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In Veitshöchheim engagieren sich viele für die Integration ukrainischer Flüchtlingsfamilien

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Eine Sonderführung in Sachen Heimatkunde durch den Urveitshöchheimer Rudi Hepf gab es am Samstagnachmittag für in Veitshöchheim wohnende ukrainische Familien im Hofgarten. Zu den fünf ukrainischen Familien auf dem Foto gesellten sich später noch weitere dazu. Organisiert hatte die Führung Gemeinderätin Ute Schnapp (links) in ihrer Funktion als Referentin für Jugend, Familie und Integration zusammen mit Anita Ruhwedel (Bildmitte hinten), die den Gesprächs- und Handarbeitskreis am Mittwochnachmittag in der Sozialstation betreut. Diesen besuchen ukrainische Frauen, auch mit Kindern, und tauschen sich mit Einheimischen aus. Dabei war bei den Ukraineflüchtlingen die Frage aufgekommen, warum um das Schloss herum keine Engel stehen, da dieses doch das Haus von Kirchenmännern war. 

Der zertifizierte Hofgartenführer Hepf erläuterte den Teilnehmern, das kosmologische Programm des Rokokogartens mit über 200 Skulpturen, den drei Regionen des Gartens, Wald-, Lauben- und Seenregion, zugeordnet. Der Hofgarten galt in seiner Blütezeit unter Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim (1708 bis 1779) als Sinnbild des verlorengegangenen Paradieses, das Schloss, bis 1802 Sommerresidenz der Fürstbischöfe von Würzburg, als Sinnbild des Himmels. Hier trifft man neben antiken Götterfiguren und zahlreichen allegorischen Darstellungen (die abstrakte oder unwirkliche Dinge verbildlichen und sie somit greifbar machen) auf tanzende Hofdamen und Kavaliere, Charaktere der Commedia dellArte und Tierdarstellungen, allesamt aus den Werkstätten der drei Hofbildhauer Johann Wolfgang van der Auvera (1708 bis 1756), Ferdinand Tietz (1708 bis 1777) und Johann Peter Wagner (1730 bis 1809). Mit ihrer Mimik und Gestik geben die lebhaften Figuren dem Veitshöchheimer Garten sein rokokohaftes Ambiente, symbolisieren die verspielte Freude am Dasein.

vorstehendes Foto: Ute Schnapp
 

Wie steht es um die Integration? Hier einige Erfahrungsberichte

Recherchen von Ute Schnapp:

Es  leben 85 Ukrainer in Veitshöchheim, alle in Privatwohnungen. Die Kinder sind im Kindergarten oder in der Schule, viele in einem Verein, die Schulkinder jetzt auch auf dem Abenteuerspielplatz.Von den Eltern haben einige einen sogenannten Minijob, hier wird natürlich die Leistung des Jobcenters verrechnet

Ein Vollzeitjob ist noch nicht möglich, da man erst die Deutschkurse absolvieren muss, um die Anerkennung des Berufes zu erlangen. Diese Kurse sind meist vier Mal die Woche, jeweils vier Stunden. Für die Ärzte ist es noch aufwendiger, da nach dem erforderlichen Deutschabschluss auch noch eine Anerkennung erforderlich ist.
In ihrer Freizeit treffen sich einige Frauen regelmäßig in der Sozialstation, um mit Anita Ruhwedel etwas kreativ zu sein und sich zu unterhalten, natürlich auf Deutsch! Die Familien möchten in Deutschland bleiben, die alleinstehenden Frauen sind noch unentschlossen.

Anita Ruhwedel, Betreuerin des Gesprächs- und Handarbeitskreises am Mittwochnnachmittag in der Sozialstation

Bei ihren wöchentlichen Treffen am Mittwoch (außerhalb der Ferienzeiten) in der Caritas-Sozialstation geht es u.a. darum, die deutsche Sprache der Teilnehmerinnen zu verbessern durch aktives Tun und ihnen das Gefühl des Willkommen sein zu geben. Daneben ist die Gruppe je nach Jahreszeit, kreativ tätig und hat beispielsweise Schmunzelsteine für das Benefizkonzert von ViaVicis, zugunsten des Rollstuhlfahrzeuges, gemalt.Ruhwedel den Kontakt hergestellt haben. Ein Mädchen ist jetzt sogar Tanzmariechen. Durch diese Kontakte können sich auch gleichzeitig die Eltern integrieren.
Ruhwedel: "Die Teilnehmerinnen sind sehr dankbar über die Unterstützung. Wir haben für die ukrainischen Familien auch Fahrräder, Möbel und Kleidung, je nach Bedarf besorgt."

 Dorothea von Droste

Am 17. März hat auch Dorothea von Droste (hinten rechts) bei sich im ehemaligen Tagungshaus ihres Hotels am Main  sieben Flüchtlinge aufgenommen, eine Familie mit  ihrem sechsjährigen, in die erste Klasse gehenden Zwillingspärchen und ihrem vierjährigen Sohn sowie die Schwester der Ehefrau mit ihrer zehnjährigen Tochter, die inzwischen wieder zurück ist. Dafür kam die Oma nach (siehe Bericht - nachstehender Link).

Rückblickend auf die 17 Monate, die die aus einem Dorf  100 Kilometer nördlich von Kiew direkt an der russischen Einfallstrasse geflüchtete Familie nun schon bei ihr im Hof des Hotels am Main wohnt, berichtet von Droste, dass diese von Anfang an davon ausgingen, in Deutschland zu bleiben. Sie hätten  vom Staat viel Unterstützung erfahren, aber die Bürokratie mit den unzähligen auszufüllenden Formularen sei unfassbar gewesen. Sie selbst habe hierfür unheimlich viel Zeit reinstecken müssen, um ihnen zu helfen. Die Flüchtlinge wollten von Anfang an auf eigenen Beinen stehen und haben auch relativ schnell einen Job gefunden, die Kinder in die Schule gekommen, wo sie inzwischen gut deutsch sprechen, ganz im Gegensatz zu den Erwachsenen, für die die Sprache noch eine großes Hindernis sei.Sie wollten zwar einen Sprachkurs machen, so die Hotelinhaberin, der jedoch wegen des fehlenden Vortests jetzt erst seit April möglich ist. Die Verständigung erfolge so immer noch hauptsächlich durch die Handy Übersetzungs-Apps "Speak & Translate".

Familienvater Dima ist als Gabelstablerfahrer bei Sir Oliver, die nachgekommene Oma arbeitet als Reinigungskraft im Hotel und die Ehefrau in der Pflege, wo sie schon deutlich mehr deutsch gelernt habe. Sie wollen für ihre Kinder etwas in Deutschland aufbauen, die diese Woche auf dem Abenteuerspielplatz sind.

Dorothea von Droste, die daneben noch weitere Flüchtlinge in ihrer leerstehenden Wohnung untergebracht hat,  ist es ein Bedürfnis mitzuteilen: "Alle waren durch die Bank weg super dankbar und total engagiert, auf die eigenen Beine zu kommen, sich zu integrieren, legen eine tolle Mentalität an den Tag."

 Günter Thein

In ihren Eigentumswohnungen in einem Neubau in der Herrnstraße hatten am 19. März 2022  auch Günter Thein und  Holger Keß nach Kriegsbeginn in der Ukraine zwei Flüchtlings-Familien (insgesamt drei Erwachsene und vier Kinder (in ähnlicher Konstellation wie beim Tagungshaus des Hotels am Main) als Erstbezug aufgenommen (siehe vorstehender Link auf Bericht vom 22. März 2022).

Wie Günter Thein zurückblickt, hatten sie damals noch gdacht, dass es kurzzeitig sein würde. Thein: "Schnell haben wir versucht, die nötigsten Dinge zu besorgen. Als die Familien in Leinach abgeholt wurden, waren die Wohnungen mit dem Nötigsten ausgestattet."

Die Verständigung, am Anfang teils in Englisch, teils mit Übersetzer auf den Handys, ging nach seinen Worten sehr gut.  Familien hätten dann jede Möglichkeit genutzt, deutsch zu lernen, anfangs privat, später dann durch Sprachkurs. Notwendig war durch ihn und Keß noch die Begleitung zu Ämtern und Ärzten, Ausfüllen von Formularen etc. in Zusammenarbeit mit dem Landratsamt.

Die Familien wollten natürlich, dass ihre Kinder möglichst schnell in die Schule gehen konnten, dies habe allerdings einige Zeit gedauert. Erstaunlich schnell, schon nach wenigen Tagen, bekamen alle Kinder online-Unterricht aus der Ukraine, sogar die Hobbys der Kinder (Eiskunstlauf und Tanzen) wurden online unterrichtet, was, so Thein, für die Kinder sehr wichtig war.

Die bei ihnen untergebrachten Familien waren digital sehr fit, vernetzten sich schnell und versuchten möglichst viel selbst zu regeln. Thein: "Unsere Unterstützung konnte dadurch nach und nach reduziert werden." Inzwischen arbeite eine Frau Teilzeit als Fahrerin. Ein Ehepaar hbe ainzwischen das Sprachlevel B2 und bemühe sich, in ihren Berufen arbeiten zu können.

Fotos Dieter Gürz

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