Gemeinderat und Agenda 21-Arbeitskreis diskutieren im Workshop am 7.7.2012 Veitshöchheimer Verkehrskonzept
Die innerörtliche Verkehrsplanung ist bereits seit vielen Jahren ein Dauerthema in Veitshöchheim, wie die Verkehrspläne bzw. Verkehrsgutachten der Jahre 1986, 1997 und 2010 zeigen.
Letzteren hatte Planer Robert Ulzhöfer vom Büro Lang & Burkhard, München am 5. Juli 2010 in den Mainfrankensälen den etwa 180 erschienenen Bürgern mit den sich in der Folie aufgeführten Brennpunkten vorgestellt, eine weitere Beratung der Gemeinderat jedoch bis dato zurück gestellt.
Nun wollen sich in einem Workshop am 7. Juli 2012 Gemeinderat und Agenda 21-Arbeitskreis über die Erkenntnisse des Verkehrsgutachens und insbesondere die Vorschläge für ein weiterführendes Verkehrskonzept beraten, die der Agenda 21-Arbeitskreis am 2. Dezember 2011 der Gemeinde unterbreitete.
Im folgenden sind die Feststellungen und Vorschläge des Arbeitskreises (A21AK) kursiv in brauner Schrift dargestellt.
Allgemein:
A21AK:
Die Unzufiledenheit mit der Verkehrssituation ist in Veitshöchheim groß. Der Agendakreis möchte daher ein fortschreibbares Stufenkonzept initiieren, das ggf. auch ein Ausprobieren erlaubt, um Erfahrungen sammeln zu können.
Verkehrsgutachten 2010 (Auszug)
- Am Zähltag wurden über 43 000 Fahrbewegungen im Gemeindegebiet registriert.
- Am ersten Anschluss „Veitshöchheim Süd“ von Würzburg kommend bestehen laut Gutachten die größten verkehrlichen Probleme.
- Auf der Kreisstraße WÜ 3 (Geisberg) und der Einmündung an der Tankstelle wurden von 6 bis 20 Uhr fast 20 000 Fahrbewegungen gezähl.
- An diesem neuralgischen Punkt fordert der Gutachter in Zusammenarbeit mit dem Straßenbauamt kurz bis mittelfristig eine Verbesserung – sprich Ampellösung. Ein Kreisverkehr sei aufgrund des starken Gefälles nicht möglich.
- Probleme bereiten in diesem Bereich auch die Linksabbieger in die Tankstelle, weil dafür keine eigene Spur vorhanden ist. So kommt es immer wieder zu Rückstaus. Als einziger Ausweg erscheint eine Ausweitung der Kurve. Die kleine Grünanlage mit dem Denkmal und das sich daran anschließende Grundstück müssten dann voraussichtlich „angeschnitten“ werden.
- An diesem Verkehrsaufkommen sind die Veitshöchheim mit einem Anteil von immerhin 35 bis 40 Prozent selbst beteiligt. Im Verlauf der Bergstrecke verringern sich die fast 20 000 Fahrbewegungen dann von Kreuzung zu Kreuzung. Am Kreisel bei der Gartensiedlung wurden noch immer 8000 registriert.
A21AK:
Die weitaus größte Verkehrsbelastung wird mit ca. 20.000 Kfz/ 24 Std. über die Auffahrt Süd abgewickelt. Die Hanglage und die Tankstellenzufahrt erschweren eine sinnvolle Lösung, In
Zusammenarbeit mit dem Landkreis besteht dringender Handlungsbedarf. Die Kreuzungssituation an der Auffahrt Süd verlangt mehr und mehr nach einer Lösung, die Sicherheit gewährleistet. Die Situation ist oft unübersichtlich und wird durch Einfahrten zur Tankstelle, zur Scheffelstraße und zum Kindergarten zusätzlich belastet.
In diesem Zusammenhang wären auch mögliche Kreisverkehre an der Kreuzung Querspange/ Lidl und ggf. an der Kreuzung zur Würzburger Straße zu erörtern.
- Überlegungen zu einem dritten Anschluss an die Bundesstraße, die laut Gutachter auf den ersten Blick einleuchteten, wurden wieder verworfen. Die Hemmnisse seien kaum überwindbar. Dem erheblichen Aufwand an Grunderwerb und baulichen Maßnahmen stünde ein verhältnismäßig geringer verkehrlicher Nutzen gegenüber.
- Als „Verkehrsmagnet Nr. 1“ nannte der Gutachter den Altort angesichts 4000 gezählter Fahrten. Diese Zahl sei erstaunlich, „weil die Einkaufsmöglichkeiten in der Ortsmitte relativ beschränkt sind“.
- Hier monierten Bürger und Anlieger bei einer Haushaltsumfrage das Geschwindigkeits- und Parkverhalten in diesem verkehrsberuhigten Bereich. „Die Durchfahrt des Altortes ist vor allem wegen der Missachtung des Parkverbots problematisch“, lautet die Kritik.
- Fußgänger müssten Slalomläufe auf den Gehsteigen ausüben. Im Altort werde nach Angaben der Bevölkerung so chaotisch geparkt, das sowohl Autos als auch Busse behindert würden.
- Eher zurückhaltend äußerte sich der Verkehrsexperte zum Tema Sperrung des Altortes für den Durchgangsverkehr. Dies empfehle sich allenfalls als „saisonale Lösung“, also vom Frühling bis Herbst.
A21AK:
Der als verkehrsberuhigt ausgewiesene Bereich im Attort ist alles andere als ruhig. Die Beschilderung wird von den Verkehrsteilnehmern nicht oder nur kurzzeitig akzeptiert. Mit über 3000 Kfz/24 Std, gehört die Kirchstraße zu den meist befahrenen Straßen und besitzt einen hohen Anteil an Schwerlastverkehr. Die sicher gut gemeinte Absicht, den Verkehr durch Beschilderung zu rücksichtsvollerem und vorsichtigem Fahren zu bewegen, ist fehlgeschlagen und
verlangt dringend nach einer Änderung der Verkehrsströme. Die erhebliche Verkehrsbelastung im Altort und die dadurch entstehenden Belastungen wie Lärm, Erschütterungen und Schadstoffimmissionen sind unzumutbar. Sie erzeugen Schäden an Gebäuden, den gepflasterten Straßen, mindern den Wohnwert, entwerten den Altort für Touristen, Kunden und Bewohner und behindern die Ansiedlung von Handelsgewerbe und Betrieben im Altort nachhaltig.
Vorschlag: Um einer wirklichen Verkehrsberuhigung hier näherzukommen, wird vorgeschlagen eine Sperrung am Wochenende für den Individualverkehr durch versenkbare Poller zwischen Unterer Maingasse und beginnendem Pflaster in der Würzburger Straße an Samstagen und Sonntagen (Samstags ab 13.00 Uhr bis Montags 6.00 Uhr) sowie an Feiertagen einzurichten. Beide Standorte bieten sich an, da hier keine Sackgassensituationen entstehen und der motorisierte Individualverkehr zu möglichen Parkplätzen weitergeleitet werden kann. Während der üblichen Geschäftszeiten sowie für den ÖPNV ist die Ortsdurchfahrt möglich. Für Hotelgäste und Anwohner kann eine individuelle (z.B. Mobiltelefon-gestützte) Pollersteuerung geschaffen werden.
Im gleichen Zuge werden gebührenpflichtige Kurzzeitparkplätze in der Thüngersheimer Straße und Bahnhofsstraße, Parkplatz am ehemafigen Kupsch/Schlecker, ggf. auch in der Kirchstraße ausgewiesen. Einstiegsbetrag der Gebühren 20 ct / 12 min. Gebührenpflichtig 8.00-18.00 Uhr, Parkzeit 10 bis 60 min. Das wilde Parken am Kirchplatz und in der Kirchstraße wird konsequent geahndet. Die frei werdenden Verkehrsflächen während der Sperrung können für Aufenthaltsfunktiongenutzt werden.
Lösungsansätze bzw. Gedankengänge zur Verkehrsberuhigung in der Ortsmitte enthalten zum Teil die Planungsarbeiten der Studierenden der LWG-Fach- und Technikerschule (Link auf Artikel in Veitshöchheim News).
Hier ein Beispiel:
Beschreibung der Studenten: Das Gesamtkonzept der Kreissymmetrie spiegelt sich auf der Kirchstraße wieder und vollendet damit den Wunsch eines verkehrsberuhigten Bereiches. Dabei werden die Zufahrtspunkte verengt, so dass eine geregelte Einbahnstraße für Privatanlieger-Verkehr entsteht, jedoch für Busse und Taxis in beide Richtungen zu passieren erlaubt ist. Diese Maßnahme verbindet mit den gleichen Formen automatisch den inneren Hofbereich des Erwin-Vornberger-Platzes optisch mit der Kirchstraße. Dadurch wirkt das Gesamtbild wie aus einem Guss."
Radwegenetz:
A21AK:
In Veitshöchheim bestehen mit Ausnahme weniger Strecken (z.B. Mainuferstraße und 8 27 zum Birkental) keine ausgewiesenen Radwege oder Straßen mit entsprechender Fahrbahnzuordnung. Einrichtungen wie Schulen, Sportanlagen, Schwimmbad werden im Allgemeinen oft von Radfahrern frequentiert. Hier sollte das Straßennetz überprüft werden, inwieweit die Anordnung von Fahrradspuren die Sicherheit der Radfahrer verbessert. Die derzeit praktisch fehlende bzw. sehr mangelhafte Radwegeverbindung nach Würzburg wird durch den neuen Stegstandort deutlich verbessert. Hier sollte beim Neubau in jedem Fall an eine sinnvolle Anbinclung an das zu entwickelnde
innerörtliche Radwegenetz gedacht werden.
In der nächsten Arbeitskreissitzung Mitte Juni 2012 will der A21AK hierzu noch ein Konzept verabschieden und dem Gemeinderat vorlegen.
Innerörtliches Bussystem
A21AK:
Der erste Schritt gilt der Reduktion des motorisierten lndividualverkehrs im Ort. Dieser im Bereich 1 bis 2,5 km muss spürbar reduziert werden, um neue örtliche Qualitäten entwickeln zu können. Dies kann durch ein Citybus-System erreicht werden, das in Einklang mit den Zielsetzungen des Nahverkehrsplan der Region 2 — Unterfranken steht:
- Schaffung von Linienbündeln und Umsetzung der Linienbündelung, dabei Abbau von Parallelverkehren
- Verschiebung von Leistungsanteilen. z. B. zugunsten der Hauptlinien des ÖPNV
- Integration der Verkehrssysteme durch Schaffung von Verknüpfungspunkten zwischen ÖPNV, MIV und nichtmotorisiertem Verkehr (Fuß- und Radverkehr)
- Ausbau bzw. Einrichtung von Park-and-Ride- und der Bike-and-Ride-Anlagen an den Haltepunkten des SPNV und der Straßenbahn sowie an wichtigen Verknüpfungspunkten entlang der Hauptachsen des straßengebundenen ÖPNV
Der Veitshöchheimer Bahnhof soll als zentraler Knotenpunkt des innerörtlichen City-Bus-Netzes und der Mainfrankenbahn dienen.
- Am Bahnhof sind bereits mit großen Investitionen vorbildlich Ziele des Nahverkehrsplans realisiert: Herstellung der Barrierefreiheit und Integration mobilitätseingeschränkter Fahrgäste.
- Weitere Rendezvous-Punkte mit dem straßengebundenen ÖPNV sind denkbar und wünschenswert (im Gewerbegebiet Veitshöchheim, Mainfrankensäle, Bauhof, Auffahrt Nord). Die genannten Verkehrsträger werden aufeinander abgestimmt / getaktet.
- Die Routenplanung und die Taktung müssen durch entsprechende Fachleute erarbeitet werden; eine aussagekräftige Grundlage für Binnenverkehrsströme ist bereits im Verkehrsgutachten erarbeitet worden.
- Ein großes Potential weist auch eine mögliche Anbindung des Dürrbachtales auf.
- Notwendig ist eine professionell betriebene Citybus-Linle, kein Bürgerbus-Ehrenamt. Nur so kann mit gutem Angebot zum Umsteigen bewegt werden.
- Eine begleitende Öffentlichkeitsarbeit im Infobtatt, Internet mit Darstellung der Vorteile für Bürger (Anbindung der Einkaufsmärkte, Stressreduzierung, Kosteneinsparung, Reduktion der Schadstoffemissionen usw.) ist zu etablieren.
- Die Kooperation mit den Gewerbebetrieben muss gesucht werden. Modelle entsprechend vergünstigter lnnerorts-Tarife könnten sein: Firmensponsoring, direkte Haltestellen vor den entsprechenden Einrichtungen (Lebensmittelmärkte usw.), oder Rabattierungen bei Vorlage der Fahrscheine, Einführung für 4 Wochen kostenlos, Probeticket, Schnupper- / Schul- / Sportvereins- / Musikschulticket (für Schüler / Erstklässler), Unterstützung eines begünstigten Personenkreises (analog der Schwimmbadregelung)
- Die Gemeindeverwaltung wird entsprechend gebeten, bei künftigen Verhandlungen zur Umsetzung des Nahverkehrsplans, bei Konzessionsverhandlungen usw. diese Veitshöchheimer Positionen vorzutragen und einzufordern.
- Abstimmungsgespräche mit dem Nahverkehrsbeauftragten der Nahverkehr Würzburg - Mainfranken GmbH sollen zeitnah gesucht werden. Die Beteiligung eines Agenda 21 Vertreters wird gewünscht.
Einführung CarSharing-Modell inVeitshöchheim
In den nächsten Arbeitskreissitzungen sollen weitere Themen der örtlichen Mobilität vertieft werden, u.a. auch Vorschläge für ein CarSharing-Modell konkretisiert werden (siehe Link auf Artikel in Veitshöchheim News).
Weitere Feststellungen im Verkehrsgutachten 2010
Verkehrsgutachten 1997 (Dr. Först + Nörr, Würzburg)
Die Aufgabenstellung war auf den Altort begrenzt bzw. beinhaltete folgende Einzelpunkte:
- Entlastung der Würzburger Strasse
- Förderung des ÖPNV, Verknüpfung Bus Schiene
- weitere Anschlussstelle an die B 27
- Parkplatzgestaltung Dreschplatz (nunmehr durch Diskussion „Steg“ geänderte Sachsituation)
- Kreuzung Mainuferstrasse/Würzburger Strasse
- Ausbau Echterstrasse
- Situation Fußgängersicherheit Abfahrt B 27 / WÜ3
Verkehrsplan 1986 ( Büro Plassmann u. Nolte Kassel)
Die im Verkehrsplan 1986 genannten Mängel und vorgeschlagenen Verbesserungsmaßnahmen wurden teilweise umgesetzt bzw. waren immer Orientierung bei den bisher kurz-, mittel- und langfristig durchgeführten Maßnahmen.
Im Einzelnen sind zu nennen:
- Bau der Mainuferstrasse als Entlastungsstrasse „Mainfrankensäle“ im Jahre 1997
- zusätzliche Anbindung an die Kreisstraße WÜ3 durch die „Querspange“ bzw. „Geithainer Allee“
- Ausbau bzw. „Durchbau“ der Eichendorffstrasse
- Neu- bzw. Umgestaltung der Würzburger Strasse
Verkehrsberuhigungsmaßnahmen durch Um- bzw. Rückbau des Straßenraumes z.B.
- Helen-Keller-Strasse
- Birkentalstrasse
- Friedhofstrasse/Güßgraben
- Kreuzungsbereich Helen-Keller-Strasse/Speckertsweg
- Kreuzungsbereich „Ulsamermarkt“
Errichtung neuer Parkplätze
Einrichtung verkehrsberuhigter Bereiche und Tempo 30 Zonen