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Veitshöchheimer Konfis überziehen Risse und Schadstellen in der Christuskirche mit Blattgold, ein im Dekanat einmaliges Projekt

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

"Weil an dieser Stelle ein Fenster war und die Abendsonne dort wie Gold schimmerte" war für Artur Peter ausschlaggebend, warum er sich gerade diese defekte Stelle für seine Blattgold-Verzierung ausgesucht hat.
"Weil an dieser Stelle ein Fenster war und die Abendsonne dort wie Gold schimmerte" war für Artur Peter ausschlaggebend, warum er sich gerade diese defekte Stelle für seine Blattgold-Verzierung ausgesucht hat.
"Weil an dieser Stelle ein Fenster war und die Abendsonne dort wie Gold schimmerte" war für Artur Peter ausschlaggebend, warum er sich gerade diese defekte Stelle für seine Blattgold-Verzierung ausgesucht hat.

"Weil an dieser Stelle ein Fenster war und die Abendsonne dort wie Gold schimmerte" war für Artur Peter ausschlaggebend, warum er sich gerade diese defekte Stelle für seine Blattgold-Verzierung ausgesucht hat.

Einmaliges Kunstprojekt zum Thema Leid und Heilung im Vorfeld der Konfirmation

In der 1963 eingeweihten Christuskirche in Veitshöchheim hat der Lauf der Zeit deutliche Spuren hinterlassen, sprich sind Schadstellen im Fußboden, in den Wänden und an Gesimsen augenfällig.

Für die evangelische Pfarrerin Silke Wolfrum ist dies ein willkommener Anlass, die Schadstellen in den Vorbereitungsunterricht der diesjährigen Konfirmanden (Konfis) einzubauen, die am nächsten Wochenende ihren großen Tag haben. Wie sie sagt, kommen Menschen immer wieder in die Kirche, gehen die gleichen Wege, wieder und wieder. Zum Altar, durch den Gang. Mit der Zeit erinnert sich der Boden daran, wird weich, bricht auf. Hängen bleiben an Stufen, Spuren des Menschen am Altar, Risse in den Fensternischen: Sie alle lassen die Kirche alt erscheinen, „gebraucht“.

Dies vor Augen erinnerte sich die Pfarrerin an den Künstler Sebastian Schmid, der Theologie / Philosophie, Sozialpädagogik studiert hat und auf seiner Homepage einen Einblick in seine Playing Arts Projekte gibt. Der 42jährige Vater von drei Kinder tat nämlich nach ihren Worten etwas ganz Wunderbares: Er begann, die Wunden der Stadt (Risse, Löcher, Brüche) mit 22,5 Karat Blattgold zu überziehen, ohne nachzufragen, ob er das darf. Schmids Begründung: "Weil ich glaube, dass Gold nicht allein den Altären und Banken vorbehalten sein darf. Und weil ich glaube, dass nicht alle Wunden heilbar sind. Aber dort, wo die Wunden nicht geheilt werden können, dort ist Gott der Welt näher als in allen Altären zusammen. Und dort, wo die kaputte Welt nicht repariert werden kann, dort nützt auch das Gold aller Banken nichts. Das Gold ändert nichts. Es stabilisiert nicht. Es schützt nicht. Es repariert nicht. Das Gold ändert alles. Es heiligt."

Franziska Schmücker zeigt Hannah Schaff das vor der ersten Bank gut einsehbare Loch im Fußboden, das sie mit Blattgold verzierte.

Franziska Schmücker zeigt Hannah Schaff das vor der ersten Bank gut einsehbare Loch im Fußboden, das sie mit Blattgold verzierte.

Derart angeregt tauchten die 25 Konfis mit Pfarrerin Wolfrum in ein spirituelles Projekt ein. Was daraus geworden ist, kann man nun in der Christuskirche sehen, erfahren und erfühlen. Jeder der 14jährigen nahm sich im Rahmen von Wolfrums Konfirmandenunterricht einer Schadstelle an und veredelte sie mit 22 Karat Blattgold. Gold verbreitet traditionell in Kirchen Glanz und Herrlichkeit und symbolisiert so die Gegenwart Gottes.

Wie Wolfrum fanden nun auch ihre Konfis die Gegenbewegung von Sebastian Schmid faszinierend, Gold als Hinweis auf Gott nicht nur für das Schöne, sondern im Gegenteil gerade dort einzusetzen, wo etwas kaputt ist. Das Veitshöchheimer Blattgold-Projekt, bei dem Konfis zur Verschönerung der Kirche gearbeitet haben, ist nach den Worten der Pfarrerin einmalig im Dekanat.

Lisa Weidel zeigt Lena Arz ihre Blattgold-Stelle am Fenster-Gesims

Lisa Weidel zeigt Lena Arz ihre Blattgold-Stelle am Fenster-Gesims

Auf die Frage, was das für die einzelnen Jugendlichen bedeute, kamen von diesen Antworten wie: "Gott kittet nicht das, was zu Bruch gegangen ist, sondern hilft an dieser Stelle, dass es erträglich wird, dass man es versteht" und "Es bedeutet für mich, dass Gott gerade dann, wenn etwas nicht stimmt, es mir nicht gut geht, bei mir ist" oder "Die Macke oder den Bruch kann man eh nicht mehr so bearbeiten, dass es der alte Stein ist. Warum soll man dann die Bruchstellen verstecken? Wir können auch zu ihnen stehen und sie verschönern" und "Dass Gott erst Recht auf Dinge / Menschen achtet, bei denen etwas kaputt ist, damit ein Riss nicht noch tiefer wird."

Nicolas Mühlberg suchte sich diese schadhafte Stelle an der Wand hinter dem Altar aus.

Nicolas Mühlberg suchte sich diese schadhafte Stelle an der Wand hinter dem Altar aus.

Wie die Pfarrerin sagt, diente so das Projekt hervorragend dem Zweck, die Konfis mit dem Thema "Leid" vertraut zu machen und ihnen das Gefühl zu geben "Gott ist für mich da, wenn es mir nicht gut geht." Dass darüber auch schon 14jährige leidvolle Erfahrungen machten, ergab eine Runde mit Fragen wie "Woüber warst du schon mal sehr traurig?" und "Hast du schon mal erlebt, dass eine Freundschaft oder eine Beziehung zerbrochen ist?" oder "Wo wurdest du schon mal so richtig enttäuscht?" und "Gibt es Ziele in deinem Leben, beispielsweise in Schule und Sport, die du nicht erreicht hast?"

Und die Konvis äußerten auch noch Wünsche, was sie gerne mit Gold überziehen würden, wenn sie nur könnten:

  • "Kriegsgebiete würden Gold vertragen."
  • "Ich würde gern die Islamisten vergolden, weil sie kaputt im Kopf sind."
  • "Ich würde gern den Terror/Krieg und Menschen in Not mit Gold überziehen."
  • "Ich würde gern die kaputten Häuser, die in einem Krieg zu Bruch gegangen sind, mit Gold überziehen."
  • "Menschen, die sich was gebrochen haben"
  • "Eine meiner Freundinnen, da sie innerlich zerbrochen ist"
  • "Ein Ort, der mir persönlich sehr wichtig ist."
  • "Vielleicht das Tor von einem Friedhof, da dort vielen Leuten etwas genommen wurde und sie Trost brauchen."
  • "Ich kenne einige Personen, die gerade jetzt Kraft und auch Hoffnung brauchen oder auch Leute, die Schlimmes erlebt haben und einen Lichtblick in ihrem Leben benötigen."
  • "Eigentlich würde ich gerne etwas mit Gold überziehen, wie z.B. eine kaputte Erinnerung."
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