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Veitshöchheimer Gemeinderat fördert die Anlegung von Blühstreifen entlang der Ackerränder zur Etablierung und Sicherung der Artenvielfalt

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

"Seit dem Volksbegehren zur Bienenrettung ist der Artenschutz in aller Munde und wir als Gemeinde sollten auch  entsprechende Beiträge leisten," stellte Bürgermeister Jürgen Götz in der Sitzung am letzten Dienstag fest. Die Kommunen seien in gleicher Weise gefordert in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft einen Beitrag zu leisten, unser ökologisches System zu erhalten.

Ein erster Schritt wären nach seinen Worten entsprechende Blühstreifen an Ackerrändern, um eine Vernetzung für Insekten, Bienen etc. zu gewähren. Er habe hierzu mit zwölf Landwirten entsprechende Gespräche geführt, die sich bereit erklärt hätten, zur Sicherung der Artenvielfalt an den Ackerrändern Blühstreifen anzulegen.

Hierzu brachte der Bürgermeister  im Gemeinderat ein Förderprogramm, das eine Kooperationsvereinbarung mit den Landwirten zum Inhalt hat, um ab nächstem Jahr das Anlegen von Blühstreifen finanziell zu unterstützen.

Eckpunkte sind:

  • - Gewährung eines Zuschusses ab dem Haushaltsjahr 2020
  • - Zuschuss: 0,17 €/m²/Jahr
  • - Maximale zuschussfähige Fläche: 5.000 m²
  • - Mindestfläche: 1.000 m²
  • - Vertragliche Vereinbarung mit der Gemeinde notwendig, kein Zuschuss für bereits vor Antragsstellung angelegter Blühstreifen
  • - Nachweis über die Anlage der Blühstreifen
  • - Laufzeit: sechs  Jahre mit Verlängerungsoption
  • - Saatgut: Qualitätsmischungen Bayern (beispielsweise Aussaat der dreijährigen Veitshöchheimer Mischung mit Wiederholung).

Von allen Fraktionen wurde zwar sehr begrüßt, die Anlegung von Blühflächen zu fördern. Über das Wie, insbesondere über die zu beachtenden Auflagen, bestanden jedoch unterschiedliche Auffassungen. Der Beschlussvorschlag des Bürgermeisters wurde deshalb nicht einstimmig, sondern gegen die Stimmen der Fraktionen von UWG und Grüne mit 17 : 7 angenommen. Die beiden Fraktionen hatten vergeblich für eine Zurückstellung der Abstimmung plädiert.

Diskussion

UWG-Sprecher Stefan Oppmann verwies darauf, dass laut Zeitungsbericht die Bayerische Staatsregierung im Zusammenhang mit der Umsetzung des Volksbegehrens "Rettet die Bienen" vorhabe,  Landwirte für ökologische Leistungen wie die Schaffung neuer Biotope und "grüner Bänder" zu entschädigen. Seine Fraktion plädierte deshalb dafür, die Angelegenheit bis September zu vertagen, bis Klarheit über die Fördermodalitäten des Freistaates Bayern bestehen. Erfahrungsgemäß würden staatliche Förderrichtlinien eine Doppelförderung ausschließen, so dass dann für die Landwirte von Nachteil sein könne, wenn die Förderung durch den Staat höher als die 17 Cent pro Quadratmeter von der Gemeinde wäre.

Der Bürgermeister erwiderte dazu, dass heuer hierfür ohnehin keine Haushaltsmittel zur Verfügung stehen und deshalb die gemeindliche Förderung erst für Ansaaten im Jahr 2020 gelte.

Deshalb könnten das gemeindliche Förderprogramm mit dem Zusatz "wenn keine anderweitigen Förderungen entgegenstehen" auch bereits jetzt verabschiedet werden. Von Seiten der Gemeinde werde eine Doppelförderung nicht ausgeschlossen, denn die Gemeinde wolle mit ihrer Förderung ein Zeichen setzen. Selbst wenn der Landwirt jetzt eine Kooperationsvereinbarung mit der Gemeinde abschließe, könne er diese jederzeit kündigen, wenn dem die staatlichen Richtlinien entgegen stehen würden.

Dieser Auffassung schloss sich auch CSU-Sprecher Marc Zenner an. Die Landwirte hätten dann Zeit genug, zu entscheiden, welches Förderprogramm sie in Anspruch nehmen. Er gehe davon aus, dass die von der Gemeinde geförderten Mindestflächen von 1.000 Quadratmeter für eine staatliche Förderung nicht interessant seien. 

Günter Thein (Grüne) sagte, er habe sich gefreut, dass dieser Punkt auf der Tagesordnung stand. Er vermisse aber konkrete Bedingungen für die Ausgestaltung der Blühflächen, wie sie in einem Flyer der Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft aufgeführt seien, beispielsweise, dass keine Dünger verwendet werden dürfen  und nicht jährlich abgemäht werden darf.

Holger Kess (Grüne) verwies ergänzend auf Ergebnisse der ökologischen Feldforschung, wonach Blühflächen ohne Mahd hochwertiger seien. Er war der Meinung, die 17 Cent nur für die hochwertigste Mischung zu gewähren und einen Abzug zu machen, wenn ein Landwirt jährlich mähe. Weiter forderte er einen Pestizid-Verzicht auf den an die Blühflächen angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen. Wenn nämlich neben einer Blühfläche Pestizide gespritzt werden, würden die Wirkstoffe durch Windabdrift auch in den Blühflächen landen und dort alles gleich erledigen. Wenn die Ansaaten dann keine ökologische Wirkung haben, so Kess, brauche man auch nicht zu fördern.

Der Bürgermeister entgegnete dazu, dass dann der Landwirt sage "dann mache ich gar nichts". Die Landwirte hätten ihm gegenüber erklärt, sie müssten mindestens den Ausfall bekommen, wie wenn sie die Blühflächen herkömmlich genutzt hätten. Weitere Auflagen würden eine höhere Förderung bedingen.

SPD-Sprecherin Marlene Goßmann wies darauf hin, dass die meisten Äcker zwischen Veitshöchheim und Gadheim im Wasserschutzgebiet liegen und die Landwirte hier eine Entschädigung für das wasserschonende Anbauen ohne Spritzen erhalten.

Dieter Leimkötter (SPD) sprach an, dass der Beschlussvorschlag für bereits angelegte Blühstreifen keinen Zuschuss vorsehe. Er hielt es für überlegenswert auch den beiden Landwirten, die vor kurzem die Randstreifen der Zugangswege zum eventuellen Mittelpunkt in Gadheim für Ansaaten zur Verfügung gestellt haben, in die Förderung mit einzubeziehen und auch ihnen im nächsten Jahr den Ernteausfall zu entschädigen.

Der Bürgermeister meinte dazu, dass dies ein starkes Durcheinander gebe, zumal die Landwirte hier von der LWG das Saatgut und die Einsaat spendiert bekamen.

Dr. Andreas Cramer (CSU) vertrat zur Thematik die Auffassung "besser geht immer". Man sollte sich im Klaren sein, dass der vom Bürgermeister vorgelegte Beschlussvorschlag besser als das Bisherige sei. Bevor man das Ganze "totrede", stellte er einen Antrag auf Abstimmung. Derjenige der meine, es noch besser machen zu können, stehe es frei, dann Verbesserungsvorschläge in einer der nächsten Sitzungen des Gemeinderates einzubringen.

Grünen-Sprecherin Christina Feiler vertrat dazu die Ansicht, dass es besser sei zu vertagen und zu beraten und nicht etwas in die Wege zu leiten, was nur halbgar sei und später wieder revidiert werden müsse. Es sei keine Eile geboten, da die Förderung ja erst 2020 aktuell sei. Man vergebe sich nichts, auch nochmal Experten anzuhören.

Simon Kneitz (CSU) hielt es für wichtig, jetzt das Förderprogramm zu verabschieden, um den Landwirten ein Signal zu setzen, dass sie planen können, wie sie ihre Flächen im nächsten Jahr bestellen. Ein "Fine-Tuning" für weitere sinnvolle Maßnahmen sei danach noch jederzeit möglich.

Der Bürgermeister ergänzte, dass es jetzt nur um Eckdaten gehe und der Vertrag mit den Landwirten jetzt noch nicht formuliert sei.

Stefan Oppmann verwies auf seinen eingangs gemachten Vorschlag auf Zurückstellung bis September, denn dann habe der Landwirt noch genügend Zeit, seine Acker-Bestellung für das nächste Jahr zu planen. Er hielt es für einen guten Kompromiss, zumindest den Tagesordnungspunkt bis zur nächsten oder übernächsten Gemeinderatssitzung zurückzustellen und dann festzumachen.

Marc Zenner gab daraufhin zu bedenken: "Wenn wir jetzt anfangen, Bedingungen zu formulieren, dann können wir gleich eine Personalstelle in der Verwaltung schaffen, die die Bedingungen draußen vor Ort kontrolliert. Was machen wir dann, gibt es Strafen, wenn sich einer nicht daran hält?" Man sollte es nicht übertreiben und ein gewisses Grundvertrauen in die Praxis der hier tätigen Landwirte haben.

Der Bürgermeister ließ anschließend nicht über die von UWG und Grünen geforderte Vertagung, sondern über seine Beschlussvorlage abstimmen, da er diese kostenmäßig als weitergehenden Antrag einstufte. Dieser Beschlussvorschlag wurde wie eingangs dargestellt, gegen die Stimmen von UWG und Grüne angenommen.

Bereits angesät wurden unabhängig vom Förderprogramm der Gemeinde bei einer Aktion am 29. März 2019 die bislang mit Getreide angebauten Randstreifen der Zugangswege zum eventuellen EU-Mittelpunkt in Gadheim auf einer Fläche von 3.100 Quadratmeter mit farbenfrohen Blumen-Samen. Eine von drei Blühflächen erstreckt sich wie auf dem Foto zu sehen, in sechs Meter Breite vom Zugangsweg zum EU-Mittelpunkt bis zum Überlandmast kurz vor der Bebauung in Gadheim, auf dem Foto v.l.n.r. Gärtnermeister Sebastian Heller, LWG-Landespfleger Dominik Kretzer, Bürgermeister Jürgen Götz, Landwirt Walter Dieck und Bauhofleiter Rudolf Köhler.

Dieck stellte eine zweite Blühfläche am Weg zum EU-Mittelpunkt, insgesamt also eine Fläche von 2.100 Quadratmeter aus seiner landwirtschaftlichen Pachtfläche zur Verfügung und  konnte auch den Landwirt Josef Dürr dafür gewinnen, ebenfalls einen Blühstreifen von 1.000 Quadratmeter talwärts in drei Meter Breite einsäen zu lassen. Die LWG stellte nicht nur das Saatgut zur Verfügung und nahm die Einsaat vor, sondern betreut die Ansaaten auch weiterhin als Versuchsflächen.

Ausgesät wurden die neue Versuchsmischung "Ortolan" für Vogelbrüter, die einen ganz niedrigen Aufwuchs brauchen, eine sich ebenfalls noch nicht im Handel befindliche Bienenweide nach Regio-Konzept und die schon bewährte durchblühende "Veitshöchheimer Bienenweide", die mit 46 Originalarten einen hohen ökologischen Stellenwert habe.

Fotoaufnahme D. Gürz vom 7.6.2009

"Viele landwirtschaftliche Produktionsflächen bieten heute Wildtieren, insbesondere Honigbienen, aber auch anderen Insekten kaum mehr ausreichend Nahrung. Blühende Wildpflanzen sind zur Seltenheit geworden." Zu dieser Ansicht kam die Gemeinde Veitshöchheim schon vor über zehn Jahren vor dem Volksbegehren "Rettet die Bienen"  und initiierte zur Verbesserung der Artenvielfalt die Anlage von Blumenwiesen.

DieTeilnahme von Veitshöchheim am Wettbewerb "Entente Florale Deutschland 2009" hatte nämlich der Arbeitskreis "Veitshöchheim blüht auf" beispielsweise zum Anlass genommen, mit der Ansaat der über 5.000 m² große Stilllegungsfläche  östlich des Fußweges von der Gartensiedlung zum Maincenter (damals zu 2/3 in Gemeinde- und zu 1/3 in Privatbesitz) einen positiven Beitrag zu leisten. Durch  die Ansaat durch den Landwirt Bernhard Müller mit einer mehrjährigen, blütenreichen Saatgutmischung entwickelte sich die damalige Stilllegungsfläche, an der Stelle, wo jetzt die Bauleute eine Erschließungsstraße im Baugebiet Sandäcker anlegen, zu einer blühenden Landschaft und zu einem ökologisch wertvollen Lebensraum für Mensch, Flora und Fauna.

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