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Bei der Lehrweinprobe der 66. Veitshöchheimer Weinbautage fanden Gefallen auch die Alkoholfreien wie der weiße Chardonnay und der rote Primitivo Passio Doppio ebenso wie der Perlage pur-Sekt

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Das Potenzial und die Herstellung von entalkoholisiertem Wein und die Terroir-Stilistiken des Silvaner standen im Mittelpunkt des zweiten Tages und der Lehrweinprobe als krönenden Abschluss der 66. Veitshöchheimer Weinbautage in den Mainfrankensälen.

Bei der Lehrweinprobe stellten die Weinexperten auf der Bühne paarweise acht Alkoholfreie 2.0, vier Silvanerstilistiken und zwei Veltliner aus dem Weinviertel vor, v.l.n.r. Johannes Burkert (Leiter des Arbeitsbereiches Oenologie an der LWG), Ralf Schwarz (Kellereifachberater Bezirk Unterfranken) und Felix Baumman (Stellv. Leiter des Arbeitsbereiches Oenologie an der LWG).

Dazu hatten sie auch einige Produzenten eingeladen, die ihre Erfahrungen weitergaben, wie sie an die Sache herangegangen sind, um erfolgreich ein gutes alkoholfreies Produkt auf den Markt zu bringen, wie im Bild links Kellermeister Stefan Gerhard vom Winzerkeller Sommerach und der Oenologe Dr. Klaus-Peter Heigel vom Weingut Wirsching in Iphofen.

Als Problem hat sich herausgestellt, dass die Mengen, die zur Entalkoholisierung zu den Lohnunternehmern gebracht werden, entsprechend groß sein müssen, ab 5000 Liter. Der Arbeitskreis Kellerwirtschaft des Fränkischen Weinbauverbandes empfiehlt Weingütern zum Ausprobieren mit kleineren Mengen sich zu einem Pool zusammenzuschließen, denn ein Markt für Alkoholfreie 2.0 mit Potential sei da.

Die "Versucherle" kredenzten in sieben Paaren die Studierenden der beiden Technikerklassen der LWG.

Dr. Matthias Schmitt, Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Oenologie in Geisenheim hatte den Teilnehmenden der Weinbautage am Vormittag bei der Vorstellung seines  Praxisleitfaden zur Herstellung eines entalkoholisierten Weines betont, dass der Marktanteil alkoholfreier Alternativprodukte stetig wächst, in Deutschland aber noch relativ überschaubar. Produktion, Nachfrage und Bekanntheitsgrad würden jedoch stetig zu nehmen.

Laut einer Umfrage im Rahmen des Nielsen Haushaltspanels 2020 wussten nur 15 Prozent der Befragten, dass es Weißwein ohne Alkohol gibt. Zwölf Prozent kannten einen alkoholfreien Rotwein und neun Prozent einen Rosé. Im vierten "Flight" der Lehrweinprobe wurden entalkoholisiert ein weißer Chardonnay und der rote Doppio Passio kredenzt, die zwar mit einem normalen Wein nicht zu vergleichen sind, aber durchaus zu genießen waren.

Der Bekanntheitsgrad von alkoholfreiem Schaumwein lag mit 53 Prozent bereits deutlich höher.... (DWI 2021). Der Anteil von alkoholfreiem Sekt (schäumendes Getränk aus alkoholfreiem Wein) liegt bei rund 8 Prozent
des Sektmarktes in Deutschland. Allerdings wachse der Druck auf die Branche u.a. durch Anti-Alkohol-
Kampagnen (YouGov: 47% der 18-24 Jährigen in der EU trinken keinen Alkohol). Bei der Lehrweinprobe wurden in den ersten drei "Flights" alkoholfreie Schaumweine verkostet, die vor allem bei Empfängen immer beliebter werden und den Orangensaft ersetzen. Bei einigen war nicht zu erkennen, dass sich dahinter ein alkoholfreies Produkt verbirgt.

 1. Flight mit Weingut Bürgerspital

Bürgerspital Joh. Secco Alkoholfrei:

feine Frucht, spritzig, unbeschwertes Trinkvergnügen, hergestellt aus eigenen Trauben mit Aroma Rückgewinnung

Entalkoholisiert nach dem Vakuum- Extraktions-Verfahren: Dabei wird dem Wein bei unter 30 Grad der Alkohol schonend entzogen. Mit der Aroma Rückgewinnung werden die natürlichen Weinaromen aufgefangen, Bouquet und Geschmack bleiben erhalten = schäumendes Getränk, das dem Lebensmittelrecht unterliegt.

Serviert wurde rechts zum Vergleich auch der recht fruchtige Grundwein des Bürgerspitals (ein Müller-Thurgau und Muskateller), bevor er in die Entalkoholisierung nach Rüdesheim ging, mit deutlich reduzierter Säure.

Sowohl der alkoholisierte als auch der alkoholfreie Joh. Secco des Bürgerspitals kosten auf der Liste 8,90 Euro (die Entalkoholisierung allein verursacht rund 2,0 Euro pro Liter).

 2. Flight nach Iphofen und Sommerach

2022er Wi’Zero des Weingutes Wirsching (zu 70 Prozent Privatkunden), ein weißer, alkoholfreier Secco, schäumendes Getränk aus entalkoholisiertem Wein, frisch, fruchtig zum Preis von 7,80 Euro = eigene Produktion aus den Rebsorten zu je 50 % Muskateller + Müller-Thurgau, deren Aromen weitgehend erhalten blieben).
(Heigel: Bei einem Empfang mit 40 Personen merkte keiner, dass der servierte Sekt alkoholfrei ist).
 
Beim roten Schaumwein Frizzante Alkoholfrei des Winzerkellers Sommerach (Rebsorte: Cuvée aus Bacchus und Domina) verleiht die zugesetzte Kohlensäure feine Fruchtperlen. Ein prickelndes Trinkvergnügen ohne Alkohol zum Preis von 6,95 Euro, das es schon seit Frühjahr 2020 gibt. Den Ursprung für diesen alkoholfreien Frizzante bilden aromatische, goldgelbe, duftige Trauben mit 58 Gramm Restzucker/Liter. In der Nase ein betörender Duft reifer Früchte, erfrischend und lebendig. Der alkoholfreie Rotling wird vor allem im Sommer bei Empfängen sehr gerne getrunken. In den Füllzahlen stetiges Wachstum, nicht mehr wegzudenken in der Produktpalette des Winzerkellers.

 3. Flight nach Venetien und an den Neckar

Beim dritten und vierten Flight erfolgte ein Regionswechsel weg vom Fränkischen Weinland nach Italien und ins Badische.

Seit der Gründung 1887 im Herzen Venetiens in Valdobbiadene ist Mionetto einer der ältesten, zugleich jedoch innovativsten Prosecco-Hersteller, der auf höchste Qualität der Trauben achtet.  Mionetto ist Prosecco, Vino Spumante und Frizzante, der weltweit fasziniert und begeistert. Die alkoholfreie Variante von Mionetto entspricht zum Preis von 9,79 Euro dem authentischen italienischen Geschmack und Lebensstil und überzeugt durch ein feinperliges Mousseux, eine helle strohgelbe Farbe und einen erfrischend fruchtigen Geschmack, wobei das Bouquet einen zarten Duft nach reifen Früchten, mit Noten von Zitrus und grünem Apfel aufweist.

Frieder Schäfer, Wengerter, Parfümeur, Energiewirt und Inhaber der Privatkellerei Eberbach-Schäfer in Lauffen am Neckar stellte zunächst seinen "Perlage pur" vor, der durch eine höhere Aromarückgewinnung im Bukett besticht mit klarer Frucht nach Citrus und grünem Apfel. Auf dem Gaumen ist das schäumende Getränk erfrischend herb. Durch die fein eingebundene Kohlensäure kann man den Perlage pur zum Preis von 9,90 Euro bei festlichen Anlässen wie einen herben brut Sekt genießen, klassisch als Aperitif, perfekt, um die schönsten Momente bewusst zusammen genießen zu können, ohne zu merken, dass es ein alkoholfreies Getränk ist. Grundlagen sind ein Muskateller und ein Müller-Thurgau.

4. Flight an den Neckar und nach Apulien

Verkostet wurde dann von der Privatkellerei Eberbach-Schäfer auch ein eleganter Chardonnay-Wein (entalkoholisiert) mit viel tropischen Früchten im Bukett und vollmundig-erfrischendem Geschmack, der laut Schäfer zum Preis von 9,90 Euro sich einer sehr guten Nachfrage erfreut, halbtrocken und mit 61,3 Gramm Restzucker/Liter lieblich, der ausgezeichnet zu frischen sommerlichen Salaten, Geflügel und Fischgerichten passt. Vor allem ältere Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen keinen Alkohol zu sich nehmen dürften, seien damit völlig glücklich.

Apulien ist die Heimat von Doppio Passo. Die Doppio Passo-Familie hat mit dem Primitivo Alternativa das alkoholfreie Pendant zum beliebten Rotwein herausgebracht. Durch die Anwendung des besonders schonenden Spinning Cone Column-Verfahrens wurde bei diesem Wein sichergestellt, dass die ursprünglichen und natürlichen Aromen der süßen Trauben erhalten bleiben.

Im Ergebnis steht ein alkoholfreier Doppio Passo mit saftigem Charakter und ansprechenden Aromen von Brombeeren, Kirschen und Cassis, der  nach Einschätzung von Felix Baumann bei der Lehrweinprobe, zwar dünner in der Konzentration, aber ansonsten, aromatisch nicht verkocht, ziemlich nah ans Original herankommt. Es waren viele überrascht , dass der entalkoholisierte Doppio Passo mit einem Listenpreis von 8 Euro (ermäßigt im Weinhandel auch schon für 5,80 zu erhalten) auch alkoholfrei schmeckt.

Im zweiten Teil der Lehrweinprobe ging es deshalb bei der Verkostung von vier, aus 70 zugesandten fränkischen Silvanerweinen, darum, dass die Probanden die Profile von zwei Muschelkalk-, einem Buntsandstein- und einem Keuper-Silvaner herausfinden, beruhend auf der Studie, die am Vormittag der LWG-Oenologe Felix Baumann vorgestellt hatte.

Die fränkische Weinvielfalt hat viel mit der abwechslungsreichen Geologie von Franken zu tun. Die Böden, in denen die Rebstöcke wurzeln, bestimmen nämlich den Geschmack des Weines ganz wesentlich. Abhängig vom Boden, wird ein „Cocktail“ aus Mineralstoffen mit dem Regenwasser aus dem Gestein gelöst und gelangt über die Wurzeln in die Trauben.

Dadurch, dass der Silvaner sein Terroir so exakt widerspiegelt und sein Charakter stark von der Bodenbeschaffenheit abhängig ist, entsteht eine für diesen Wein typische große Geschmacksvielfalt. Ob Buntsandstein (BSS), Muschelkalk (MK) oder Keuper (K) – man sagt, der echte Kenner schmeckt den Boden.

 5. Flight mit MK- und BSS-Silvaner nach Eibelstadt und Frickenhausen

Der MK-Silvaner 2021 vom Eibelstadter Kapellenberg des Weingutes Max Markert (Preis 5,50 Euro)  lässt mit einer angenehmen, milden Säure ganz klar gelbe Früchte wie die Quitte im linken Glas riechen.

Im rechten Glas ein BSS-Silvaner des Weingutes Bickel-Stumpf in Frickenhausen (Preis 14,90 Euro), der sich hinsichtlich der Gelbfruchtigkeit deutlich unterscheidet, aber super gefällig rüberkommt.

 6. Flight nach Handthal mit K-Silvaner und ins Weinviertel mit Grünen Veltliner

Im linken Glas ein Keuper-Silvaner vom Handthaler Stollberg des Staatlichen Hofkellers Würzburg (Preis 12,90 Euro), eine komplett andere Stilrichtung zu den Silvanern 5A und 5B, würziger und fruchtiger (nur von 50 Prozent der Probanden im Saal als Keuper erkannt).

Auf Löß gewachsen ist der spontan vergorene, sehr trocken ausgebaute Grüne Veltliner des Weingutes Gruber Röschitz im österreichischen Weinviertel (Preis 9,95 Euro) , der mit seiner kräuterischen und ätherischen Fruchtnote dem Keuper-Silvaner sehr ähnelt. Gemeinsam mit den Aromen von Birne und Apfel, von Wiesenkräutern und Zitrone zeigt der im Glas hellgelb strahlende Weißwein seinen eleganten, würzig-mineralischen Charakter.

7. Flight mit einem MK-Silvaner des Weingutes Clemens Fröhlich in Escherndorf und ins Weinviertel zum Weingut Pfaffl mit einem grünen Veltliner

Der vierte MK-Silvaner des Weingutes Fröhlich vom Escherndorfer Lump (Preis 8,00 Euro) unterschied sich deutlich von seinen drei Silvaner-Vorgängern, hat aber auch eine gelbfruchtige Art mit Quitte-Marille-Aroma an sich.

Etwas würziger im Geschmack ist der ZEISEN Grüner Veltliner aus dem Weinviertel des vollautomatisierten Weingutes R&A Pfaffl (Preis 9,95 Euro), vollmundig, strahlend klar, gelb grünliche Reflexe, schöne Würze bereits in der Nase, knackiger Apfel, am Gaumen sehr fruchtig umrahmt von den klassischen Pfeffer-, Zitrus- und Kräuternoten.

 

 Nachstehend einige Folien aus dem Vortrag von Dr. Schmitt über die Technologie der Entalkoholisierung

Eine Fachausstellung während der Tagung bot die Gelegenheit Kontakte mit Herstellern und Lieferfirmen zu knüpfen, sowie sich über deren Produkte und Angebote zu informieren.
Eine Fachausstellung während der Tagung bot die Gelegenheit Kontakte mit Herstellern und Lieferfirmen zu knüpfen, sowie sich über deren Produkte und Angebote zu informieren.
Eine Fachausstellung während der Tagung bot die Gelegenheit Kontakte mit Herstellern und Lieferfirmen zu knüpfen, sowie sich über deren Produkte und Angebote zu informieren.
Eine Fachausstellung während der Tagung bot die Gelegenheit Kontakte mit Herstellern und Lieferfirmen zu knüpfen, sowie sich über deren Produkte und Angebote zu informieren.

Eine Fachausstellung während der Tagung bot die Gelegenheit Kontakte mit Herstellern und Lieferfirmen zu knüpfen, sowie sich über deren Produkte und Angebote zu informieren.

Folien: LWG - Fotos Dieter Gürz

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