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Musikalischer Hochgenuss par excellence beim Adventskonzert des Heeresmusikkorps Veitshöchheim in der Kuratiekirche

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Repräsentation der Bundesrepublik Deutschland im In- und Ausland und Truppenbetreuung sind die wichtigsten Aufgaben der 50 Berufsmusiker des Heeresmusikkorps Veitshöchheim. Sein Tafelbesteck  sind die kleinen, aber feinen Ensembles mit jeweils eigenen Klangfarben. Vier an der Zahl stimmten beim traditionellen Adventskonzert der 10. Panzerdivision in der mit an die 400 Gäste übervollen Kuratie-Kirche Heilige Dreifaltigkeit in Veitshöchheim, unter dem großen Radleuchter vor dem Altar platziert, mit unglaublicher Präzision, Harmonie und Spielfreude und mit viel Herzblut fast zwei Stunden lang auf die Weihnachtszeit ein.

Hauptfeldwebel Florian Bauer führte vortrefflich durch ein mit einer Auswahl an traditionellen und konzertanten Stücken aus fünf Jahrhunderten abwechslungsreiches Programm, das er selbst beim vom Blechbläserquintett gespielten Hallelujah von Leonhard Cohen mit einer brillanten Gesangseinlage bereicherte. 

Zur feierlichen Eröffnung mit Trommelwirbel des Schlagzeugers Simon Hirt zu Beginn servierte das vom Leiter des Heeresmusikkorps Oberstleutnant Roland Kahle dirigierte 20köpfige Große Ensemble mit dem Konzertmarsch "The Earl of Oxford March"  des um 1540 in London geborenen Großmeisters der englischen Renaissance-Musik William Byrd ein klingendes Schlachtengemälde, aus dem die typischen kriegerischen Bläserfanfaren hervorstachen. Dieses noch heute die Gemüter bewegende Stück aus der Blütezeit von Byrds Schaffenskraft war die perfekte festliche Eröffnung des Konzerts.

Generalmajor Ruprecht von Butler, Divisionskommandeur der 10. Panzerdivision begrüßte neben ehemaligen und aktiven Soldaten unter den vielen Ehrengästen besonders den  1. Bürgermeister Veitshöchheims, Jürgen Götz, Pfarrer Christian Nowak als Hausherrn  und den evangelischen Militärpfarrer Jochen Fiedler, der dieses Mal den Part für besinnliche Worte im Advent übernahm.

Der Kommandeur sagte angesichts des schlimmen Krieges mit seiner entsetzlichen Gewalt, der noch immer in der Ukraine und nun seit dem 7. Oktober 2023 auch im Nahen Osten tobt, dass es viele Gründe gibt, sorgenvoll in die Zukunft zu schauen. Es sei der Beruf aller Soldaten der Bundeswehr, unsere Menschenrechte und Freiheit und unsere Werte vor Bedrohlichem und Zerstörerischem zu beschützen. Der christliche Glaube sei ein Element der Hoffnung, dass beim Weihnachtsfest im nächsten Jahr beide Kriege zu Ende sind. Es sei ganz wichtig, hoffnungsfroh nach vorne zu schauen und unseren Kindern ein friedvolles Fest zu geben.

Das Posaunentrio glänzte bei seiner Premiere unter der  Leitung von Kai Begemann (links) höchst virtuos und grandiosen Klängen mit Stücken aus drei unterschiedlichen Zeitepochen, so zunächst mit  der kammermusikalischen Sonate Nr. 1 + Nr. 2 von Daniel Speer (1636 - 1707), einem extravaganten Komponisten und einer der verblüffendsten Gestalten des Barock.

Nach diesem Ausflug ins 17. Jahrhundert ließ das Trio das beeindruckende zeitgenössische Stück "Fire Horse" des 42jährigen belgischen Komponisten und Posaunisten Steven Verhelst folgendem man förmlich den Galopp des Feuerpferdes aus der chinesischen Mythologie vernehmen konnte.

Zum Schluss erklang dann die vom Organisten Franz Xaver Gruber im Jahr 1818 komponierte Melodie zu "Stille Nacht", das berühmteste Weihnachtslied der Welt und seit 2011 immaterielles Kulturerbe in Österreich, von John Marvin Schneider (rechts) besonders feierlich und erhaben arrangiert (in der Bildmitte Johannes Bauer).

Auch das Saxophonquartett vollzog unter der Leitung von André Müller Zeitsprünge über mehrere Jahrhunderte mit tollen Klangerlebnissen v.l.n.r. André Müller (Sopran), Jens Herbold (Bariton), Monika Cziplik (Tenor) und Sven Hippeli (Alt).

Dem von dem in Deutschland geborenen israelischen Fagottisten Mordechai Rechtmann arrangierten dreisätzigen Stück Concert Nr. 2 a-moll von Johann Sebastian Bach (1685-1750) folgte aus der Neuzeit mit Bezug zur Bundeswehr „Sarajevo“ aus der Reihe musikalischer Skizzen von „Ciudades“ (Städten), die für Guillermo Lago, dem  komponierenden Ego des Musikers Willem van Merwijk (*1960) eine besondere Bedeutung haben und der er hin und wieder neue Skizzen hinzufügt. „Sarajevo“ hat Lago seinen vielen Freunden  in der Hauptstadt von Bosnien und Herzegowina gewidmet, die in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts  von einem grausamen Bürgerkrieg heimgesucht wurde.  Zu Beginn dieses Jahrtausends half Lago beim Wiederaufbau einer Saxophonklasse an der Musikakademie Sarajevo und zusammen mit „Musikern ohne Grenzen“ und seinem Freund Adnan Cico gründete er die „Winds of Change“, Bosnien und Herzegowinas erstes Bläserensemble.

Volkstümlich wurde es dann wieder, als das Saxophon-Ensemble das vom oberösterreichischen Geistlichen Anton Reidinger 1884 veröffentlichte Weihnachtslied "Es wird scho glei dumpa" anstimmte, mit Müller am Akkordeon. In der hochdeutschen Fassung fand es Mitte den 1970ziger Jahre Beachtung auf dem damals sehr populären Weihnachtsalbum der Pop-Gruppe Boney M., die das Lied damit vielen jüngeren Menschen erstmals bekannt machte.

Das Blechbläserquintett brachte dann unter der Leitung von Mathias Müller enormen Schwung in das Konzert, zunächst mit "Amazing Grace" von John Newton der wohl  bekannteste Gospelsong der Welt, Demut, Stärke und Zuversicht gleichermaßen zum Ausdruck bringend.

Es folgte der nach dem gleichnamigen Film  aus dem Jahr 1930 berühmte jazzige Song"Puttin’ on the Ritz" von Irving Berlin, oft interpretiert, zum Beispiel von Fred Astaire. Lorenzo Bocci setzte das rhythmisch sehr interessante, swingende Stück für Blasorchester um.

Mit Leonard Cohens "Hallelujah" spielte dann das Quintett einen der bekanntesten Songs der Welt, vortrefflich von Florian Bauer gesanglich interpretiert.

Ein besonderer Hörgenuss war dann auch das letzte Stück der Blechbläser: Dean Martin's 1959 für das Album "A Winter Romance" aufgenommene Version von "Let it snow" ist die beste und beliebteste Aufnahme dieses Lieds, das seit Jahrzehnten zu den ultimativen Festtagsklassikern zählt.

Die Mitwirkenden des Ensembles: Mathias Müller (Trompete), Martin Roith (Horn), Bernhard Sauer (Tuba), Bernhard Huf (Posaune), Simon Hirt (Schlagzeug) und der Hauptgefreite Felix Panknin (Trompete) - seit einem Jahr beim HMK.

"Let It Snow!" wünschte sich dann auch der evangelische Militärpfarrer Jochen Fiedler in seinen besinnlichen Worten zur Advents- und Weihnachtszeit, denn ohne Schnee sei Weihnachten nur halb so schön. Die gehörte Musik sei Balsam für die Seele, sagte er.

Der Pfarrer rezitierte ein sehr bewegendes Gedicht von Jochen Klepper, der sich am 11.12.1942 zusammen mit seiner jüdischen Frau Johanna und deren Tochter Renate, die beide kurz vor der Deportation standen, das Leben nahm.

 

Den für alle wunderschönen Abend ausklingen ließ dann, wie zu Beginn, die große Besetzung des Heeresmusikkorps unter der Leitung von Oberstleutnant Roland Kahle mit dem volkstümlichen Stück "A Jingle Bells Fantasy",  eine Interpretation eines der beliebtesten Weihnachtslieder aller Zeiten mit üppigen Sounds, vermischt mit einigen Up-Tempo-Abschnitten, von Darrol Barry.

So bedankte sich der  Kommandeur bei Roland Kahle für das wunderbare Adventskonzert, das  für den Leiter des Heeresmusikkorps das letzte war, denn er kann im Laufe des Jahres 2024 in den Ruhestand gehen.

Als Zugabe verwöhnten die Heeresmusiker dann noch das Publikum, das zum Abschluss die Kirche stimmungsvoll mit Kerzen ausleuchtete, mit der Softrock-Ballade "Bridge over troubled water" des US-amerikanischen Folk-Rock-Duos Simon & Garfunkel.

Ruprecht von Butler bat schließlich noch um Spenden für das Bundeswehrsozialwerk, um Menschen, denen es nicht so gut geht, ein schönes Weihnachtsfest zu ermöglichen.

Die Zufriedenheit und die Begeisterung über dieses Konzert war in allen Gesichtern  der Gäste zu erkennen. Dem Heeresmusikkorps war es auch dieses Jahr  wieder gelungen, ein bisschen Ruhe und Besinnlichkeit in die doch oft allzu hektische Vorweihnachtszeit zu bringen.

Fotos Dieter Gürz

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