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Hissung Aktions-Fahne von Terres des femmes "Frei leben ohne Gewalt" und "Nein zu Gewalt an Frauen" anlässlich des Aktionstages am 25.11. am Gymnasium Veitshöchheim

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Nach wie vor zählt Gewalt an Frauen zu einer der am weitesten verbreiteten Menschenrechtsverletzungen. Der „Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen" ist ein jährlich am 25. November stattfindender Gedenk- und Aktionstag zur Bekämpfung von Diskriminierung und Gewalt jeder Form gegenüber Frauen und Mädchen. Carmen Wallrapp, Kommunale Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Würzburg, möchte auch in diesem Jahr wieder auf dieses gesellschaftliche Problem aufmerksam machen.

Sie lud deshalb zur Veranstaltung "NEIN zu Gewalt an Frauen" am Freitag, 24. November 2023 von 11:15 bis 15:30 Uhr ins Landratsamt Würzburg ein (siehe Presse-Bericht LRA WÜ vom 24.11.23  am Ende).

Anfang dieser Woche war sie in das Gymnasium Veitshöchheim gekommen, um zusammen mit der stellvertretenden Landrätin Christine Haupt-Kreutzer und Schulleiter Dr. Bernhard Brunner in Anwesenheit der Q12 vor dem Schulgebäude die Aktions-Fahne von Terres des femmes "Frei leben ohne Gewalt" und "Nein zu Gewalt an Frauen" zu hissen.

Zuvor hatte Wallrapp in der Q12 des Gymnasiums über das Thema "Ehrenmorde" referiert, d.h. über die geplante Tötung eines meist weiblichen Familienmitglieds durch einen männlichen Angehörigen, um die „Ehrbarkeit“ der Sippe wiederherzustellen. Besonders in islamischen Ländern oder Regionen wie der Türkei, Syrien, Irak, Iran oder Pakistan werde diese grausame Tradition fortgesetzt, um so die Selbstbestimmung der Frauen dort einzudämmen. Falls Gerüchte aufkommen, dass eine Frau eine uneheliche Partnerschaft mit einem Mann hat oder z. B. zu „westlich“ wird, indem sie Eigenständigkeit erlangt und aus dem traditionellen Rollenbild herausfällt, wird sich in der Familie beraten und im schlimmsten Fall der Entschluss zur Ermordung gefällt. Durchgeführt werden Ehrenmorde immer von männlichen Verwandten, sprich Väter, Brüder, Onkel oder Cousins. Falls dies nicht geschieht, werden sie nicht als „wahre Männer“ angesehen und die ganze Familie kann innerhalb ihrer Gemeinschaft das Gesicht verlieren. Leider sind auch in Deutschland bereits viele Ehrenmorde  vorgekommen, wie der nachstehende Link offenbart.

Zentrales Thema von „Ehrenmorden“ ist die Unterwerfung der weiblichen Sexualität. Das zugrunde liegende Motiv eines Ehrenmords ist, dass der Frau das Recht auf freie Lebensgestaltung abgesprochen wird. Die Partnerwahl zum Beispiel gilt als eine Familienangelegenheit. Weitere Gründe für ein solches Tötungsdelikt seien unter anderem angebliche Untreue oder Trennungsgedanken der Frau in einer „legitimen“ Partnerschaft,  ein zu „westlicher“ Lebensstil oder sogar die Vergewaltigung einer Frau, die in der Familie als Schande angesehen werden kann.

Verhält sich eine Frau nicht nach den Regeln der patriarchalischen Strukturen ihres Elternhauses, beschmutzt sie nach Auffassung der Täter dessen „Ehre“. Nach den Geburtsländern der Täter dominiert die Türkei mit 63,3%, danach folgen arabische Länder mit 14,2%, Länder des ehemaligen Jugoslawien (inklusive Kosovo) und Albanien zusammen mit 7.5%, Deutschland mit 9,2% und Pakistan und Afghanistan zusammen mit 5.8%.

In den jeweiligen Kulturen, aus denen die „Ehrenmörder“ stammen, wird die Herrschaft des Mannes über die Frau kaum oder auch gar nicht hinterfragt. Lebe eine Frau nach ihren eigenen Vorstellungen, würden ihre männlichen Verwandten unter Druck gesetzt. Sie sähen sich in ihrer „Männlichkeit“ und Dominanz gefährdet und hätten Angst, die Kontrolle zu verlieren.

Textquelle: Studie des BKA zu Ehrenmorden - Fotos Dieter Gürz

PM LRA WÜ vom 24.11.2023:

Internationaler Gedenktag „Gegen Gewalt an Frauen“ am Landratsamt Würzburg: Orangefarbene Schuhe erzählen tragische Schicksale

Jede dritte Frau in Deutschland hat in ihrem Leben bereits mindestens einmal Gewalt erlebt. Frauen mit Behinderung werden zwei- bis dreimal häufiger Opfer von Gewalt. Allzu oft findet der Missbrauch im Verborgenen statt. Frauen isolieren sich aus Scham, das Umfeld sieht weg. Nicht selten verdammt die Angst vor den Peinigern die Frauen zur Hilflosigkeit.

Um die vielen Facetten dieser Gewalt und die Schicksale der Opfer sichtbar zu machen, wird Jahr für Jahr am 25. November der Internationale Gedenktag „Gegen Gewalt an Frauen“ begangen.

Die Gleichstellungsstelle am Landratsamt Würzburg nahm in diesem Jahr gemeinsam mit Landrat Thomas Eberth zum Auftakt einen Tag vor dem offiziellen Gedenktag den Missbrauch und die Gewalt an Frauen mit einer besonderen Symbolik in den Fokus: Im Foyer des Amtes wurden 133 Paar Frauenschuhe und einige Rollstühle in leuchtendem Orange ausgelegt. Sie stehen jeweils stellvertretend für die 133 Frauen, die im Jahr 2022 in Deutschland von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet wurden.

Die Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises, Carmen Wallrapp, dankte zunächst den vielen Anwesenden, die sich mit den Opfern, den Hinterbliebenen und allen Betroffenen solidarisch zeigen. Die Veranstaltung unterstützten unter anderem Terre des Fammes, der Zonta Club Würzburg, der Zonta Club Würzburg Elektra, der Soroptimist International Club Würzburg, Vertreterinnen und Vertreter aus Kreis-, Bundes- und Landespolitik sowie Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Veitshöchheim. Schülerinnen und Schüler der Würzburger Josef-Greising-Schule hatten sich besonders eingebracht und die Schuhe und Rollstühle zuvor in orangener Signalfarbe eingefärbt.

Frauen mit Behinderung besonders betroffen

„Jede dritte Frau mit Behinderung hat in ihrem Leben sexuelle Gewalt erlebt“, informierte der Beauftragte des Landkreises für Menschen mit Behinderung, Ernst Joßberger. „Das besonders Schlimme daran ist: Die Opfer gelten in der Regel als weniger glaubwürdig, weil sexualisierte Gewalt an Behinderten nur schwer vorstellbar scheint.“ Die Gewalt an Frauen mit Behinderung wolle man in diesem Jahr daher besonders thematisieren.

„Weil täglich schreckliche Dinge passieren, braucht es solche Tage, an denen wir die Öffentlichkeit aufrütteln“, erklärte Landrat Thomas Eberth. „Diese 133 Schuh-Paare stehen für 133 Geschichten mit schrecklichem Ende und noch unzählige traurige Schicksale mehr. Das darf nicht verschwiegen werden.“ Carmen Wallrapp fügte an: „Wir können hinschauen, anstatt wegzuschauen. Wir können Zivilcourage zeigen und dafür sorgen, dass sich etwas in der Gesellschaft ändert. Es muss sich etwas ändern.“ Als weithin sichtbares Zeichen für die notwendige Veränderung wurde im Anschluss eine Flagge „Gegen Gewalt an Frauen“ vor dem Landratsamt gehisst.

Ein Betroffener und eine Künstlerin geben bewegende Einblicke

Neben der Präsentation der Symbole ließ das Team der Gleichstellungsstelle auch einen Betroffenen zu Wort kommen: Dogus Albayrak vom Verein „Tuğçe Albayrak e.V.“ berichtete in einem bewegenden Vortrag vom tragischen Tod seiner mutigen Schwester Tuğçe Albayrak. Die Lehramtsstudentin türkischer Abstammung wurde im November 2014 auf dem Parkplatz eines Schnellrestaurants in Offenbach am Main niedergeschlagen und verstarb an ihren Verletzungen, nachdem sie zwei weiblichen Jugendlichen bei einem Streit mit zwei männlichen Jugendlichen zur Hilfe geeilt war. Dogus Albayrak hat daraufhin einen Verein zur Stärkung von Zivilcourage und Gewaltprävention ins Leben gerufen.

Im Anschluss konnten die Anwesenden die Ausstellung „Unerhört – wenn uns Gewalt gegen Frauen verstummen lässt“ von der Mediendesignerin und Kulturwissenschaftlerin Lalita Diekers bewundern. Die Exponate können bis auf Weiteres im Amtsgebäude des Landratsamt Würzburg in der Zeppelinstraße 15 zu den Öffnungszeiten der Verwaltung kostenfrei besichtigt werden.

Gemeinsam hissten Vertreterinnen und Vertreter aus Amt, Politik und Gesellschaft um Landrat Thomas Eberth (7.v.r.) die Flagge mit klarem Statement: Nein zu Gewalt an Frauen.

 

Fotos zu der PM des LRA WÜ: Christian Schuster

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