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Sehenswerte Ausstellung im Jüdischen Kulturmuseum Veitshöchheim: "Von Arauner bis Wüstenfeld - Unterfränkische Lebensmittel aus hundert Jahren"

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

Arauner 02 Armin Grein

Erstmals im Raum Würzburg ist noch bis 25. Mai 2014 im Jüdischen Kulturmuseum in Veitshöchheim die Ausstellung "Von Arauner bis Wüstenfeld - Unterfränkische Lebensmittel aus hundert Jahren"  zu sehen.

Sie ist geöffnet Do 15 - 18 Uhr, So 14 - 17 Uhr und nach Vereinbarung (Kulturamt Tel. 0931 9802-754 oder 764).

Zu sehen sind von knapp 50 regionalen Produzenten Werbemittel, Archivalien, Fotos und Original-Verpackungen. Diese von Dr. Birgit Speckle vom Referat Kulturarbeit und Heimatpflege beim Bezirk Unterfranken anlässlich der Unterfränkischen Kulturtage 2011 konzipierte und realisierte Schau beginnt bei Arauner in Kitzingen, wo bis heute unter anderem Kunsthonig hergestellt wird und endet bei der Zuckerwarenfabrik Wüstenfeld in Schweinfurt, die 1939 ihre Tore schloss. Die Exponate stammen aus Museen, von Sammlern und Betrieben oder aus den bezirkseigenen Beständen in den Museen Schloss Aschach.

Die Ausstellung war zum ersten Mal beim Tag der Franken 2011 im Alten Rathaus in Bad Kissingen zu sehen. Dann verschwand sie für zwei Jahre von der Bildfläche, wurden die Objekte im Schloss Aschach sicher eingelagert, Hervor kam sie dann wieder im Dezember 2013 im Stadtmuseum "Herrenmühle" Hammelburg und nun nach Veitshöchheim.  

Hier brach stellvertretender Bezirkstagspräsident Armin Grein in seiner Eröffnungsrede eine Lanze für die in der Region hergestellten Lebensmittel. Grein: "Wir befinden uns auf dem falschen Dampfer, wenn wir als Verbraucher einen importierten mit Gift konservierten Apfel beispielsweise aus Südtirol einem auf unseren Obstwiesen unbehandelt geernteten Apfel vorziehen." Es sei wesentlich gesunder, selbst wurmstichige Äpfel zu essen. Grein betrachtet es als eine Erziehungsaufgabe für unsere Gesellschaft, wieder mehr darauf zu achten, dass Produkte aus unserer Heimat auf den Tisch kommen. Die Ausstellung könne dazu beitragen, dass die hiesigen Haushalte ihr Einkaufsverhalten neu ausrichten und einheimische Lebensmittel fremdländischen vorziehen. Schließlich würden dafür auch ökologische Gründe sprechen: "Was in der Region produziert wird, hat keine weiten Anfahrtswege. Regionale Produkte stärken auch die heimische Wirtschaft. Ihr Kauf und Genuss geben das Gefühl, ein Stück Heimat zu sichern und, im wahrsten Sinne des Wortes, Heimat zu genießen."

Grein wünschte deshalb der Ausstellung recht viele Besucher, die sich gerne dazu inspirieren lassen, heimischen Produkten mehr Aufmerksamkeit zu schenken und beim nächsten Einkauf vielleicht bewusster oder sogar gezielter nach regionalen Lebensmitteln zu greifen.


Arauner 02 Martina Edelmann

Die Veitshöchheimer Kulturreferentin Dr. Martina Edelmann würdigte bei der Begrüßung der Gäste die letzte Eröffnung einer Ausstellung der Gemeinde durch Bürgermeister Rainer Kinzkofer, der in den 28 Jahren seiner Amtszeit an die 100 Ausstellungen eröffnet und die Ausstellungskultur in Veitshöchheim eingeführt und stets hochgehalten habe.

Arauner 04 Genisafundus 1 Arauner 04 Genisafundus 2 Arauner 04 Genisafundus 3 Arauner 04 Genisafundus 4

Das Thema der Bezirks-Ausstellung "Unterfränkische Lebensmittel aus hundert Jahren" habe auch örtlich vor 80 bis 100 Jahren im Leben jüdischer Familien eine Rolle gespielt. Edelmann: "Es kommen so hier im Jüdischen Kulturmuseum zwei Dinge zusammen, die die gesamte Kultur in unserer Region betreffen." Ein Anknüpfungspunkt war das im Museum ausgestellte Notizbuch eines hiesigen Gewürzhändlers aus dem Genisafund (auf dem zweiten Foto links zu sehen). Dem entsprechend verlagerte Edelmann die historischen Utensilien der Bezirksausstellung über die hier in unserer Region produzierten Gewürze  in das Museum. Zu sehen sind hier unter anderem Produkte der 1920 in Bad Kissingen gegründeten Gewürzmühle der Brüder Lay, die 2009 in einen neu errichteten Firmenkomplex nach Südthürigen umzog.

Die gemeindliche Kulturreferentin führte an, dass es auch in Veitshöchheim überregional bedeutsame Lebensmittelproduzenten gibt wie den Fleischereibetrieb Mehlig & Heller mit seinem europaweit bekannten "Opas Weißer", die Frankonia Schokoladenwerke oder den Eis-Stephan.


Arauner 02 Martina Edelmann Speckle Kinzkofer Frankonia Arauner 03 Frankonia Arauner 03 Frankonia 3 Taler Frankonia1960

Wie die Bezirksheimatpflegerin Dr. Birgit Speckle sagte, soll ihre Ausstellung einen Einblick geben in die Vielfalt der Produktpalette und ihrer Produzenten sowie in den Wandel der Verpackungen und der Werbung. Sie erzähle so auch die Geschichte unterfränkischer Lebensmittelbetriebe. Manche dieser Firmen existieren bis heute, an andere erinnern nur noch Sammlerstücke oder Dokumente in Archiven.

Im Bild links zeigt sie so eine Pralinenschachtel aus den 50er Jahren der Frankonia-Schokoladenwerke. Als Sammelobjekte begehrt sind die früher  aufwändig und kreativ gestalteten Verpackungen von Süßwaren wie deren Schokoladen-Taler (3. Foto), die es heute nicht mehr gibt.  Die 1869 von Konditormeister Wilhelm Friedrich Wucherer in Würzburg in der Zeppelinstraße 2 als Aktiengesellschaft gegründete Schokoladen- und Süßwarenfabrik  ist  seit 1982 in Veitshöchheim ansässig. Seit 1977 besitzt die französische Konzernmutter Cémoi die Aktienmehrheit der Veitshöchheimer Firma mit derzeit 170 Mitarbeiter, die heute vornehmlich Diät-Schokoladen für Diabetiker oder laktosefreie Schokoladen produzieren und in die ganze Welt exportieren. Das Bild rechts stammt aus dem Nachlass von Otto Richter. 


 

Arauner 03 Eichetti Arauner 03 Plakate 1

Zur Firma Eichetti Confect Spezialitäten A. Eichelmann GmbH & Co. KG Werneck (Lkr. Schweinfurt) hat die hiesige Gemeinderverwaltung einen besonderen Bezug, ist doch die zur Zeit sich im Mutterschutz befindliche Gemeinde-Beamtin Meika Weigel, geborene Rada mit dem Mitgesellschafter und Geschäftsführer Christian Weigel verheiratet.

Im Jahr 1900 begann der Teigwarenfabrikant Adam Eichelmann (1866 - 1945) in Werneck mit der Herstellung von Brausepulver. 1910/11 entstand für Brauseartikel ein eigenes Fabrikgebäude. Während des Ersten Weltkrieges wurde vor allem die Teigwarenherstellung erweitert, in Würzburg entstand ein zusätzlicher Betrieb. Im Jahr 1927 kamen die noch heute beliebten Eistörtchen auf den Markt. Ab den 1960er Jahren konzentrierte sich das Unternehmen auf die Süßwarenproduktion und erweiterte seinen Absatzmarkt nach Europa und Übersee. Heute finden sich neben Eiskonfekt und Confect Spezialitäten auch Waffelkreationen wie Kids-Hits und Crisby-Cups sowie Mr. Blubber Brauseprodukte im Sortiment. 


Arauner 03 Krautdosen

Besonders stolz ist Birgit Speckle auf die künstlich hergestellten Bratwürste mit Kraut, die früher auf zweiteiligen Tellern, auch Kanapee genannt, serviert wurde. Leider würden nur wenige Menschen daran denken, etwa eine leere Blechdose oder einen leeren Joghurtbecher als Kulturgut aufzuheben. Entsprechend schwierig sei es auch gewesen , leere Milch-, Mehl- oder Zuckertüten aus früheren Jahrzehnten zu finden. So habe sie Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um an alte Krautdosen zu kommen. Gottseidank habe die 1927 gegründete und heute von Joachim und Peter Bötsch geführte BÖKO Bötsch Sauerkraut- und Konservenfabrik GmbH in Unterpleichfeld ihre ganze Produktpalette seit den 1960er Jahren aufgehoben. Diese würden nicht nur wechselnde Designs zeigen, sondern auch das geringe Gewicht der jüngeren Dosengeneration, sich ändernde Schweißtechniken und den Wandel von der Lithographie zum Klebeetikett belegen.


Arauner 03 Arauner Tafelsenf

Wer weiß noch, dass in den frühen Nachkriegsjahren der Senf offen aus Tongefäßen verkauft wurde. Daran erinnert ein Exponat der Paul Arauner GmbH & Co. KG in Kitzingen. Der Firmengründer, Paul Arauner, war zunächst ab 1897 Apotheker in Kitzingen. Auf der Grundlage seiner erfolgreichen Forschungen zur Herstellung rein gezüchteter Weinhefen und zur Zuckerchemie gründete er 1904 eine eigene Firma zur Herstellung von Weinhefen und von Kunsthonig. Kunsthonig hatte besonders während und nach dem Ersten Weltkrieg große Bedeutung. Die Produktion von  Senf und Süßmost stellte die Firma bereits in den 1970er Jahren wieder ein. Heute bietet Arauner neben Kunsthonig auch Zubehör zur häuslichen Saft-, Wein-, Likör und Bierbereitung an.


Arauner 03 Gnodstaedter Bier

Die mittelständische Hausbrauerei Düll / Rank ist seit dem 18. Jahrhundert eng verbunden mit dem Gasthaus "Zum Schwarzen Adler in Gnodstadt. Heute befindet sich die Brauerei in der sechsten Generation in Familienbesitz. Bekannt ist sie für ihr feinherbes Pils und ihr Bockbier. Beide Spezialitäten können bis heute auch in der dazugehörigen Gastronomie genossen werden.


  Arauner 03 Plakate 2 Arauner 03 Plakate 3

Auf eine lange Geschichte kann auch die Ch[ristian] Hartmann GmbH Schloß Gebsattel in Sondheim v. d. Rhön (Lkr. Rhön-Grabfeld) zurückblicken. 1859 erwarb Christian Hartmann Schloss Gebsattel. Sein „Materialgeschäft“ verkaufte und exportierte Erzeugnisse aus der Rhön wie Wurzeln, Kräuter und Beerensäfte. 1899 übernahm Gustav Hartmann, Großherzoglich-Sächsischer Hoflieferant, die Fruchtpresse. Heute ist die Firma in der fünften Generation in Familienbesitz. Hergestellt werden Fruchtweine verschiedenster Geschmackstypen in alten Holzfässern und nach überlieferten Rezepten.


Arauner 03 Mehl Zucker 

In der Region einen Namen hat auch Frankenzucker (Südzucker AG).  Nach dem Ersten Weltkrieg erwarb die Zuckerfabrik Frankenthal AG Grundstücke, die 1926 in den Besitz der mittlerweile fusionierten Süddeutschen Zucker-AG übergingen. 1938 baute die Süddeutsche Zucker-AG ein Trocknungswerk in Ochsenfurt, woraus 1951 die Zuckerfabrik Franken GmbH (Franken Zucker) hervorging. 1960 entstand das Tochterwerk in Zeil am Main. Im Jahr 1988 fusionierten die Zuckerfabrik Franken GmbH mit der Süddeutschen Zucker-AG zur Südzucker AG.


Arauner 03 BaylaBrause

Pfarrer Karl Lott, Gründer des Würzburger Kreuzbund-Diözesanverbandes Würzburg, eröffnete im Jahr 1928 eine Lohnkelterei für Obst aus Mainfranken. Die Verbindung mit der christlichen Selbsthilfegemeinschaft für Suchtkranke brachte ab 1933 politische Probleme. Deswegen wurde der Betrieb 1935 privatisiert und von Franz G. Brendle übernommen. Dieser war Geschäftsführer des „Bayerischen Landesausschusses für gärungslose Früchteverwertung“, daher der Name Bayla.

2000 verlegte die Bayla ihre Geschäftsstelle von Heidingsfeld in den Stadtteil Heuchelhof. Heute bietet die Bayla eine breite Palette von Säften und Nektaren an.

 

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