Landespflegetage 2020 - Die Grüne Branche traf sich in Veitshöchheim
Klimawandel, Artensterben, Betriebsnachfolge und gesetzliche Auflagen – der Garten- und Landschaftsbau (GaLaBau) steht laut Pressemitteilung der LWG nicht nur in Bayern vor großen Herausforderungen. Wie diese gemeistert werden können und was es Neues aus der praxisorientierten Forschungsarbeit der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) gibt, wurde am 21. und 22. Januar in den Veitshöchheimer Mainfrankensälen präsentiert und diskutiert.
Bei den traditionsreichen Landespflegetagen trafen sich an beiden Tagen insgesamt rund 1.200 Vertreter der Grünen Branche aus dem ganzen deutschsprachigen Raum und konnten sich auch bei einer großen Fachausstellung über aktuelle Technik, neue Baustoffe, innovative Dienstleistungen und Trends informieren.
Herausforderungen angehen!
„Das Volksbegehren Rettet die Bienen oder die nach wie vor an Fahrt aufnehmenden Fridays-for-Future-Bewegungen sind die Paradebeispiele für die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem globalen Brennpunktthema Klimawandel. Der dadurch entstehende öffentliche Diskurs ist zwingend notwendig – wird jedoch einseitig zu Lasten der Grünen Branche geführt“, so Dr. Hermann Kolesch, LWG-Präsident in seiner Begrüßung.
So sind es gerade die Landwirtschaft, der Garten- und der GaLaBau, die durch das Verhalten der Gesellschaft getrieben werden.
„Dabei trifft der Aufschrei nach einem umweltverträglichen Handeln auf die gleichzeitige Nachfrage nach dekadentem Luxus“, zitierte Dr. Kolesch die „Lebenslüge der Gesellschaft“, die der Wirtschaftswissenschaftler Niko Paech erst kürzlich vor der Weltklimakonferenz dargestellt hatte.
Den Bürger mit einbeziehen
Wie der LWG-Präsident sieht auch Gerhard Zäh, der Präsident des Verbands Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Bayern e. V. (VGL) die Aufgabe der grünen Experten darin, ein ökologischeres Bewusstsein bei den Bürgen, den Kunden zu schaffen. „Nur mit geeigneten Maßnahmen wie beispielsweise zukunftsweisenden Stadtbegrünungskonzepten, lassen sich die Herausforderungen des Klimawandels bewältigen. Dabei geht es aber nicht nur darum, fertige Produkte und Lösungen zu präsentieren, sondern vielmehr den Bürger bei der Umsetzung aktiv ins Boot zu holen“, so VGL-Präsident Zäh.
Herausforderung Artenschwund
Die Gesellschaft fordert auch vom GaLaBau einen großen Einsatz – und damit konkrete Lösungen – zur Verbesserung der Biodiversität im Siedlungsbereich. Ein vehementes Plädoyer für den naturnahen Garten hielt deshalb Pia Präger, GaLaBau-Unternehmerin und Präsidiumsmitglied des VGL Bayern, und stellte dabei auch Umsetzungsbeispiele vor.
Martin Degenbeck (LWG) gab Einblicke in die bereits seit dem letzten Jahr laufende Biodiversitätsinitiative „Erzeugung gestalten – Arten erhalten“ des Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Wie sich bienenfreundliche Stauden und Gehölze in der Stadt bei dekorativen Pflanzungen ohne großen Mehraufwand integrieren lassen, zeigte Andreas Adelsberger (LWG) auf.
Dr. Michaela Reim vom Bayerischen Zentrum für Angewandte Energieforschung (ZAE) stellte zusammen mit Johanne Bohl und Jürgen Eppel (beide LWG) die aktuellen Ergebnisse und weiteren Forschungsansätze der begrünten Fassadensysteme des gemeinsamen Projektes an der Klimaforschungsstation in Würzburg (Hubland) vor.
Herausforderung Pflege
Auch die Anforderungen in der Grünflächenpflege werden größer: Um die gewünschten Qualitätsstandards dem Auftragnehmer eindeutig zu kommunizieren, gibt es den Bildqualitätskatalog Freianlagen (BK FREI), den Oliver Schmidt (GBG Mannheimer Wohnbaugesellschaft) vorstellte.
Tangierend dazu bilanzierte Rainer Berger (LWG) die aufwändige Bodenvorbereitung, die der Verzicht von Glyphosat und sonstigen Herbiziden mit sich bringt. Denn dafür sind zusätzliche mechanische Maßnahmen und/oder auch biologische Mittel notwendig – ein klarer Zeit- und Kostenfaktor.
Wie grün ist die Grüne Branche wirklich? Die Antwort darauf suchte Lydia Giehl (LWG) bei einer deutschlandweiten Online-Umfrage zu Akkugeräten im GaLaBau. Auch nutzte sie praxisnahe Handhabungstests im LWG-Versuchsbetrieb und in der Pflegetruppe des Veitshöchheimer Rokokogartens, um daraus die entscheidenden Auswahlkriterien für die Anschaffung dieser Geräte abzuleiten.
Herausforderung Klimawandel
Längere Hitzephasen und ungleichmäßiger fallende Niederschläge charakterisieren auch den bayerischen Klimatrend. Nach 2015, 2018 und 2019 stehen uns auch künftig verstärkt Wetterextreme ins Haus, die die Anforderung an die Grüne Branche weiter verschärfen.
Der Rasen ist der Deutschen liebstes Kind: Doch welche Grasarten außer Kunstrasen trotzen HItze und Trockenheit und haben auchmit Blich auf die wertvolle Ressource Wasser eine Zukunft?
So wurde in den praxisorientierten Vorträgen u. a. vorgestellt, welche Grasarten künftig – nicht zuletzt auch mit Blick auf eine reduzierte Bewässerung – eine Rolle spielen könnten. Etwas ernüchternd war das Fazit von Dr. Manfred Klemisch (LWG) zu den Wirkungen von Pflanzenkohlen in Baumsubstraten, da sich die erhoffte Steigerung von Wasserhaltefähigkeit und Nährstoffspeicherung in seinem Versuch analytisch nicht eindeutig nachweisen ließen.
Jeder spricht von Waldumbau, doch auch im urbanen Bereich wird sich das vertraute Bild nachhaltig ändern. Denn bislang beliebte Straßenbaumarten wie Winterlinde oder Spitzahorn stehen mittlerweile am Abgrund – und sind im Grunde schon einen Schritt weiter: Neue Bäume sind daher gefragt!
Und diese, u. a. mit südosteuropäischer Herkunft, werden bereits seit zehn Jahren im Forschungsprojekt „Stadtgrün 2021“ auf ihre Eignung als Stadtbäume für Bayern auf den Prüfstand gestellt. Dr. Philipp Schönfeld (LWG) stellte dazu die Messdatenauswertung vor, die deutlich zeigt, dass die nicht-heimischen Versuchsbäume mit den Wetterextremen der letzten Jahre besser zurechtkamen als ihre heimischen „Schwesternarten“.
Fotos (c) LWG Veitshöchheim