Medienprofi Jörg Kabierske warnte Veitshöchheimer Mittelschüler drastisch vor den Gefahren von Cloudcomputing und Cybermobbing
Konzentriert folgten die 84 Schülerinnen und Schüler der 9. und 10. Klassen der Mittelschule Veitshöchheim heute Morgen den Ausführungen des Regensburger Medien-Pädagogen Jörg Kabierske, der 90 Minuten lang über die Gefahren moderner Medien und virtueller Welten referierte.
Der Elternbeiratsvorsitzende Jörg Conradi sprach ein paar eröffnende Worte. Wie er sagte, habe der Elternbeirat zusammen mit dem Förderverein im Anschluss auch für die 80 Schüler der 5./6. Jahrgangsstufe sowie sowie für Übergangs- und Sprachförderklasse (Ü- und S-Klasse) die zwei Doppelstunden finanziert, in denen der Referent die Schüler altersstufenspezifisch aufklärte.
Mit seiner pointierten, teilweise drastischen Sprache und sehr realistischen Beispielen und Videos, fand Kabjerske schnell Zugang zu den Schülern, keinerlei Schwätzen und Unaufmerksamkeiten akzeptierend. Er führte den ihnen deutlich vor Augen, welche Verhaltensweisen zu gravierenden Konsequenzen führen können. Dabei vergaß er nicht, stets auf die Jugendlichen zuzugehen und diese in seinen Vortrag einzubinden.
Der Referent spannte gemeinsam mit seinen Zuhörern einen weiten Bogen von Daten- und Jugendschutz, Online-Sucht und Social Media bis hin zu Urheberrechtsfragen und Cyber-Mobbing.
Mit „Klicksalat“ erfüllte sich Kabierske, der eigentlich einmal Lehrer werden wollte, dann aber als IT-Fachmann sich als zweifacher (Teenager-) Vater einen Traum erfüllte: Die Verbindung von IT-Wissen mit der Schulung junger Menschen. Seit über zehn Jahren ist der 50jährige nun schon als Aufklärer in Sachen Medien bundesweit unterwegs, besuchte mehr als 600 Schulen und erreichte in seinen Vorträgen und Workshops über eine halbe Million Schüler, dazu Tausende von Lehrern und Eltern.
So erzählte er eingangs zum Thema "Bildschirmzeiten" von seinem Sohn, der in der siebten Klasse freiwillig schon um 21 Uhr ins Bett ging. Da hätten bei ihm die Alarmglocken geschrillt, vor allem als dieser frühmorgens und nach immer schwerer aus dem Bett zu bringen war. Seine Erkenntnis: „Wer bis spät in die Nacht zockt, whatsappt und youtube schaut, darf sich nicht wundern, am nächsten Tag schlapp zu sein." Wer dies täglich eine Stunde mache, dem würden im Jahresverlauf die kompletten Sommerferien als Schlaf fehlen.
Mit den Schülern ging der Referent dann auf die Suche nach dem größten Feind im Internet. Dies sei jeder Nutzer selbst. Im Zeitalter des „cloud computing“ würden einmal gesendete Informationen nicht mehr verloren gehen und seien in den meisten Fällen nicht mehr korrigierbar. Er predigte deshalb den Schülern „Datensparsamkeit“, Fotos, Videos oder Texte, die privat sind und privat bleiben sollen, sollte man gar nicht erst versenden oder ins Netz stellen, vor allem nicht digitalerotische Liebesgrüße. Wer pornografische oder Gewalt verherrlichende Fotos und Videos verbreite, der mach sich strafbar und Dummheit oder Nichtwissen schütze vor Strafe nicht. Wer solche wie etwa ein Foto seines eigenen Penis oder die Liebesnacht mit seiner Freundin versende, laufe nicht nur Gefahr, dass diese plötzlich auf den Handys und Tablet in der ganzen Schule auftauche. Er und alle, die diese Sextings weiterleiten, würden als Strafe beispielsweise 60 Sozialstunden und 2.000 Euro Bußgeld riskieren. Dasselbe gelte für alle Aufnahmen, die die Würde eines Menschen verletzen, so auch Aufnahmen von einem Unfall.
Aber nicht nur strafrechtlich, auch sonst empfahl er Datensparsamkeit, denn die Clouddienste in den USA würden auf Datenschutz pfeifen, so dass alle persönlichen Daten auswertbar seien und Aufschluss geben würden über eigene Interessen, Vorlieben und Kontakte. So brauche sich dann der Internet-Nutzer nicht über laufend eingehende, auf die Nerven gehende Werbung zu wundern.
Eindringlich warnte der Medienexperte auch davor, unter Hinweis auf Häckerapps Logindaten in fremde und öffentliche W-Lan-Netze einzugeben. Gefährlich sei auch, seinen Chatroom als SIP.Datei per Mail und damit die gesamte Kommunikation weiterzuleiten.
"Bloß nichts glauben, was online steht, es kann alles erlogen und erstunken sein, denn keiner prüft die Wahrheit." Mit diesen Worten nahm er Fakenews unter die Lupe, die unter Hinweis auf die US-Präsidentenwahl die öffentliche Meinung beeinflussen können und durch Social Bots, die automatisch liken und retweeten wie menschliche User, massenmäßig verbreitet werden.
Keinen Gefallen würde sich ein jeder Schüler tun, der die Lösung seiner Hausaufgaben im "Klassenchat" abschreibe, denn der Trainingseffekt wäre gleich Null. Er verglich dies mit einem Fußballer, der anstelle seine vorgegebene Trainingsstrecke zu laufen, diese mit einem Fahrzeug zurücklege.
Drastisch führt der Medienprofi auch die Folgen von Cybermobbing vor Augen, das Ausgrenzen und Beleidigen von Mitschülern über Smartphones und das Internet. Die Betroffenen fühlten sich emotional belastet und hilflos. Filme oder Beleidigungen lassen sich nicht mehr löschen. „Das ist eine Katastrophe, das geht nicht, das darf man nicht zulassen“, versucht Kabierske den Schülern eindringlich nahezubringen, bei derlei Dingen auch nicht einfach zuzuschauen, sondern helfend einzuspringen. Cybermobbing sei nicht nur unfair und gemein, sondern habe möglicherweise schreckliche Folgen. Er sei selbst an fünf Schulen gewesen, an denen sich Schüler nach derlei Attacken das Leben genommen hätten. „Also lasst den Quatsch!“
Die seelische Schande, so Kabierske, sei für die Opfer weit schlimmer als der rein körperliche Schmerz. Denn: Das Internet vergisst nicht. "Im Bereich der Konfliktsituation sollte man tunlichst auf soziale Netzwerke verzichten!“, appellierte er eindringlich.
Er nahm die Jugendlichen vielmehr in die Pflicht für einen respektvollen Umgang miteinander, d.h. respektvoll zu denken und zu fühlen, zu sprechen und zu schreiben und zu handeln und sich zu verhalten.
Am Ende gab der Experte seinem Auditorium wichtige Seiten zum Nachlesen mit auf dem Weg:
- - klicksafe.de zum Herunterladen von Leitfäden
- - saferinternet.at
- - handysektor.de
Die Schüler wirkten durchaus beeindruckt von den klaren Ansagen und bedankten sich am Schluss mit einem kräftigen Beifall.