Ferienausschuss stimmte der Einrichtung einer Jugendsozialarbeits-Stelle an der Grundschule Veitshöchheim zu
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Die Grundschule Veitshöchheim mit ihren beiden Standorten Vitusschule im Altort und Eichendorffschule im Schulzentrum besuchen momentan 300 Schüler, von denen zwei Drittel an der Eichendorffschule (Foto oben) schulpflichtig sind und ein Drittel in die Vitusschule (Foto links) gehen.
Von Erfolg gekrönt ist nun der Antrag von Rektor Stefan Dusolt vom 14. Juni 2021, wie schon seit 2007 an der Mittelschule, nun auch an der Grundschule Veitshöchheim eine Stelle für die Jugendsozialarbeit (JaS) einzurichten.
Der Ferienausschuss fasste am Dienstag einstimmig einen entsprechenden Beschluss. Die Maßnahme läuft über das Jugendamt und wird zu gleichen Teilen durch den Landkreis Würzburg und den Freistaat Bayern gefördert mit insgesamt maximal 32.720 Euro bei einer Vollzeitstelle. Da diese Pauschale für den tatsächlichen Personalaufwand und dem Sachaufwand (Versicherungen, Bürobedarf, Abschreibung etc.) nicht ausreicht, stimmte das Gremium der Tragung eines Eigenanteils durch die Gemeinde zu.
Dieser Eigenanteil beträgt derzeit 25.000 Euro für die Jugendsozialarbeit an der Mittelschule Veitshöchheim, die 2018 in Trägerschaft des AWO-Ortsvereins auf eine Dreiviertel-Stelle aufgestockt wurde. Mit einem solchen Defizit, so Bürgermeister Jürgen Götz, sei ebenfalls bei der Jugendsozialarbeit an der Grundschule Veitshöchheim zu rechnen.
Der Bürgermeister will nun beim Jugendamt des Landkreises einen Erstantrag auf Förderung mit einem aussagekräftigen Konzept, Bedarfsanalyse, Leistungs- und Stellenbeschreibung, Kooperationsvereinbarung sowie einem Ausgaben- und Finanzierungsplan einreichen. Er hofft, dass dann bis zum Zwischenzeugnis im Jahr 2022 die Stelle besetzt werden kann.
Für ein Büro kommt bis zur abgeschlossenen Sanierung der Grundschule ein Büroraum im Dach der Vitusschule in Frage. Als Beratungszimmer steht an der Eichendorffschule das Zimmer einer Beratungslehrkraft zur Verfügung.
Derzeit werden vom Landkreis bereits halbe JaS-Stellen an den Grundschulen Eisingen-Waldbrunn, Helmstadt, Ochsenfurt und Rottendorf sowie auch der Zweitstelle der Rupert-Egenberger-Schule in Veitshöchheim gefördert. Aufgenommen und empfohlen hat Ende Juli 2021 der Jugendhilfeausschuss des Landkreises den Antrag der Grundschule Zell am Main ebenfalls für eine halbe Stelle Jugendsozialarbeit.
Wortmeldungen im Gremium
Martin Issing (UWG): Seine Fraktion sieht diese präventive Maßnahme als sehr förderlich. Für die Zukunft sei es sicherlich ein Erfolg, wenn bei der Gemeinde weniger Beschwerden über Randalen oder Vandalismus eingehen.
Ute Schnapp (SPD): Unter Hinweis auf den eingestellten Streetworker sagte sie, dass es sich bewährt habe , dass die Gemeinde sich immer präventiv verhalten habe. Nach dem Motto "Wehret den Anfängen" unterstütze ihre Fraktion diese Maßnahme.
Marc Zenner (CSU): "Eigenlich ist es traurig, dass wir sowas implementieren müssen. Es kostet zwar viel Geld, aber in gewissen Bereichen ist Geld einfach sinnvoller ausgegeben, als in anderen. Wir haben Erfolg mit dieser Arbeit an der Mittelschule." Wenn man sich die Begründung des Rektors genau durchlese, dann sehe man, dass es aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklung sinnvoll sei, anzusetzen, nicht um die Bevölkerung vor wild gewordenen Jugendlichen zu schützen, sondern ihnen die Chance zu geben, sich vernünftig zu verantwortungsvollen Menschen in unserer Gesellschaft zu entwickeln und auch um ihren beruflichen Weg und ihr Alltagsleben zu meistern. Leider sei es so, dass man hier nicht früh genug ansetzen könne. Dies sei deshalb der richtige Weg, so Zenner, auch wenn es uns viel Geld koste.
Beate Hofstetter (Grüne): Sie schloss sich den vorigen Ausführungen an. Sie kenne es aus eigener Erfahrung als Gymnasiallehrerin, dass es Kinder gebe, die zu Hause keinen großen Rückhalt haben. Ihre Fraktion halte die Maßnahme für absolut notwendig.
Bürgermeister Jürgen Götz begrüßte es, dass große Einigkeit im Gremium bestand, etwas für die Kinder zu tun und einen entsprechenden Antrag an den Landkreis zu stellen.
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Rektor Stefan Dusolt hat die Notwendigkeit der Jugendsozialarbeit an seiner Schule wie folgt begründet:
Der Bevölkerungsschnitt der Gemeinde Veitshöchheim deckt alle Arten von sozialen Verhältnissen ab. Die Kinder leben dabei in sehr weit voneinander differierenden Wohnverhältnissen, die von Mietwohnungen in Hochhäusern im Schenkenfeld über Mehrfamilienhäuser bis hin zu eigengenutzten Eigentums-Wohnungen, Reihen- und Einfamilienhäusern auch in sehr gehobener Weise reichen. Entsprechend weit gehen auch die Lebensbedingungen der Kinder auseinander.
Der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund an der Grundschule Veitshöchheim liegt mit ca. 15 Prozent nicht sehr hoch. Die Zuzüge bei Flüchtlingsfamilien aus Syrien nimmt aber sukzessive zu.
Die Klassenstrukturen sind in der Vitusschule im Altort dabei etwas anders besetzt als an der Eichendorffschule. So besuchen die Vitusschule mehr Kinder mit Migrationshintergrund (ca. 40% aller Mitgrationskinder der gesamten Grundschule).
Die Gemeinde Veitshöchheim mit ihrer Stadtnähe und ihrer äußerst hohen Lebensqualität aufgrund kommunaler Einrichtungen wie Schwimmbäder, Spielplätze, kultureller Veranstaltungen und einem breiten sportlichen und gesellschaftlichen Angebot ist ein sehr beliebter Wohnort vor allem für den gehobenen Mittelstand.
Aufgrund der hohen Anschaffungskosten von Häusern und Eigentumswohnungen und der hohen Mietkosten von Wohnungen sind beinahe durchgängig beide Elternteile berufstätig.
Dies zeigt sich vor allem an der hohen Belegung der beiden Horte in der Vitus- und Eichendorffschule sowie der Auslastung der Mittagsbetreuung und der Schulkindbetreuung in der Kindertagesstätte St. Bilhildis.
Die Ausweitung dieser Einrichtungen in den vergangenen Jahren und die hohe Auslastung bis auf den letzten Platz unterstreichen diese Entwicklung eindrücklich. Die Prognosen für die Zukunft gehen von weiterhin steigendem Bedarf aus.
Die hohen Buchungen sind aber nicht nur Zahlen für die Statistik. Für die einzelnen Kinder der Grundschule Veitshöchheim bedeutet dies, dass der weitaus größte Teil von ihnen von 7. 30 h am Morgen bis in die späten Nachmittagsstunden hinein ihre Zeit in der Schule oder den Betreuungseinrichtungen verbringt.
Ein hoher Anteil an Kindern besucht darüber hinaus auch die Ferienangebote, die die Einrichtungen oder das Jugendzentrum Veitshöchheim in den Sommerferien anbieten.
Allein diese Tatsache zeigt, dass ein überproportional großer Teil von Erziehung und Bildung heute in der Schule und den Betreuungseinrichtungen stattfindet.
Die doppelte Berufstätigkeit der Eltern und die sehr unterschiedlichen Lebensumstände der Kinder führen dabei häufig zu Überforderungen der Eltern bezüglich deren Erziehungsaufgabe.
Soziale Vernachlässigung, Wohlstandsverwahrlosung, aber auch soziale Not, Probleme während einer Scheidung oder wie momentan neu aufkommende Probleme durch die sich ändernden beruflichen Bedingungen während der Coronapandemie führen zu Spannungen in Familien, die Hilfeangebot von Seiten der Schule, des Jugendamts oder anderer außerschulischer Stellen der Jugendhilfe notwendig machen.
Die damit benannten Spannungsfelder stellen die Schule, die Betreuungseinrichtungen und die gesamte Schulfamilie vor neue Problemfelder, die eine Kooperation über Einrichtungsgrenzen erforderlich macht. Dazu gehört auch eine stete Zunahme der Kooperation mit den Fachdiensten, die an Gesprächen, Beratungsrunden und der Erstellung tragfähiger Hilfsangebote für betroffene Familien beteiligt sind.
Durch eine JaS-Stelle an der Grundschule Veitshöchheim könnten mit Blick auf die genannten Problemfelder hier folgende komplexe Handlungsfelder unterstützt und klar definiert werden:
- 👉 Kinder der Schule haben aufgrund erzieherischer, psychosozialer und familiärer Probleme bereits im vorschulischen Bereich und in den Eingangsklassen oft nicht die Möglichkeit, ihre Emotionen zu regulieren.
- Auch die Fähigkeit, Bedürfnisse altersgemäß auszudrücken, fehlt oft. Zu beobachten sind negative Erwartungshaltungen sowie ängstliches Verhalten. Die betroffenen Kinder weisen unter anderem psychosomatische Reaktionen, Rückzug, Verweigerung sowie aggressive Verhaltensweisen auf. Hier ist frühzeitige Prävention wünschenswert.
- 👉 Bei einigen Kindern liegen psychiatrisch diagnostizierte Störungsbilder vor, was verstärkt und in einem hohen zeitlichen Umfang individuelle Maßnahmen, Hilfen zur Integration und Zusammenarbeit mit Netzwerkpartnern bedeutet.
- 👉 In einigen Klassengruppen können Kinder beschrieben werden, die mit psychisch hoch belastetem Eltern in belasteten Familiensystemen leben und die in der Schule durch Passivität, Rückzugsverhalten, "Abdriften" in Phantasiewelten und "eigenwilliges" Verhalten auffallen. Manche Familien verfügen oftmals nur über geringe finanzielle Ressourcen und kaum über inner- und außerfamiliäre Stützsysteme.
- 👉 Immer wieder treten Situationen auf, die durch die Jugendhilfe als Kindeswohlgefährdung eingestuft werden (Verwahrlosung, Gewalt in der Familie,... ). Dies erfordert eine enge Kooperation mit der Jugendhilfe sowie einen gemeinsamen Hilfeprozess.
- 👉 Vor allem Familien, die gerade erst in Deutschland angekommen sind, haben Probleme, sich in der neuen Umgebung zurecht zu finden und sich in Alltagssituationen und schulischen Rahmenbedingungen einzufinden.
- Andere, bereits länger in Deutschland wohnende Familien ziehen sich häufig nur auf Kontakte zu Familien ihres eigenen Kulturkreises zurück.
- Schule kommt oft mit den begrenzten Ressourcen nicht an diese Familien heran, wenn es um Hilfen und Unterstützung in Bezug auf Bildung und Erziehung ihrer Kinder geht. Dabei benötigen auch sehr hoch begabte Kinder Hilfestellung für den zukünftigen Bildungsweg, den diese Familien häufig nicht im Blick haben.
- Hier könnte durch die vertrauliche Hilfestellung der Jugendsozialarbeit interkulturellen Problemlagen vorgebeugt werden sowie die jungen Menschen mit ihren Familien schulisch und außerschulisch angemessen begleitet werden.
- 👉 Aufgrund persönlicher Schwierigkeiten in der Kommunikation, im Kontaktaufbau und in der Kontaktgestaltung kommt es zu Konflikten unter Schülern und auch zu massiven verbalen und körperlichen Auseinandersetzungen.
Stefan Dusolt, Rektor
Bislang ist Veitshöchheim kein Familienstützpunkt im Landkreis Würzburg
In seiner Begründung führt Rektor Dusolt aus, dass soziale Vernachlässigung, Wohlstandsverwahrlosung, aber auch soziale Not, Probleme während einer Scheidung oder wie momentan neu aufkommende Probleme durch die sich ändernden beruflichen Bedingungen während der Coronapandemie zu Spannungen in Familien führen, die Hilfeangebot von Seiten der Schule, des Jugendamts oder anderer außerschulischer Stellen der Jugendhilfe auch in Veitshöchheim notwendig machen.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Veitshöchheim bislang nicht Standort eines Familienstützpunktes ist. Über das Förderprogramm Familienstützpunkte des Freistaates Bayern werden bislang acht Familienstützpunkte im Landkreis Würzburg betrieben. Diese sind aus der Pilotphase mit Start 2010 in den Gemeinden Giebelstadt, Kürnach und Waldbüttelbrunn entstanden. Im Laufe der Jahre kamen die Standorte Ochsenfurt, Eisingen, Reichenberg und Rottendorf hinzu. Aktuell folgt noch die Umsetzung in der Stadt Aub.
In seiner jüngsten Sitzung hatte der Jugendwohlfahrtsausschuss beschlossen, dass Gemeinden, die bis Ende 2022 einen Familienstützpunkt ins Leben rufen, der Landkreis die Personalkosten entgegen der neuen Regelung zu 100 Prozent bis zum Jahresende 2024 übernimmt (siehe nachstehender Link auf Pressemitteilung des LRA WÜ).
Nachstehend zur Info was Familienstützpunkte sind, als Beispiel der Flyer von Reichenberg:
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