -führern zusammen mit Dozenten und der Vorstandschaft des Gästeführer-Vereins gebührend mit einem delikaten Viergänge-Menü und einer Probe von acht excellenten Weinen mit einm Silvaner Eiswein 2011 und einer Scheurebe Beerenauslese 2000 gefeiert.
Zuvor versammelten sich alle vor der dem Schießen der Erinnerungsfotos auf der Hofgartentreppe und der Zertifikatsverleihung im zu einem kleinen Empfang im Rathaushof, um mit einem Secco auf das Bestehen der Prüfung anzustoßen. Dabei führte der Ehrenvorsitzende des Gästeführervereins Eugen Öhrlein aus Retzbach den auf Napoleon 1812 zurückgehenden Brauch, Champagnerflaschen zu einem einem festlichen Anlass mit einem Säbel zu öffnen, was auch auf Sektflaschen übertragbar ist. Dies war zugleich auch Anschauungsunterricht für die Fränkische Weinkönigin, die erstmals mit Erfolg dieses "Sabrieren" genannte Öffnen wie auch einige der neuen Gästeführerinnen ausprobierte.
Fotos Dieter Gürz