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NaturFreunde-Ortsgruppe Veitshöchheim-Würzburg e.V. feierte beim Sommerfest mit Festakt das 110jährige Bestehen vor über 300 Gästen bei hervorragender Musik

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Erinnerungsfoto mit Ehrengästen nach dem Festakt zum 110jährigen Bestehen der NaturFreunde-Ortsgruppe Würzburg-Veitshöchheim e.V. beim Sommerfest am Sonntag, 16. Juli 2023

Mit einem Weißwurstfrühstück und frisch gezapftem Fassbier eröffnete am Sonntag um 11 Uhr die NaturFreunde-Ortsgruppe Veitshöchheim-Würzburg e.V.  im  Biergarten ihres NaturFreundehauses im Veitshöchheimer Sendelbachtal ihr Sommerfest. In dessen Mittelpunkt stand um 13 Uhr der Festakt anlässlich des 110jährigen Vereins-Jubiläums.

In der Naturidylle des Biergartens am NaturFreundehaus war es eine rundum gelungene Veranstaltung, unter der Leitung von Sigi Hofmann wieder hervorragend organisiert, die im Laufe des Tages in der Zeit von 11 bis nach 17 Uhr über 300 Gäste anzog. Gekommen waren auch an die 50 NaturFreunde  aus Schweinfurt, Schonungen, Schwebheim und Kitzingen und sogar aus Mosbach. Die 23 ehrenamtlichen Helfer am Bewirtungstand und in der Cafeteria in der "Hütte" hatten so alle Hände voll zu tun.

Eingebunden in das zweitägige Event "Veitshöchheim macht Musik" verbreitete ab 12 Uhr zum Mittagessen und auch zwischen den Reden beim Festakt die von den Musiklehrern Andreas Franzky und Rainer Nürnberger geleitete "Folk-Band" der Sing- und Musikschule mit Folklore aus vielen Ländern Wohlfühlatmosphäre.

Die 23-köpfige Besetzung der B27 Big Band der Sing- und Musikschule Veitshöchheim sorgte dann ab 15 Uhr zur Kaffeezeit unter der Stabführung ihres Dirigenten Klaus Wangorsch über zwei Stunden für gute Stimmung und beste Unterhaltung mit einem buntgemischten Programm von Swing, Latin bis Pop-Musik.

Der Einladung des Vorsitzenden Jürgen Schrader waren zur Feier des 110jährigen Vereinsjubiläums 25 Ehrengäste aus  Politik und Gesellschaft sowie auch örtliche Vereinsvertreter gefolgt, die auf der oberen Terasse ihren Platz fanden. MdB Paul Lehrieder, Bürgermeister Jürgen Götz und die stellvertretende Landrätin Christine Haupt-Kreutzer sicherten in ihren Grußworten der Ortsgruppe ihre volle Unterstützung bei ihrem großen Projektvorhaben, dem geplanten ökologischen Ersatzbau des Bettenhauses zur Sicherung der Zukunft des NaturFreundehauses zu.

Wie der Vorsitzende ausführte, hat die Ortsgruppe in der weltweit aufgestellten Naturfreunde-Organisation in den 110 Jahren ihres Bestehens den Zeitläufen entsprechende Wandlungen erfahren. So sei der Verein zur Bildung und Geselligkeit in der Natur für die Arbeiterschaft aus Würzburg zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu einem Verein gewachsen, der sich für Umwelt- und Naturschutz engagiert, über 150 Kilometer Wanderwege betreut, Verbraucherinformationen präsentiert, Programme für Kinder und Familien anbietet, mit der ehrenamtlichen Gastronomie und Musik Angebote zur Geselligkeit für Veitshöchheim, Würzburg und die umliegenden Gemeinden macht und mit dem Wandern in seinen vielfältigen Formen Natursport betreibt. So habe das attraktive Angebot im letzten Jahr dazu geführt, dass die Mitgliederzahl um 24 auf 208 zum Jahresanfang stieg. Da inzwischen 70 Prozent der Mitglieder aus Veitshöchheim kommen, erfolgte in der Mitgliederversammlung am 21. April 2023 einstimmig durch eine Satzungsänderung die Umbennung  des Vereins in NaturFreunde Deutschlands, Ortsgruppe Veitshöchheim/Würzburg e. V..

Aus den beiden Festreden und den acht Grußworten war herauszuhören, dass das große Angebot der jetzigen Führungsriege in den Bereichen Wanderungen, Geselligkeit, Fort- und Jugendbildung höchste Anerkennung verdient und Weiterentwicklung fordert, noch gelinge das alles im Rahmen des Ehrenamts.

Ehrenmitglied Helmut Försch verstand es trotz seiner 95 Jahre als Zeitzeuge in seiner Festrede bestens die Gründungszeit, den Bau des Hauses im Jahre 1921, sowie die Beschlagnahme durch die Nazis darzustellen. Er ist ein Stück lebendige Geschichte des Ortsvereins, der in seiner Kindheit und Jugendzeit fast jedes Wochenende dort verbrachte und als 17jähriger mit seiner Familie nach der Bombennacht in Würzburg am 27. März 1945  in der Hütte  noch bis Oktober 1948 ein Zuflucht fand.

Er präsentierte mit viel Herzblut Schlaglichter von den Anfängen der NaturFreunde bis zur Neugründung nach dem Zweiten Weltkrieg und ging dabei besonders auch darauf ein, wie vor 90 Jahren die NaturFreunde trotz Verbot und Enteignung ihres Hauses im Edelmannswald durch das Nazi-Regime ihr Vereinsleben fortsetzen konnten, in dem  150 der 300 Mitglieder 1934  in die neugegründete Ortsgruppe des 1914 in Nürnberg gegründeten Fränkischen Albverein e. V. für Wandern, Heimatpflege und Naturschutz (FAV) eintraten (ausführlicher Bericht auf Veitshöchheim News - siehe nachstehender Link).

Försch  hat 1947 die Naturfreundejugend in Würzburg gegründet und betätigte sich jahrzehntelang bei den Naturfreunden als Schriftführer, Hüttenwart und Kulturwart, ehe er im Jahr 1983 und von 1992 bis 2004 das Amt des zweiten Vorsitzenden innehatte. 

Die Ehrenvorsitzende Karin Radermacher, die  15 Jahre der NaturFreunde-Ortsgruppe vorstand, warf dann als zweite Festrednerin den Focus auf die Zukunft des Vereins und hier vor allem den Erhalt und die Neugestaltung des Gästehauses, denn beides gilt für sie als untrennbar.

Sie ging darauf ein, inwieweit die Ortsgruppe in der heutigen Zeit noch den Zielen der Gründungsväter gerecht wird. Ein Ziel sei der Gruß "Berg frei" gewesen, den Arbeitern den Zugang zu den Bergen zu verschaffen. Die Ortsgruppe komme verstärkt mit ihrem großen Wanderprogramm für alle Altersgruppen nach, den Menschen den Zugang zur Natur und Freizeit zu verschaffen.

Die Vermittlung von Bildung bilde wie schon von Schrader erwähnt, nachwie vor einen Schwerpunkt der Vereinsarbeit. Auch das gesellschaftspolitische Engagement der NaturFreunde sei ungebrochen. So arbeite die Ortsgruppe mit vielen Umweltorganisationen zusammen, erhebe ihre Stimme bei kritischen Dingen.
Und ganz wichtig ist für Radermacher im Hinblick der Zielsetzungen des  Übernachtungswerkes der NaturFreundehäuser, dass die Idylle hier in Veitshöcheim erhalten bleibt. Sie appellierte an alle politisch Tätigen, die gekommen waren, die Realisierung des geplanten Gästehaus-Ersatzbaus zu unterstützen, ein für sie phantastisches Vorhaben. Radermacher: "Hier müssen dieses Haus unbedingt erhalten, um unsere Ziele, die die Ortsgruppe nachwievor verfolgt, zu erreichen.

Veitshöchheims Bürgermeister Jürgen Götz überreichte Schrader nach seinen Grußwort den obligatorischen Jubiläumscheck (Fünf Euro pro Jubiläumsjahr) für Zwecke der Jugendarbeit des Vereins, der durch den Bau des NaturFreundehauses mit seiner Eröffnung im Jahr 1921 spätestens seit der Gebietsreform 1976 mit der Eingemeindung von Gadheim  einen direkten Bezug zu Veitshöchheim hat.

Götz: "Ich finde es bewundernswert, was die NaturFreunde Ortsgruppe Jahr für Jahr gerade auch für Kinder und Familien im Hinblick auf den verantwortlichen Umgang mit der Natur auf die Beine stellen." Ganz herzlich dankte das Ortsoberhaupt, dass die NaturFreunde in Kooperation mit dem Spessartbund auch knapp über 200 Kilometer Wanderwege im Norden Würzburgs und somit auch auf der örtlichen Gemarkung betreuen.

Zur größten Herausforderung des Vereins, dem Erhalt und Modernisierung der beiden Häuser hier am kalten Berg sicherte der Bürgermeister dem Verein die Unterstützung der Gemeinde zu, um den Gedanken eines schonenden Umgangs mit unserer Natur und unserer Umwelt auch in nachfolgende Generationen tragen zu können.

Bundestagsabgeordneter Paul Lehrieder (CSU) sagte, dass das Ziel der Gründungsväter, junge Menschen an die Natur heranzuführen, ihnen die Einsicht in die Schutzwürdigkeit der Natur zu geben, nachwievor sehr wichtig sei. Das Bewusstsein gerade bei Schulklassen für die Natur zu wecken, sei gerade bei den NaturFreunden mit ihren Übernachtungsmöglichkeiten ganz wichtig. Lehrieder versprach: "Wo ich unterstützen kann bei dem, was die Ortsgruppe vorhat an Erneuerung, werde ich sie unterstützen." Man müsse gemeinsam auch im Kreistag und im Bauamt des Landratsamtes schauen, was man da machen kann, um für die Erweiterung des Gästehauses die Priviligierung des Vorhabens im Sinne des § 35 BauG zu erreichen. Laut Schrader könnte dann die Erlangung des Baurechtes als Grundlage für die Finanzierung wesentlich einfacher und kostengünstiger erreicht und gesamte Vorhaben deutlich beschleunigt werden.

Landtagsabgeordneter Patrick Friedl (Sprecher für Klimaanpassung der Grünen-Fraktion): "Wir merken, es braucht die Natur heute viel mehr denn je Freunde, wenn uns das Wasser knapp wird und die Natur darrt, dass wir Extremwetterlagen haben." Es sei deshalb enorm wichtig, die Menschen in die Natur zu führen und die Natur zu den Menschen zu bringen.

Friedl: "Es ist wichtig zu sehen, dass jeder graue Platz zum Schaden für uns ist. Wir brauchen grüne Plätze, kühle Räume und wir müssen dort, wo wir aus der Haustür treten, auf Natur stoßen. Wenn es konkret um einzelne Entscheidungen geht, ob eine Fläche versiegelt wird oder nicht, wo gebaut wird oder nicht, dann bitte ich, dieses Verständnis auch zu haben." Es müsse sehr genau abgewogen werden, wo heute noch versiegelt werden kann oder wo Dinge zurück oder intelligenter in die Höhe zu bauen sind, damit Natur noch Platz hat.

Die Stellvertretende Bezirkstagspräsidentin Eva-Maria Linsenbreder (SPD) führte aus, dass die SPD und die NaturFreunde auf die Arbeiterbewegung des späten 19. Jahrhunderts zurückgehen und vieles gemeinsam haben. Die hiesigen NaturFreunde seien auch im 110. Jahr ihres Bestehens noch ein sozial-ökologischer Freizeitverband, der sich für eine nachhaltige Gesellschaft einsetze, nämlich der folgenden Generation eine lebenswerte und gestaltbare Welt zu hinterlassen, in der Umweltschutz, soziale und ökologische Gerechtigkeit sowie Kultur miteinander im Einklang stehen. Diese Ziele sollten immer wieder den Menschen draußen zu Gehör gebracht werden.

Linsenbreder: "Vielleicht hört man dann die mir unerträgliche Hetze einer Partei, die sich leider noch immer demokratisch nennen darf und erkennt, dass die Wurzeln einer ökologisch gerechten Zukunft für die Jugend unser Auftrag ist, den es zu erfüllen gilt. Eine gute Zukunft für alle wird es nur geben, wenn das Allgemeinwohl Vorang hat vor Individualinteressen und die Natur braucht die Naturfreunde."

Die Stellvertretende Landrätin Christine Haupt-Kreutzer (SPD) zollte der Ortsgruppe großen Respekt, was sie mit ihrer Mannschaft ehrenamtlich leistet und alles im Angebot ist, von Mai bis Oktober den Betrieb hier aufrecht zu erhalten, Wanderungen zu organisieren für alle Altersgruppen. Insofern bezeichnete sie das NaturFreundehaus mit dem Spielplatz nebendran auch als Aushängeschild für den Landkreis. Um Kindern gerade in der heutigen Zeit den Umgang mit der Natur zu ermöglichen, sei es sehr wichtig, eine solche Einrichtung zu erhalten. Haupt-Kreutzer: "Ich kann sie deshalb nur unterstützen in dem Bauvorhaben, das ein tolles, ambitioniertes Projekt ist und hoffe, dass es von allen Seiten vom Bund, Land und Landkreis Unterstützung findet." Dies brauche es dringend, um gerade im Bereich der Kindererziehung nachhaltig das  Thema Natur zu erhalten.

Clara Schömig, nach der Wahlniederlage am 9.7.2023 noch bis zum 7. Oktober 2023  Bürgermeisterin von Güntersleben, stellte den Bezug ihres Ortes zu den NaturFreunden her, vor allem dass viele Günterslebener immer wieder zum Sonntagsausflug nach hier kommen. Die Beziehungen würden schon 90 Jahre zurückreichen, als das NaturFreundehaus von den Nazis enteignet und dann dem Fränkischen Albverein übergeben wurde, dem sich viele ehemalige NaturFreunde anschlossen, um ihrer Hütte nahe zu sein. Es gab aber auch den Ausschluss der drei Mitglieder Martin Albert, Alois Schwab und Georg Sittig, denen der Verein das Betreten der Hütte verbot. Diese drei NaturFreunde seien dann mit ihren Freunden nach Günterselben in die abgeschiedene Landschaft am Leitensee gegangen und hätten nach und nach Grundstücke mit Lichtungen im Wald aufgekauft, wo dann ohne baurechtliche Genehmigung eine Siedlung von Hütten und einfachen kleinen Häusern entstand, die auch heute noch von den Nachkommen am Wochenende bewohnt werden (nachzulesen im Buch von Rainer Spitznagel "Meine Kindheit und Jugend am Leitensee - wie eine Freizeitsiedlung entstand" - erhältlich im Günterslebener Rathaus für zehn Euro).

Die Würzburger SPD-Vorsitzende Freya Altenhöhner sagte, die Forderungen der NaturFreunde nach einem besseren Klimaschutz, nachhaltigem Tourismus und gerechter Verteilung von Ressourcen seien immer noch hochaktuell. Es gehe viel zu langsam voran beim Ausbau der erneuerbaren Energien, bei der Verkehrswende, einer ökologischen Landwirtschaft. Es brauche deshalb einen Verein wie die NaturFreunde mit einer klaren Position und einer lauten Stimme, die Politik auch an ihre Verantwortung zu erinnern. Wie Linsenbreder gingt sie auch auf die Umfrageergebnisse der AFD ein. Es werde ihr Angst und Bange und es sei ganz schrecklich, wenn eine faschistische Partei nun Landrat und Bürgermeister stellt. Um sich dem entgegenzustellen, brauche es notwendiger denn je Mut und Vereine wie die NaturFreunde mit einer klaren demokratischen und antifaschistischen Haltung. Auch im Hinblick auf den Ukrainekrieg braucht es nach Meinung von Altenhöhner Vereine wie die NaturFreunde mit einer klaren internationalen Ausrichtung, die Werte wie Freundschaft, Völkerverständigung und Frieden hochhalten.

Fotos Dieter Gürz

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