Veitshöchheim hat eine neue Orts-Chronik - Thomas Struchholz schuf 836-seitiges Werk, das seinesgleichen sucht
In die heimatkundlichen Fußstapfen seiner Mutter Vera (Bildmitte) ist der Veitshöchheimer Thomas Struchholz (re.) getreten. Er hat auf völlig ehrenamtlicher Basis und für die Gemeinde völlig kostenneutral eine neue Chronik über Veitshöchheim erstellt, die er nun voller Stolz im Hause seiner Mutter Bürgermeister Rainer Kinzkofer (li.) präsentiert.
Auf 836 Seiten entstand in hochwertigem Druck ein umfängliches Gesamtwerk, das nach Expertenmeinung weithin seinesgleichen sucht. Angereichert ist es mit 1.300 Abbildungen, Fotos und Dokumenten, von denen der Autor als passionierter Fotograf fast 800 selbst anfertigte .Mit einer Auflage von 2.500 Exemplaren hat Struchholz die Chronik bereits in Druck gegeben.
Das Werk will Struchholz am 25. Juli, 18.00 Uhr in den Mainfrankensälen auch der breiten Öffentlichkeit vorstellen.
Gemeinderatsmitglieder über Abnahmehöhe durch Gemeinde noch uneins
Ob allerdings dann der 4,3 Kilogramm Band bereits ab 27. Juli von den Bürgern zum Preis von 36 Euro gekauft werden kann, ist noch davon abhängig, welche Auflage die Gemeinde abnimmt. Der Autor, seit 2008 selbst im Gemeinderat vertreten, hat der Gemeinde die Chronik zum Vorzugs-Preis von 30,59 Euro angeboten, wenn eine Abnahme von mindestens 2.000 Büchern erfolgt. Darüber bestanden in der Hauptausschuss-Sitzung am 10. Juli jedoch unterschiedliche Auffassungen.
Udo Backmund sprach sich als Fraktionssprecher für die SPD-Fraktion dafür aus, dass eine Beschaffung nur im Rahmen des Haushaltsansatzes von 20.000 € erfolgt. Gemeinderatsmitglied Marc Zenner (CSU) dagegen votierte dafür, dem Autor die Gesamtauflage von 2.500 Bänden zum Preis von rund 75.000 Euro abzunehmen und das Buch dann alleine durch die Gemeinde zu verkaufen. Da keine Einigung in Sicht war, verwies das Gremium die Entscheidung in die nächste Gemeinderatssitzung am 24. Juli.
Expertenmeinungen
Die neue Chronik von Thomas Struchholz ist nicht zu vergleichen mit der seiner Mutter Vera Struchholz, die 1982 mit 160 Seiten die erste Chronik von Veitshöchheim in viel kleinerem Format herausgebracht hatte und diese später noch mit einem Buch über die Jahre von 1870 bis 1930 und einen Bildband mit historischen Postkarten und Fotos ergänzte (die drei Bände im Bild links).
Die langjährige Ortschronistin zeigte sich sehr glücklich, dass sie im Alter von 93 Jahren noch miterleben kann, dass ihr vor 35 Jahren begonnenes Werk nun endlich eine Fortsetzung fand. Vera Struchholz: „Wenn man sich die heutige schnelllebige Zeit anschaut, werden nicht nur die Werte der Gesellschaft verändert, sondern auch die Wertschätzung für die eigene Heimat verliert an Bedeutung.“ Spätere Generationen werden sich freuen, so die betagte Dame, was die heimatliche Geschichte für einen großen Schatz biete, voll mit lebendigen Geschichten, Schicksalen, traurigen und glücklichen Gestalten und einer steten Weiterentwicklung, die sie beim Studium der alten Aufzeichnungen im Lauf der Jahrhunderte immer wieder neu fasziniert habe.
Das vollständige Interview, das Thomas Struchholz mit seiner Mutter geführt hat, kann hier als pdf.Datei vorab gelesen werden.
Nachdem der Landschaftsarchitekt bereits bei der ersten Ausgabe seiner Mutter mitgearbeitet hatte und somit über das erforderliche Grundwissen verfügte, hatte er im Juni 2005 nach einem Aufruf in „Veitshöchheim aktuell“ sich entschlossen, eine komplett neue und eigenständige Erarbeitung der gesamten Chronik mit den geschichtlichen Abläufen und einem umfangreichen Bildmaterial zu erstellen, um der Leserschaft eine abwechslungsreiche Lektüre zu bieten und die nach seiner Meinung herausragende Stellung Veitshöchheims in Franken deutlich hervorzuheben. Da damals alternativ auch eine Ausarbeitung durch das gemeindliche Kulturamt allein mit einer Personalkostenmehrung von über 80.000 Euro zur Debatte stand, hatte ihm das Ortsoberhaupt für dieses erfreuliche Vorhaben viel Erfolg gewünscht.
Bürgermeister Rainer Kinzkofer sprach nun von einem imposanten Werk, das Struchholz in den letzten sechs Jahren völlig ehrenamtlich mit sehr viel Zeitaufwand, Herzblut und Können geschaffen habe.
Voll des Lobes über die neue chronologisch aufgebaute Chronik äußerte sich auch der Bistumshistoriker Erik Soder von Güldenstubbe, der 25 Jahre lang bis 2003 Leiter des Diözesanarchivs war, der dem Autor zusammen mit Oberstudiendirektor Dieter Brückner, dem Schulleiter des Gymnasiums Veitshöchheim als Lektoren wertvolle Hilfestellung zu teil werden ließ.
Wie Soder sagte, sei der Autor weit über den eigentlichen Anspruch einer Ortschronik hinausgegangen. Sie hebe sich allein schon vom Umfang und der Anlage her deutlich von anderen bisherigen Erscheinungen ab. Eine intensive Archivarbeit und das Studium vieler Quellen hätten dem Autor viele neue Einblicke in die historische Vergangenheit von Veitshöchheim ermöglicht. Die Chronik beinhalte mit ihrer inhaltlich sehr großen Bandbreite vieles, was bis dato auch für andere Gemeinden in dieser Form noch nicht vorliege.
Einzigartig sei sie schon allein durch die authentischen Interviews zu Sachthemen, die der Autor mit 50 Zeitzeugen führte, davon viele auch über das Geschehen in der NS-Zeit. Wie aus dem ausführlichen Inhaltsverzeichnis hervorgeht, das hier als pdf.Datei aufgerufen werden kann, habe Struchholz diesem Thema allein 25 Beiträge gewidmet.
Die einzelnen über 140 Beiträge behandeln zusammenhängende Themenkomplexe immer als geschlossene Einheit bis in die Neuzeit, um die Sachinformationen übersichtlicher zu gestalten. Einen Schwerpunkt bildet natürlich das Aushängeschild Veitshöchheims, der Rokokogarten mit Schloss, dem der Autor allein fast 90 Seiten widmet.
Dem Verfasser ist es nach Soders Worten gelungen, über den Tellerrand der eigenen Gemeinde von der Frühgeschichte bis in die Gegenwart hinauszublicken. So zeige beispielsweise die Etablierung des Frankenreiches bis hin ins späte Mittelalter die kulturellen und historischen Zusammenhänge auf, fördere das Verständnis für diese Zeit und ergebe so ein schlüssiges Bild über die Vergangenheit Veitshöchheims mitten im Frankenland. Dabei habe der Autor Wert darauf gelegt, einen breit gefächerten Bogen zu spannen von den territorial wichtigen Geschehnissen und Ereignissen vor Ort bis hin zur Kunst und dem höfischen Leben.
Für die ganz Eiligen befindet sich im Anhang auch noch eine chronologische Zeittafel, die die reiche Geschichte Veitshöchheims tabellarisch in fortlaufender historischer Reihenfolge aufzeigt und einen schnellen Überblick verschafft.
Neben den rein historischen Fakten, so Soder, würden eine Vielzahl von Randbemerkungen, Stichpunkten zeitgeschichtlicher Ereignisse und Portraits für die Zeitgeschichte interessanter Persönlichkeiten dem eher trockenen historischen Stoff eine Farbigkeit und Lebendigkeit, wie man sie sonst nicht oft geboten bekomme.
Abgerundet wird das Buch durch ein Literatur- und Quellenverzeichnis. Ein Stichwort- und Namensregister liefern für die wichtigsten Oberbegriffe einen Anhaltspunkt, um die entsprechende Thematik auffinden zu können.
Dankbar ist Thomas Struchholz neben den beiden Lektoren auch Reinhold Schöberl von Fotosatz Köhler, der eine hervorragende Leistung geliefert habe für Feinlayout, Satztechnik und die Druckvorstufe. Auch Jochen Richter von Bonitasprint habe sich bis zur Druckfreigabe außerordentlich intensiv um die richtigen Druckparameter bemüht, damit die bestmögliche Druckqualität erzielt werden konnte. Beide seien Veitshöchheimer Bürger, denen das Interesse am bestmöglichen Gelingen des Buches spürbar am Herzen lag und die keine Mühen bei den vielen Vorabterminen scheuten. Mit Blick auf umweltschonende Herstellung werde die Chronik klimaneutral gedruckt.