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"wild thing" Ausstellung Sophie Brandes im Veitshöchheimer Königspavillon noch bis 26.November

Veröffentlicht am von Dieter Gürz

BrandesSophie01

Die in der Unteren Maingasse in Veitshöchheim wohnhafte Illustratorin und Objektkünstlerin Sophie Brandes präsentiert Arbeiten, die sich auf erkennbare Weise mit der Thematik des "Wilden" befassen. In einer Mischung aus Traumbild, naiver Kunst und Mythologie präsentiert sie in einem unkonventionellen Materialmix mit Witz und Originalität Masken, Assemblagen, Skulpturen und Arbeiten auf Papier.

BrandesSophie03KatalanischesMaerchen BrandesSophie04Beziehung

"Katalanisches Märchen"   - "Beziehung"

BrandesSophie02Pavillon1 BrandesSophie12Schrank BrandesSophie12Vitrine1      

Die Kunstwerke der 1943 in Breslau geborenen Künstlerin (Link auf ihre Vita) kommen in dem einmaligen Ambiente des historischen Königspavillons der Bücherei im Bahnhof voll zur Geltung, so als wären sie eigens dafür geschaffen.Sie können während der Öffnungszeiten der Bücherei (Di. - Fr. 10.00 - 12.00 + 13.00 - 18.00 bzw. Do. bis 20.00 Uhr , Sa. 10.00 - 13.00 Uhr) besichtigt werden.

BrandesSophie01a BrandesSophie03Masken

"Masken"

BrandesSophie05SchaetzederKindheit   BrandesSophie07FreiheitfuerMaria

"Schätze der Kindheit"  -  "Freiheit für Maria"

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"Nach dem Krieg"

BrandesSophie10Mediterrane Komposition  BrandesSophie11VitaleKomposition

"Mediterrane Komposition"  -  "Vitale Komposition"

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"Kleine Drachen"

Ein vom mir erstellter Auszug aus der künstlerischen Würdigung von Alexander Jansen bei der Vernissage:

"Uns umgeben auf zwei Etagen jene so laut schweigenden Bilder und Objekte, fabriziert, ans Licht geholt, von Sophie Brandes, einer Künstlerin, die immer wieder neu erstaunt und seltsam verstört. Sie zieht weite Kreise, in ihrem Leben und in ihrer Kunst, scheint sich auf einem labyrinthischen Weg zu befinden.

Gemeint ist das griechische Labyrinth, in dem es nur einen einzigen Weg gibt, der für den Beharrlichen unweigerlich zum Ziel führen wird – zu sich selbst.

Sophie Brandes ist durch ihre weiträumigen biographischen Bewegungen ihrem Ziel  schon sehr nahe. Es gehört das Unterwegssein körperlich wie geistig seit den Tagen ihrer Kindheit zum Kerninventar und Repertoire: Das vaterlose schlesische Flüchtlingskind, die Grafikdesignerin, die Illustratorin, die Autorin, die freie Künstlerin.

Da entdeckte sie auf Mallorca, im iberischen Bauernhaus, am Strand und auf dem Land vergessene auratische Dinge mit ganz spezifischer Poesie und verbindet diese zu Begebenheiten einer ganz eigenen Gattung, die sie Objektkunst nennt, aber nicht mit den herkömmlichen Begriffen wie Collage oder Assemblage zu fassen sind.

Die bildende vermählt sich mit Dichtkunst.

Erzählend, narrativ erscheint dieses immer mehr sich zuspitzende Oeuvre, das sich auslotet durch eine weitere neue Strömung, die Sophie Brandes dem „Phantastischen Realismus“ nahebringt.

Hier sind wir nun, im Land, wo die Schönheit sich mit dem Schrecken paart, wo der Erfahrene jung ist und oben unten. Bemerkenswerterweise landen wir dadurch in einer Epoche, deren Benennung uns vielleicht zunächst verstört, nämlich in der Frühen Romantik, wo Dichter und Denker wie Schlegel, Wackenroder, Tieck und Novalis dem Verborgenen mehr Gewicht schenkten als dem Offensichtlichen.

Einer avantgardistischen Strömung, die dem Bruchstück Vollendung zuwies, dem naiven Gedanken Bedeutung. Wo sich das Schwarze mit dem Weißen mischte und das Vexierbild nicht als Verstörung empfunden wurde. Wo man die Kindheit als Entwicklungsschritt benannte und die Grundlagen der Psychologie setzte und wo plötzlich das Wilde als reine Kraft erschien – im Einklang mit der Natur, von der man sich damals schon zu entfremden glaubte.

Was ist das, „wild“?

Das Bayerische Wörterbuch von Johann Andreas Schmeller von 1837 gab so Auskunft: „wild – also natürlich, nicht gemacht, gezähmt, geregelt, [nicht] veredelt durch menschliche Absicht, Kunst und Sitte“.

Wildheit also als vorkulturelles Phänomen – wie es auch Friedrich Engels im ausgehenden 19. Jahrhundert in „Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats“ beschrieb – als erstrebenswerter Zustand vor der Barbarei.

Und so ist „Wild Thing“ keine Humoreske, auch wenn man lächeln darf, sondern eine Ahnung der Substanz, die uns Menschen auch ausmacht." 

 


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