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Veitshöchheimer Vitusschule wurde vor 110 Jahren im Juni 1911 eingeweiht - Ein Rückblick

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Ganz groß wurde im Juli 2011 das 100jährige Bestehen der Vitusschule Veitshöchheim mit Festakt, Musical, Ausstellung und Vorführungen gefeiert (siehe nachstehender Link auf Blogartikel vom 16. Juli 2011).

Es war nun offenbar der Corona-Pandemie geschuldet, dass heuer das 110jährige Jubiläum der Vitusschule völlig unbemerkt über die Bühne ging, bis nun zum Ende der Sommerferien die beim AWO-Ortsverein angestellte Hortleiterin Jessica Ritter sich ein Herz nahm und nun an der Eingangstür zur Erinnerung an dieses Ereignis die goldene Jahreszahl in einem Loorbeerkranz  anbrachte.

Bis 1965 war die Vitusschule das einzige Volksschulgebäude im Ort. Hier wurden zeitweise über 450 Schüler unterrichtet in sechs Schulsälen und in neun Klassen. Das ging nur im Schichtunterricht. Heute ist die Vitusschule reine Grundschule als Außenstelle mit je einer Jahrgangsklasse mit insgesamt 100 Kindern.

Wie sich die Schullandschaft in Veitshöchheim bis zum Jahr 1997 veränderte, seit im Juni 1911 die Vitusschule eingeweiht wurde, wird nachstehend in einem Beitrag von Hans-Jörg Durner geschildert, den dieser zur Festschrift 900 Jahre Veitshöchheim verfasst hat.

Fotos Dieter Gürz

Schulen in Veitshöchheim - Geschichte der Schulgebäude

(verfasst  als Beitrag zur Festschrift 900 Jahre Veitshöchheim im Jahr 1997 von Hans-Jörg Durner, Grundschulrektor von 1988 bis 2002 - auszugsweise wiedergegeben)

Aus dem Jahr 1689 liegt eine Rechnung über eine Fensterreparatur vor für eine Schule westlich der Vituskirche (Querbau am ehemaligen Rathaus). Sie wurde 1826 umgebaut, 1886 abgerissen und neu gebaut. Als 1867 die Maria-Stern-Schwestern das Gebäude Herrnstraße 17 kauften, richteten sie dort zwei Schulsäle für Mädchen und die Wohnung für die Ordensfrauen ein. Bis 1911 diente dieses Gebäude als „Mädchenschule“, das alte Schulhaus wird als „Knabenschule“ genutzt.

Das starke Ansteigen der Schülerzahlen machte den Bau eines neuen Schulhauses (heute Vitusschule) erforderlich. Im Herbst 1909 wurde mit dem Bau begonnen, die Einweihung erfolgte im Juni 1911.

Es enthielt sechs große Schulsäle, ein Lehrerzimmer und im Dachgeschoß Lehrerdienstwohnungen.

Nach dem 2. Weltkrieg reichten die Schulsäle bald nicht mehr aus. Für neun Klassen standen nur sechs Schulsäle zur Verfügung. Daher wurde seit 1950 Schichtunterricht durchgeführt und in der Mansarde wurden 1951 drei Schulsäle ausgebaut. Bereits ein Jahr später mußte zusätzlicher Schichtunterricht eingeführt werden, da für nunmehr zwölf Klassen nur neun Schulsäle zur Verfügung standen.

Für den Fachunterricht wurden 1957 im Keller Räume ausgebaut. Seit 1958 gibt es Überlegungen zu einem zweiten Schulhaus in der „Setz“. Da jedoch abzusehen war, daß der Neubau des zweiten Schulhauses noch einige Jahre dauern wird, erfolgte im Sommer 1959 der Ausbau von früheren Schulsälen im Rathaus (frühere Knabenschule), die in der Zwischenzeit als Wohnungen und Büchereiräume genutzt wurden. Trotzdem war weiterhin für zwei Klassen Schichtunterricht nötig.

Am 15. Januar 1965 wurde die neue Eichendorffschule (I. Bauabschnitt  bezogen. In ihr wurden die 1. - 4. Klasse der Wohngebiete östlich der Bahn und die 7./8. Klasse Mädchen unterrichtet. In der Vitusschule verblieben die Klassen 1 mit 4 (zweizügig) der übrigen Wohngebiete, sowie die 5. und 6. Klasse.

Die neu bezogene Eichendorffschule mit sechs Klassen und drei Fachunterrrichtsräumen war bereits zu klein. Ein Teil der Oberstufe mußte schon 1966 wieder in die Vitusschule verlegt werden. Durch das schnelle Anwachsen unserer Gemeinde wirkte sich die Raumnot besonders stark aus. Handarbeiten, Werken, sowie der evangelische Religionsunterricht wurden wieder in den Keller der Vitusschule verlegt.

Trotz der Fertigstellung des II. Bauabschnittes der Eichendorffschule im Jahr 1970 blieb die Raumnot wegen der Gründung eines Schulverbandes mit den Gemeinden Unter- und Oberdürrbach (kurze Zeit später wieder aufgelöst), Güntersleben und Thüngersheim bestehen.

Ein Raum im ehemaligen Rathaus wurde daher 1972 wieder bezogen und von jeweils einer Klasse bis 1978 genutzt.

In der Vitusschule befanden sich ab 1973 nur noch die Jahrgänge 1 - 4 (insgesamt sechs Klassen).

Nach der Fertigstellung des III. Bauabschnittes der Eichendorffschule (heutiger Grundschulbereich) im Jahr 1978 werden seitdem in der Vitusschule nur noch vier Klassen (1. - 4. Jahrgang) unterrichtet.

Neben vier Grundschulklassen sind 1997 in der Vitusschule auch noch Räume für VCC, Pfadfinder, Musik- und Volkshochschule untergebracht. In der Eichendorffschule werden zwölf Klassen der Grundschule und zehn Klassen der Hauptschule unterrichtet. Eine weitere Nutzung erfolgt durch Mittagsbetreuung, Kinderhort, Musik- und Volkshochschule.

Aus der Schulchronik

Die Schulgeschichte eine Ortes spiegelt in vielfältiger Weise Zeitgeist und gesellschaftliche Strömungen wider.

So finden sich in der Schulchronik Veitshöchheim, begonnen 1913, interessante Hinweise zum Alltagsleben der hiesigen Bevölkerung, zu ihrer Haltung zu Themen wie Gleichberechtigung, Nationalismus, Religion und zu ihrer Reaktion auf wichtige geschichtliche Ereignisse. Natürlich fehlen auch nicht die ständig wiederkehrenden Klagen über die Jugend, und aus den Abläufen der Schlußfeiern lassen sich unschwer Erziehungsziele und Lernstoffe einzelner Zeitabschnitte herauslesen.

Ein freudiges Ereignis im Schulleben

Der Geburtstag Sr. Kgl. Hoheit des Prinzregenten Luitpold, insbesondere der 90. und der Geburts- und Namenstag Sr. Kgl. Hoheit des Prinzregenten Ludwig wurden festlich begangen, ebenso die Huldigungsfeier an König Ludwig III.

Letzterem konnte die Schuljugend zu ihrer größten Freude im November 1913 auch einmal persönlich zujubeln. Als da Sr. Kgl. Hoheit auf dem Rückwege von Aschaffenburg nach München Veitshöchheim passierte, wurden die Schulkinder von ihren Lehrern und Lehrerinnen an den Bahndamm geführt, wo sie dem vorüberfahrenden neuen Herrscher mit begeisterten Hochrufen, mit flatternden Fähnchen in den bayerischen Farben und zahlreich geschwenkten Taschentüchern huldigten.

 Klagen über die Jugend der Lehrerin Steck aus dem Revolutionsjahr 1919:

„Die Krankenschwester Longina Öhling, zur Pflege ihrer Todkranken Angehörigen in der Heimat weilend, geht bei einbrechender Dunkelheit durch die Straße. Ein Schulbube ruft ihr zu: „Dir wird deine Kutte auch bald heruntergerissen werden!“

Der Hochw. Herr Pfarrer muß in der Schule einige  der 10-13 jährigen Rangen strafen. Sogleich wird für Rache gesorgt. „Das lassen wir uns nicht gefallen!“ geht’s insgeheim. Auf dem Kirchplatze versammeln sich nach beendigter Religionsstunde elf Buben - die Anführer tragen rote Büsche an den Kappen. Gaffend und sich balgend warten sie. Endlich passiert der Religionslehrer den Platz. Er wird nicht gegrüßt und plötzlich wie auf Kommando erschallt hinter ihm drein ein Gegröle und Gejohle, ein mit Mund, Händen und Füßen arbeitendes Gekläffe, daß es weithin durchs Dorf Aufsehen erregt.“

Schulabschlußfeier im Schuljahr 1923/24

Gemäß Ministerialverordnung finden heuer zum ersten Mal Schulentlassungsfeiern in der Volkshaupt- und Volksfortbildungsschule statt. Vor den Schülerinnen steht in Blattgrün und Blumenschmuck gehüllt die Statue der Muttergottes, der Führerin auf ihrem künftigen Lebensweg. Die Mädchen erscheinen in ihren Sonntagskleidern und Sonntagsstimmung ohne Büchertasche. Man will gemeinsam feiern heute, gemeinsam Rückblick und Ausblick halten. Ein Lied an Maria: „Ich möchte ein Blümlein werden“, eröffnet die Feststunde. Noch einmal erklingen sodann an das Ohr der Schülerinnen ernste und zugleich liebe Worte der Mahnung und Aufmunterung von seiten des Religionslehrers und der Klassenlehrerin. Sodann folgen in bunter Abwechslung Lieder und Gedichte, gemeinsam gesungen, bzw. von den einzelnen Schülerinnen vorgetragen. Am Schluß Aushändigung der Schluß- und Entlassungsscheine an die Mädchen.

Schulabschlußfeier im Nationalsozialismus - Schuljahr 1935/36 - Grundgedanke Heimat und Vaterland

 

  • 1. Heimat - Lied: Am Main, oh wie herrlich!
  • 2. Vaterland einst - Lied: Die letzten Goten -  Gedicht: Du Land voll Blut und Wunden - Lied: Wenn alle untreu werden
  • 3. Das neue Vaterland - Gedicht: So haben wir den Frühling erlebt - Lied: Treue Liebe bis zum Grab - Schwur - Deutschlandlied
  • 4. Unser Führer - Gedicht: Dem Führer
  • 5. Verteilung der Gedenkblätter durch den Bürgermeister
  • 6. Ansprache und Zeugnisverteilung
  • 7. Schlußlied: Die Fahne hoch! - Wir loben, kämpfen und sterben für unser Vaterland!

Schulentlassung im Schuljahr 1955/56

  • 1. Schulchor: „Frisch auf“
  • 2. Zur Schulentlassung: Gedicht
  • 3. Mein Handwerk (8. Klasse Knaben)
  • 4. Lied: Mein Handwerk
  • 5. Der Lehrling spricht
  • 6. Arbeit
  • 7. Arbeitergruß
  • 8. Der Ackerknecht
  • 9. Der Bergmann
  • 10. Lied: „Wir Bergleute hauen fein“
  • 11. Matthias Claudius an seinen Sohn

Abschlußfeier im Schuljahr 1990/91

  • 1. Eröffnung: „Kleine Nachtmusik“ (W. A. Mozart)
  • 2. Begrüßung durch den Schulleiter
  • 3. Musik: „A la turca“ (W.A. Mozart)
  • 4. Schülersprecher
  • 5. Musik: „C’est si bon“
  • 6. „Man lernt nie aus“ (Stilblüten)
  • 7. Musik: „Come to the Cabaret“
  • 8. Gedicht: „Ein Mensch....“
  • 9. Musik: „C’est si bon
  • 10. Ansprache des Bürgermeisters
  • 11. Musik: „Air“ (J.S.Bach)
  • 12. Zeugnisverteilungen und Ehrungen
  • 13. Abschiedslied: „Nehmt Abschied, Brüder“

Ein 8. Schuljahr auch für Mädchen?

Am 26.10.1925 und am 09.11.1925 wird durch einstimmigen Gemeinderatsbeschluß das 8. Schuljahr ab 1926 für Knaben eingeführt. Dieser Beschluß wird auch am 26.01.1926 durch die Regierung genehmigt. Die Gemeinde fragt im Dezember 1926 in Heidingsfeld, Ochsenfurt und Marktbreit nach, ob sich dort die Einführung der 8. Klasse für Mädchen bewährt hat, doch wird auf Beschluß der Schulpflegschaft am 17.2.1928 die Einführung der 8. Mädchenklasse wegen finanzieller Schwierigkeiten bei Schulbeginn 1928 noch zurückgestellt.

Nach einigen Diskussionen wird zu Beginn des Jahres 1928 die Einführung des 8. Schuljahres für Mädchen ab dem Schuljahr 1929/30 beschlossen. Aber noch war es nicht soweit, denn ein Jahr später wird auf Beschluß der Schulpflegschaft die Einführung der 8. Mädchenklasse im Schuljahr 1929/30 wegen ungünstiger Schulgliederung abgelehnt. Diesem Beschluß schließt sich der Gemeinderat an. Am 12.11.1929 wird durch einstimmigen Gemeinderatsbeschluß generell das 8. Schuljahr für Mädchen als nicht für nötig erachtet. Die Bezirksschulbehörde jedoch hält an der Einführung der 8. Klasse für Mädchen fest und auch Gemeinderat und Schulpflegschaft müssen die Frage neu entscheiden. Schließlich wird doch noch am 22.01.1931 die Einführung des 8. Schuljahres für Mädchen mit Beginn des Schuljahres 1931/32 durch die Regierung genehmigt.

Schülerentwicklung Grund- und Mittelschule Veitshöchheim 2004 bis 2020

Schülerentwicklung Grund- und Mittelschule Veitshöchheim 2004 bis 2020

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