Wasserspiele im Veitshöchheimer Rokokogarten: Auch bei derzeitiger allgemeiner Wasserknappheit entgegen landläufiger Meinung keine Verschwendung
"Ich dachte, wir haben Wasserknappheit!" lautete ein Kommentar, als dieses Video vom ständig laufenden Wasserspiel im kleinen See am 2.9.2022 auf Facebook veröffentlichte wurde. Eine andere Userin meinte: "Auch wenn es in den See zurückfällt, verdunstet bei den momentanen Temperaturen sehr viel, vor allem, wenn das kostbare Nass so fein versprüht wird. Bei der momentanen Wasserknappheit sollte man darüber nachdenken, ob so etwas wirklich nötig ist"
So traten auch im Veitshöchheimer Hofgarten schon immer große Mengen Wasser aus dem Untergrund. Um die drohende Versumpfung des Geländes zu verhindern, wurden diese Quellen schon vor 1720 gefasst und mit einem Brunnenhaus überbaut.
Wie auf dem Foto zu sehen, wurden bis Ende 2007 die im 18. Jahrhundert aus Natursteinen gemauerten Entwässerungskanäle, die den ganzen Hofgarten unterhalb der Erdoberfläche durchziehen, freigelegt, die steinernen Abdeckplatten abgenommen, eingewachsene Gehölzwurzeln beseitigt, Sedimente auf der Kanalsohle entfernt und das Mauerwerk in Stand gesetzt.
Die Entwässerungskanäle waren die Voraussetzung, dass Bäume, Sträucher und Hecken bei dem hohen Grundwasserstand überhaupt gedeihen konnten. Außerdem wird das gesammelte Wasser für die Wasserkünste im Veitshöchheimer Hofgarten genutzt. Nachdem seit 2007 das jahrhundertealte Drainagesystem wieder voll funktionsfähig ist, hat die bayerische Schlösserverwaltung das Netz wieder in Betrieb genommen, sodass heute die Brunnen und Seen des Hofgartens mit Hilfe des historischen Systems gespeist und die Pflanzen bewässert werden.
Wie in diesem Video zu sehen ist, wird sogar Überlaufwasser über einen 300 Jahre alten gemauerten Kanal vom Wasserturm aus entlang der Tiergartenstraße zum Main abgeleitet. Diesen 196 Meter langen historischen Kanal hat die Gemeinde 2015 für 200.000 Euro saniert. Es herrscht also ein Überfluss an Wasser im Hofgarten, so trat erst in der letzten Zeit wieder an einigen Stellen Wasser an die Oberfläche, mussten unterirdische Kanäle wieder instandgesetzt werden. Meistens kündigt sich für die Hofgärtner das Problem dadurch an, dass ein Weg vernässt oder eine Wiese versumpft. Dann heißt es, auf Spurensuche gehen und feststellen, wo ein Kanal defekt ist.
Zu den Attraktionen im Veitshöchheimer Rokokogarten gehören schon immer die Wasserspiele. So sprudelt auch der 1766 von Ferdinand Tietz aus Sandstein und künstlicher Felsenarchitektur geschaffene Musenberg. Nach der griechischen Mythologie ist der Berg Parnass dem Gott Apollon geweiht. Die das Felsmassiv zierenden neun Musenfiguren wie Kallipe, Urania und Klio wurden 1988 abgebaut, in der Orangerie der Würzburger Residenz eingelagert und durch Abgüsse ersetzt, während das geflügelte Pferd „Pegasus“ auf dem Gipfel des Musenberges noch im Originalzustand wie vor 235 Jahren ist. 155.000 Euro hatte der Freistaat Bayern zuletzt 2009/2010 in die Restaurierung des Parnass investiert. 16 Monate lang war diese bedeutendste Skulpturengruppe des Rokokogartens hinter den Planen eines Gerüstes und einem Schutzdach verborgen, mussten solange die Parkbesucher auf die herrlichen Wasserspiele im Großen See verzichten.
Zur Gewährleistung einer guten Wasserqualität wurden im April 2008 im 9.000 Quadratmeter Großen See eine bis zu 80 Zentimeter dicke Schlammschicht entfernt, dabei wurden rund 4.000 Kubikmeter Schlamm abgefahren.
Die Wasserspiele im großen See laufen von April bis Oktober täglich von jeweils 13 bis 17 Uhr zu jeder vollen Stunde zehn Minuten lang.
Das Volumen des Speicherbehälters im Wasserturm an der westlichen Hofgartenmauer, dem Herzstück der Veitshöchheimer Wasserkunst, in den über historische unterirdische Kanäle und ein Wasserrad Grundwasser gelangt, lässt keine längeren Laufzeiten zu.
Die 1772/73 errichtete und am 31. März 1945 durch eine Fliegerbombe zerstörte Kaskade des Hofgarten war der Ausgangspunkt des Wassers im Garten. Im Zentrum stand der Meeresgott Neptun, umgeben von zwölf weiteren Quell- und Naturgottheiten.
Die wieder aufgestellten Säulen (Foto links) sind neben vereinzelten Architektur- und Skulpturfragmenten die einzigen noch erhaltenen Bestandteile dieser historischen Gartenstaffage. Eine Rekonstruktion scheiterte bisher daran, dass der Freistaat Bayern bisher hierfür keine finanziellen Mittel bereitstellte.
In der von Autor Robert Seegert als Masterthesis am Institut für Kunstgeschichte an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg erstellten Arbeit Die Kaskade im Hofgarten zu Veitshöchheim – Auf den Spuren eines fränkischen Kleinods (Mainfränkische Hefte, Band 118 - erschienen am 22.3.2022) - Beschreibung siehe nachstehender Link - thematisiert der Autor abschließend die Notwendigkeit und Möglichkeit einer Wiederherstellung der Kaskade – nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Gartendenkmalpflege.
Die Kaskade im Hofgarten zu Veitshöchheim
„Spring-Brunnen und Wasser sind gleichsam die Seele der Gärten und ihre vornehmste Zierde" (Antoine Joseph Dézallier d'Argenville, Die Gärtnerey, 1731). So bereichern Brunnen und Kaskaden mit ...
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IMPRESSIONEN WASSERSPIELE IM HOFGARTEN VEITSHÖCHHEIM