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Mobiles Grün in der Kirchstraße: Veitshöchheim wird zum Impulsgeber für innovative und nachhaltige Grünprojekte in urbanen Gebieten

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Beim Pressetermin  am Freitagmorgen begutachten im Bild oben v.l.n.r. von der LWG Freiraumplaner Dr. Claus Prinz und der Projektleiter für "Urbanes Grün" Andreas Adelsberger zusammen mit dem Veitshöchheimer Bauamtsleiter Klaus Kaiser und Bürgermeister Jürgen Götz einen der beiden in den quadratischen Behältern aus Douglasienholz gepflanzten Maulbeerbäume (Morus alba fruitless), die dem Formschnitt im Hofgarten nachempfunden als geschnittene Dachform das Fasanentor zum Rokokogarten säumen .

Mit dem Ziel, den urbanen Raum in der Ortsmitte nachhaltig zu gestalten und die Lebensqualität für ihre Bewohner zu verbessern, wurden in dieser Woche durch Gemeindegärtner Ralf Emmerling und seinem Team in den im November 2022 fertiggestellten Pflasterflächen in der Kirchstraße als mobiles Grün neun Pflanzbehälter in Douglasien-Holzausführung aufgestellt und mit insgesamt 13 Bäumen in drei Varianten bepflanzt.

Beim Pressetermin war von einem wegweisenden Gemeinschaftsprojekt die Rede, initiiert von Klaus Kaiser von der Gemeinde in Zusammenarbeit mit Andreas Adelsberger und Dr. Claus Prinz vom Institut für Stadtgrün und Landschaftsbau der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG).  Das bereits auch bei den Landespflegetagen und in der Fachpresse vorgestellte Pilotprojekt erfreue sich bereits konkreter Nachfragen anderer Kommunen und öffentlicher Einrichtungen und könnte, so die LWG-Experten,  den Schlüssel zu einer grüneren und lebenswerteren Stadt bieten.

Das innovative Projekt ziele darauf ab, durch mobile Baumpflanzungen eine flexible Lösung für Orte zu schaffen, an denen traditionelle Grünflächen und Baumpflanzungen  nicht möglich sind. Die Auswahl der neun Standorte hier im Veitshöchheimer Ortskern sei strategisch erfolgt, so LWG-Experte Prinz,  um die Lebens- und Aufenthaltsqualität im dicht bebauten Ortskern zu steigern. 

Neben den beiden Kästen vor dem Hofgarteneingang sind auch die drei auf dem Kirchplatz platzierten Pflanzbehälter quadratisch mit einer Seitenlänge von 2,05 Meter, jeweils bepflanzt mit einer UV-strahlungstoleranten Blasen-Esche (Koelreuteria paniculata), die freiwachsend mit ihren leuchtenden, gelben Blüten, die im Sommer den Baum schmücken, ein wahrer Blickfang sein wird.

Für die vier Standorte mit beengtem Raum, so im Bild oben an der Einmündung der Oberen Maingasse, gibt es vier schmalere Varianten  in Rechteckform, 1,11 Meter x 2,05 Meter groß, die mit insgesamt acht schnittverträglichen Amber-Spalierbäumen (Liquidambar styracifluar) in heckenartiger Kronenform bepflanzt sind. Der Baum trägt über die warme Jahreszeit ein schönes kräftiges Grün und später mit einer intensiven feuerroten Herbstfärbung.

Amberspalierbäume im  Kasten vor dem Escavinum

Amberspalierbäume im  Kasten vor dem Eingang zur Vitusschule

Alle neun Kästen sind 94 Zentimeter hoch und alle  an einer Seite mit einer 60 Zentimeter tiefen und 50 Zentimeter hohen Sitzbank versehen. So bietet das mobile Grün auf insgesamt 14 laufenden Metern auch attraktive Sitzgelegenheiten und durch den Schattenwurf der eingewachsenen Bäume kühle Plätze in heißen Sommern. Das werde die Aufenthaltsqualität im Ortskern zukünftig spürbar erhöhen und die vielen ein Eis Schlemmenden sicherlich erfreuen.

 Ausgewählte Stauden zur Unterpflanzung

Darüber hinaus wurde von den Planern das Potenzial der Baumscheiben als attraktive Grünflächen erkannt und durch eine gezielte Auswahl aus Stauden, Gräsern und Kleingehölzen weiter ausgeschöpft. Diese sollen in den nächsten Wochen unter die Bäume gepflanzt werden.

Andreas Adelsberger entwickelte ein Pflanzkonzept, das sowohl den idyllischen Charakter des Ortskerns berücksichtigt als auch die standörtlichen und nutzungsbedingten Anforderungen erfüllt.

Adelsberger: "Das mobile Grün trägt nicht nur zur Verschönerung des Ortstbildes bei, sondern fördert auch die biologische Vielfalt und verbessert das städtische Mikroklima."

 

Salvia officinalis 'Major'

Dalmatinischer Gewürz-Salbei

Ein besonders aromatischer, immergrüner Strauch, hoch und breit wachsende Sorte mit großen, rundlichen Blättern, recht frostverträglich und auch im Winter durchaus zierend.

 

Helictotrichon sempervirens 'Saphirstrudel'

Garten-Blaustrahlhafer 'Saphirsprudel'

Er ist mit seinen· filigranen Blütenrispen an langen Stängeln und  seiner blau-grünen Blattfärbung ein dekoratives Gestaltungselement.

 

Bergenia Hybr. 'Oeschberg'

Bergenie 'Oeschberg'

Eine unheimlich robuste Sorte mit intensiv violett-rotem Winterlaub, welche sogar in den späten winterlichen Monaten überzeugt mit einem herrlichen Farbtupfer.

 

Phlomis russeliana

Russel-Brandkraut

ist eine beeindruckende Staude, die durch ihre gelben Blüten (ein wahrer Hingucker), bei der das auffällige, grau-grüne Laub besticht. Dieses mehrjährige Gewächs besitzt eine aufrechte Wuchsform und erreicht eine Höhe von bis zu 90 cm, langanhaltende Blütezeit von Juni bis September

 

Nepeta racemosa 'Superba'

Katzenminze

Niedrige und äußerst robuste Pflanze für sonnige Standorte als Beetvordergrund. Sie blüht nach einem Rückschnitt fast ununterbrochen bis zum Herbst und ist ein gern besuchtes Bienen- und Hummelparadies!

 

Euphorbia polychroma

Gold-Wolfsmilch

Die bis zu 40 cm hochwachsende Pflanze vermittelt mit ihrem fröhlichen Goldgelb im ganzen Garten ein lebendiges und fröhliches Frühlingsgefühl. Selbst nachdem die Blüten im Juni vergehen, setzt die Gold Wolfsmilch noch farbige Akzente.

 

Echinacea purpurea ‘Purity‘

Weißer Sonnenhut

im Beetvordergrund überaus blühfreudig mit sehr großen Einzelblüten den ganzen Sommer über bis in den Herbst hinein.

 

Campanula poscharskyana ‘Blauranke‘

Blauranke

Die Hängepolster-Glockenblume 'Blauranke' verlängert ihre Blütezeit durch eine attraktive Nachblüte auf die Zeit von Juni bis September. Diese Sorte ist sehr pflegeleicht und wächst auf eine Höhe von 10 bis 20 cm.

 

Hedera helix 'Glacier'

Efeu 'Glacier'

Der immergrüne Efeu  ist eine kletternde, kriechende Gartenpflanze mit dekorativen, blauen Früchten. Die grüngelben, in Dolden angeordneten Blüten erscheinen von September bis Oktober.

 

Cerastium tomentosum

Filziges Hornkraut

Die silbrigen, linealen Blätter machen das Filzige Hornkraut zu einer einmaligen, immergrünen Staude. Ab Mai weiße Blüten. Bienen und andere Insekten finden eine gute Nahrungsquelle. Als kriechend wachsende Staude erreicht sie Größen bis zu 15 cm und wird etwa 25 cm breit

 

Coreopsis verticillata 'Zagreb'

Netzblatt-Schönauge 'Zagreb'

Die kleinen, strahlenförmigen Blüten sind gelb und von Juni bis September zu sehen. Das auch ohne diesen Blütenschmuck sehr ansprechende Laub ist von grüner Farbe und besteht aus kleinen, linealen, glatten Blättern.

 

Calamintha nepeta ‘Triumphator‘

Bergminze 'Triumphator'

Die keinblütige Pflanze verzaubert in der warmen Jahreszeit mit einem sehr angenehmen, minzhaltigen Geruch.

 

Linke und rechte Spalte der Tabelle selbst erstellt durch Online-Recherche bei Gärtnereien

 Bewässerung

Um die Herausforderungen der Wasserversorgung in trockenen Regionen wie Veitshöchheim zu bewältigen, hat die LWG eine Bewässerungsmethode entwickelt, die kapillarwirksame Mineralwolldochte nutzt, um Wasser aus einem in der Sitzbank integrierten Wasserspeicher in die Pflanzbehälter zu transportieren. Dieses innovative System gewährleistet eine stabile Grundfeuchtigkeit im Boden und ermöglicht eine effiziente Grundversorgung ohne den Einsatz von Sensor- und Pumpentechnik.  Gerade in längeren Trockenperioden, so Prinz, erweise sich diese Methode als besonders wirksam und ressourcenschonend, da lediglich der Wasserspeicher alle 14 Tage durch die Gemeindegärtner nachgefüllt werden müsse.

 

Das Gemeinschaftsprojekt wird über die kommenden Jahre von der LWG begleitet, um die Vitalität der Pflanzen und die Leistungsfähigkeit der Bewässerungsmethode zu dokumentieren und auszuwerten. Freiraum-Planer Prinz: "Veitshöchheim könnte so zu einem Impulsgeber für innovative und nachhaltige Grünprojekte in urbanen Gebieten werden, die die Lebensqualität für zukünftige Generationen sichern."

Was die Pflanzcontainer gekostet haben, konnte noch nicht in Erfahrung gebracht werden, da alle Auftragsvergaben nicht öffentlich erfolgten. Die Kosten für die gepflanzten Bäume und das Substrat wurde von der Gemeinde mit je 3.500 Euro beziffert.

 Kritische Stimmen aus der Bevölkerung

Über diese neueste Errungenschaft der Gemeinde wurden jedoch auch viele kritische Stimmen laut. Vielen sind die Pflanzkästen zu wuchtig und dem Ortsbild abträglich.

 

 

Bürgermeister Jürgen Götz bittet alle Kritiker abzuwarten, wie sich die Unterpflanzung mit Stauden entwickelt. So werde auch die helle Patina des Holzes, an der sich viele stören, noch nachdunkeln, wie dies auf einer Sitzfläche vor der VR-Bank bereits ersichtlich ist.

Hinsichtlich der Standorte ist von Vorteil ist, dass die Begrünung der Straße ohne baulichen Eingriff im Untergrund möglich war und so die Elemente den Standort mittels Radlager oder Bagger wechseln können. Eines solchen bedarf es schon, denn der mit zwei Kubikmeter Substrat gefüllte quadratische Behälter hat im nassen Zustand ein Gewicht von drei Tonnen. Hinzukommen noch das Gewicht des Holzmaterials, des Baums und bei voller Füllung 260 Liter Wasser.

Fotos Dieter Gürz
 

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