Sousi & die Grammophoniker bereiteten vergnügliches Sommerkonzert im Veitshöchheimer Synagogenhof
Das Flair der 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts verbreiteten am Sonntag im Rahmen der Veitshöchheimer Sommerkonzertreihe v.l. Jochen Rothermel (Sousaphon), Nicole Schömig (Gesang) und Werner Küspert (Banjo, Gitarre). Das sich "Sousi & die Grammophoniker" nennende Trio verzauberte an diesem lauen Sommerabend im idyllischen Synagogenhof die rund 50 Besucher mit legendären wie längst vergessenen Liedern einer gleichsam von Schwermut und Lebenslust geprägten Epoche: Swing, Fox, Schlager und manches mehr, stets heiter und mit einem Augenzwinkern vorgetragen. Das Trio ließ die Epoche der Schellackplatte wieder auf leben, als Kabarettbühnen und Tingel Tangels den trüben Alltag vergessen machten. Die Zeit, in der das Radio und der Tonfilm auf dem Vormarsch waren, Jazzcombos und Swingkapellen aus dem Boden schossen und sich neue Tänze wie der Charleston etablierten. Diese Lebenslust offenbarte sich bereits beim Auftakt, als das Trio mit einem flotten "Charleston" und "Puttin on the Ritz" im Stil des Swing von Benny Goodman gleich für Stimmung sorgte.
Namensgeber des in dieser Zusammensetzung ungewöhnlichen Ensembles ist die "Diva Sousi", von dem in Lauda tätigen Blechbläser-Musiklehrer Jochen Rothermel umsorgt. Diese um den Körper getragene Sousaphon aus blankem Metall kommt mit seinem nach hochaufragenden, nach vorne gerichteten Schalltrichter einer Basstuba gleich.
Aus dem Trio hervor stach mit ihrer ausdrucksstarken, klaren und glockenhellen Sopranstimme die Opernsängerin Nicole Schömig, die seit März 2012 als "Königin der Nacht" in der Produktion "Die kleine Zauberflöte" am Theater Erfurt gastiert. Bereits im Mai hatte sie in der Bücherei im Bahnhof beim Auftritt des Quartetts „Café de la mer“ im Rahmen der Unterfränkischen Kulturwochen rund 100 Gäste begeistert. Sie verstand es auch im Synagogenhof nicht nur hervorragend zu singen, sondern das Publikum, mit viel Witz und Heiterkeit moderierend, auch mit gegenständlichen Symbolen auf ihre Lieder einzustimmen.
Der Dritte im Bunde, der in Veitshöchheim ansässige virtuose Jazz-Gitarrist und Stummfilm-Komponist Werner Küspert bestach mit seinem Lieblingsinstrument, dem Banjo, verzückte das Publikum aber genauso mit seiner Gitarre wie beim Lied "Guck doch nicht immer nach den Tango-Geiger hin".
Wie ein roter Faden zog sich in Schömig's Moderation durch den ersten Teil das Bemühen eines jungen Mannes, die Damenwelt zu erobern. Zum Lied "Man müsste Klavier spielen können" hatte die dreiunddreißigjährige Sängerin tatsächlich ein kleines Piano im Gepäck. In der Tanzschule tat er es mit dem Lied "Tanze mit mir in den siebenten Himmel der Liebe hinein".
Da es mit dem Tanzen nicht so klappte, versuchte der junge Mann auf den Fidschi-Inseln sein Glück beim temperamentvollen Lied "Ich lasse mir meinen Körper schwarz bepinseln und fahre nach den Fidschi-Inseln", bei dem sowohl die Sousa als auch das Banjo für einen flotten Rhythmus sorgten.
Zur Sprache kam natürlich auch das Schicksal vieler Künstler in den "Goldenen Zwanzigern", das von bitterer Armut geprägt, was die Künstler oft durch zynische und ironische Kompositionen zum Ausdruck brachten wie beim Lied "Wir zahlen keine Miete mehr".
Auch wenn man nicht so reich ist, wollte man damals nicht auf ein Haustier verzichten und intonierte das Lied "Mein Papagei frisst keine harten Eier".
Die Sängerin Schömig stellte auch ihre Pfeifkünste bei "Ich brauche keine Millionen" unter Beweis. Hier bezog sie auch den Bürgermeister mit ein, die Triangel zu halten.
In die Pause ging es mit dem jiddischen Musical-Stück aus dem Jahr 1932 "Bay mir bistu sheyn" und dem flotten Klezmer-Stück "Als der rebe (Rabbi) singt", bei dem Schömig auch zum Tanzen aufforderte.
Gefordert war das Publikum beim auch durch Peter Alexander interpretierten Schellack-Song der 30er Jahre "Und die Musik spielt dazu" mit "How do you to" einzustimmen.
Von der chilenischen Nachtigall Rosita Serrano lieh sich fränkische Sängerin "Roter Mond" aus.
Nicht nur Gauner- und Halunken-Jazz, sondern Seriöseres in Richtung der Schmalzoperette präsentierte das Trio dann mit "Zwei Herzen im Dreivierteltakt" von Robert Stolz.
Die Liebe zum Essen stand im Mittelpunkt des lustigen Lieds "Tante Paula liegt im Bett und isst Tomate", bei dem der Kontrabass und das Banjo, wie bei allen Liedern, gelungen den Rhythmus bestimmten.
Ungesünder war dagegen die Wodka-Diät in "Nischni-Novgorod", bei dem Schömig sogar ihrer zugehaltenen Nase Töne entlockte.
Unrühmlich war in den 20ern der zum Tode verurteilte Massenmörder Haarmann, dem das zum Gassenhauer mutierte Lied "Warte, warte nur ein Weilchen" gewidmet wurde.
Das neue Genre des Tonfilms brachte die neue Branche "Geräuschemacher", zu dem das Lied "Mein Bruder macht im Tonfilm die Geräusche" komponiert wurde.
Das Trio harmonierte phantastisch und zauberte im Zusammenspiel außergewöhnliche Klangbilder.
Begeisternder Applaus belohnte das Ensemble für einen höchst unterhaltsamen Konzertabend.
Das Trio bedankte sich mit Zugaben wie "Ausgerechnet Bananen" und dem österreichischen Schlager von 1929 "Schöner Gigolo, armer Gigolo".
Nächstes Sommer-Konzert: Sonntag, 12. August 2012, 18.00 Uhr ACAPIANO