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Vokalensemble mit vier "Tschuschke-Schwestern" verzauberte beim letzten Sommerkonzert im Veitshöchheimer Synagogenhof

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Fanden im Vorjahr alle Sommerkonzerte mangels Schlechtwetteralternative in Laufnähe des Synagogenhofes in der Christuskirche statt, so entschieden sich Programmplaner, der Weltmusiker Rainer Schwander und Dr. Martina Edelmann (Kulturamt der Gemeinde) bei der 14. Auflage der Konzertreihe im Synagogenhof zweigleisig zu verfahren und nur bei Schlechtwetter in die Christuskirche auszuweichen, so bei drei Konzerten am 8. 22. und 29. August. Wie bereits die Konzerte am 8. und 15. August (siehe nachstehende Links auf Blogartikel) konnte nun am Sonntagabend bei traumhaftem Wetter auch das letzte Sommerkonzert im Synagogenhof mit dem Vokalensemble "Schwesterhochfünf" sehr zur Freude von Martina Edelmann über die Bühne gehen.

Sie hofft, dass es im nächsten Jahr keine Platzbegrenzung mehr aufgrund der Corona-Auflagen gibt. Leider konnten so heuer nur maximal 50 Gäste zu den jeweiligen Konzerten zugelassen werden.

Ob Klassik, Jazz, Chanson, Tango, Klezmer, Irish Folk, bayrische Volksmusik, mittelalterliche oder orientalische Klänge – vielseitig gestaltete sich das Programm und belebte so mit einem Spektrum unterschiedlicher Stilrichtungen die lange kulturelle Flaute auch in diesem Jahr.

Da der Familienname Tschuschke ein Zungenbrecher ist, konzertiert das Vokalensemble unter dem Künstlernamen "Schwesterhochfuenf". In Veitshöchheim musste Maria (* 1979, Alt I) wegen Stimmproblemen passen. Dies tat jedoch dem vorzüglichen, homogenen, ohne Verstärker auskommenden,  oft mehrstimmigen Gesang der übrigen vier Schwestern v.l.n.r. Monika (* 1987, Sopran I), Agnes (* 1976, Sopran II), Franziska (* 1984, Mezzosopran) und Cordula (* 1978, Alt II) keinen Abbruch.

Die Sängerinnen begeisterten eindrucksvoll einig, aber auch trennscharf individuell, mit viel Herzblut und Authentizität die 50 Zuhörer zum Programm "Wenn ich ein Vöglein wär" nicht nur mit sommerlichen Liedern von jiddisch bis schwedisch und finnisch, vom klassischen Satz bis zum Pop-Arrangement und der Art, wie sie ihre Stücke interpretieren. Sie kamen auch höchst sympatisch rüber, in dem sie frei und offen, ohne jede Effekthascherei viel über sich erzählten.

Die fünf Schwestern, die auch noch zwei Brüder haben, verfügen über die gleichen musikalischen Erfahrungen im Elternhaus und  der gleichen langjährigen  Ausbildung in der Mädchenkantorei am Bamberger Dom. Vor 17 Jahren gaben sie ihr erstes Konzert in der Bamberger Marienkapelle. 

Schon 2010 gewannen sie beim Bayerischen Chorwettbewerb einen ersten, beim Deutschen Chorwettbewerb einen dritten Preis und erhielten einen Sonderpreis der Hamelstiftung. 2012 machten sie einen Ensemblemeisterkurs bei John Potter vom Hilliard Ensemble und nahmen mit ihrem neuerworbenen Wissen gleich ihre zweite CD und 2016 dann ihre dritte CD mit einem rein adventlichen Programm auf.

Viel profiertiert das Ensemble von der Professionalität ihres jüngsten Mitglieds Monika, die in Amberg wohnt, ein Kind hat und seit 2016 ihren Gesangspädagogik-Master besitzt. Alle anderen gehen einem nichtmusikalischem Beruf nach. So ist Agnes, die Älteste Hebamme, die selbst fünf Kinder hat und in Ludwigsburg wohnt. Cordula hat zwei Kinder und unterrichtet in Bamberg am Gymnasium Biologie und Chemie. Auch Franziska hat zwei Kinder und ist Grundschullehrerin in Würzburg. Maria wiederum hat vier Kinder und ist als Physikerin in Aalen tätig.

Weil sie soverstreut wohnen und sie alle zuhause gut beschäftigt sind mit ihren Familien und Berufen, sind ihre Probenphasen und Konzertwochenenden seltene und mühsam organisierte Freiräume. Eine ganze Woche Zeit zu proben für ihren Auftritt in Veitshöchheim hatten die fünf Sängerinnen nun in den Sommerferien, als jede Familie ein Haus in einem Allgäuer Feriendorf bezog.

Programm

Nach dem Klezmer-Lied "Tum Balalaika"von Iossif Dawydowitsch Kobson erklang das mittelalterliche Lied "Unter den Linden" von Pascal Martiné nach Texten des Minnesängers Walter von der Vogelweide um 1200 und dann mehrstimmig das lustige Madrigal "U est belle est bon" von Pierre Passerreau aus der Zeit um 1509, in dem sich vier Marktfrauen mit viel Gegackere darum streiten, wer den besten Mann hat (Foto).

Ebenso zum Schmunzeln war das japanische Kinderlied "Hotaru koi" (übersetzt: Glühwürmchen"). Nun führte die Weltreise mit dem traditionellen sommerlichen Liebeslied "Uti vår hage" nach Schweden, wo es unter anderem heißt: "Uti vår hage finns blommor och bär. Men utav alla mej kärast du är " (In unserer Weide sind Blumen und Beeren, aber aus allen bist du mir die Liebste). Im finnischen Volkslied "On suuri" besang das mit einer finnischen Familie befreundete Ensemble eine Seele, die die herbe Heimat vermisst.

Nach Frankreich in die abendliche Ruhe am Meer ging es schließlich mit dem romantischen Lied "L'onde" von Giulio Cesare und nach Amerika mit "Fly me to the moon" von Patrizio Buanne, das auch Frank Sinatra interpretierte.

So richtig ins Swingen kamen die Sängerinnen dann beim launigen Klezmer-Song "Bei mir bist du schön", mit dem 1938 die The Andrew Sisters Erfolge hatten. Softrockig wurde es anschließend mit "And so it goes" von Billy Joel aus dem Jahr 1989, in dem er mit "Das grenzt an Liebe" die dramatische, zum Scheitern verurteilte Beziehung zu einem Model besang.

Zum Schluss ließ dann das Ensemble Abendlieder erklingen wie "Ade zur guten Nacht" von Harald Banter und "Die Blümelein, sie schlafen" mit Satz von Siegfried Strohbach. In die ungarische Tiefebene führte "Esti dal" von Zoltan Kodaly, wo ein Wanderer in der Fremde in seinem Nachtlager im Freien um Gottes Schutz bittet.

Mit Billy Joel's englischem Wiegenlied "Lullabye - Goodnight my Angel" verabschiedete sich das Ensemble, nicht ohne nach langanhaltendem Beifall noch eine Zugabe mit dem schwedischen Lied "„Sommarpsalm" zu gewähren, in dem sie in deutscher Übersetzung singend "Wie herrlich grünen Baum und Strauch" ein großes Loblied auf die Schöpfung anstimmten.

Sehr treffend hat die Nürnberger Nachrichten bereits im Juni 2013 den Gesang der Schwestern gewürdigt: „Trotz der meist sehr eng gesetzten Mehrstimmigkeit agieren die Schwestern stets absolut intonationssicher und präzise; ihr eigentliches Ass ist jedoch mit stimmlicher Perfektion allein nicht zu erklären: Die Art von intuitiver Harmonie, die aus ihren Stimmen eine werden lässt.“

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